"Relegationsgipfel" zweier Überraschungsteams…
von Timo Görner
...denn dass auch der SSV Jahn Regensburg bis heute um den Sprung in die 2. Liga mitspielt, war so nicht unbedingt zu erwarten - trotz des ordentlichen Abschneidens in der Vorsaison als 8.
Die aktuelle Saison unseres Gegners bislang
3 Spiele vor dem Finale kann Regensburg die Relegation schaffen, aus eigener Kraft. Doch es war mehr möglich, arbeitete man über Monate sogar am direkten Aufstieg. Von Runde 2 bis 9 sowie 20 bis 22 zeitigte man Platz 1. An 9 Spieltagen hatte man Platz 2 inne. Ab Runde 23 mussten kleinere Brötchen gebacken werden, der SSV blieb aber oben dran.
Dabei begann der Auftakt durchwachsen - gegen Babelsberg (1:1) gelang nur ein Remis, was die Mannschaft aber nicht verunsicherte. Nach 8 Spielen war der SSV immer noch ungeschlagen und mit 18 Zählern auf dem Konto. Darunter waren 4 Siege in Folge, das 4:0 gegen die damals noch nicht so starken Aalener bemerkenswert. Die erste Pleite kassierten die Donaustädter in Sandhausen (1:2). Bis zur Winterpause konnte man das hohe Niveau halten und ernsthafte Ambitionen für die Rückkehr in Liga 2 nach fast 8 Jahren wecken. 10 der 21 Begegnungen wurden siegreich gestaltet, lediglich 3 abgegeben. Im eigenen Stadion blieb der Jahn ungeschlagen, war allerdings weniger heimstark als 5 andere Teams. Highlight hier bildete das 4:1 gegen Saarbrücken. Überraschend kamen die Punktverluste gegen Bielefeld (2:2) und Oberhausen (0:0). Dafür stellte man mit 5 Siegen aus 11 Partien die beste Gemeinschaft auf Reisen. Uns ist der Auftritt an der Gellertstraße noch in Erinnerung. Ohne Punkte blieben die Reisen nach Münster (0:2) und Offenbach (1:2). Vor dem Jahreswechsel 2012 führte Regensburg die Riege der Drittligisten an, mit einem soliden Vorsprung von 6 Zählern auf den 4. und 4 Punkten auf den Relegationsplatz. Grundstein des Abschneidens waren Offensive wie Defensive. 36:19 Tore belegten den zweitbesten Angriff und die zweitbeste Abwehr.
In der Winterpause wurde noch mal investiert: 5 Neuzugänge - 3 für das Mittelfeld - geholt. So gesehen war der Auftakt 2012 enttäuschend: Die ersten beiden Spiele in Stuttgart (0:1) und Aalen (1:2) wurden auswärts verloren. Auch beim 3. Gastspiel in Folge blieb man sieglos, Bielefeld (1:1) knöpfte dem SSV ein Remis ab. Der Fehlstart war perfekt und erklärbar wohl auch mit dem Ausfall von Tobias Schweinsteiger, dem herausragenden Regensburger der Herbstrunde. Weiter ging es mit durchwachsenen Ergebnissen: Nach dem ersten Dreier 2012 gegen Wehen/Wiesbaden (2:1) kassierte der SSV 3 Pleiten am Stück, darunter gegen Burghausen (0:1) und Osnabrück (0:3) 2x in Folge auf eigenem Rasen ohne Tor. In dieser Art ging es bis zum vergangenen Wochenende weiter. Gut in Heidenheim (0:0), dann erneuter Rückschlag gegen Offenbach (1:3) - Sieg in Unterhaching (3:2) mit dem man wieder dran ist an Rang 3.
Die Bilanzen sind gespalten: Platz 2 in der "reinen Hinrunde" - Platz 12 in der Rückrunde. Ebenso ambivalent Heim- und Auswärtsbilanz: Die zweitbeste Auswärtsmannschaft ist nur die Elftbeste als platzbauende Gemeinschaft. 13 Mannschaften haben zu Hause weniger Gegentreffer (20) kassiert. 3 Siege, 1 Remis, 3 Niederlagen sind die Heimbilanz der Rückrunde. Die Offensive hat sich unwesentlich verschlechtert (4.), die Defensive deutlicher (8.).
Im Bayern-Pokal ist man ausgeschieden, verlor im Viertelfinale mit 2:3 in Unterhaching.
Delegierungen seit dem Hinspiel
Wie schon angesprochen kamen 5 Akteure in der Winterpause. Keiner wurde bis heute abgegeben.
Für das Tor wurde Björn Bussmann (21) vom TSV 1860 München geholt, dort aber nur in der U23 der Regionalliga eingesetzt. Neu im Mittelfeld sind der Franzose Romain Dedola (22) aus Ingolstadt, der bis dato vereinslose Tim Erfen (29) sowie Christian Bickel (21) aus Freiburg, dort aber nur in der U23 aktiv. Erfen spielte bis Juli 2011 beim SSV, ging dann ohne neuen Arbeitgeber. Seine Stationen davor waren u. a. Wuppertal, Essen, Ahlen und Jena. Angreifer Thiemo Kialka (23) kam vom 1. FC Köln, dort seit 2008 aber ausschließlich in der U23 am Ball. Er gehörte 2011/2012 zum offiziellen Aufgebot des mittlerweile entlassenen Stale Solbakken.
Der Trainer
Markus Weinzierl (37) sitzt wie im Hinspiel auf der Bank des SSV. Er trägt seit November 2008 die Verantwortung als Trainer der 1. Mannschaft. Er verlängerte seinen zum Saisonende auslaufenden Vertrag Anfang Januar bis Juli 2014.
Die Mannschaft
Im Tor ist Michael Hofmann (39) als einer der besten Keeper dieser Spielklasse die klare Nr. 1. Er fehlte lediglich 3x nach einer "Rot-Sperre" und wurde da von Patrick Wiegers (22) vertreten - so auch am letzten Samstag in Unterhaching als Hofmann aufgrund muskulärer Probleme zur Halbzeit raus musste. Er dürfte am Samstag aber wieder im Kasten stehen.
Die Abwehr sieht Ronny Philp (23), Andre Laurito (28), Sebastian Nachreiner (23) und Mario Neunaber (29) vorn. Laurito zählt dabei mit 5 Treffern zu den torgefährlichsten Abwehrspielern.
Im Mittelfeld konnten sich Oliver Hein (22), Jim-Patrick Müller (22), Selcuk Alibaz (22), Mahmut Temur (22) und Tobias Schlauderer (28) etablieren. Müller glänzte als Torschütze (5) und Vorlagengeber – 6x. Die Winter-Delegierungen Erfen, Bickel und Dedola blieben bislang Ergänzungsspieler.
Herausragend beim Jahn und auch im Maßstab dieser Liga ist zweifellos Tobias Schweinsteiger (30). Der ältere Bruder von Nationalspieler Bastian kommt auf 13 Tore, dazu noch 5 Vorlagen. Er fiel von Anfang Januar bis Mitte März 2012 verletzungsbedingt aus und war eine Schwächung der Mannschaft. Die SSV-Bilanz in diesem Zeitraum: 6 Spiele – 6 Punkte. In Unterhaching wurde er nach 57 Minuten mit Knöchelproblemen nach einem Zweikampf ausgewechselt, ist aber am Samstag wohl wieder am Start. Sein letztes Tor schoss er beim 1:3 gegen Offenbach. Er steht nächste Saison dem SSV nicht mehr zur Verfügung, wechselte trotz zu vermutender Angebote aus anderen (höherklassigen) Vereinen zum FC Bayern München II in die Regionalliga Süd. Michael Klauß (25) spielt ebenfalls eine starke Saison, markierte 9 Tore und wurde in Unterhaching mit 2 Treffern zum "Matchwinner". Thomas Kurz (24) steht dahinter und war in 6 Fällen erfolgreich. Wie die 3 Neuen im Mittelfeld kam Thiemo Kialka (23) nicht über die Rolle des Einwechslers hinaus.
Mittlerweile stehen 29 Spieler im Aufgebot, mehr hat nur Bremen II.
Gewinner der Saison
Ronny Philp (23) erkämpfte sich nach 3 Jahren bei einer U23 (Fürth) auf Anhieb den Stammplatz in Regensburg. Michael Klauß (25) war im Vorjahr weitestgehend nur Ergänzungsspieler und ist in dieser Saison in der Regel für den Stammkader gesetzt.
Die Einkaufsbilanz
13 Neue sind bis heute zu vermelden. Von denen konnten sich Philp, Müller, Neunaber und Kurz etablieren. Die 5 Neuzugänge in der Winterpause sind wie schon erwähnt aktuell keine Stammspieler. Die restlichen 4 spielen (noch) keine wichtige Rolle. Gesamtfazit: durchwachsen.
Prognose
Das Restprogramm hat einen schwere am Samstag und 2 "machbare Aufgaben" mit Oberhausen (A) und Jena (H) am Ende. Gewinnt man am Samstag, sollte zumindest Rang 3 machbar sein. Ich persönlich sehe aber eher Heidenheim stärker, falls der CFC am Ende doch noch straucheln sollte. Der SSV war dafür in der Frühjahrsrunde zu oft "für einen Patzer gut". Tipp: Platz 4 oder 5.
Das Umfeld
Das sehr gute sportliche Abschneiden wird - wie leider auch beim CFC – beim SSV nur ungenügend honoriert. Die aktuell 3.295 Zuschauern im Schnitt können immerhin 13 Vereine dieser Liga überbieten. Bemerkenswert, dass man damit fast exakt beim Zuspruch der Vorsaison von 3.292 liegt. Den Rekordbesuch verzeichnete man zum bayrischen Derby gegen Unterhaching mit 4.600, daneben zogen die Spitzenspiele gegen Sandhausen (4.400), Heidenheim (4.200) und Saarbrücken (4.000). Zuletzt verloren sich 1.745 zahlende Fußballfreunde unter der Woche gegen die Offenbacher Kickers. Gegen den CFC dürfte es am Samstag aber wieder deutlich mehr werden. Die Werbetrommel wird bereits kräftig gerührt.
Ein Grund für den unbefriedigenden Zuspruch dürfte das Stadion der Jahn-Kicker sein. Wie das Unsrige entspricht es kaum zeitgemäßen Anforderungen. Zu oft musste in der Vergangenheit teilweise kurzfristig repariert und "geflickt werden". Weitere bald fällige Arbeiten an der Arena verschlingen nachhaltig zu viel Geld. Die neue Arena soll dann 15.000 Zuschauern Platz bieten und an einem anderen Standort errichtet werden. Grund ist die Lage des derzeitigen Jahn-Stadions in einem Wohngebiet. Der SSV Jahn zählt bei weitem nicht zu den "gut betuchten Vereinen" in Liga 3. Was mit den limitierten Möglichkeiten schon in der letzten Saison erreicht wurde, verdient ein Höchstmaß an Anerkennung und Respekt. Man käme nicht umhin, dem Verein Platz 3 mit dem folgenden Aufstieg in Liga 2 zu gönnen…wären wir da nicht mit im Rennen...
