Mission "Erster Heimsieg" gegen ehrgeizige und forsche Hertha aus …
von Timo Görner
… Zehlendorf. Der Aufsteiger aus der Nord-Staffel überrascht und beeindruckt Experten, Fans und vielleicht auch ein wenig sich selbst mit einer bislang famosen Saison. Vor allem offensiv und zu Hause zeigt man sich mehr als ligatauglich. Dem CFC steht eine schwierige Aufgabe bevor.
Die letzte Saison:
Für die "kleine Hertha" aus dem Südwesten der Hauptstadt war das Ergebnis der Oberliga Nordost Nord 2023/2024 die Rückkehr in die Regionalliga nach 26 Jahren. 1998 der Abstieg aus der damalig drittklassigen Etage als 15. Mit den Blau-Weißen gingen damals übrigens Wacker Nordhausen und Hansa Rostock II eine Stufe tiefer. 4 Punkte und 6 Tore fehlten auf Babelsberg. Daran änderte auch ein guter Endspurt mit 3 Siegen in 4 Spielen nichts mehr. Einer davon übrigens gegen den CFC, "alte Hasen" werden sich erinnern können wie man mit einem Mini-Kader aufgrund des notwendigen Sparkurses nach der Fast-Insolvenz 1997 gegen Ende auf "dem Zahnfleisch kroch".
2021/2022 scheiterte man als Vizemeister noch knapp am Greifswalder FC, hatte das Pech, dass die noch durch Corona mit Spielabsagen geprägten Saison zum Stichtag 18.06.2022 beendet wurde und man den knappen 2-Punkte-Abstand zu den Norddeutschen nicht mehr aufholen konnte. 1 Jahr später waren es schon deren 19 auf den FC Hansa II als 4. Im Vorjahr nun ein spannender Zweikampf mit dem Regionalliga-Absteiger vom SV Lichtenberg 47. Entschieden erst am letzten Spieltag mit einem 4:2 in Rathenow. Nur ein Remis und die Nordost-Berliner hätten die Nase vorn gehabt.
Die 03er kamen perfekt in die Spielzeit, gewannen die ersten 10 Spiele mit 34:9 Toren. Waren vor allem auswärts enorm stark mit 8:0 bei Eintracht Mahlsdorf, 5:0 beim Rostocker FC, dem 4:1 in Fürstenwalde, 3:2 bei TeBe. Dazu der 2:1-Heimerfolg gegen Lichtenberg 47 zum Heimauftakt. Chancenlos auch die TSG Neustrelitz (3:0), einst Teilnehmer an der Relegation zur 3. Liga. Bis zur Winterpause blieben die Berliner unbesiegt, patzten nur 2-mal bei Pokalsieger TuS Makkabi (1:1) und gegen Sparta Lichtenberg (2:2). Nur dem FC Anker Wismar sollte es vorbehalten bleiben, dem späteren Meister eine Niederlage beizubringen (2:3).
Unser Gegner schüttelte sich kurz, demontierte die späteren Absteiger vom Rostocker FC und Union Fürstenwalde 7:0 wie gleich anschließend TeBe (5:1) und SC Staaken (7:1). Vor allem dank der starken Offensive sollte auch bis zum Schluss nichts mehr anbrennen. Bei Sparta Lichtenberg (5:1) und gegen die SG Dynamo Schwerin beim nächsten "Siebener" zum 7:1 lief die Torfabrik auf Hochtouren. Hertha 03 beste Heim und auch Auswärtsmannschaft, knapp vor den 47ern. Stattliche 102:29 Tore waren der mit Abstand beste Angriff und zweitbeste Defensive. Einziger Wermutstropfen, das Ausscheiden im Pokal-Viertelfinale gegen den Vizemeister (1:2).
Delegierungen für diese Saison:
Es wurde relativ wenig gemacht, 6 gingen und kamen.
Interessant, auch hier keine Änderungen bei den Keepern.
Innenverteidiger und Kapitän Lenny Stein (28/BFC Preussen) wechselte in die Oberliga, blieb in der Stadt. Immerhin 7 Jahre an Bord. Steuere sagenhafte 22 Tore als Abwehrmann bei. Auch mit George Didoss (19/Babelsberg) in der zentralen Offensive ging Torgefahr: traf 13-mal, 12-mal Vorbereiter. Mit ihm gibt es ein Wiedersehen in der neuen Liga. Linksaußen Albert Millgramm (19/Magdeburg II) ging in die Oberliga Nordost Süd, auch ein Riesentalent mit 10 Torerfolgen. Stein, Didoss, Millgramm kamen zusammen auf beeindruckende 45 Treffer, ein Anteil von 44 % am Gesamtergebnis.
Die anderen 3 spielten keine oder keine wichtige Rolle.
Bei den Neuen findet sich 1 etwas bekannterer Name. Als Ersatz für den Kapitän wurde der Deutsch-Engländer Jake Wilton (25/Babelsberg) geholt. Im Vorjahr bei 03 nicht mehr die feste Größe, Neubeginn beim Aufsteiger. Im "Doppelpack" mit Linksverteidiger Mateo Kastrati (24). Der Kroate schaffte beim SVB nach Verletzung (Achillessehnenriss) nicht mehr die Rückkehr. Das offensive Mittelfeld sollen der Brasilianer Gabriel Figurski Vieira (23/Lichtenberg 47) und Kosovare Gentuar Durmishi (22/Blau-Weiß Lohne) – er aus Nord, beleben. 2018 von der U17 der Zehlendorfer nach Zwickau zur U19 gewechselt. Karim-Joel Barry (20/TuS Makkabi Berlin) auf dem linken Flügel spielte ebenfalls Oberliga, wie auch Mittelstürmer Benjamin Nwatu (20/RSV Eintracht 1949). Dort ½ Jahr nach dem Abgang aus Luckenwalde. Empfehlung: 6 Tore.
Die sportliche Leitung:
Mit Robert Schröder (36) hat seit 2021 ein gebürtiger Thüringer aus Erfurt das Sagen bei der 1. Mannschaft, als Trainer und sportlicher Leiter. Spieler für die Rot-Weißen, VFC Plauen, FC Viktoria Berlin. Letzte Station von 2015 bis 2021 eben Hertha. 2020 der Einstieg zum Co-Trainer, 1 Jahr danach die Beförderung. Hauptberuflich Lehrer an einer Berliner Oberschule.
Als Co unterstützt seit Beginn der Vorsaison Ex-Profi Marcus Hoffmann (35), mal bei uns und zuletzt in Babelsberg am Ball. Teamchef ist Michael Stüwe-Zimmer (68), zuvor jahrelang Leiter der Geschäftsstelle.
Die aktuelle Saison bislang:
Hertha 03 ist sicher die Überraschungsmannschaft der Liga und macht dort weiter, wo man im Vorjahr aufgehört hat. Mit einer starken Offensivleistung.
Für viele als Abstiegskandidat Nr. 1 gehandelt, schockierte man gleich zum Auftakt Zwickau mit 5:0. Ambivalent das erste Auswärtsspiel in Jena (2:6). Auf Reisen sind die Berliner bislang etwas schwächer als im eigenen Revier. Dort gelangen weitere Heimsiege gegen Babelsberg (2:1) und Chemie (2:0). Erst der Greifswalder FC stoppte die Erfolgsserie am vergangenen Wochenende mit einem 2:0-Erfolg. In der Fremde steht wie beim CFC ein Sieg ohne Gegentreffer in der Bilanz, der aber eindrucksvoll mit dem 3:0 bei "Kellerkind" Luckenwalde.
Einziger Pflichtspielsieg als Gast bis jetzt bei 5 Dienstreisen. Neben dem 0:2 beim BFC Dynamo gab es eine schmerzliche Pleite im Pokal, dort bereits Ende nach dem 0:1 bei Ex-Regionalligist SV Lichtenberg 47. 16:13 Tore sind die zweitbeste Offensive gemeinsam mit Tabellenführer 1. FC Lok. Mehr hat nur Jena erzielt. Dafür reicht es in der Defensive "nur" zu Platz 12. Der CFC liegt hier mit 7 Gegentoren deutlich besser.
Das Spieler-Kollektiv:
Nr. 1 im Tor ist Jasper Kühn (21), ausgebildet bei Hertha BSC und seit 2022 da. Bereits im Vorjahr gesetzt. Nash-Daniel Amankona (24) gilt als die Nr. 2, durfte beim Landespokal-Spiel in Lichtenberg ran. "Eigengewächs" Elias Fürstenau (19) kommt dahinter.
Unser Gast spielt normal mit einer Viererkette. Als Innenverteidiger haben sich Jake Wilton (24) und Marc Enke (20) etabliert, Enke stammt aus der eigenen U17. Weitere Optionen hier Bruno Ott (22), Oskar Praus (21). Ott ein "Abwehr-Allrounder", wie Praus in der Vorsaison meist Ergänzungsspieler und damit fast erwartungsgemäß bislang ohne Bedeutung. Links konnte sich Mateo Kastrati (25) ebenso empfehlen wie Wilton. Alternativen Sören Zeidler (24), Jonas Burda (20). Rechts gilt Cenker Yoldas (21) als Stammkraft, gute 2 Vorlagen. Zuvor im Nachwuchs von TeBe, Union und bis 2017 eben Zehlendorf. Dahinter kämpft Elias Tamim (23) um seinen Stammplatz.
Als "6er" ist Kapitän Sven Reimann (30) der Eckpfeiler im Team. Enorm erfahren mit den Stationen Jena, Babelsberg, Magdeburg. Kennt die Regionalliga aus 178 Einsätzen. Kam 2023 von 03. Dazu kommt Eric Stiller (22), derzeit aber weniger drin in der Saison als Reimann. 2022 aus Auerbach gekommen. Noch keine Rolle spielen Jonas Hartl (19), Carl Hopprich (28) –Nationalspieler der Seychellen (3 Einsätze). Gleiches Problem wie Ott und Praus, in der Oberliga nicht immer gesetzt, wird es in der Regionalliga noch schwerer. Besser läuft es in der offensiven Zentrale für Neuzugang Gabriel Figurski Vieira (23/2) und Valentin Henneke (27).
Herausragend im Team und Liga Linksaußen Serhat Polat (23/7). Der Türke mit Top-Start bei 6 Toren in 4 Spielen. Wechselte 2023 von Tasmania. Schon im Vorjahr stark mit 14 Treffern und 21 Vorlagen. Denkbar, dass er im Blickfeld ambitionierter Regionalligisten und Drittligisten ist. In der Sturmmitte hat man Abdulkadir Beyazit (27/4), bewegte Vergangenheit bei 12 Wechseln seit 2012. Bis Dezember 2023 in Rathenow. Klar vor Benjamin Nwatu (20). Ende Januar 2024 ging es nach Zehlendorf. Auf Rechtsaußen fehlt der große Fixpunkt. Marius Ihbe (22/1) ist zu nennen, neben Furkan Yildirim (20).
Mehrere Spieler waren schon mal im Verein, wechselten dann entweder in die Nachwuchsabteilungen von Union, TeBe oder Hertha BSC. Kamen dann wieder zurück. Hertha 03 gilt weiter als "Ausbildungsverein", für die eigene Erste Mannschaft oder wenn die Talente ihr Glück dann anderswo versuchen.
26 stehen im Team inkl. 3 Torhüter. 22,9 Jahre im Schnitt unterbieten nur 5. Eine junge Mannschaft mit den erfahreneren "Leitwölfen" Reimann und Wilton. 2 Akteure von weiteren, die schon mal in der Regionalliga unterwegs waren.
Krankenlager / Strafbank:
Aktuell sind keine Ausfälle und Sperren bekannt.
Prognose:
Sollte man den bisherigen Trend bis zur Winterpause halten können, sollte der vorzeitige Klassenerhalt kein Problem werden. Bislang wurde man von Verletzungen und Sperren weitestgehend verschont. Drohen dort vermehrt Ausfälle, könnte es relativ schnell nach unten gehen. Auf der anderen Seite ist der Kader und das Selbstbewusstsein ganz solide. Tipp: Platz 10 bis 12.
Bilanz gegen unseren Gegner:
Erst 4 Duelle gab es, der CFC konnte 2-mal gewinnen und verließ wie schon erwähnt im Frühjahr 1998 als Verlierer den Platz (0:1). An der Gellertstraße hieß es jeweils 4:0 und 0:0, in Zehlendorf konnten wir 1997 4:1 gewinnen. Unsere Gäste sind einer von den wenigen Vereinen, welche bislang nur die Fischerwiese 1.0 kennen.
Das Umfeld / Wirtschaft/ Stimmung:
Auch bei der "kleinen Hertha" gibt es ein Stadionproblem, die eigentliche Spielstätte mit dem Ernst-Reuter-Stadion" an der Onkel-Tom-Str. im Südwesten mit 4.500 Zuschauern genügt derzeit nicht den Anforderungen des NOFV für die 4. Liga. Knackpunkt der umzäunte Gästeblock. Ansonsten konnte man Flutlicht und andere Auflagen erfüllen. Der Stadtbezirk weigerte sich, diesen zu errichten. Teil der Problematik in Berlin für die Vereine unterhalb der 2. Bundesliga. Bis man soweit ist, geht es ins "Stadion Lichterfelde" des Ligarivalen Viktoria. Dort ist alles im "grünen Bereich". Die Anlage bietet 1.800 Sitzplätze (800 überdacht, 1.000 nicht überdacht) und 2.500 nicht überdachte Stehplätze. Für Hertha ist die Regionalliga mit deutlich höherem Aufwand verbunden, schon im ersten Heimspiel gegen den FSV Zwickau.
In der Oberliga hatte man zuletzt einen Schnitt von 263, Spitzenreiter Lichtenberg 761. Im Jahr davor lag der Wert bei 166. Den größten Andrang gab es zum letzten Spieltag gegen Dynamo Schwerin, als sich 753 motivierten. Dafür verloren sich 60 gegen Anker Wismar. Aktuell liegen die Blau-Weißen beim Zuspruch höher, auch erwartet angesichts der attraktiven Gegnerschaft mit meist großem Gästeanhang. 964 beschehren Hertha 03 einen ordentlichen Schnitt. Gegen Zwickau, Babelsberg, Chemie wurden etwas mehr als 1.000 begrüßt. In den folgenden 3 Spielen gegen Eilenburg, Plauen, Altglienicke sollte es erstmal dreistellig bleiben. Beim letzten Auftritt der Zehlendorfer in Chemnitz am 02.11.1997 blieb der Gästeblock leer und fanden sich ein paar Freunde der Blau-Weißen auf der Tribüne ein.
Bei den Sponsoren ist der Club seit Jahren kleinteilig und breit aufgestellt, es gibt nicht den größeren Geldgeber. Auf dem Trikot prangt das Logo eines Unternehmens einer Haustechnik GmbH aus Berlin-Neukölln mit Wurzeln bis ins Jahr 1853. Der Name deutet es an, die Wurzeln im englischsprachigen Raum, hier London. Daneben engagieren sich vor allem kleinere Unternehmen wie Einrichtungen aus Zehlendorf und angrenzenden Stadtbezirken sowie dem Brandenburger Umland. Chef des fünfköpfigen Vorstands ist Kamyar Niroumand, international anerkannter Software-Experte und seines Zeichens dem Verwaltungsrat eines der führenden Unternehmens für CRM und CX-Systeme vorstehend. 1.Vorsitzender und sein Vize André Schindel. Keine Überraschung, dass die Nachwuchsabteilung der Hertha 03 eine der größten im Lande ist. 45 Mannschaften im Nachwuchs stehen im laufenden Spielbetrieb von der A-Jugend bis zu den Bambinis der G-Jugend.