Spielbericht

21. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2002/2003
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
2:4
SC Verl
SC Verl

Klassischer Fehlstart in die Restrückrunde

von Frank Neubert

Nach schier unendlich langen Wochen der Winterstarre wurde an diesen Wochenende zum großen Wecken gerufen und der geneigte Regionalligafan durfte endlich seinen Winterschlaf beenden. Immerhin 3.638 himmelblaue Murmeltiere hatten sich aus ihrem Bau geschält und wollten die Künste der himmelblauen Zweibeiner begutachten. Diese wiederum hatten auf ein Trainingslager im sonnigen Süden verzichtet und im schneeverhangenen Chemnitz den Ball und die Eisbrocken durch das Sportforum gejagt. Vielleicht war es daher keine besonders kluge Entscheidung, die FiWi von Schnee und Eis zu befreien und unseren Jungs zur Rückrundeneröffnung eine Rasenfläche anzubieten. Schade war auch, daß sich Ahlf und Ersin in der Vorbereitung verletzten und somit nicht in der ersten Elf auflaufen konnten. Eine personelle Veränderung gab es zudem im Kasten des CFC, denn Chefcoach Müller gab Süssner den Vorzug gegenüber Altmeister Hiemann.

Kaum rollte der Ball, gab es bereits den ersten Schocker für die einheimischen Fans - nach einem weitem Schlag aus der Verler Hälfte sind Göhlert und Schmidt noch im Tiefschlaf und schauen tatenlos zu, wie ein Schuß von Schrieversmann nur haarscharf am CFC-Gehäuse vorbeifliegt. Puh! Die Verler machten weiter Druck und dachten überhaupt nicht daran, die glücklich errungenen Punkte des Hinspieles reumütig in C-Town abzuliefern. Keine 4 Minuten waren vorbei, als die Verler einen Freistoß auf der linken Seite bekommen - der Ball segelt herein und Schmidt seinem Gegner hinterher - und bums, schon führte der SC Verl durch Schrieversmann mit 1:0 ! Na toll, Traumstart für den CFC :-(( ! Bereits in dieser Anfangsphase hinterließ die CFC-Abwehr einen erschreckend wackeligen Eindruck, der sich während des Spieles noch steigern sollte. Der CFC bemühte sich nun, selbst in die Gänge zu kommen. Bei der ersten richtigen Chance gab es dann eine Vollversammlung im Verler Strafraum und jeder durfte mal draufhauen - leider brachten Meissner, Krieg und Zedi im vierfachen Nachschuß (!) den Ball nicht über die Linie. Bereits im Gegenzug brannte es wieder lichterloh vor Süssners Kasten, als Kaiser freistehend aus 10m am langen Pfosten vorbeischiebt. Glück gehabt, CFC ! Auch in dieser Szene war nicht zu übersehen, daß die Verler fast ohne Gegenwehr durch das Mittelfeld marschierten und die Deckungsarbeit der gesamten himmelblauen Truppe sehr zu wünschen übrig ließ. Nach 22 Minuten legte sich Uuulf den Ball zurecht, um einen Freistoß zu zelebrieren. Das Urgestein versetzt die Kugel in rasende Bewegung, der Torwart kann nur abklatschen - und Meissner erzielt per Kopfballabstauber das 1:1 ! Na endlich - ein Tor für die Guten ! Das Spiel pendelte sich mittlerweile auf einem ausgeglichenen Niveau ein, wobei die Verler immer einen Tick gefährlicher erschienen. Der äußerst agile M'Boma leitete in der 37. Minute die wohl beste CFC-Szene ein, als er im Doppelpass mit Simic einen Angriff über rechts klug vorbereitet und schließlich selbst aus Nahdistanz zum 2:1 verwandelt. Zur allgemeinen Torfreude der Fans gab es noch einen nigerianischen Doppelsalto obendrauf. Wow ! Doch die Freude über die himmelblaue Führung sollte nur kurz währen, denn 3 Minuten später fälscht Zedi einen Schuß von Perdei unhaltbar für Süssner in die kurze Ecke ab, so daß es mit vielen Grüßen an die Löcher eines Schweizer Molkereiproduktes und einem letztlich gerechten 2:2 in die Pause ging.

Nachdem im Pausengespräch fleißig über die Höhe des Endresultates (4:4, 6:5, oder gar 7:8 ?) orakelt werden durfte, gaben die Männer in Himmelblau ihr Bestes, um die Zahlenfolgen an der Anzeigetafel nach oben zu treiben. Dumm war nur, daß dieses Ziel nicht mit eigenen Offensivfußball angegangen wurde, sondern durch mädchenhaftes Abwehrverhalten. Das Mehlhorn und Schmidt keine Windhunde sind, sei genehmigt, aber ein halbwegs gescheites Stellungsspiel darf man wohl verlangen - ebenso wie von Göhlert und Zedi, daß sie in der Lage sein sollten, einen gegnerischen Stürmer läuferisch Paroli zu bieten. Forget it ! Es war schlichtweg eine Katastrophe, was an diesem Tage an Defensivverhalten gezeigt wurde - leichtfüßig und mit einfachen Doppelpässen wurde die CFC-Abwehr geknackt und manchmal hatte man das Gefühl, die Verler hätten 1-2 Leute mehr auf dem Platz. Im Mittelfeld war von Tchipev nix zu sehen, und auch der in der Vorbereitung so starke Simic glänzte mit Ideenlosigkeit. Nach gut einer Stunde gab es dann auch den "verdienten Lohn" für den CFC, als Kirch einen Pass aus dem Mittelfeld erhält, die Statisten Göhlert und Schmidt stehen läßt und seelenruhig zum 2:3 einschießen kann. Aaargh ! Als Gegenmittel zur allgemeinen himmelblauen Rat- und Hoffnungslosigkeit brachte Chefcoach Müller jetzt Goalgetter Ersin Demir, der etwas später tatsächlich den einzig nennenswerten Schußversuch des CFC in Halbzeit 2 (!) zustande bringt. Die beste Chance des CFC zum Ausgleich sollte allerdings ein Verler besitzen, bei dessen verunglückter Fußabwehr der Ball nur knapp am eigenen Pfosten vorbeiflutscht. Neben den vielen zutiefst himmelgrauen Eindrücken nutzte wenigstens Süssner seine Chance und verhinderte mit guten Paraden einen höheren Rückstand, so z.B. als er den allein auf ihn zulaufenden Perdei den Ball vom Fuß pflückt. Den Schluß- und Gipfelpunkt des Chemnitzer Unvermögens durften die Fans in der 81. Minute geniessen, als Kaiser einen Freistoß ausführt und der Ball zwischen Meissner und Meyer zum 2:4 ohne Chance für Süssner durch die Mauer fliegt. Megakrass !! Nach 90 Minuten gab es ein mehr als verdientes Pfeifkonzert für die Platzherren und die handgezählten 8 Verler Fans freuten sich diebisch über die gegen den CFC erzielten 6 Punkte in dieser Saison.

Fazit: Der CFC ist erschreckend schwach in die Restrückrunde gestartet und wird sein Minimalziel, möglichst schnell die Abstiegszone zu verlassen, in dieser Verfassung nicht erreichen. Eher im Gegenteil - mit dieser Antileistung ist zu befürchten, daß es weiter bergab geht. Betroffen macht vor allem, daß die unter Chefcoach Müller bisher so gut funktionierende Defensive komplett versagt hat und denselben desolaten Eindruck hinterließ, wie bei den letzten Amtshandlungen von Kuze, Karkuth und Schulz. Gut, es war das erste Spiel nach der langen Winterpause und noch bleiben 13 Partien, in denen gepunktet werden kann (und muß!). Allerdings muß sicher der CFC dringend aufraffen, wieder als kompaktes, sieg- und leistungswilliges Team auf dem Platz zu agieren - ansonsten - gute Nacht, Chemnitz !!


Wertung: 5

Beste Himmelblaue: Süssner, Mboma

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Pressestimmen

Freie Presse Chemnitz
Beim Chemnitzer FC passt es vorne und hinten nicht [..] „Wenn ich als Zuschauer die Partie gesehen hätte, ich hätte mich gefragt, was die die ganze Woche gemacht haben“, schüttelte Trainer Joachim Müller nach dem Spiel immer wieder den Kopf. Eine Erklärung für den Auftritt seiner mit so vielen Hoffnungen und Erwartungen ins Spiel gegangenen Mannschaft hatte er aber auch nicht. „Ich schäme mich für diese Leistung. Um das alles aber genau zu analysieren, muss ich mir die ganze Sache erst noch einmal auf Video anschauen“, konnte er seinen Ärger nur schwer unterdrücken. [..] Zu tun gibt es jede Menge. Der Abstiegskampf hat begonnen.

21. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2002/2003
Samstag, 01. März 2003, 14:00 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 3.638
Schiedsrichter: Grudzinski (Hamburg)
Chemnitzer FC
T Süssner
A Göhlert
A Zedi
A Schmidt
M Meyer
M Meissner (80. König)
M Tchipev
M MehlhornGelbe Karte
S Mboma
S Krieg (64. DemirGelbe Karte)
S Simic (65. Baumann)

Trainer: Müller
SC Verl
T Gößling
A Schriewersmann
A Maurer
A Kaiser
M Siedschlag
M SchmidtGelbe Karte
M Rogowski (70. Schröder)
M SchlösserGelbe Karte
M Kirch (80. Milde)
S Perdei
S Gockel

Trainer: Brei
Tore
0:1 Schriewersmann (4.)
1:1 Meissner (22.)
2:1 Mboma (37.)
2:2 Perdei (39.)
2:3 Kirch (60.)
2:4 Kaiser (80.)