Ende der Sieglosserie gegen die wackeren Bayern…
von Timo Görner
...muss das Ziel lauten. Das zu erreichen, wird erneut schwer genug. Wieder einmal gibt eine Gemeinschaft ihr Debüt an der Gellertstraße.
Die letzten Jahre unseres Gegners
1993 in die damals viertklassige Bayernoberliga aufgestiegen, gelang 2002 mit dem Aufstieg in die 2. Bundesliga der bis dato größte Erfolg. Innerhalb von 9 Jahren war der Sprung aus Liga 5 bis in die 2. Liga geschafft. Hier schlug man sich achtbar, zeitigte einen 10. Platz und geriet nie in Abstiegsgefahr. 1 Jahr später sah es anders aus: Nach einer Krise Mitte der Rückrunde rutschte man 6 Spiele vor Ultimo auf Rang 16 ab, der damals noch mit dem Abstieg verbunden war. Der Klassenverbleib wurde mit einem starken Endspurt bei 5 Siegen und 1 Remis gesichert. So wurde mit Rang 11 erneut ein solides Ergebnis erreicht. Gleichbedeutend mit dem Ende der "Ära Bommer", der Ex-Profi zeichnete als Trainer für den sportlichen Aufschwung maßgeblich mitverantwortlich. Bommer ging zu 1860 München, wo er aber nicht glücklich wurde. Nachfolger wurde mit Markus Schupp erneut ein bekannter Ex-Kicker, unter ihm etablierte man sich weiter in der Zweitklassigkeit. Die Saison 2006/2007 stand unter keinem guten Stern. Wacker geriet von Anfang an ins Trudeln, steckte im Abstiegskampf. Im Dezember 2006 musste Schupp gehen, der Neue konnte nicht verhindern, dass man vor dem letzten Spiel als Absteiger feststand. Mit einem 5:1-Heimsieg gegen Paderborn sagte man der 2. Liga nach 4 Jahren "Ade". Seitdem ist man drittklassig. 2008 gelang die Qualifikation für die 3. Liga, in der man seitdem gegen den Abstieg kämpft und 2x abgestiegen war. Erst war es der Rückzug von Emden 2009, dann die Insolvenz von Ahlen 2011, welche vor dem Gang in die Regionalliga rettete. Daran konnten auch weitere bekannte Ex-Kicker als Trainer nichts ändern. Weder Ingo Anderbrügge noch Mario Basler. Fast folgerichtig die Rückkehr von Rudi Bommer an die alte erfolgreiche Wirkungsstätte. Einen Namen machte man sich als Sprungbrett für Akteure wie Stefan Reisinger (Fürth, Freiburg), Nico Herzig (Bielefeld, Aachen), Tom Geißler (Mainz) oder Thomas Broich (Gladbach, 1. FC Köln).
Die letzte Saison unseres Gegners
Auch die 3. Spielzeit in Liga 3 sah Schwarz-Weiß im Abstiegskampf. Nach dem Klassenerhalt "am grünen Tisch" im Juni 2009 und dem relativ sicheren Verbleib 1 Jahr später mit 6 Zählern auf den ersten Absteiger konnte man diesen Stand nicht behaupten, rettete sich durch den Ahlener Zwangsabstieg. Mit 37 Punkten holte man 9 weniger, legte eine Achterbahnfahrt mit guten und schlechten Phasen hin. Nach Spieltag 14 war Rang 10 die beste Platzierung, nach Runde 29 sah man mit Rang 12 noch mal Licht. Prekär die Lage zu Beginn, in der Mitte und am Ende. Nach 6 Spielen noch sieglos, zum Auftakt erlebte man gegen Sandhausen ein Heimdebakel (1:4). Runde 7 dann der erste Dreier gegen Erfurt (1:0) und der Beginn eines leichten Aufschwungs mit Abwärtstrend zur Winterpause. Nach 19 Spielen war der Tabellenkeller wieder die Heimat (17.). Zu Hause wie auswärts im negativen Saldo, nur knapp über dem Strich. Auf Reisen holte der SVW in 10 Auftritten 1 Sieg (Babelsberg 2:0). Die letzten 5 Spiele bis zum Jahreswechsel gingen bei 4:14 Toren verloren. Ausgerechnet nach Achtungszeichen gegen Offenbach (4:3). Nach 4 (sieglosen) Spieltagen musste Trainer Jürgen Press gehen, wurde durch Ex-Nationalspieler Mario Basler ersetzt. Auch unter ihm gelang die Befreiung nicht, auf eigenem Rasen wurden zu wenige Punkte geholt. Die Bilanz aus 9 Spielen im Jahr 2011 ernüchternd. 2 Siege, 2 Remis, 5 Niederlagen. Tiefpunkt die Klatsche gegen Rostock (1:4). Auswärts gelangen 2 weitere Siege in Ahlen (1:0) und Koblenz (4:0). Dazu ein Achtungserfolg in Erfurt (1:1). Bezeichnend für die Saison die Schlussphase: 8x blieb man ohne Sieg. In der Heim- und Auswärtstabelle lag man auf Platz 17. Die Defensive abstiegsreif (66), mehr kassierte nur Ahlen. Die Offensive (46) "genügend".
Im DFB-Pokal war Endstadion in Runde 1 gegen den späteren Meister Dortmund (0:3). Im Bayernpokal scheiterte Wacker zum 3. Mal in Folge im Endspiel. Regensburg war besser (1:2), wie schon im Vorjahr (2:4). "Sonderlocke Bayern": hier darf sich der Finalist gegen den Gewinner des "kleinen Finales" für den DFB-Pokal qualifizieren. Unterhaching kegelte Wacker (1:0) hier aus dem Rennen.
Delegierungen für diese Saison
Insgesamt 12 Akteure haben den Verein während und nach der abgelaufenen Saison verlassen, 8 sind neu hinzugekommen.
Aus der Abwehr zog es Sören Halfar (24) nach Sandhausen, Patrick Wolf (22/Kassel) in die Regionalliga Süd. Mit Björn Hertl (34) ging "Inventar" nach 10 Jahren. Er schloss sich Bayernligist TSV Buchbach an. Im Angriff ist mit Eric Agyemang (31/Bielefeld) einer der herausragenden Stürmer der letzten 3. Liga (13 Tore) nicht mehr da. "Winter-Neuzugang" Christian Knappmann (30) wechselte nach Wuppertal, bemerkenswert noch die Delegierung von Christian Cappek (21) Richtung Lößnitztal. Bei Wacker nicht unbedingt eine feste Größe nach starker Saison 2009/2010.
Auf der Seite der Neuverpflichtungen sind beachtliche Resultate erreicht worden. In der Abwehr holte man Josef Cinar (27/Trier), Mounir Chaftar (25/Eintracht Frankfurt II). Im Mittelfeld band man Heiko Schwarz (21/Cottbus II), dazu den hierzulande bekannten Matthias Heidrich (33) von Zweitligaabsteiger Osnabrück. Hinzu kommt der Deutsch-Marokkaner Youssef Mokhtari (32), seit August 2010 ohne Arbeitgeber. Letzte Station: FC Metz (Frankreich). 2004 der Wechsel aus Burghausen nach Cottbus, weitere Vereine waren u. a. Köln, Duisburg, FSV Frankfurt und Fürth. Viel Wert wurde auf den Angriff gelegt. Aus Aue kam Sebastian Glasner (26), mit Heidrich "im Doppelpack" Nicky Adler (26). Sahr Senesie (26) vom FC Homburg versuchte 2003 bis 2008 den Durchbruch bei Borussia Dortmund.
Der Trainer
Für Rudi Bommer (54) ist die Anstellung in Burghausen eine Rückkehr nach dem ersten Amtsantritt vor 9 Jahren. 2004 der Wechsel zu den "Löwen", dort war aber bereits nach knapp 5 Monaten Ende. Auch in Saarbrücken reichte es nur zu 8 Monaten. 2006 die Verpflichtung in Duisburg mit dem Aufstieg in die 1. Bundesliga, postwendend der Abstieg und die Entlassung im November 2008 als glückloser Zweitliga-Coach. 417 Bundesligaspiele kann Bommer aufbieten, Stationen waren Düsseldorf von 1976 bis 1985, Uerdingen, Aschaffenburg und Eintracht Frankfurt als zweite maßgebliche Station neben Fortuna von 1992 bis 1997.
Die Mannschaft
Im Tor ist Rene Vollath (21) die Nr. 1., wie bereits in der Vorsaison. In der Abwehr gelten Mounir Chaftar (25), Josef Cinar (27), der Nigerianer Darlington Omodiagbe (33) und Alexander Eberlein (23) als das Gerüst. Knapp dahinter kommen mit Marco Holz (21) und mit etwas mehr Abstand Maxi Thiel (18) zwei junge Akteure, die schon mehrmals zur Stammformation zählten. Mit Omodiagbe hat man einen Spieler im Abwehrverbund der jahrelang höherklassig gespielt hat. Stationen: Unterhaching, Jena und Osnabrück. Im Mittelfeld haben sich Christoph Burkhard (27), der Deutsch-Italiener Christian Brucia (23), Marokkos Ex-Nationalspieler und Kapitän Youssef Mokhtari (32) sowie Ronald Schmidt (34) etabliert. Schmidt kennt den CFC aus der Regionalliga Nord 2001/2002, sah beim Hinspiel des Dresdner SC in Chemnitz Gelb-Rot. Zur Winterpause der Saison der Wechsel nach Burghausen, seitdem ist er dort am Ball. Im Angriff verfügt man über ein erfolgreiches Duo. Nicky Adler (28) schoss 8 Tore, Sebastian Glasner (26) derer 5. Neuzugang Nr. 3 Sahr Senesie (26) kam nach Ausfall zum Saisonstart gut in Tritt, auf 3 Treffer. Er fällt aber seit Anfang November und für das Spiel am Samstag verletzungsbedingt aus. 25 Spieler und 24,6 Jahre im Schnitt sind Durchschnitt. 5 Neuzugänge haben sich einen Stammplatz erkämpft. Adler und Glasner sind im Angriff als "Guter Griff" anzusehen. Hingegen läuft es für Matthias Heidrich nicht so gut. Nach längerer Verletzung in der Startphase (Armbruch) konnte er Bommer noch nicht recht zufriedenstellen und spielt momentan keine Rolle. Allgemein hat sich Wacker aber durchaus gut verstärken können. Weniger Akteure, dafür mehr Qualität im Aufgebot.
Die aktuelle Saison bislang
Bommer + Burghausen = Erfolg, könnte man meinen. Die Partnerschaft des gebürtigen Aschaffenburgers mit Wacker scheint zu passen. Zum ersten Mal seit der Qualifikation für die 3. Liga steckt man nicht im Abstiegskampf, kann den Blick derzeit durchaus auf Relegationsplatz 3 richten. Dabei sah es nach 7 Spielen nicht danach aus, nach gelungenem Start gegen Oberhausen (3:2) ging es erst mal bergab auf Platz 14. 6 sieglose Spiele folgten, kurioserweise mit 1 Niederlage und 5 Remis in Folge. Dabei gleich 4x in Folge mit 1:1. Dreimal in Folge konnte ein 1:0 nicht behauptet werden. Gegen Stuttgart II kassierte man den Ausgleich in der 90. Minute. Die Unentschieden wurden weiter gesammelt, aktuell steht man bei deren 11. Schrittweise wurde sich nach oben gearbeitet, nur 1 weitere Pleite beim Tabellenführer Sandhausen (1:3) kassiert. Von der Heimschwäche der letzten Spielzeit keine Rede. Hier ist man ungeschlagen, konnte die letzten 3 Begegnungen. gegen gute Gegner, Saarbrücken (2:0) wie auch gegen Heidenheim (2:1), zuletzt Unterhaching (3:1) alle gewinnen. Auf Reisen ist man vergleichsweise etwas schlechter. Am 10.09. gelang der letzte und bislang einzige Sieg als Gastgemeinschaft, in Darmstadt mit 3:2 nach 0:2 zur Halbzeit. In Erfurt (3:3) holte man ebenfalls ein 0:2 auf, später noch mal ein 1:3. Wacker stellt die siebtbeste Platz bauende Gemeinschaft, auswärts reicht es für Rang 10. 26:22 Tore sprechen für eine gute Offensive und eine durchschnittliche Defensive. Im Bayern-Pokal steht man im April 2012 im Viertelfinale bei Regionalligist FC Memmingen.
Prognose
Wacker ist es zuzutrauen, nicht abzurutschen. Läuft alles optimal und kann man über sich hinauswachsen, scheint sogar der Angriff auf Rang 3 möglich. Mit entscheidend wird sein, ob man weiter von größeren Verletzungsproblemen wie beim CFC verschont bleibt, speziell im Angriff. Als Tipp wage ich mal Rang 7 bis 10.
Das Umfeld
Über die Höhe des laufenden Etats ist offiziell nichts bekannt, vor 2 Jahren ging man mit knapp 2,8 Mio. EUR ins Rennen. Für diese Spielzeit dürfte man nur unwesentlich drunter/drüber liegen. Insgesamt gilt der SV Wacker Burghausen nicht unbedingt als ein wirtschaftlicher Krisenverein. Die Fußballabteilung wurde in eine eigenständige GmbH zur besseren Vermarktung ausgegliedert. Insgesamt sind rund 6.000 Mitglieder beim SVW beheimatet, der 1930 gegründet wurde und seinen Ausgangspunkt in der Ansiedlung der "Wacker-Chemie" in Burghausen hatte. Mehr als 20 Sportarten werden angeboten, man gilt als einer der größeren Breitensportvereine in Deutschland. Auch die heimische Arena trägt den Namen des Trägerbetriebes und Vereinsnamensgeber.
Rund 12.500 Besucher finden in der Anlage Platz, die eine interessante Mischung aus Fußball- und Leichtathletikstadion bietet. Der große Zuschauermagnet ist man eigentlich nicht, mit 2.830 im Schnitt ist man derzeit deutlich unter den 4.660 der 3. Liga allgemein und hat auch weniger als der CFC. Dazu hat sich der Zuspruch in den letzten 3,5 Jahren kaum verändert, lediglich 2009/2010 kam man mit 3.100 auf etwas mehr. Den größten Ansturm auf die Stadionkassen erlebte man zum Derby gegen Regensburg mit 3.600 Fans.
Professional kommt das Sponsoring daher, auf dem Trikot wirbt ein auch hier agierender österreichischer Erdöl- und Erdgaskonzern für sich. Daneben existieren mehrere Haupt, Premium und Co-Sponsoren. U. a. natürlich auch der einheimische größte Arbeitgeber. Dem SV Wacker darf durchaus ein beachtliches wirtschaftliches Potential attestiert werden, selbstverständlich ist auch hier die Rückkehr in die 2. Bundesliga zumindest intern das Ziel.
