Himmelblauer Paukenschlag zum Saisonauftakt
von Frank Neubert
Vor dem ersten Spiel in der Regionalliga war unter den Fans und den Experten großes Rätselraten angesagt, wie stark der CFC für die neue Spielklasse Regionalliga einzuschätzen sei. Vom Abstiegskampf bis zum Aufstiegsanwärter waren alle Prognosen vertreten. Fakt blieb, der CFC hatte sich trotz der vielen Abgänge gut verstärkt. Nur die Harmonie schien noch nicht zu stimmen, wie die 0:5-Klatsche in Teplice aufzeigte. Also - auf nach Düsseldorf und selber nachgeschaut.
Im Gästeblock des Rheinstadions tummelten sich ca. 200 Himmelblaue, unterstützt von ca. 50 Fans der Gladbacher Borussia, zu welchen seit dem letzten Zweitligaspieltag eine Fansymphatie besteht.
Am grauen Beton hinter den Gästestehplätzen gähnte den himmelblauen Fans der Satz "Karl-Marx-Stadt verrecke" entgegen. Ahja, die Erzrivalen aus dem Lössnitztal waren also auch schon hier. Zum Glück brauchten wir uns in der zweiten Liga diese Mühe nicht zu machen, da diese für die Erdmännchen eh unerreichbar bleibt ;-). Sowieso peinlich, wie die Chemnitzer Partnerstadt Düsseldorf zu einer Fanfreundschaft mit diesem zänkischen Bergvolk gekommen ist.
Erstaunlicherweise sei noch vermerkt, daß der Betonbunker Rheinstadion durch die überdachten Oberränge auch bei 8500 Zuschauern so etwas wie Atmosphäre aufkommen ließ, aber wirklich nur, wenn alle mitmachten. Zum Einlaufen der Mannschaften dann Bengalos und roter Nebel von Düsseldorfer Seite. Im himmelblauen Block dafür das Transpi des Tages von den Ultras: "Bitte ein Kölsch"...
Vom Anpfiff weg war sofort der CFC am Drücker. Hundertprozentiger Einsatz, der Wille zum Kampf um den Ball und sofortiges konsequentes Nachvornespielen bei Ballbesitz ließen die Fortunen sofort schlecht aussehen. Die Himmelblauen agierten wie ein kleiner Junge, dem man letztes Jahr sein Lieblingsspielzeug geklaut hatte und der sich nun endlich dafür rächen wollte.
Im Gästeblock hatte man sich gerade zu einer großen Uffta niedergelassen, als sich Mehlhorn auf der linken Seite durchsetzt und nach innen flankt. Podzus bekommt zentral den Ball und legt diesen dem von links anstürmenden Fröhlich vor. Der nimmt kurz an und schießt die Kugel zum 1:0 (3.min) ins lange Eck. Fassungsloser Jubel bei den Fans - der Club geht auswärts in Führung, wer hätte das gedacht!?
Der CFC ließ sich nun etwas zurückfallen, um sich Räume für Kontermöglichkeiten zu schaffen. Düsseldorf kam nun auch, aber Gefährlichkeit entstand nur bei Standardsituationen wie Freistößen und Eckbällen. Lediglich einmal mußte sich Hiemann bei einem Drehschuss aus dem Hinterhalt richtig lang machen, ansonsten beherrschte die von Hauptmann gut organisierte Abwehr die Szene. Einziges Manko beim CFC waren die (noch) nicht konsequent zu Ende gespielten Konter. Andererseits hätten die Sachsen vielleicht auch aus ihrer erkennbaren athletischen und gedanklichen Überlegenheit im Mittelfeld das Spiel bedeutend offener gestalten können.
Ein Leckerbissen für sich war das Spiel von Fröhlich, der auf der linken Seite technische Versiertheit mit verbissenen Kampf paarte und somit den Weggang Jendrosseks jederzeit vergessen machen konnte. Bei konstanter Form seinerseits muß man Trainer Karkuth vorbehaltlos rechtgeben, der im Sommer meinte, mit Fröhlich den besseren Spieler zu bekommen, und dafür in den Medien angegriffen wurde.
Dann war Halbzeit und der CFC wechselte Meissner für Göhlert ein. An der Imbissbude wurde erleichtert festgestellt, das es neben "Thüringer Bratwurst" (!?) auch Bier gab - nämlich Pilsner, sozusagen als Alternativgetränk zum "alten" Bier. Bei Bier und Brawu ergaben sich neben dem Spielgeschehen prima Gelegenheiten mit Gladbachern ins Gespräch zu kommen, welche sich mit dem heutigen Spiel schon gegen die Bayern einstimmten.
Kurz nach Wiederbeginn die strittigste Szene des ganzen Spiels - ein Luftkampf zwischen dem 38jährigen Düsseldorfer Kapitän Weidemann und dem Ex-Kölner Hauptmann (50.min). Beide gehen im Mittelfeld zum Kopfball hoch, nur daß Weidemann aus dem Stand springt und Hauptmann mit Schwung aus 3m angesprungen kommt. Der CFC'er trifft auch den Ball, aber auch den Gegner. Sicherlich unbeabsichtigt, aber der Düsseldorfer bleibt verletzt liegen und muß mit Lungenprellung ausgewechselt werden (gute Besserung!). Die Fans der Fortuna rasen vor Wut, denn erstens hat Hauptmann vor ein paar Jahren den ehemaligen Düsseldorfer Erstligakeeper Gunther Koch im Gesicht verletzt, und zweitens ist Hauptmann ein Kölner - also das, was für uns ein Auer ist. Der Schieri entscheidet sich für eine gelbe Karte - ist wirklich schwer zu sagen, da keine ersichtliche Absicht vorlag und der Ball gespielt wurde. Pikanterweise bekommt aber Mehlhorn den Karton unter die Nase gehalten - nur, der hatte schon Gelb!! Letztlich klärt der Düsseldorfer Routenier Emmerling den Unparteiischen über seinen Irrtum auf, so daß nun doch Hauptmann die gelbe Karte bekommt und Mehlhorn straffrei ausgeht.
Die Fortuna nun gelähmter als vorher - aber trotzdem mit den größeren Spielanteilen, da sich der CFC weiterhin auf das Konterspiel aus seiner sicheren Abwehr verließ. Aber in der 74.min war es endlich soweit - Fröhlich führt einen Freistoß im Mittelfeld blitzschnell aus, bedient Meissner, der wiederum nach kurzem Antritt von links in den Strafraum paßt und mit Podzus den Vollender zur 2:0-Führung findet. Einfach genial - und ausgelassene Freude unter den mitgereisten Fans. Und immer wieder Konter der Himmelblauen - eine ähnliche Situation führt Minuten später fast zum 3:0, aber Podzus kommt nicht richtig hinter den Ball. Jetzt stieg auch himmelblauer Rauch im Gästeblock auf, was die anwesende Polizei zu nochmaligen Taschenkontrollen veranlaßte. Höhepunkt des Ganzen dann das Aufbieten von Ordnern mit Hunden ohne Beißkorb - solchen Leuten wünscht man von ganzen Herzen mal ein Pokalspiel gegen den BFC oder andere Freunde der Oberkörperkultur...
Und der CFC konterte effektiv weiter - in der 77.min bedient wiederum Fröhlich den durchstartenden Meissner mit einem steilen Pass, welcher im Alleingang auf den Torwart zugeht und überlegt in die rechte Ecke vollendet. Unbeschreibliche Jubelgefühle im CFC-Block - was für ein Balsam für die geschundene Fanseele, die letztes Jahr auf das Bitterste gequält wurde. Und nun dies - einfach unglaublich. Freudengesänge machten sich breit, und zum Running-Gag entwickelte sich sofort "Wir fahren nur einmal nach Aue". Bei soviel Freude wurde sich nun auch zusammen mit den Borussen auf deren Bundesligastart mit "Schiebt den Bayern die Schale in den Ars**" eingesungen...
Düsseldorf hatte dem nichts mehr entgegenzusetzen, obwohl man rein optisch alles nach vorn warf. Mit einem Satz - die Landeshauptstädter waren einfach "tote Hose", ganz im Einklang mit ihrem neuen schicken Hauptsponsor. Drei Minuten vor Schluß dann das Tor, was dem CFC zur wochenendlichen Tabellenführung reichen sollte: Podzus wird aus dem Mittelfeld steil geschickt, läuft alleine auf das Tor zu und vollendet gekonnt in die linke untere Ecke - 4:0 für die Himmelblauen. Einfach unglaublich - die Fans in wahrer Ekstase. Wann hatte es das zum letztenmal gegeben!? Ein paar wußten es - beim DSC, in der 99'er Aufstiegsaison - da hatte man auch auswärts mit 4:0 gewonnen...
Dann war Schluß und der komplette himmelblaue Block feierte zusammen mit der Mannschaft und den Trainern diesen himmelblauen Paukenschlag zur Saisoneröffnung. Beim kollektiven Abklatschen am Zaun war den gefeierten Helden aber auch eine große Erleichterung über diesen gelungenen Einstand in die RL anzumerken.
Wie später bekannt wurde, soll beim Trubel am Zaun ein Fan von den besagten Hunden gebissen worden sein - einfach unfassbar, da völlig unnötig und einfach nur extrem provokant seitens der Düsseldorfer Ordner. Scheinbar hatte man Angst, daß die rufmordenden Ostfans Teile des wertvollen Düsseldorfer Moschendrohtzaunes mitgehen lassen könnten. Trotz des Vorfalls überschäumende Freude bei den Fans, die nach verdammt langen Entbehrungen allen Zweiflern zum Trotz endlich einmal wieder richtig feiern konnten.
Fazit: Dieser Paukenschlag war verdammt wichtig für die neue Saison. Ein besseres und eindeutigeres Fanal hätte man den Fans, Sponsoren, den Spielern selbst und vor allem den einheimischen Kritikern nicht geben können. Der CFC ist wieder da - zielstrebig, einsatzfreudig, kämpferisch - ein neuer CFC, der die alten (ehemals guten) Spielernamen ganz schnell vergessen machen könnte. Wieviel der Sieg wirklich wert war, wird sich aber erst noch zeigen. Einerseits ist die Fortuna sicherlich keine Übermannschaft, und zweitens wird dieser Sieg erst mit 3 Heimpunkten gegen den höher einzuschätzenden Dresdner SC zum Edelmetall. Wichtig ist auch, daß beide Stürmer getroffen haben und somit Selbstvertrauen tanken konnten. Inwieweit die Vierer-Abwehrkette funktioniert, wird sich wohl auch erst im ersten Heimspiel bewerten lassen, wo der CFC gezwungen sein wird, offensiv zu agieren. Alles in allem aber eine Top-Leistung, welche schon jetzt verdammt viel Appetit auf nächsten Samstag gemacht hat.
Wertung: 2,5 (clever, aber zu passiv)
Beste Himmelblaue: Fröhlich, Hauptmann, Podszus
Pressestimmen
Freie PresseChemnitzer FC gelingt ein glänzender Saisonstart
Chemnitzer Morgenpost (So.)Fröhlicher Auftakt im Rheinstadion: Podszus & Co machten Fortuna nass!
Chemnitzer Morgenpost (Mo)4:0 in Düsseldorf - der erste Schritt einer Auferstehung [..] Spaß pur in Himmelblau: Vierer-Kette hielt, vorn ging die Post ab
Kicker-OnlineChemnitz siegt im Schongang - Ohne an die Grenzen ihrer Möglichkeiten zu gehen, entführten die Chemnitzer hochverdient drei Punkte. Das frühe Führungstor durch Fröhlich erleichterte den mit nur einer Sturmspitze (Podszus) angetretenen Gästen die weitere taktische Ausrichtung. Das dichte Mittelfeld hatte keinerlei Mühe mit den ideenlosen Aufbaubemühungen der Düsseldorfer. [..]