Mittelmaß gegen Mittelmaß beim Duell zweier Geheimfavoriten...
von Timo Görner
... denn mit jeweils 4 Siegen, 4 Remis und 4 Niederlagen und damit den Plätzen 9 und 10 verkörpern der SC Paderborn 07 und der Chemnitzer FC dieses wohl am Deutlichsten. Dabei galten speziell die Westfalen vor der Saison aus verschiedenen Gründen durchaus als Geheimtipp bei den Experten der RL. In der vorangegangenen Saison war die Mannschaft noch als Aufsteiger und Meister der Oberliga Westfalen 2000/2001 in die Saison gegangen und hatte primär erstmal den Klassenerhalt als Ziel ausgegeben, was auch gelang. Als 14. wurde der erste sportliche Absteiger der Saison mit Fortuna Düsseldorf mit 38 zu 32 Zählern relativ deutlich distanziert, nimmt man die "normale Abstiegsregelung" mit Platz 15 als "ersten Oberliga-Startplatz" zur Regel, so wäre es nur 1 Zähler vor dem SC Preußen Münster gewesen. Perfekt gemacht wurde der Erhalt der Regionalligazugehörigkeit somit durch das 3:1 gegen den SC Rot-Weiß Essen am 32. Spieltag, dadurch hatte man vor der Düsseldorfer Fortuna und sich entscheidende 8 Zähler Vorsprung gelegt. Allerdings gab es ja vergangene Spielzeit (mal wieder) erhebliche "Verständigungsschwierigkeiten" bis zum letzten Spieltag und darüber hinaus, welcher Platz denn nun reichen würde. Die Verweigerung der Regionalliga-Lizenz für den sportlich geretteten und vor dem SC liegenden 1. FC Magdeburg stand am letzten Spieltag beim Aufeinandertreffen beider Clubs im "Hermann-Löns-Stadion" noch nicht fest, im Gegenteil die Magdeburger Fans feierten damals ahnungslos noch den eigenen Klassenerhalt nach einer turbulenten Saison sowie den spektakulären 6:1-Erfolg in Paderborn. Da gleichzeitig der SC Preußen Münster allerdings zu Hause im "Randalekick" gegen Rot-Weiß Essen die Chance zum Vorbeiziehen an den 07ern nicht nutzte und 1:3 verlor, konnten die Schwarz-Blauen aus Ostwestfalen jubeln. Der SC weiter drittklassig. Begonnen hatte die Saison damals u. a. mit einem 3:1-Erfolg an der Gellertstraße am 4. Spieltag, wohl der "erste Sargnagel"
damals für Dirk Karkuth als CFC-Coach und nicht zuletzt einem überraschenden 2:1-Sieg am 1. Spieltag gegen den anderen Zweitligaabsteiger aus Osnabrück, diesmal zu Hause. Bis zur Winterpause rutschten die Westdeutschen dann aber noch tief in den Tabellenkeller und hatten zum CFC als 18. der Tabelle bemerkenswerte 20 Zähler Rückstand statt 2 Vorsprung wie nach dem Sieg an der Gellertstraße. Am 04.12.2001 wurde der junge Markus Gellhaus beim SC nach einer 1:2-Heimniederlage beurlaubt, nachdem man ihm "das Vertrauen bis zur Winterpause" ausgesprochen hatte. Der SC 07 hatte unterdessen auch das vorgezogene Rückspiel zu Hause gegen den CFC mit 0:1 verloren und bis zur Winterpause aus den 17 Spielen nur noch 12 Zähler geholt, dabei lediglich 3 weitere Spiele gewonnen. So kam es zustande, dass Gellhaus trotz seiner Entlassung noch vor der Winterpause beide Male die Mannschaft gegen den CFC betreute. Für ihn kam der auch beim jetzigen Spiel amtierende Uwe Erkenbrecher (48), der zwar mit einer 0:5-Klatsche in Uerdingen startete, dann aber wohl auch durch einen erheblichen Umbau der Mannschaft in der Winterpause mit insgesamt 7 Neuzugängen (Gert Müller, Michael Zechner kamen vom 1. FC Union Berlin, Oliver Glöden vom 1. SC Göttingen 05, Rainer Plaßenhenrich aus Fürth von der Spvgg. Greuther, "Wandervogel" Jörg Schwanke vom LR Ahlen, Sascha Siebert von den Amateuren des VfL Bochum, Keeper Zsolt Petry aus Ungarn) und einem Trainingslager auf Mallorca sowie seiner reichlichen Erfahrung als aktiver Spieler (SV Werder Bremen von 1972-1975), Trainer-Zeiten beim VfB Lübeck, VfL Wolfsburg, Greuther Fürth, FC Carl Zeiss Jena den Kraftakt Klassenerhalt doch noch schaffte. In den 13 Spielen unter seiner Leitung nach der Winterpause bis zum Saisonende holte der SC ordentliche 20 Zähler, kam dabei zu bemerkenswerten Ergebnissen mit einem 3:1 gegen
Rot-Weiß Essen und einem weiteren 3:1 gegen Eintracht Braunschweig zu Hause.
Für diese Saison stand ein Abstiegskampf nicht zur Debatte. Der Verein verlängerte nach ein wenig Hickhack den Vertrag mit dem Norddeutschen um 2 weitere Jahre und stockte den Etat von 2,1 Millionen € auf 2,2 Millionen € leicht auf, damit war man neben Holstein Kiel der einzige "normale Club" der RL (also ohne die Amas), welcher seinen Etat ausbauen konnte. Im personellen Bereich hat sich auch wieder einiges getan, von den 7 angesprochenen Neuverpflichtungen in der Winterpause 2001/2002 stehen 5 schon nicht mehr im Kader für diese Saison (Müller, Schwanke, Zechner, Plaßenhenrich, Petry). Daneben gab es insgesamt noch 9 weitere Abgänge. Also alles zusammen immerhin 14 aus dem Kreis der Spieler, mit denen Erkenbrecher die "Mission Klassenerhalt" nach der Winterpause in Angriff nahm. Jörg Schwanke spielt mittlerweile beim Dresdner SC, Gert Müller ging zum SV Babelsberg 03, Rainer Plaßenhenrich zum VfB Lübeck in die 2. Bundesliga. Zsolt Petry, Michael Zechner gingen erstmal unbekannten Weges, d. h. Erkenbrecher musterte diese bereits nach Saisonende wieder aus. Die beiden "schwarzen Perlen" Skito Litimba und Bakasu Essele verlängerten ihre Verträge ebenfalls nicht bzw. wurden von Erkenbrecher aussondiert. Mit den Herren Krysztof Karpowicz (29 Spiele), Ralf Kellermann (29 Spiele) und Daniel Seifert ging gleich ein "Dreierpack" in die Oberliga Westfalen zum dortigen aktuellen Tabellenzweiten SV Lippstadt 08. Kellermann im Tor und Karpowicz als Mittelfeld-Akteur standen übrigens beim bislang einzigen und letzten Auftritt der SC-Truppe an der Gellertstraße in der Mannschaft. Frederick Kollmeier (5 Spiele) zog es ebenfalls in die Oberliga Westfalen zum ehemaligen Zweitligisten FC Gütersloh 2000. Asif Saric zog es in eine andere Oberliga, diesmal die Niedersachsen/Bremen zum SV Wilhelmshaven. Rytis Narusevicius (21 Spiele) ging ebenfalls in die Oberliga Westfalen, er wechselte zur Spvgg. Brakel. Der Deutsch-Türke Ali Göl (20 Spiele) verließ wie Zechner oder Litimba den Club erstmal ohne konkretes Ziel. Bemerkenswert an
dieser Litanei: Von den Spielern der Anfangsformation und Einwechselspielern, welche am 18.08.2001 an der Gellertstraße mit 3:1 siegten, haben bereits 6 Kicker den Verein wieder verlassen.
Für diese 14 Abgänge seit Februar 2002 wurden insgesamt 8 neue Spieler gebunden, lt. Vereinsführung sollte damit auch der Kader entsprechend verkleinert werden, um finanzielle Engpässe zu vermeiden, zumal das Umfeld beim SC nach Meinung einiger Experten und Fans eher noch "Oberliga-Charakter" trägt. Vom bei den Fans ungeliebten SC Verl kamen gleich 3 Spieler. Für das Tor wurde Michael Joswig (26, 26 Spiele letzte Saison) verpflichtet, für den Abwehrbereich Markus Mrugalla (30) sowie für das Mittelfeld Roger Schmidt (35). Mit Yannick Erkenbrecher (19) heuerte auch der Filius von "Papa Uwe" an, er kommt von den Amateuren der Braunschweiger Eintracht (Aufsteiger in die Oberliga Niedersachsen/Bremen) nach Paderborn. Paul Manthey (20) kam vom Ex-Oberligisten Eichholzer SV (Hamburg/Schleswig-Holstein, zogen sich aus Geldmangel zurück) für das Mittelfeld, wie schon im vorigen Schrieb zum VfL Osnabrück angesprochen wurde ebenfalls für den "Läuferbereich" Patrick Owomoyela (22) vom eben VfL verpflichtet. Markus Zschiesche (19) kommt als ebenfalls noch "junger Spund" aus der Oberliga Nordost Nord von den Reinickendorfer Füchsen. Ein wenig bekannter dürfte dem CFC-Freund Pavel Dobry (25, alle 34 Spiele für den FCM letzte Saison, 14 Tore) sein, den man vom Zwangsabsteiger 1. FC Magdeburg holte. Dobry fiel den SC-Verantwortlichen wohl vor allem beim 6:1 der Anhaltiner am letzten Spieltag der abgelaufenen Saison auf, wo er 3 der 6 Treffer schoss und auch generell wohl einen guten Anteil an der sportlichen Rettung der Blau-Weißen hatte.
Momentane Tendenz hier bei diesen 8 Neuverpflichtungen: Joswig = guter Griff, Dobry = guter Griff bis Verstärkung (alle 11 Spiele, 5 Tore), Manthey = Mitläufer, Owomoyela = guter Griff, Schmidt = Mitläufer, Mrugalla = Mitläufer, Schmidt = Mitläufer. Zschiesche und Erkenbrecher gelten wohl eher als Investitionen in die Zukunft und kamen bislang nur in der II. Mannschaft zum Einsatz, welche in der Verbandsliga Westfalen spielt.
Die Saison begann für den SC nach einer recht zufrieden stellenden Vorbereitung u. a. mit einem
4:3 gegen Bundesligaaufsteiger VfL Bochum auch optimal, denn nach 3 Spieltagen zeitigte die Truppe von Uwe Erkenbrecher wie zur Bestätigung der Experten Platz 1 der Tabelle nach 3 Siegen in den ersten 3 Spielen. Am 1. Spieltag wurden die Amateure des Hamburger SV im "Hermann-Löns-Stadion" mit 6:2 vom Platz gefegt, wobei der Hamburger Weber mit seinem Eigentor in der 48. min. den ersten RL-Treffer der Nord-Staffel diese Saison markierte und das Debakel für die HSV-Amas einleitete, welche mit Nationalspieler Christian Rahn angetreten waren. Dabei feierten die Neuzugänge Dobry (2 Tore) und Owomoyela (1 Tor) einen glänzenden Einstand und auch Goalgetter und 2001-2002-Torschützenkönig Vesselin Gerov (19 Tore) trug mit 2 Treffern zum Super-Auftakt vor 1.800 Interessierten bei nach einer eher mageren und dürftigen 1. Halbzeit (0:0) bei. Glücklich dann eher das 2:1 beim Geheimtipp Nr. 2 (Holstein Kiel) durch einen umstrittenen Foul-11-m für den SC nach 84 min., wobei wiederum Gerov zum Matchwinner avancierte und seine Tore 3 und 4 erzielte. Mit dem souveränen 2:0 gegen den DSC aus Dresden wurde die Tabellenführung untermauert, wobei der sportlich positive Trend von nur 900 Fußballfreunden "honoriert wurde", vermutlich muss man aber den Daheimgebliebenen eine "gute Nase" bescheinigen, denn in den folgenden 5 Spielen blieb die Erkenbrecher-Truppe sieglos und musste die hervorragende Tabellenposition erstmal aufgeben. Dem 0:2 bei den Amateuren des deutschen Meisters in Dortmund schloss sich eine 0:1-Niederlage gegen den aktuellen Primus aus Aue vor 1.900 Fans an, wo man insgesamt eher enttäuschte und nicht an die ersten 3 Spiele anknüpfen konnte, weder vom Ergebnis noch vom Auftreten, wobei man hier vor allem an der Chancenverwertung
scheiterte. Danach wurde 3 mal in Folge Remis gespielt, wobei man beim 1:1 in Leverkusen und 1:1 zu Hause gegen Osnabrück (3.500 Zuschauer) jeweils ein 1:0 nicht halten konnte, in Uerdingen wiederum sorgte Dobry mit einem einer 5 Treffer für ein eher glückliches 1:1 in der "Grothenburg". Die Negativ-Serie wurde mit einem 3:0 bei den Amateuren des 1. FC Köln beendet, wobei hier wiederum Pavel Dobry mit 2 Toren herausragte, damit lag der SC wieder im oberen Drittel der Tabelle, zum FC Erzgebirge Aue fehlten aber bereits 5 Zähler (15 gegen 20). Zum selben Zeitpunkt des Vorjahres hatte die damals von Gellhaus betreute Mannschaft allerdings nur 11 Zähler. Einen herben Rückschlag musste man dann mit dem 0:2 zu Hause gegen die Amateure des SV Werder Bremen vor 1.000 Fans einstecken, wo man erstaunliche Ideenlosigkeit und Harmlosigkeit demonstrierte angesichts der Doppel-Spitze Dobry - Gerov. Beim SV Babelsberg 03 setzte sich der Trend nach unten dann fort, auch wenn man hier zu einem 2:2 kam. Den Ausgleich markierte bei in der "94. Minute" mit Jens Härtel ein Babelsberger, sonst wäre es zur 2. Niederlage in Folge gekommen. Dusel beim SC 07. Lange Gesichter dann aber beim 0:1 gegen Aufsteiger Dynamo Dresden vor knapp 1.300 Leutchen, mit dieser Pleite sind die Westfalen seit nunmehr 4 Heimspielen ohne Sieg und kassierten innerhalb dieser Serie bereits die 3. Niederlage. Und so ein wenig scheint man auch einen Ost-Komplex mit sich rumzuschleppen, in der vergangenen Saison das 1:6 gegen den 1. FCM zu Hause wie auch das 0:1 gegen den CFC, diesmal bereits 2 Heimschlappen gegen Aue und Dynamo Dresden (jeweils 0:1).
Der SC damit angekommen im Mittelmaß der Liga und schon wieder mit ängstlichem Blick nach unten. Die Stimmung nach nur 1 Sieg in den letzten 9 Spielen (besagtes Match in Köln) ist mehr oder weniger (mal wieder) im Keller, symptomatisch für die aktuelle Verfassung der SCP-Fans dieser
Beitrag im Forum der offz. Seite, nach guten 1.900 gegen Aue und den
3.500 gegen Osnabrück (allerdings wohl mit vermutlich mind. gut 1.500 Osnasen) pegelte sich das Stammpublikum wieder auf etwas mehr als 1.200 im "Hermann-Löns-Stadion" ein, denn von den 2.500 am letzten Spieltag gegen Dynamo waren lt. Medien rund 800 auf Seiten der Dresdner zugegen.
Die Position von Uwe Erkenbrecher ist wohl weniger gefährdet, das mal aus ferner Perspektive, dennoch drohen auch dem Fußball-Lehrer aus Norddeutschland bei weiterem Negativtrend eher ungemütliche Tage, schon eine Pleite beim CFC am Samstag könnte Diskussionen um den bislang eher unumstrittenen Coach entfachen. Dazu kommen finanzielle Probleme im Umfeld, welche man momentan mit Gehaltsverzicht von bis zu 20 % u. a. Maßnahmen bekämpfen will. Der Zuschauerschnitt lag vergangene Saison bei rund 2.225, diese Spielzeit kamen 1.966 im Schnitt ins Stadion der Paderborner Kicker, wobei die 3.500 gegen den VfL Osnabrück den Rekord darstellten, die 900 gegen den Dresdner SC den Tiefpunkt des Interesses. Mit der Konkurrenz im Umfeld (Arminia Bielefeld 50 km, nun ja auch Hannover 96 mit 150 km) oder auch den Vereinen im "Ruhrpott" (Dortmund : 100 km, Gelsenkirchen : 140 km, Bochum : 130 km) sowie des eigenen Schattendaseins jahrelang in der Dritt- oder gar nur Viertklassigkeit ist es für einen kleinen Verein wie dem SC 07 schwierig, Fans und Sponsoren entsprechen zu begeistern. Die Eintrittspreise im kleinen SC-Stadion (rund 5.800 Plätze) sind dabei im Vergleich zum CFC nicht höher, eher
moderater, dennoch fehlt dem SC 07 der "Glanz der bunten RAN-Welt" wie wohl auch einer SG Wattenscheid 09, dem MSV Duisburg.
Ob sich das mit einem Zweitligaaufsteig so schnell ändern würde, wage ich mal zu bezweifeln. So bleibt man wohl auf mittelfristige Sicht eines der "grauen Mäuse" gerade in der "Zweiklassengesellschaft" von Nordrhein-Westfalen.
Den wenigen mitreisenden SC-Fans dennoch einen gemütlichen Aufenthalt in der geilsten Stadt der Welt und uns die Hoffnung, dass nach dem Wochenende nur der SC 07 sich seine Erfolgserlebnisse momentan einzig aus dem Landespokal holt. Der CFC in Markranstädt, der SC beim SV Höxter (4:1) erst am 5.10., wo Erkenbrecher übrigens quasi die "Reserveelf" spielen ließ.