Spielbericht

3. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2002/2003
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
1:1
Rot-Weiß Essen
Rot-Weiß Essen

Verdienter Punktgewinn für den CFC in einem Spiel mit zwei Gesichtern

von Frank Neubert

Nachdem der CFC mit seinen bisherigen 6 Punkten voll im Plan lag, sollten im Heimspiel gegen Essen möglichst 3 weitere Punkte eingesackt werden. Das dies nicht einfach werden würde, war allgemein klar, denn der Kontrahent von der Hafenstrasse wird unter den Experten fleissig als Staffelfavorit gehandelt. Die Bilanz von bisher 2 mageren Pünktchen wollten die Essener unbedingt aufbessern und sich nebenbei für die heftige 0:5-Schlappe aus dem Vorjahr revanchieren.
Von den grünen Jungs wurde das Spiel im Vorfeld als "Problemspiel" erkannt und ein Akoholverbot rund um und im Stadion ausgesprochen. Toll - jetzt war es wirklich ein Problemspiel. Wie gefährlich und aufgeladen die Atmosphäre rund um das Spiel war, zeigte dann eine Aktion der Ultras Chemnitz und der Ultras Essen, die aufgrund einer mittlerweile zweijährigen Freundschaft jeweils eine Zaunfahne im gegnerischen Block aufhingen. Soviel zum emotionalen "Spannungsfeld" und den Einschätzungen der sachkundigen Beamten.
Bei bestem Wetter verliefen sich nach offiziellen Angaben 4.682 Zuschauer auf die Fischerwiese, was aber von Alteingessenen herzlichst belächelt wurde. Eine Fünf vor der Zuschauerzahl wäre wohl korrekter gewesen und im Gästeblock tummelten sich ca. 100 rot-weiss gekleidete Gästefans. Kurz vor dem Anpfiff wurde fix noch Olaf Renn mit einem Blumenstrauß und einem obligatorischen Händedruck vom CFC offiziell verabschiedet - das FCK-Urgestein schnürt seine Töppen jetzt für den VfB Leipzig.

Mit dem Einlaufen der Mannschaften gab es in der Südkurve eine gelungene Intro zu sehen - eine Blockfahne mit CFC-Wappen in der Mitte, auf weiteren Stoffbahnen links und rechts die Buchstaben "C h e m n i t z" und unten am Zaun hing ein Banner mit der Aufschrift "Unser Lebenselixier". Fein gemacht.
Den CFC schien das aber wenig zu beeindrucken und so überließ man in den Anfangsminuten den Gästen die Initiative. Der Aufstiegsanwärter konnte dabei seine Ambitionen mit einem kleinen Übergewicht im Mittelfeld, und einem Sturm, der immer wieder Löcher in der himmelblauen Abwehr fand, durchweg untermauern. Vor allem Tomoski, der im Sommer von Aue zu RWE gewechselt war, präsentierte sich in bester Spiellaune und zog unerfreulich viele Spielfäden im Mittelfeld. Letztlich passierte aber nichts Entscheidendes und nach ca. 10 Minuten wachte auch der CFC so langsam auf. Der weiße Büffel, Ingo Walther, biß jetzt im Mittelfeld nach allen Seiten und Tchipev hatte endlich ein wachsames Auge auf Tomoski geworfen.
Erste Chancen auf beiden Seiten ergaben sich - nach Paß von Walther schießt Demir nur knapp neben das Tor und auf der Gegenseite trifft Tomoski (der schon wieder!) nur das Außennetz. Und weiter ging es - nach Ecke von Biermann flankte Fröhlich nach innen, doch Zedi's Kopfball zischt über die Latte. Essen blieb gefährlich - immer wenn die Rot-Weissen mit Winkler über ihre rechte Seite angriffen, ging die Post ab. Biermann, der noch dazu angeschlagen ins Spiel ging, hatte durch Mehlhorns Ausfall große Probleme, die linke Seite abzuriegeln. Dann die 17. Minute in einem mittlerweile ausgeglichenen Spiel: Ein Angriff der Essener läuft über Winkler und den Ex-Bochumer Weber, der Ball kommt in den Strafraum, wo Tomoski neben Schmidt lauert - prompt bekommt dieser auch den Ball und schiebt am herausstürzenden Hiemann vorbei zum 1:0 für RWE ein. Mist verfluchter! Einfach extrem unnötig - einmal das Tor und dann noch der Kerl...
Aber der CFC ließ sich durch den Treffer in keinster Weise beeindrucken - im Gegenteil - bis zur Pause sollten die Zuschauer die bisher beste Saisonleistung des Clubs zu sehen bekommen. Biermann, der wahrscheinlich heimlich mit Mehlo Freistöße trainiert, trat nun für ebensolche Zwecke in Aktion. Freistoß von rechts, der Ball kommt in den 5-Meter-Raum, doch Demir verpasst ganz knapp das Spielgerät. Nur kurze Zeit später erneut ein Biermann-Freistoß: Flanke kommt, Tchipev steigt am höchsten - und köpft das Leder unhaltbar zum 1:1 in die Maschen. Tooor!! Gefühlsexplosion und Riesenjubel im himmelblauen Lager und selbst Tchipi bewegt sich bei seiner Jubelarie vor der Südkurve am Rande einer gelben Karte. Hochverdienter Ausgleich in einem hochklassigen Spiel.
Der CFC nun mit Appetit auf mehr und deutlich höheren Spielanteilen. Nach weitem Abschlag von Hiemann stürmt Krieg auf Sejna zu, jedoch rutscht ihm der Schuß irgendwie über den Schlappen. Dann Großalarm im Essener Strafraum - Fröhlich flankt von rechts, doch 3 Himmelblaue in Folge kommen aus Nahdistanz nicht ans Leder. So langsam konnte sich Essen bedanken, daß es nicht schon 2:1 stand - dachten wohl fast alle - bis auf einmal einer der schnellen Konter über Winkler losbrach und den Himmelblauen beinahe den erneuten Rückstand beschert hätte. Kaum war's vorbei, rauchte es schon wieder vor dem Essener Tor - ein grober Abwehrfehler läßt Demir aus 25m plötzlich frei zum Schuß kommen - vielleicht hätte er ein Stückchen gehen sollen, denn Sejna kann den Schuß (leider) zur Ecke klären. Kurz vor dem Pausenpfiff noch ein Aufreger vor Hiemanns Kasten, als Weber nach einer Ecke die Latte des himmelblauen Tores erzittern läßt.

Nach der Pause passierte dann fast nichts mehr - der Schreiber grübelt heute noch darüber, wo die beiden Teams geblieben waren, die in der ersten Halbzeit noch so großartigen Fußball zelebriert hatten *grübel*. Vielleicht lag es am gegenseitigen Respekt oder an Schieri Weber aus Thüringen oder einfach am Sonnenschein...
Beide Mannschaften lieferten sich jetzt im Mittelfeld einen Kampf auf Biegen und Brechen, der mit unfairen Mitteln und vielen Nickligkeiten garniert wurde. Das Männlein in Grün befleißigte sich nun darin, Fouls von Schwalben zu unterscheiden und lag damit zumeist falsch. Auch bei der Verteilung der gelben Karten zog sich der Schieri den Unmut der Einheimischen zu. Und zwei Spieler von RWE erfreuten sich bis zum Ende der Partie an fortwährenden Aua-Rufen der Gegengerade, falls sie gerade Ballbesitz kamen.
Fußball wurde auch noch gespielt, aber Chancen waren auf beiden Seiten Mangelware. Fröhlich setzte sich einmal auf der rechten Seite durch und traf mit einem leicht abgefälschten Ball nur die Querlatte des Essener Tores - womit es nun auch bei den Lattentreffern 1:1 stand. Dann wurde Ingo im Mittelfeld von den Beinen geholt, doch der schien im Fallen irgendeinen Knochen ausgefahren zu haben, denn auf einmal wälzte sich der Rot-Weisse auf dem Grün des Rasens herum und mußte verarztet werden. Beide Seiten wechselten, doch die Partie blieb eine verfahrene Kiste.
Zehn Minuten vor Ende der Partie begann der CFC, wie schon gegen Münster, Abenteuerfußball zu spielen. Die Gäste durften das Mittelfeld besetzen und Katz- und Maus mit der himmelblauen Abwehr spielen. Hiemann wurde jetzt zum Fels in der Brandung, der wenigstens den einen Punkt festhalten mußte. Nach einem Pass von rechts taucht der Ex-Bochumer Weber völlig frei vor He-Man auf, doch unser Ex-Wolfsburger erspäht genau die Sekunde, in der Weber gerade zum Schuß ausholt und pflückt ihm die Kugel gerade noch vom Fuß. Schwein gehabt, CFC! Aber das sollte es noch nicht gewesen sein - nur zieht Ernst aus 10m eine Granate ab, doch irgendwie kriegt der CFC-Keeper die Fingerspitzen noch an den Ball und kann zur Ecke klären. Spätestens jetzt hätte sich wirklich niemand beschweren dürfen, wenn die Partie noch gekippt wäre. Zum Schluß erbrachte der Schieri dem CFC noch eine gute Tat, indem er einfach pünktlich abpfiff und somit den Fans in der Südkurve weitere graue Haare und den Herren auf der Tribüne einen Herzkasper ersparte.

Fazit: Der CFC muß zwar mit dem (nur) einem Punkt zufrieden sein - und trotzdem darf er sich entspannt zurücklehnen. 7 Punkte waren aus den ersten 3 Spielen gefordert und genau 7 sind es auch geworden - ein nahezu perfekter Auftakt. Natürlich waren bei den gezeigten Leistungen Licht und Schatten dabei, aber immerhin hat man gegen Teams wie Wattenscheid und Essen ordentlich gepunktet und diese zwei "Dicken" schon einmal weg. In den nächsten Spielen treffen die Himmelblauen auf vermeintlich kleinere Gegner, und genau hier wird sich zeigen, wieviel der gute Saisonauftakt wirklich wert ist und ob sich das Team in nächster Zeit tatsächlich im Vorderfeld der Tabelle festsetzen kann. Als weiteres, im Vorfeld der Saison auch erwartetes Fragezeichen, scheint sich die Stärke der Reservebank aufzutun, wo sich die jungen Spieler möglichst schnell als echte Alternative bei verletzungsbedingten oder spielerischen Ausfällen zu den Stammkräften anbieten müssen.


Wertung: 2,5 (Erste HZ super, dann schwächer)

Beste Himmelblaue: Tchipev, Hiemann, Fröhlich, Zedi

Pressestimmen

Freie Presse
Schöner Blick auf die Tabelle lohnt nicht"
"[..]Das 1:1-Remis erzeugte allseits zufriedene Gesichter bei den Himmelblauen. [..] Typisch für das Spiel des CFC fiel der Treffer nach einer Standardsituation. [..] Wie schon vergangene Saison konzentriert sich im Offensivbemühen fast alles auf Christian Fröhlich. [..] Vor allem Keeper Holger Hiemann rettete mit Glanzparaden in der Schlussviertelstunde den Punktgewinn. Kämpferisch lieferten alle Sachsen eine überzeugende Vorstellung ab, allen voran Ingo Walther. Der bullige Mittelfeldspieler wirkte so aggressiv, dass jeder seiner Gegenspieler ein mulmiges Gefühl vor dem Zweikampf bekommen musste.[..]

Westdeutsche Allgemeine Zeitung - Essen
Im Endspurt verpasst Rot-Weiß ersten Sieg"
"[..]gleich viermal rette der Chemnitzer Torwart in der starken Schlussphase der Rot-Weißen ab der 80. Minute vor Hauswald, der völlig freistand, vor Tomoski und zweimal Ernst. Zuvor war es vor 4682 Zuschauern ein fast ausgeglichenes Spiel mit leichten Vorteilen für die Gastgeber[..]

Neue Ruhr-Zeitung
Sieg war am Ende greifbar nah"
"[..] Es war sicherlich die bislang beste Saisonleistung des Fußball-Regionalligisten Rot-Weiß Essen, doch es reichte auch im dritten Versuch nicht zum erhofften Dreier. [..] Die Partie wurde nun verbissener geführt, besaß allerdings nicht mehr den Schwung und Elan des ersten Durchgangs. [..]

Kicker
Fröhlich vermeidet alte Fehler"
"Beim CFC waren sie zufrieden, bei RW Essen nicht unzufrieden. [..] Ein insgesamt leistungsgerechtes 1:1. Wenngleich Essen es in den letzten zehn Minuten verpasste, den ersten Saisonsieg sicher zu stellen. [..] Chemnitz offenbarte spielerische Mängel. [..] Essen schaltete schnell von Abwehr auf Angriff um, doch vorm Tor fehlte die Cleverness.

DPA
Der Chemnitzer FC verdarb Aufstiegsanwärter Rot-Weiß Essen den ersten Saisonsieg.

Spielerstimmen

Christian Fröhlich
Wir haben jetzt 3 Spiele gemacht, das heißt es fehlen noch 29.

Trainerstimmen

Matthias Schulz in WAZ
Das Unentschieden geht in Ordnung, wobei ich meiner Mannschaft ein Kompliment machen muss.

Harry Pleß in WAZ
Wenn man die Chancen abwägt, mussten wir auf Grund unseres starken Endspurts eigentlich mit 2:1 oder 3:1 gewinnen. Es war unser bisher bestes Spiel, kämpferisch und spielerisch. Mit unserer Leistung war ich zufrieden, mit dem Ergebnis nicht.

3. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2002/2003
Samstag, 10. August 2002, 14:00 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 4.682
Schiedsrichter: Weber (Eisenach)
Chemnitzer FC
T Hiemann
A Göhlert
A Zedi
A Schmidt
M MeissnerGelbe Karte
M Tchipev
M Walther
M Biermann (65. König)
M FröhlichGelbe Karte (77. Simic)
S DemirGelbe Karte
S Krieg (89. Rolleder)

Trainer: Schulz
Rot-Weiß Essen
T Sejna
A Bonan
A Zimmermann
A Weigelt
M Winkler
M Bilgin (46. Ernst)
M Tomoski
M Fischer
M Tutas (77. Börger)
S WeberGelbe Karte
S HauswaldGelbe Karte (85. Wedau)

Trainer: Pleß
Tore
0:1 Tomoski (17.)
1:1 Tchipev (25.)