3 Punkte Pflicht gegen eine Überraschungsmannschaft…
von Timo Görner
…denn unser Gegner vom Sonntag präsentiert sich bislang als für seine Verhältnisse optimal. Dennoch sollte nur ein voller Erfolg gegen die Berliner zählen, will der CFC bis zur Winterpause an der Tabellenspitze bleiben.
Rückblick auf die letzte Saison
Ganze 6 Tore fehlten nach dem letzten Spieltag zum rettenden 14. Platz. Groß war die Enttäuschung in Berlin, als der Weg offensichtlich zurück in die Oberliga führen sollte. Durch den Rückzug von Kickers Emden aus Liga 3 in Liga 5, blieb der Multi-Kulti-Verein aber in der Regionalliga.
Von Beginn an steckte Türkiyemspor im Abstiegskampf. Nach 9 Spieltagen belegten die Berliner mit nur 5 Zählern den vorletzten Platz. Bitter aus unserer Sicht gelang der einzige Sieg ausgerechnet an der Gellertstrasse (2:1) mit den bekannten Nachwirkungen (Zuschauereinschränkung). Bis zur Winterpause ging die Tendenz dann aufwärts und Türkiyemspor verlies zunächst die Abstiegszone. Grundstein dafür war eine neue Heimstärke. Es gelangen 4 Siege in Folge im „heimischen“ Jahn-Sportpark, dazu der 2. Auswärtssieg (Altona, 3:0). Die Aussichten vor der Frühjahrsrunde waren damit durchaus vielversprechend. Doch die Gegenwart blieb trüb. Auch nach Runde 27 war Türkiyemspor auf Platz 15 "etabliert". Auf den „gesicherten“ 14. fehlten 5 Punkte. Kein Sieg wurde 2009 bis dahin eingefahren. Am dichtesten an einem Erfolg dran waren die Berliner ausgerechnet gegen "Auswärtskönig" HFC, als ein 2:0 in der Nachspielzeit noch in einem 2:2 mündete. Im Endspurt der letzten 7 Partien aber ging nur noch ein Spiel verloren, dafür wurden 5 Spiele jeweils ohne Gegentreffer gewonnen. Auf Reisen wurden die "Pflichtaufgaben" bei den Absteigern in Leipzig (2:0) und Cottbus (1:0) erfüllt. Zu Hause blamierten die Berliner Magdeburg (2:0) und schickten Lübeck (3:0) sowie Altona (1:0) punktelos nach Hause. Für eine Sportliche Rettung reichte es dennoch nicht mehr.
Die Heimbilanz (12.) war mit 7 Siegen sowie 7 Niederlagen durchwachsen, dafür war die Auswärtsbilanz leicht über dem Schnitt. 36 erzielte Tore reichen nur zur Note "ungenügend". 43 Gegentore waren dagegen noch "befriedigend".
Im Berliner Landespokal scheiterte Türkiyemspor bereits im Achtelfinale bei Oberligist BFC Preußen mit 0:3.
Delegierungen für diese Saison
Es gab mit 13 Neuzugängen und 9 Abgängen ein paar Veränderungen. Mittelfeldspieler Pa-Malick Joof (24/Wilhelmshaven) ist nicht mehr dabei, Kais Manai (37) beendete seine Laufbahn. Der Rest spielte 2008/2009 keine besondere Rolle und ging größtenteils ohne neuen Verein.
Bei den Neuverpflichtungen entstammen fast ausschließlich Spielklassen unterhalb der Regionalliga sowie unterklassigen ausländischen Vereinen. Für die Abwehr kamen Enes Cabuk (20/Lichterfelder FC) und Thomas Sabacinski (23/Alemannia Aachen II). Im Mittelfeld sind die Wechsel von David Schimmelpfennig (28/Borussia Fulda) und Manuel Zemlin (24/ Plauen) bemerkenswert. Interessanteste Personalie ist der Stürmer Abdenour Amachaibou (22) sein. Der Marokkaner mit deutschem Pass stieß vom israelischen Erstligisten Hapoel Ironi Kiryat Shmona zum BFC. Seine Stationen waren die A-Jugend und U23 von Borussia Dortmund und Alemannia Aachen, kann zudem auf 11 Spiele für die DFB-U19 (5 Tore) verweisen. 3 Kicker wurden aus der A-Jugend in den Kader berufen von denen bislang Safa Sentürk (19/Angriff) zumindest mehrere Kurzeinsätze verbuchen konnte.
Der Trainer
Taskin Aksoy (42) übernahm die 1. Mannschaft Anfang Juli 2009. Zuvor war er für die A-Jugend des BFC verantwortlich. 1985 begann er seine Laufbahn als Spieler bei Hertha BSC. Weitere Stationen waren Boluspor (Türkei), der BFC Türkiyemspor (1991 bis 1993), Tennis Borussia Berlin (bis 1997) sowie die erste (Kocaelispor) und zweite türkische Liga (Kayserispor). Aksoy wird unterstützt von Ex-Kicker Kais Manai.
Die Mannschaft
Nummer 1 im Kasten ist Daniel Rothe (28), sein Ersatz Norman Köhlmann (25). In der Abwehr sind Kapitän Murat Doymus (23), Florian Grossert (24), Henning Lichte (25) und Enes Cabuk (20) feste Größen. Grossert erwies sich mit 5 von 7 Treffern vom Punkt als "Elfmeterkönig". Im Mittelfeld verdienen David Schimmelpfennig (28), Süleyman Koc (20), Norbert Lemcke (27) und Marcus Steinwarth (23) die Bezeichnung „Stammkader“. Neuzugang Manuel Zemlin aus Plauen schaffte diesen Status bislang nur kurzzeitig, analog zu Ralf Marrack beim CFC. Der talentierte Angreifer Amachaibou hat den Durchbruch beim Berliner Viertligisten ohne Probleme geschafft und ist mit 6 Tore und 5 Vorlagen in 13 Spielen ein "Glücksgriff". Daneben gibt es noch Hakan Cankaya (23), der es allerdings lediglich auf 1 mageres Tor bringt.
Mit 27 Aktiven bietet Türkiyemspor einen relativ großen Kader auf, der mit 23,6 Jahren im Schnitt zu den jüngeren gehört. Im Vergleich zur Vorsaison konnte die Qualität durchaus verbessert werden. Der sportliche Aufwärtstrend ist durchaus kein Zufall. Zu mehr als der aktuellen Platzierung dürfte es aber normalerweise nicht reichen.
Die aktuelle Saison bislang
Der Auftakt ging mit einer Heimniederlage erstmal daneben, im Berliner Derby verlor Türkiyemspor gegen Tennis Borussia (0:2). Doch es folgte eine Serie von 3 Siegen. Auf Reisen holten die Berliner Punkte in Meuselwitz (3:1) und beim HSV II (2:1), Magdeburg wurde erneut besiegt (1:0). Es schloss sich eine bemerkenswerte Diskrepanz zwischen Heimstärke (Rang 3) und Auswärtsschwäche (Platz 13) an. Während im "heimischen Jahn Sportpark" seit der Pleite gegen die Berliner "Veilchen" keine Niederlage hinzu kam und durch 4 Siege in 5 Begegnungen 13 Zähler einheimst wurden, ist Türkiyemspor auf Reisen seit dem 29.08.2009 sieglos. Die Heimserie relativiert sich ein wenig, denn Gegner wie Rostock II (5:1), Goslar (3:2), Hannover 96 II (2:1) und zuletzt Hertha II (3:1) sind keine unlösbaren Aufgaben. Nur Wilhelmshaven (0:0) wurde nicht geschlagen. Dagegen stehen schwache Gastspiele mit 4 Niederlagen in Folge und dem 0:6 in Halle als "Krönung". Erster Lichtblick war das Remis beim FC St. Pauli (2:2). Trotz der Auswärtsschwäche reicht es aber zu einem gesicherten Mittelfeldplatz.
23 geschossene Tore ergeben die Note "befriedigend bis gut", 22 Gegentreffer sind "glatt befriedigend". Das Saisonziel „ Klassenverbleib“ ist gut im Visir. Im Berliner Pokal ist jedoch schon wieder Schluss, in der 3. Hauptrunde unterlag Türkiyemspor bei Lokalrivale Tennis Borussia auch im 2. Spiel der Saison (0:1).
Das Umfeld
Der Zuspruch auf den Rängen hat sich trotz der guten Leistungen mit 359 gegenüber den 347 im Schnitt der letzte Saison kaum verändert. Der BFC Türkiyemspor 1978 aus dem ehemaligen "Grenzbezirk" Kreuzberg fristet nach wie vor eher ein Mauerblümchendasein im Berliner Vereinsfußball. Magdeburg sorgte mit seinem Anhang für den Rekordbesuch mit gut 1.100 zahlenden Fußballfreunden.Die totale Trostlosigkeit herrschte bei nur 102 Besuchern gegen den Goslarer SC.
Desinteresse auf den Rängen, die seit Jahren beklagten schlechten Trainingsbedingungen und der erneut kleinste Haushalt der Liga machen für die Kreuzberger diese Spielklasse eher zum Abenteuer. Doch wenigstens ist dieser Mini-Etat von 800.000 EUR, der im Fall des Abstiegs in die Oberliga mehr als halbieren müsste, einigermaßen abgesichert. An die 2. Bundesliga wie in den 80er Jahren zu denken, verbietet sich allerdings kategorisch. Für das Spiel am Sonntag organisiert der Verein zum zweiten Mal in dieser Saison einen Fanbus. Für 20 EUR kann man sich auf die Reise zum CFC begeben. Dennoch dürfte die Fischerwiesennordkurve am Sonntag weitestgehend verwaist bleiben.