(Alles) Aufstieg KANN, nicht(s) MUSS...
von Timo Görner
... hieß es vergangene Saison für den Traditionsclub von der Essener Hafenstraße, denn die im Vergleich zur Saison 2000/2001 enorme sportliche Steigerung hätte fast den eher unverhofften Sprung in die 2. Bundesliga bedeutet, aus der man 1997/1998 mit dem beträchtlichen Rückstand von 13 Punkten auf den als 14. geretteten FSV Zwickau abgestiegen war. Für RWE und seine treuen Fans in der größten Stadt des Ruhrgebietes führte der Weg der Schmach zwischenzeitlich bekanntermaßen ja bis in die viertklassige Oberliga Westfalen.
Angesichts dieses Leidensweges kann man den Verantwortlichen in Essen Respekt zollen, dass der deutsche Meister von 1995 und DFB-Pokalsieger 1953 sowie Pokalfinalist von 1995 beim 1:3 gegen den SV Werder (passend zur RWE-Geschichte trat man dort als Zwangsabsteiger in die Regionalliga aufgrund des Lizenzentzuges an) nicht endgültig in der Versenkung verschwunden ist, sondern am Samstag an der Gellertstraße als einer der Topfavoriten auf den Zweitligaaufstieg antritt und eben im Vorjahr bei allen Turbulenzen und Unsicherheiten im Umfeld ("Sportwelt"-Querelen) bis zum letzten Spieltag und fast bis zur letzten Spielminute (das entscheidende 2:1 in Braunschweig fiel ja quasi in der 90. Minute) mit beiden Beinen in der 2. Liga stand. Ein Wermutstropfen in diese dennoch zufrieden stellende Saison bildete lediglich, oder recht "eindrucksvoll", ein Mob frustrierter Essener Chaoten, welche nach Spielende das "Preußen-Stadion in Münster stürmte", was die Jungs von
www.adlerpower.de des SC Preußen animierte, diese Geschichten für das Web in Form von Videofiles bereitzustellen. Kann man sich drüber streiten, ob man dann noch so eine Plattform bietet.
Für diese Saison ist der Druck auf Coach Harry "Hirsch" Pleß demzufolge enorm gewachsen. Denn diesmal wird Platz 1 oder 2 von Fans, Sponsoren und dem kritischen Umfeld einfach erwartet und herbeigesehnt. Wie schon erwähnt hat mittlerweile an der Hafenstraße ein durchaus solides und professionelles Management unter Führung des Essener SPD-Bundestagsabgeordneten
Rolf Hempelmann Einzug gehalten, dennoch konnte auch hier ein Abspecken im Etat nicht verhindert werden. Dieser beläuft sich nun auf rund 3,5 Mio. EUR, im Vorjahr wurde hier bei 4 Mio. EUR angesetzt. Damit ist der rot-weiße Sportclub dennoch "Krösus der Liga" und liegt um einige Euro vor dem CFC. Verantwortlich für die mittlerweile leidlich stabile finanzielle Lage des Vereins ist vor allem der Hauptsponsor RWE ("Rheinisch Westfälische Elektrizitätswerke", bundesweit bekannt), der schon in der Vorsaison maßgeblich durch sein finanzielles und personelles Engagement dafür verantwortlich zeichnete, dass der SC Rot-Weiß trotz der Differenzen und Streitigkeiten mit der mittlerweile berüchtigten "Sportwelt" als Vermarkter die Regionalliga-Lizenz erhielt und eine sportlich wie wirtschaftlich turbulente Spielzeit 2000/2001 als "Zittersaison" doch noch ein gewisses Happy End fand und RWE anschließend zum "Sturm auf die 2. Liga ansetzen konnte".
RWE den Rücken kehrten insgesamt 11 Spieler aus dem offiziellen Kader 2001/2002, wobei der Abgang von Stürmer Ricardo Baich, Markus Kaya, Ex-Bundesligaprofi und "Abwehr-Terrier" Helmut Rahner (Nürnberg, Uerdingen), Mittelfeld-Stratege Holger Karp, Andreas Fischer (ehemals HSV) und des "ewigen Talents" Andrej Polunin (der "Häßler der Ukraine", aktiv in Nürnberg, beim FC St. Pauli) die Bemerkenswertesten sein dürften. Ricardo Baich bekam keinen neuen Vertrag, Andreas Fischer beendete aus Altersgründen und aufgrund vermehrter Verletzungsprobleme seine Laufbahn nachdem man auch ihm keinen neuen Kontrakt mehr angeboten hatte. Ebenso musste Rahner gehen, Holger Karp schaffte den Sprung in die 2. Liga ausgerechnet mit dem Gang zur Braunschweiger Eintracht, Andrej Polunin kehrte in die Ukraine zu Dnjepr Dnjepropetrowsk zurück und Fußball-Deutschland eher frustriert endgültig den Rücken, nachdem er auch bei Rot-Weiß Essen den großen Durchbruch nicht schaffte. Die anderen Abgänge spielten in der Vorsaison nicht unbedingt die große Rolle, mit Christoph Müller ging der Keeper der Westfalen zum Ligakonkurrenten SC Verl, nachdem er ein reduziertes Vertragsangebot letztendlich nicht akzeptiert hatte, wie auch Holger Karp, der aber mit der Braunschweiger Eintracht einen "dankbaren Abnehmer" fand. Ebenso verzichtet RWE in Zukunft auf die Dienste von Markus Kaya (ehemals FC Schalke 04).
Harry Pleß musste sich also vor allem für Spieler wie Baich, Karp und Fischer nach entsprechendem adäquatem Ersatz und optimalerweise Verstärkungen für den Kader insgesamt umschauen. Und da sind doch ein paar bekanntere Namen zu finden. Zum Beispiel Marco Sejna (30) für das Tor als zukünftige Nr. 1 von LR Ahlen mit reichlich Erfahrung in seiner Zeit bei Hertha BSC oder als Regionalliga-Keeper beim FC Sachsen Leipzig, als dort mit Klaus Wienhold ein umtriebiger (leider aus Sicht der Leutzscher) Berliner Unternehmer sein Unwesen als Vizepräsident trieb (Schädlich-Rauswurf). Mit dem jungen erst 21-jährigen Sascha Kirschstein kam Ersatzpersonal für das Tor vom Zweitligaaufsteiger aus Braunschweig. Ebenfalls von LR aus Ahlen stieß Andreas Zimmermann (32) als erfahrener Abwehrspieler zu RWE, vom niedersächsischen Oberligisten FC Schüttorf 09 kam Matthias Börger (27). Ronny Ernst (26) stieß ferner für das Mittelfeld vom Dresdner SC zu den Westfalen und dem CFC-Freund dürfte der Mazedonier Borislav Tomoski (29) aus der "verbotenen Stadt" ein Begriff sein. Den "Dreierpack" von LR Ahlen komplettiert ebenfalls im Mittelfeld der ein wenig als "ewiges Talent" verschrieene Marcus Wedau (26), in der Bundesliga schon aktiv für den KFC Uerdingen 05 und den MSV Duisburg. Vom Oberligisten FV Dresden-Nord mit seiner anerkannt guten Nachwuchsabteilung holte Pleß sich Stürmer Martin Hauswald (20) als Investition in die Zukunft. In den ersten beiden Spielen konnten sich von den Neuzugängen Ronny Ernst, bemerkenswerterweise Martin Hauswald, Andreas Zimmermann jeweils für die Stammelf empfehlen wie auch Marco Sejna wohl die Nr. 1 für diese Saison im Tor werden dürfte. Tomoski stand gegen Dynamo in der Anfangsformation und dürfte am Samstag in Wiedersehen an der Gellertstraße feiern. Im Gespräch waren für diese Saison auch der der Schalker Mike Büskens wie auch aus Babelsberg Henryk Baluszynski oder der Ex-Babelsberger Marco Küntzel.
Damit hat Harry Pleß einen mehr als soliden Kader zur Verfügung, der die Abgänge gut aufgefangen haben sollte, wenn die Neuen ihr Potential ausschöpfen. RWE steht damit nicht zu Unrecht in der Favoritenpflicht, zumal im Kader erst- und zweitligaerfahrene Akteure stehen, die bereits in der Vorjahressaison zu den Leistungsträgern zählten wie Heiko Bonan (36) in der Abwehr als "Spielmacher von ganz hinten heraus", Kapitän Achim Weber (33) als bislang einziger RWE-Torschütze dieser Saison (Babelsberg) im Sturm mit seinen 6 Toren in 7 Spielen der Saison 2001/2002.
In der Vorbereitung wurde Anfang bis Mitte Juli ein Trainingslager in Sachsen-Anhalt (Dessau) absolviert, wo man gegen den aufgestiegenen Oberligisten FC Anhalt Dessau eine recht überraschendes
1:3 kassierte und gegen den Halleschen FC ein schwer erkämpftes
3:2 erreichte.
Hochkarätigster Gegner war Zweitligist Alemannia Aachen am 10.07. an der Hafenstraße in Essen, wo man ein
3:0 für sich verbuchen konnte. Dagegen stand kurioserweise wieder eine Pleite gegen einen unterklassigen Gegner mit dem
1:3 beim Nordrhein-Oberligisten Wuppertaler SV, was auch der letzte offizielle Test vor dem Auftakt beim
1:1 in Babelsberg war, wo man seinen niederländischen Mittelfeldstrategen Erwin Koen (24) durch einen Platzverweis aufgrund einer Tätlichkeit verlor. Koen wurde dafür bis zum 24.08.2002 (RWE in Wattenscheid am 5. Spieltag) aus dem Verkehr gezogen und wird am Samstag definitiv nicht mit auflaufen. War das 1:1 in Babelsberg noch einigermaßen in den Erwartungen der Fans und des Trainers, so stellte sich nach dem
0:0 gegen Aufsteiger Dynamo Dresden doch eher schon ein wenig Ernüchterung ein. Weniger bei Harry Pleß, obwohl ihn das magere Remis gegen die 30 min. lang nur 10 Sachsen auch aufgrund der bislang eher weniger bekannten Schwächen im offensiven Bereich enttäuschte. Allerdings hatte der Erfolgscoach für die 3, nach seiner Aussage schweren Auftaktspiele (Zweitligaabsteiger, ehrgeiziger Neuling, 6. der letzten Saison) als Ziel "5 Zähler mindestens" angekündigt, die man ja am Samstag immerhin noch erreichen kann. Platz 12 wie z. Z. jedenfalls wäre vor 2 Jahren noch so was wie ein Erfolg gewesen als damaliger Aufsteiger, jetzt zählt entweder die "1" oder die "2". Bleibt für uns zu hoffen, dass es für RWE auch im 3. Spiel in der geilsten Stadt der Welt nichts zu holen gibt und die Westfalen nach diesen Auftaktspielen einen "Ost-Komplex" beklagen müssen. ;-)
In diesem Sinne den Rot-Weißen Supportern aus der fernen Stadt im Pott einen beschaulichen Aufenthalt in der "Stadt der 0 RWE-Punkte" und uns allen ein gutes Spiel auf dem Rasen und drumherum.