Spielbericht

13. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2003/2004
Rot-Weiß Essen
Rot-Weiß Essen
5:0
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC

Essen war für Himmelblaue einfach unbekömmlich

von Frank Neubert

Mit einer saftigen 0:5-Klatsche kehrte der Chemnitzer FC letzten Freitag aus dem Ruhrgebiet zurück. Im 3-Tribünen-Stadion zu Essen brachten die Himmelblauen unter Flutlicht kein einziges Bein auf die Erde und kassierten auch in dieser Höhe verdient ihre höchste Niederlage seit dem (Wieder-) Abstieg in die Regionalliga. Am Ende mußte man sich bei den Rot-Weissen sogar bedanken, daß diese einen Gang zurückschalteten, ansonsten hätte das Debakel wahrscheinlich in einer noch größeren Katastrophe enden können.

Der Knackpunkt der Partie fand aus CFC-Sicht eigentlich schon nach 80 Sekunden statt, als Meyer auf der rechten Seite dem energischen Antritt seines Gegenspielers nicht folgen kann, dieser nach innen flankt und mit Lintjens einen dankbaren Abnehmer für seine Flanke findet - Mehlhorn steht hinter Lintjens und kann diesem nicht am erfolgreichen Flachschuß zum 1:0 hindern. Bereits ab diesem Moment waren alle taktischen Vorgaben, möglichst lange das 0:0 zu halten und schnelle Konter zu fahren, über den Haufen geworfen. Der CFC war gezwungen, daß Spiel anzunehmen und selbst nach vorn zu spielen - eine Aufgabe, die den Himmelblauen bekannterweise, und auswärts sowieso, nicht behagt. Die nächsten 20 Minuten wurde dann sogar öfters einmal der RWE-Strafraum besucht und der Versuch unternommen, offensiv zu agieren, aber außer einem Kopfball von Meißner, welcher von Bonan auf der Linie (!) geklärt wird und einem abgefälschten Nachschuß von Mehlhorn konnte nix Zählbares verbucht werden. Ganz anders der Aufstiegsanwärter aus Essen: Wenn die Rot-Weissen am Ball waren, brannte die Luft und man hatte stets das Gefühl, daß die Hausherren den Gästen aus Sachsen sowohl gedanklich als auch läuferisch stets 2-3 Schritte voraus waren. In der 27. Minute war es dann soweit und die Ruhrpottler gingen hochverdient mit 2:0 in Führung, nachdem ein Kopfball von Gillert genau vor die Füße von Lintjens getrudelt war und dieser unvermittelt abgezogen hatte. Lange Gesichter unter den ca. 120 anwesenden himmelblauen Fans und bange Blicke, ob die Finger einer Hand heute zum Nachzählen reichen würden. Nachdem nun bereits ein Tor über rechts und eins durch die Mitte gefallen war, fehlte noch natürlich noch eins über die linke Außenbahn, welches durch RWE prompt in der 41. Minute geliefert wurde. Diesmal hechelt Zivic seinen Gegenspieler Goldbaek erfolglos hinterher, welcher nach innen zieht und Hiemann mit einem Flachschuß zum 3:0 tunnelt. Das dabei auch der CFC-Keeper keine gute Figur hinterließ, rundete das miserable Gesamtbild dabei eher ab, als das es tatsächlich störte. Die mitgereisten Fans waren restlos bedient, und 2 himmelblaue Fanatiker, die zu diesem Zeitpunkt aus München kommend gerade im Gästeblock eintrudelten, verstanden die Welt und denn tieferen Sinn ihrer Away-Fahrt auf einmal nicht mehr so richtig.

Der CFC-Coach wechselte und brachte Wächtler für Meyer - vielleicht sogar jetzt schon mit dem Gedanken, die Defensive zu stärken und ein Debakel zu verhindern. Egal, es nützte alles nichts, denn kaum rollte wieder der Ball, lag die Kugel zum vierten Mal im himmelblauen Kasten. Diesmal hatten Rolleder und Mehlhorn sich selbst ausgetrickst, RWE ging dankend dazwischen, der Ball kommt nach innen und Wächtler kann bloß noch zuschauen, wie Koen überlegt zum 4:0 einschiebt. Frust pur in himmelblauer Verpackung. Doch damit nicht genug, Essen spielte wie im Rausch - und als der Club noch beim gedanklichen Einsortieren des vierten Treffers war, wurde das Spielgerät erneut per Spitze und Hacke an den Himmelblauen vorbeigekickt. Karl und Teichmann stehen nebeneinander, anstatt den 5m entfernten Koehler zu bewachen, welcher aus leicht abseitsverdächtiger Position gnadenlos das 5:0 erzielt. Einfach unglaublich. Und fast schon Leichenfledderei. Zu diesem Zeitpunkt hatte man das Gefühl, einem Scheibenschießen während eines Pokalkicks beiwohnen zu dürfen, wo zwei Teams gegeneinander spielen, die mehr als 2 Ligen getrennt sind. Natürlich war das dritte Tor psychologisch ungünstig kurz vor der Halbzeit gefallen, und die beiden nächsten gleich danach - trotzdem hatte man als Fan eine derart desaströse Vorstellung wohl zum letzten Mal in der "verbotenen" Saison 00/01 erleben müssen. Um das Unglück perfekt zu machen, fing sich Gillert kurz darauf noch eine Ampelkarte ein, zurecht, da er seinen Gegenspieler von hinten umgemäht hatte. Lähmendes Entsetzen machte sich breit - noch über 30 Minuten zu spielen, nur noch 10 Himmelblaue auf dem Rasen, ein mit 5 Toren berauschter Gegner - eine Katastrophe bahnte sich an. Aber die Katastrophe fiel aus, und dies vor allem, weil Essen zwei Gänge zurückschaltete und somit lediglich für das Ergebnis vom 13.10.2001 späte Rache nahm, als der CFC damals auf der Fischerwiese die verdutzten Rot-Weissen mit 5:0 abgeschossen hatte. Trotz größter Aufmerksamkeit konnte während der gesamten zweiten Halbzeit kein einziger CFC-Angriff registriert werden. Die Fans sangen sich ihren Frust von der Seele - Motto: Wir sind nur zum Feiern hier - und zogen mehrfach die Blockfahne der Ultras über ihren Köpfen nach oben. Nach absolvierten 90 Minuten pfiff der Schieri pünktlich ab und die himmelblauen Frustkicker kamen kurz am Zaun vorbei. Böse Worte gab es keine, die Jungs wußten selbst, was sie für einen Bockmist gebaut hatten - viel eher gab es sogar Aufmunterung der Sorte "Kopf hoch, kann passieren, jetzt ist Münster dran".

Fazit: Der CFC hat seine höchste Niederlage seit 3 Jahren kassiert. Und dies in einer Art und Weise, die sehr bedenklich stimmt. Bedenklich vor allem deshalb, wie uns der Gegner dominiert hat. Fakt ist, wenn der CFC nicht in der Lage ist, sein taktisches Konzept knallhart durchzuspielen, haben wir viel zu wenige Fußballer in unseren Reihen, die durch individuelle Klasse dagegenhalten können. Es ist müßig, nach diesem Kick auf Einzelfehler einzugehen, hier hat die Mannschaft als Ganzes versagt. Das die Jungs es besser können, haben sie in den Heimspielen gegen Braunschweig und Wuppertal gezeigt, auch wenn dort keine Punkte zu holen waren. Egal, jetzt muß nach vorn geblickt werden und da steht als nächstes das Heimspiel gegen Münster auf den Plan. Dort müssen 3 Punkte her, einerseits für die rechnerische Komponente, andererseits für die psychologische Seite. Jungs, ihr habt die Chance - zieht euch selber da wieder raus - und zwar JETZT !!


Wertung: 6

Bester Himmelblauer: Keine Wertung

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Pressestimmen

Chemnitzer Morgenpost (Mo.)
'Sogar zweistellige Niederlage möglich'
[..]Der 43-jährige Trainer (Frank Rohde, d.Red.) zum Umfaller seiner schwächlichen Kicker: "Sie waren alle zu sehr nur mit sich beschäftigt. Hätte Holger Hiemann nicht im Tor noch einige Male ganz prächtig reagiert, wäre tatsächlich eine zweistellige Pleite möglich gewesen." [..]Richtig wuschelig machte Rohde vor allem, dass seine müde Truppe nicht eine einzige Torchance besaß.[..]

Freie Presse Chemnitz
CFC blamiert sich bis auf die Knochen

Westdeutsche Allgemeine
Rohde: Das Beste der Regionalliga [..] RW Essen demonstrierte mit dem 5:0 gegen den Chemnitzer FC und mit dem besten Heimspiel seit fast einem Jahr: So spielt und präsentiert sich eine Mannschaft, die unbedingt aufsteigen will. Die überschwänglichen Kommentare von Fans und Vereinsvertretern wurden getoppt von einem Kompliment aus berufenem Munde. Frank Rohde, der Chemnitzer Trainer, befand: "Das was Essen in der ersten Halbzeit gezeigt hat, war das Beste, was ich in der Regionalliga bisher gesehen habe. Wir sind deftig abgewatscht und vorgeführt worden. Die Niederlage ging völlig in Ordnung, die Rot-Weißen hätten höher gewinnen müssen." [..] Die Dominanz der Essener war so groß, dass sich die Sachsen in der letzten halben Stunde nach der gelb-roten Karte für Teichmann ausschließlich darauf beschränkten, mit einem Abwehrriegel das 0:5 zu halten. RWE-Torwart Sascha Kirschstein hätte auch einen Stuhl zwischen die Pfosten stellen können.

13. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2003/2004
Freitag, 24. Oktober 2003, 19:30 Uhr
Georg-Melches-Stadion, Essen
Zuschauer: 7.200
Schiedsrichter: Weber (Bergkamen)
Rot-Weiß Essen
T Kirschstein
A Bonan
A Wedau
A Kück
M Ernst
M Yildirim (78. Tutas)
M Goldbaek
M Lintjens (61. van der Ven)
M WeigeltGelbe Karte (78. Bilgin)
S Köhler
S Koen

Trainer: Gelsdorf
Chemnitzer FC
T Hiemann
A Karl
A TeichmannGelbe Karte
A Mehlhorn
M Schindler
M Zivic (55. Lenk)
M Göhlert
M GillertGelbrote Karte
M Meissner
S Meyer (46. Wächtler)
S Rolleder

Trainer: Rohde
Tore
1:0 Lintjens (2.)
2:0 Lintjens (27.)
3:0 Goldbaek (41.)
4:0 Koen (50.)
5:0 Köhler (53.)

Besondere Vorkommnisse:
Gelb-Rot für Gillert (57.)