Zwischen Parodie und Farce
von Das Faultier
Zum Rückrundenauftakt noch vor der Winterpause empfingen die Chemnitzer bei guten äußeren Bedingungen den ebenfalls orientierungslos durch Liga 3 stümpernden VfR Aalen, um ein Spektakel nach der Art eines Fußballspiels aufzuführen. Was größtenteils misslang, bestenfalls sahen die knapp 5000 auf den Tribünen eine Parodie dieses Mannschaftssports.
Bei den Chemnitzern waren einige der Kränkelnden doch noch halbwegs fit und nahmen auf der Bank Platz, sodass nominell eine Elf auf dem Rasen stand, die in ihrer Zusammenstellung nicht sehr überraschte. Auf dem Platz hingegen gelang dies gut, man versuchte sich in ersten Angriffen, erhielt einen ersten Freistoß zugesprochen, aus dem ein Eckstoß erkämpft wurde und nutzte diesen zu einem Eigentor durch den Aalener Neumann zur Führung nach 72 Sekunden. Danach verlor der CFC für etwa 69 Minuten seinen Elan, verheißungsvoll anzugreifen und überließ den Aalenern das Feld (die Himmelblauen verzichteten auch weitgehend auf zielstrebige Konterversuche), die angesichts ihrer bisherigen grandiosen Leistungen im Herbst mit dieser Feldüberlegenheit schon kurz vor der Pause etwas anzufangen wussten und nach einem ersten erwähnenswerten Angriff aus zentraler Position über das Tor sensten. Zwischendurch hatte der CFC die Sonnenbader auf der Nordkurve etwas überraschend mit einem Dem-Kopfball an die Latte geweckt. Damit sind endlich alle erwähnenswerten sportlichen Darbietungen aus der ersten Hälfte aufgezählt (keine Sorge, geneigter Leser, in Halbzeit zwo war die Ereignisdichte nicht mehr so hoch), was die Möglichkeit lässt, auf randliche Ereignisse zu blicken: Die medizinischen Abteilungen bekamen angesichts zunehmender Nickligkeiten oder auch gröberen Gehackes vermehrt zu tun, wurden vom Unparteiischen bisweilen theatralisch aufs Feld gebeten, bisweilen daran gehindert, mussten an der Außenlinie den verletzten Steinmann mitnehmen und zudem Aalens Torwart mit Gehirnerschütterung vom Platz geleiten. Die Nickligkeiten wiederum sind Ausdruck langer Testreihen beider Teams, die wie alle im Stadion bis zum Spielende nicht genau herausgefunden hatten, welche Art von Zweikämpfen, Fouls und sonstige Szenen der Unparteiische als solche gewertet wissen wollte und welche eben nicht. Also fielen hüben wie drüben die Schwalben vom Himmel und wurde zum Ausgleich bisweilen ordentlich ausgeteilt. Mal gabs Gelb, mal nicht, System hingegen nie. Es war ein 23. Mann nach der Art eines Schiedsrichters. Dies wurde immer dann deutlich, wenn dieser (Ofosu) oder jener (Stenzel) die geringen Erkenntnisfortschritte in dieser Frage der gepfiffenen Fouls kritisch ansprach. Denn dann gabs selbstverständlich Gelb. Ordnung muss auch einer Schiedsrichter-Parodie sein.
Damit zu Hälfte zwo, denn dort findet sich ein Beispiel für gelungenen Schiedsrichter-Slapstick. Was ist zu entscheiden, wenn der Aalener Ersatzkeeper beim Wegfausten einer Flanke des CFC (man lese und staune!) außerhalb des Fünfmeterraums über einen eigenen Abwehrmann stürzt? Freistoß, klar. Wer konnte schon mit Flanken rechnen.
Schnell zurück zum Sportlichen und damit in Minute 70. Gerüchten zufolge ist auch der CFC nach der Pause wieder mit auf dem Platz und nun wurden die Himmelblauen auch nötig, denn sie mussten nach einer Ecke der Aalener und einigem Hin und Her den Ball aus dem Netz graben und das Spiel per Anstoß fortsetzen. Wäre ja sonst nicht weitergegangen, immerhin soll ein Fußballspiel aufgeführt werden und das dauert nun mal 90 Minuten. Die Remiskönige aus BaWü sind zufrieden, der CFC versucht sich im Offensivfußball, was wie so oft in dieser Saison ohne jede Abstimmung und Absprache untereinander, ohne jede Laufwegkennung, ohne jedwede Angebote an Mitspieler angegangen wird. Man kämpft verbissen, man probiert es. Man kommt nicht mal ansatzweise zum Ziel. Die Bilanz bleibt bei null gefährlichen Abschlüssen, es bleibt beim Versuch eines Fußballspiels. Und aus. Die Parodie wird zur Farce. Zeit, dass Heimspielwinterpause ist.
Ergänzung in Zeugnisform für gegebenenfalls mitlesende Spieler:
- Kampf, Einsatz: gut
- Spielerische Elemente: mangelhaft
- Erkennbare Spielidee: mangelhaft
Für Details bitte die anderen Spielberichte der Herbstrunde nachlesen.
Bester Akteur: Die Aalener Gästefans (etwa 90 mit kreativem und verhältnismäßig lautem Dauersupport aufwartende Sängerknaben).
Trainerstimmen
Peter Vollmann (Kickers) bei MDR-Online:"Schlechter kann man wohl kaum in ein Spiel hineinkommen. Nach eigenem Anstoß und vielleicht 80 Sekunden liegt man zurück. Aber wir haben den schnellen Rückstand und den Torhüterwechsel gut aufgefangen. Wir wussten, dass wir mehr machen müssen, und haben uns mit Riesenaufwand in der zweiten Halbzeit mit dem Ausgleich belohnt. Es ist ein korrektes 1:1 und ich möchte meinem Kollegen Karsten Heine schnelle Genesung wünschen."
Kay-Uwe Jendrossek (CFC) bei MDR-Online:"Wir sind alle sehr enttäuscht, denn wir wollten das letzte Heimspiel des Jahres unbedingt gewinnen. Eigentlich war mit der schnellen Führung alles vorbereitet, um mit mehr Sicherheit und mehr Selbstvertrauen den eigenen Spielfluss zu finden, der uns leider in den letzen Wochen abhanden gekommen ist. Nicht förderlich waren natürlich die verletzungsbedingten Wechsel von Steinmann und Conrad. Unter dem Strich war es ein leistungsgerechtes Unentschieden."