Im Existenzkampf um den Verbleib in Liga 3 wird die Lage für unseren geliebten Chemnitzer FC immer bedrohlicher: Statt mit erhofften 3 Punkten tritt der himmelblaue Tross wieder einmal mit 3 Gegentoren im Gepäck die lange Heimreise an und ist nach dem 2:3 in Aalen – der 9. Pflichtspielniederlage in Folge – allein dem Abgrund drei Schritte näher gekommen. Das rettende Ufer ist mit 5 Punkten Rückstand (8 Zähler, wenn die Nachholespiele ungünstig ausgehen) derweil in gefährlich weite Ferne gerückt.
Doch der Reihe nach: Der neue Cheftrainer David Bergner stellte sein Team im Vergleich zur Vorwoche auf vier Positionen um. Für Grote, Aydin, Koch und von Piechowski durften Reinhardt, Bachmann, Neuzugang Sumusalo und Baumgart von Beginn an ran, damit sechs U23-Akteure in unserer Startelf. Nachdem die ersten 12 Minuten in der mit 3.273 Zuschauern (davon knapp 200 im Gästeblock) spärlich besuchten Ostalb-Arena noch im Zeichen des bundesweiten Protests für die Freigabe aller Fanutensilien standen, legte der Gastgeber genau in dem Moment los, als die Zaunfahnen ihre zugedachten Plätze erhielten: Flanke über unsere rechte Abwehrseite, Sumusalo verliert das Kopfballduell gegen Schnellbacher, Mbende bekommt den Ball ans Schienbein, 1:0 für die Heimelf. Da waren 14 Minuten gespielt. Doch unsere Jungs zeigten tolle Moral und konnten bereits zwei Zeigerumdrehungen später ausgleichen: nach gutem Zusammenspiel zwischen Frahn und Hansch war Baumgart in der Box frei und verwandelte eiskalt zum umjubelten Ausgleich. Stark gespielt! Geht heute was? Die Jungs nahmen den Ball zumindest sofort zum Mittelkreis mit, wollten hier mehr. Im weiteren Verlauf des munteren ersten Durchgangs legten jedoch die Hausherren mehr Zug zum Tor an den Tag. In Minute 37 hatten wir Glück, dass der Ball beim Einsteigen von Mbende gegen den agilen Morys im Sechzehner zuvor bereits im Toraus war und der Elfmeterpfiff deshalb ausblieb. Gelb für Mbende gabs trotzdem – es sollte im Übrigen die Einzige für unsere Farben an diesem Tag bleiben. Während Aalen kurz vor dem Halbzeitpfiff noch mehrere gefährliche Schüsse auf unser Gehäuse abgab, blieb unsere Durchschlagskraft vor dem gegnerischen Tor bis auf einen Schlenzer von Bachmann überschaubar. 1-2 passable Aktionen, bis zum Strafraum halbwegs vernünftig anzuschauen, doch Torschüsse? Fehlanzeige. Mit dem 1:1 zur Pause konnten wir ganz gut leben.
Nach dem Pausentee passierte etwas Ungewöhnliches. Nachdem Frahns Kopfball vom Keeper noch abgewehrt wurde, traf Reinhardts anschließende Ecke den Kopf des hochgestiegenen Slavov punktgenau und die Kugel fand unaufhaltsam ihren Weg in die Maschen! Führung für Chemnitz, Jubeltraube der Spieler, Freude im Gästeblock, 2:1 für unsere Farben nach 51 Minuten! Wird heute der Bock endlich umgestoßen? Kurz und knapp: Nein. Mit einem Doppelschlag nach gut einer Stunde Spielzeit drehten die Hausherren den Spieß zur weiteren Verdrossenheit auf Chemnitzer Seite um. Der Ausgleich war ziemlich gut herausgespielt: Nach einem Angriff über links und einer Brust-Ablage im Strafraum wuchtete Morys das Spielgerät mit hoher Geschwindigkeit volley unter den Giebel. Die Heimelf im Aufwind, Himmelblau gedankenversunken. 90 Sekunden später sind wir bei einer Ecke mal wieder nicht ganz bei der Sache und Preißiger köpft aus vollem Lauf zum 3:2 ein. Jubel dort, hängende Köpfe hier. Hoffnung auf ein erneutes Comeback unserer Farben? In diesem Moment wohl selbst bei kühnen Optimisten eher gering.
Während Aalen das Spiel in der Folge kontrollierte, fiel dem CFC nichts Bahnbrechendes ein, um die Heimelf entscheidend unter Druck zu setzen. Außer 2-3 gut gemeinten Annäherungsversuchen gab es nach dem neuerlichen Rückstand nicht wirklich eine echte Torchance für uns zu verzeichnen, so ehrlich muss man sein. Selbst als Kunz bei einer Ecke in der Nachspielzeit mit nach vorne ging, kam keine gefährliche Aktion zustande. Auch den Einwechselspielern gelang es nicht, Akzente fürs Team zu setzen. Wo ist die Portion Wut im Bauch, nicht von Anfang an auflaufen zu dürfen? Einzelaktionen und brotlose Kabinettstückchen helfen uns nicht weiter. Mentalität ist eben auch ein aktuelles Problem bei uns: Den Willen will ich niemandem absprechen, doch uns fehlt es ganz einfach an (gesunder) Aggressivität, körperlicher Robustheit, Kampfkraft. Kein Kratzen und Beißen auf dem Rasen. Abstiegskampf heißt nun mal nicht umsonst so. Eine Gelbe Karte in diesem Spiel sagt da eigentlich alles.
Daneben haben wir viel zu große Lücken im Mittelfeld, lassen dem Gegner zu viel Platz und Raum, leisten uns unzählige einfache Ballverluste und Abspielfehler und haben kaum Durchschlagskraft im Abschluss. Wenn es dann noch heißt, man habe wieder nicht so schlecht gespielt, dann ist das letzten Endes trotzdem nicht gut genug! Die Lage ist desaströs, die Aussichten derzeit düster.
Wie gab der Trainer vor dem Spiel sinngemäß zu Protokoll: Jeder Einzelne muss sich da selber rausziehen. Verantwortung übernehmen schön und gut, noch mehr füreinander laufen und kämpfen wären hingegen besser. Nicht einzeln, nur zusammen! Das Trainerteam darf den Spielern dabei gerne noch mehr mentale Unterstützung mit auf den Weg geben … und der Mannschaft bitte eine ordentliche Portion Aggressivität und Kämpfermentalität einhauchen. Nehmt professionelle Hilfe in Anspruch – eine (oder besser mehrere) Sitzungen bei Psychologe, Mental-Trainer, Aggro-Coach. Geht zum Box-Training. Zum Bootcamp. Trainiert Zweikampfhärte. Sucht noch öfter den Abschluss. Pusht euch gegenseitig. Und auch wenn aus dem Funken Hoffnung auf den Klassenerhalt heute vielleicht ein eher kleines Fünkchen geworden ist – gebt euch verdammt nochmal nicht auf!
Ein Dank für die Bilder geht an Lenny von cfcfans.de.
"Wir hatten in den ersten Minuten Probleme ins Spiel zu kommen. Der Ausgleich hat uns Sicherheit gegeben. In der zweiten Halbzeit sind wir deutlich besser aus der Kabine gekommen. Es ist uns jedoch nicht gelungen, den Vorsprung zu verteidigen. Darüber müssen wir reden, die Gegentore fallen einfach viel zu einfach."
"Vor allem in der Luft war das heute ein reiner Abnutzungskampf. Deswegen haben wir versucht, den Ball am Boden laufen zu lassen. Meine Mannschaft hat nach dem 1:2 tolle Moral und Siegeswillen gezeigt. Insgesamt war es ein unglaublich spannendes Spiel. Beide Mannschaften waren mit offenem Visier unterwegs."