Premiere gegen Lotter Pokalhelden …
von Timo Görner
… am Samstag gegen den Drittliga-Neuling, der mit breiter Brust anreisen dürfte. Auch wenn der einstige Spitzenverein aus Bremen nur noch ein eher trostloses Bild abgibt, hat man sich diesen Coup absolut verdient. Für den CFC eine harte Nuss.
Die vergangene Saison unseres Gegners:
Nachdem man seit 2009/2010 bis auf 2014/2015 immer oben mitspielte und 2012/2013 erst in der Relegation zur 3. Liga gescheitert war, gelang nun der große Wurf. Mit insgesamt 83 Punkten aus 36 Begegnungen wurde die West-Staffel der Regionalliga haushoch gewonnen mit 15 Punkten Vorsprung auf den Zweiten und Vorjahressieger Borussia Mönchengladbach II. Die ersten 6 Spiele unbesiegt. Gegen den FC Kray (4:0) und beim 1. FC Köln II (4:2) überzeugten die Westfalen offensiv. Erst in Oberhausen (0:2) setzte es die erste Pleite, lediglich 2 weitere folgten. Bis zur Winterpause setzten sich die Blau-Weißen oben fest, kassierten gegen den erwartet härtesten Mitkonkurrenten und Vizemeister vom Niederrhein (1:2) noch eine Niederlage. Wichtig auch der Punkt beim FC Viktoria Köln (3:3). Nach 19 Spielen der Herbstrunde hieß es: 11 Siege, 6 Remis und 2 Niederlagen. Klare Tendenz Staffelsieg. Ein überlegenes 3:1 zum Auftakt 2016 in Essen beim FC Kray läutete den Sturm zum Titel ein, der Patzer gegen Dortmund II (0:1) im folgenden Spiel war wohl "Muntermacher". Ab da lief es wie ein Uhrwerk, bis zum Saisonfinale sollte keine weitere Niederlage verbucht werden. 15x wurde angetreten, 13x gewonnen und die Verfolger demoralisiert. 31:4 Tore waren meisterwürdig. Nach Dortmund blieb man 10x in Folge Sieger, in 9 Spielen mit 2 und mehr Toren Differenz. Als die Borussen zum drittletzten Match am 07.05.2016 in Lotte antraten, waren alle Messen gelesen. Lotte demonstrierte noch mal Stärke (3:0) Sowohl daheim als auch auswärts war man Primus, zeitigte 47 Zähler im eigenen Stadion von 54 machbaren. Ganze 7 Gegentore wurden kassiert. Auch auf Reisen blieb Lotte defensiv die N. 1 mit nur 16 Treffern ins eigene Netz. Einzig in der Offensive war Gladbach II besser mit 67 gegen 80. Der erste Weg war gegangen, den zweiten musste man gegen den Meister der Regionalliga Südwest gehen. Nach dem 0:0 am Lotter Kreuz gegen die Mannheimer "Waldhof-Buben" sprach vieles für die Südwestdeutschen. Mit einem Doppelschlag in min. 24 und 26 zogen die Sportfreunde den Pfälzern aber "früh den Zahn", brachte den Sieg sicher nach Hause. Vergessen die Enttäuschung nach dem Aus im Jahr 2013, damals gegen Leipzig. Im DFB-Pokal kam das Aus in Runde 1 gegen Erstligist Leverkusen (0:3), 2016/2017 ist Lotte wieder und noch dabei. Westfalen als einer der 3 größten Landesverbände darf 2 entsenden, der Startplatz wurde zwischen dem Meister der Oberliga Westfalen (Sportfreunde Siegen) und der bestplatzierten westfälischen Mannschaft der Regionalliga West ausgespielt. Lotte siegte mit 2:0. Zuvor scheiterten die Gäste vom Samstag im Viertelfinale bei Oberligist SV Lippstadt 08 mit 9:10 n. E.
Delegierungen für diese Saison bislang:
Die Wechselspiele waren mit 4 Ab – und 7 Neuzugängen im Vergleich zu anderen Clubs dieser Liga relativ überschaubar.
Einzig wirklich bedeutender Abgang war der unseres Ex-Kickers Jeron Al-Hazaimeh (24), der sich dem SC Preußen Münster anschloss. Er absolvierte 60 Spiele für die Sportfreunde nach dem Wechsel aus Chemnitz vor knapp 2 Jahren, erzielte vergangene Saison 10 Tore – 5 davon per Elfmeter.
Für das Tor kam Yannick Zummack (20) von Eintracht Frankfurt/M., bei den Hessen seit 2014 im Erstligakader. Der gebürtige Frankfurter durchlief seit 2006 die Nachwuchsmannschaften der SGE, blieb aber ohne Einsatz bei den Profis. Älter ist David Buchholz (32) aus Homburg, von 2011 bis 2014 schon mal in Lotte und 2012/2013 die Nr. 1. Für die Abwehr wurden Dennis Engel (20/VfB Oldenburg) und Phillipp Steinhart (24/Bayern München II) aus der Regionalliga Nord und Bayern geholt. Im Mittelfeld wechselte Marcel Kaffenberger (22) zu den Blau-Weißen, letzter Verein uns ja noch bekannt. Damit kehrt "Kaffe" schon nach wenigen Wochen an die Gellertstraße zurück. Linksaußen Patrick Schikowski (24) war zuletzt in Erfurt aktiv, allerdings kaum auf dem Rasen. Der Deutsch-Pole und Rot-Weiß trennten sich bereits Anfang April 2016 wieder. Auf der gleichen Position spielt sein Landsmann Jaroslaw Lindner (28), der erst am 21.08.2016 vom SV Wehen Wiesbaden kam. Mitte August 2015 aus Kiel zum SVWW gewechselt, konnte er sich in der Vorsaison nicht durchsetzen und kam in den ersten 4 Spielen zu keinem Einsatz. Zuletzt nicht mal mehr im Kader.
Der Trainer:
Ismail Atalan (36) übernahm die 1. Mannschaft der Sportfreunde zum Jahreswechsel 2014/2015. Er löste damals Henning Grieneisen (31) ab, der als Spieler-Trainer Anfang November 2014 den erfolglosen Michael Boris abgelöst hatte. Unter Atalan verbesserte man sich in der Frühjahrsrunde 2015 von Rang 9 auf Rang 5 der Regionalliga West. Vergangene Saison dann der lang ersehnte Aufstieg in die 3. Liga. Als Spieler bis Juli 2012 im Amateurbereich aktiv, begann die Trainerlaufbahn als Spieler-Trainer bereits im Sommer 2010 beim Kreisligisten Davaria Davensberg. Über Oberligist SC Roland Beckum dann Januar 2015 der Wechsel nach Lotte.
Die aktuelle Saison:
Mit Platz 8 wäre man am Ende dieser Spielzeit sicherlich sehr zufrieden. Momentan ist es eine der oft genannten "Momentaufnahmen". Aus den bisherigen 4 Begegnungen wurde 1 Sieg erzielt, beim 3:0 in Bremen zum Auftakt. Nach der zum damaligen Zeitpunkt eher überraschenden 1:0-Führung in Minute 23 durch Rosinger hieß es 11 Minuten später "11 gegen 10" für die SFL. Erst in der Schlussphase wurde die Überzahl dann ausgespielt, fielen die Tore zum 2:0 und 3:0 (71., 87.). Das erste Drittligaspiel der Vereinsgeschichte mit einem Traumeinstand. Gegen Fast-Absteiger Wehen Wiesbaden konnten die deutlich höheren Spielanteile nicht genutzt werden, die Hessen-Defensive erkämpfte und ermauerte das 0:0. In Kiel wurde das erste Gegentor in Liga 3 kassiert, nach bereits 6 Minuten. Ausgleich, Platzverweis für Rahn und die Treffer zum 1:3 waren die Bilanz. Parallelen zum CFC, gegen Erfurt (2:2) wurde ein 2:0 verspielt, am Ende war es nur das Remis. Den bisherigen Saison-Höhepunkt lieferte man im DFB-Pokal (2:1) gegen allerdings auch desolate Werderaner aus Bremen. Der Sieg am Ende hoch verdient, hätte höher ausfallen können. Im Landespokal greift man am 31.08.2016 ein, tritt bei Landesligist SC Preußen Lengerich aus der 7. Liga an.
Die Mannschaft:
Im Tor ist Benedikt Fernandez (31) weiterhin gesetzt, stammend aus der Nachwuchsabteilung von Bayer 04 Leverkusen, nach 3 Spielen in der 1. Bundesliga über die Zwischenstation Saarbrücken vor knapp 3 Jahren ans Lotter Kreuz gekommen. Seine Vertreter sind die beiden Neuzugänge im Tor. In der Abwehr haben sich bislang in der Innenverteidigung Gerrit Nauber (24) und Matthias Rahn (26) etabliert. Auf den Außen Nico Neidhart (21/rechts) und Phillipp Steinhart (24/Links). Rahn ist allerdings nach einer Roten Karte beim 1:3 in Kiel für 2 Begegnungen gesperrt, damit auch für den Samstag. Hier muss Atalan also definitiv umbesetzen. Im Mittelfeld haben aktuell der Deutsch-Pole André Dej (24/1), Tim Wendel (27) – jeweils defensiv und der Portugiese Kevin Pires-Rodrigues (24/1) das Gerüst herausgebildet. Daneben kämpfen mehrere Akteure um den dauerhaften Sprung in den Stammkader, allen voran Patrick Schikowski (24). Marcel Kaffenberger (22) wurde in den ersten 3 Punktspielen eingewechselt, durfte dann beim 2:2 gegen Erfurt von Anbeginn ran. Gegen Bremen dann für die letzten 4 min. Dahinter kommt derzeit Moritz Heyer (21). Wendel ist wie Rahn am Samstag gesperrt, Grund: "Gelb-Rot" gegen Erfurt. Im Angriff sind Kevin Freiberger (27) und Bernd Rosinger (26) als feste Größen zu sehen. Bilanz bislang jeweils: 1 Tor. Für Freiberger ging es Juli 2014 aus Lotte nach Osnabrück, wo es aber nicht den erhofften Durchbruch gab. Von Februar bis Juni 2016 in die Geburtstadt Essen zu Rot-Weiß ausgeliehen. Im Juli 2015 die Rückkehr zu den Sportfreunden, wo er mit beeindruckenden 15 Toren und 11 Vorlagen in 33 Spielen einen enormen Anteil am späterem Aufstieg hatte. Der Deutsch-Türke Semih Daglar (23) und der Deutsch-Kroate Luka Tankulic (25) sind Ergänzungsspieler. Jaroslaw Lindner (28) wartet noch auf seinen ersten Einsatz. Saß gegen Bremen 90 min. auf der Bank. Für die Tore beim Pokal-Coup gegen Bremen sorgten Dej und Rahn. 24 Akteure stehen im Kader, mit 3 Torhütern. 25,5 Jahre im Schnitt sind ein relativ erfahrenes Team. Der CFC zählt 24,9.
Krankenlager / Strafbank:
Neben den gesperrten Spielern Rahn und Wendel fehlt am Samstag definitiv Nico Granatowski (25/Mittelfeld), Grund: Operation am Knöchel. Das noch bis Jahresende.
Prognose:
Für den Aufsteiger zählt primär der Klassenerhalt, der schwierig aber machbar erscheint. Dazu muss man aber von Ausfällen der Leistungsträger verschont bleiben. Wichtig wird auch sein, das Neuzugänge wie Kaffenberger, Schikowski oder Lindner Verstärkungen werden. Tipp: Platz 13 bis 16.
Das Umfeld:
Die ganz große Euphorie ist in und um Lotte trotz des Aufstiegs in die 3. Liga (noch) nicht ausgebrochen. In den ersten beiden Begegnungen gegen Wehen Wiesbaden und Erfurt wurden im Schnitt 1.769 zahlende Besucher vermeldet. Erfurt sahen rund 1.900, die Hessen 1.639. Noch viel Platz in dem für die neue Spielklasse aufgemöbelten "Frimo-Stadion", was nach dem Ausbau 10.059 Zuschauer aufnehmen kann. Ausverkauft war man zumindest schon mal im DFB-Pokal gegen Bremen. 1986 war die Anlage eröffnet worden, jahrelang firmierte sie als "Sportpark am Lotter Kreuz". Wer sich noch an die große Werbewand hinter dem Tor der Ostseite erinnern wird, an der Stelle findet sich jetzt eine neue zunächst unüberdachte Tribüne. Eingeweiht mit dem Pokalspiel gegen die Norddeutschen. Die größte regionale Konkurrenz für den Drittligaaufsteiger kommt ebenfalls aus Liga 3 mit Osnabrück und Münster. Bielefeld in Liga 2 und die Vereine aus Dortmund und Gelsenkirchen mit nur knapp 1½h Fahrtzeit nicht zu vergessen. Der Gesamtverein "VfL Sportfreunde Lotte" zählt derzeit rund 1.400 Mitgliedern in 6 Abteilungen. Vereinschef ist seit dem 20.03.2015 mit Hans-Ulrich Saatkamp, Bankkaufmann, ein langjähriger treuer Fan der Sportfreunde, die mit einem neuen Logo in die 3. Liga gingen. Mit Bezug auf die Tradition, siehe das Gründungsjahr 1929 in diesem. Nicht unbedingt von allen begrüßt. Finanziell muss man kleine Brötchen backen, ist beim Sponsoring aber breit und recht solide aufgestellt. 200 Trägerbetriebe sichern den kleinen Etat von 1,3 Mio. € für den Lizenzspielerbereich des VfL. Auf dem Trikot platziert sich diese Saison auch der Namensgeber des Stadions, ein internationaler Hersteller von Werkzeugen und Fertigungsanlagen für die Produktion von Kunststoffkomponenten, bestehend aus 15 Unternehmen, mit Hauptsitz in Lotte.
