Als die 90 Minuten endlich rum waren, jubelten die anderen. Die aus dem finsteren Tale, die aus dem Ort, den's eigentlich nicht gibt. Hämische Rufe hallten durch's Rund, ein aus dem Hinspiel bekanntes Liedchen schallte über die blechernen Boxen. Derbysiege sind was Schönes - für den der gewinnt.
Die Männer in den solargrünen Trikots, die sich sonst die Himmelblauen nennen, kamen zu ihren Fans. Sie hatten's vermasselt - wie schon im Hinspiel. Dezenten Applaus gab es diesmal von den 1.500 Mitgereisten, kaum ein böses Wort auch wenn der Stachel der Enttäuschung tief saß. Hatte die Truppe zu wenig investiert? Hatte der Schacht zu wenig zugelassen? Fehlte es an der passenden Einstellung, der Taktik oder dem letzten Biß um ein solches Derby erfolgreich zu gestalten? Viel Diskussionsstoff für den Heimweg.
Fakt ist, die Revanche für die 1:2 Hinspielniederlage ist trotz grüner Trikots und allen Beteuerns, um des Wissens um die Wichtigkeit dieser Partie, nicht geglückt - mit 2:0 gewinnt der Schacht und wird nun wohl aufsteigen. Es gibt bessere Tage.
Dabei fuhr die Elf von Sven Köhler mit breiter Brust in den Schacht. Fünf Siege in Folge hatten den CFC von allen Abstiegssorgen befreit, ein Sieg im Derby war das letzte große Ziel der Saison. Die Erfolgself von Bremen sollte es richten, optisch dezent verändert - weiße statt schwarze Hosen sollten zumindest ein wenig daran erinnern, dass die Vereinsfarben doch nicht neongrün-schwarz sind. Als die Mannschaften auf's Feld liefen, schien kurzzeitig die Sonne bevor wieder dicke Schneeflocken fielen - auch Petrus hatte an diesem komischen Sonntag im April offenkundig einen merkwürdigen Sinn für Humor.
Kaum war es richtig losgegangen, lag der Club schon hinten. Köpke - treffsicherer Winterneuzugang aus Karlsruhe hielt bei einer Ecke von Tiffert, sträflich alleingelassen, seinen Schädel hin, die Kugel sauste über den auf der Linie stehenden Türpitz in den Winkel. 1:0 für "Gibt's nicht" nach gerade mal acht Minuten. Zuvor hatte schon Frahn seinen Jugendkumpel Männel und auf der Gegenseite Adler CFC-Keeper Kunz geprüft.
"Gibt's nicht" ist dann auch der passende Begriff für die Torgefährlichkeit des CFC in der ersten Hälfte. Die Angriffsbemühungen prallten immer wieder an der kompakt stehenden Hintermannschaft der Erzgebirgler ab. Mit einfachen Mitteln, geradlinig und schnell spielten die Schachtis nach vorn und erspielten sich ihrerseits Gelegenheiten. Bei Chancen von Köpke (27.) war der einzige Chemnitzer mit Normalform, Kevin Kunz, auf dem Posten. Einen Schuß setzte der unter Tage arbeitende Deutsch-Grieche Skarlatidis neben das Tor (28.). Erst gegen Ende der ersten Halbzeit wachte der CFC so langsam wieder auf, ohne aber wirklich gefährlich zu werden.
Die zweite Halbzeit begann mit viel himmelblauen und weißen Rauch im Gästeblock. Doch der weiße Rauch brachte diesmal keinen neuen Papst sondern die Erkenntnis, dass es im Gästeblock den einen oder anderen Knallkörper gibt, den der Verein Chemnitzer Fussballclub mit Sicherheit am Allerwertesten vorbeigeht. Anders sind der Abschuss von Leuchtspur und das Werfen von Böllern in Richtung Zuschauerränge der Schachter nicht zu erklären. Da braucht auch keiner mit der besonderen Brisanz des Derbys kommen - solche Aktionen sind und bleiben hirnrissig!
Nach einer kurzen Unterbrechung ging's dann zum Glück sportlich weiter, mit einem CFC der sich in der Pause - so erweckte es den Anschein - etwas vorgenommen hatte. Bittroff versuchte es mit einem Fernschuss (50., drüber), dann parierte Kunz einen Fernschuß von Tiffert (51.). Doch die dickste Chance, das Blatt noch zu wenden, hatte Türpitz auf dem Fuss. Doch alleine vor Männel scheiterte er am Keeper der Schachter (56.). So kam es wie es kommen musste - Dem rutscht an der Mittellinie am Ball vorbei, Skarlatidis sprintet über's halbe Feld, läßt dabei Steinmann und Conrad stehen und schiebt zum 2:0 ein (82.). Die Entscheidung und der verdienten Sieg für Unblau. Hatten die Schachtis am Ende doch ein klares Chancenplus auf ihrer Seite...
Fazit: Serie gerissen - ausgerechnet im Derby beim Erzrivalen. Das ist äußerst bitter. Aber vielleicht hätte ein Sieg auch zuviel Nebel über die eigentlichen Probleme beim CFC gelegt. Die Saison ist nun im Grunde erledigt - Zeit für die sportliche Leitung die richtigen Lehren aus der verkorksten Saison ziehen. Und wenn auch nicht nächste Saison, doch hoffentlich bald, wird es die Gelegenheit zur Revanche geben. Dann bitteschön wieder in den Vereinsfarben - himmelblau/weiss und einem Auftreten das eines Derbys würdig ist.
"Ehrlich, ein anderes Spiel als das Derby wäre mir lieber gewesen. Aber Aue hat uns die Grenzen aufgezeigt. Wir sind auf dem Boden der Tatsachen gelandet und wissen, wie viel Arbeit noch vor uns liegt."
"Ich würde nicht sagen, dass wir nicht gekämpft haben und nicht gelaufen sind. Aber Aue hatte die bessere Spielverlagerung. Sie waren defensiv stark."
"Den Auern ist es gelungen, ihr Spiel durchzubekommen. Deshalb ist der Sieg verdient. Wir wussten, dass sie defensiv sehr gut stehen. Man hat gesehen, dass der Gegner fußballerisch eine gute Entwicklung genommen hat, sehr strukturiert spielt und die Mannschaft unbedingt in die 2. Liga will. Wir haben uns in den ersten 25 Minuten beeindrucken lassen und gar nicht ins Spiel gefunden."
"Wir haben das Spiel über nahezu die gesamte Zeit dominiert und hatten Glück, durch eine Standardsituation in Führung zu gehen. Das gerade wir gegen ein so groß gewachsenes Team nach einer Ecke in Führung gehen, war für mich überraschend. Wir wollten danach nicht passiv spielen, nicht ausschließlich verteidigen. Das haben wir geschafft und deswegen kann ich ein großes Kompliment an meine Mannschaft aussprechen."