An der Sensation geschnuppert
von Pierre Schönfeld
Sonntagnachmittag – Pokalzeit! Der CFC hatte sich die Teilnahme an der 1. Runde im DFB-Pokal durch den Sieg im Sachsenpokalfinale gegen Eilenburg verdient. Der Gegner: die TSG aus Hoffenheim, Spitzenteam der 1. Bundesliga und Teilnehmer der Europaleague. Der CFC hatte im Vorfeld ordentlich dafür geworben, zudem eigens mit der Fanszene ein Pokaltrikot herausgebracht, welches die Bewerbung der Stadt Chemnitz zur „Kulturhauptstadt Europas“ unterstützen sollte. Für den Rückkehrer von Kultkeeper Philipp „Penne“ Pentke wurde eine eigene Tasse designt.
4.600 Zuschauer waren lt. Hygienekonzept auf der Fischerwiese erlaubt, es kamen nur enttäuschende 3.095. Und dass trotz Rabattaktion auf dem letzten Drücker.
Die, die gekommen waren sollten das nicht bereuen. Es erwartete Sie ein spannender Pokalfight fast schon epischen Ausmaßes - ein Drama in vier Akten. Dem am Ende nur dieses eine kleine Quäntchen für den Einzug in die himmelblauen Geschichtsbücher fehlen sollte.
Doch der Reihenfolge nach…
1. Akt: Starke Erste Halbzeit
CFC-Coach Berlinski schickte die siegreiche Elf vom Spiel gegen Fürstenwalde auf dem Platz. Auf der Bank des Gegners saß mit Sebastian Hoeneß ein Neuling in der obersten Spielklasse, unserem Club jedoch bestens bekannt durch die (für uns in Summe erfolgreichen) Duelle mit Drittliga-Meister Bayern II in der letzten Saison. Der mit Applaus begrüßte (und verabschiedete) Philipp Pentke saß erwartungsgemäß nur auf der Tribüne. Dafür stand der zum Nationalkader gehörende Baumann im Kasten.
Wenn man ehrlich zu sich war, so hatte man vom neu zusammengewürfelten CFC gegen den mit Nationalspielern gespickten Erstligist (8 Nationalspieler in der Startelf, darunter der kroatische Vizeweltmeister Kramaric) nicht viel erwartet. Bei dem Klassenunterschied gab’s auf den anderen Pokal-Plätzen auch schon mal Saures und die eine oder andere deftige Packung.
Die Berlinski-Elf machte es besser. Eine halbe Stunde lang neutralisierte sie die Hoffenheimer, erst dann kam die in Pink(AUA!) gekleidete TSG zu ersten Möglichkeiten. Die beste Möglichkeit für den Erstligist hatte Baumgartner schon in der Nachspielzeit der ersten Hälfte, als er Kuba mit einer Direktabnahme zu einer Glanzparade zwang. Auf der anderen Seite setzte der Club insbesondere über den schnellen Ogbidi immer wieder Nadelstiche. Torlos ging es in die Kabine.
2. Akt: Schlag und Gegenschlag
Die erste Viertelstunde in der zweiten Halbzeit müssen wir irgendwie überstehen. So der „Expertentalk“ in der Pause auf der Tribüne. Denkste. Drei Minuten waren in der zweite Häfte gespielt – Angriff der Hoffenheimer. Paß in die Schnittstelle, Bebou passte nach innen, dort hatte Kramaric keine Mühe einzuschieben. Na super. Würde das Spiel jetzt seinen „sozialistischen Gang“ gehen? Nicht mit Freiberger. Der hatte in der 59. Minute seinen großen Auftritt. Eingeleitet über Müller kam die Kugel zu Milde, der sprintet die Außenbahn entlang. Flachpass nach innen, Freiberger ließ Akpoguma mit einer lässigen Drehung ins Leere rutschen und schob das Leder ins Tor. Der sensationelle Ausgleich! Die 3000 Zuschauer aus dem Häuschen! Der Club hatte nun seine beste Phase. Wieder Freiberger pfefferte eine Direktabnahme nur knapp über das Tor von Baumann. Dann packte Müller den Hammer aus und zog aus 22 Metern einfach mal ab – knapp am Dreiangel vorbei (66.). Phasenweise wurde die sichtlich beeindruckte TSG in die eigene Hälfte gedrückt.
Die kam dann gegen Ende der regulären Spielzeit wieder auf und dann liegt der Ball plötzlich im Kasten von Kuba. Zum Glück kam der Pfiff – es war Abseits!
Den Schlußpunkt unter die 90 Minuten sollte der Club setzen. Der eingewechselte Roscher kam in der Nachspielzeit aus aussichtsreicher Position zum Schuss. Doch das Leder ging am langen Pfosten vorbei. Das wäre es doch gewesen!
3. Akt: Die Sensation vor Augen und Ernüchterung
Verlängerung! 5 Minuten waren gespielt, da ging Gacinovic, getroffen von Köhler, Boden. Gleichzeitig hatte der Chemnitzer aber den Ball gespielt. Schiri Hanslbauer zeigte sofort auf den Punkt. Sch***!! Aber was war da los? Der Schiri ging zum Linienrichter, berät sich kurz und dann – doch kein Elfer! Kollektives Aufatmen auf der Tribüne. Dieses Spiel war nichts für die schwache Nerven!
Dann die 100. Minute – weiter Einwurf in den Strafraum der TSG, Kopfballverlängerung, der Ball bei Freiberger, der legt ab auf Bickel, der schiesst mit dem Aussenrist….. ins Toooooooor! Das Stadion rastet aus. Wahnsinn! Die Sensation war zum Greifen nah. Banger Blick auf die Uhr. Noch 20 Minuten – verdammt ist das lang.
Die TSG versucht zurückzuschlagen. Baumgartner mit dem Kopf an den Pfosten. Schwein gehabt! Sollte die Sensation wirklich und der Club die Führung über die Zeit retten? Es wäre zu schön gewesen, doch dann warf der beste Hoffenheimer an dem Tag Kramaric den Turbo an, sprintete von links in den Strafraum wo ihn der eingewechselte Schimmel von den Beinen holte. Diesmal war’s wirklich Elfer und der Gefoulte trat selber an und ließ den überragenden Kuba diesmal keine Chance. Der Ausgleich.
4. Akt: Das Drama Elfmeterschießen
Schlußpfiff! Wieder musste das Roulette aus 11 Metern darüber entscheiden wer in die nächste Runde einziehen darf. Hatten wir erst letztes Jahr gegen den HSV. Mit dem besseren Ende für die Hamburger. Damals versagten Reddeman die Nerven. Wie damals wurde auf die Südkurve geschossen.
Hoffenheim durfte anfangen, Kramaric sicher zum 3:2. Dann marschierte der eingewechselte Grym zum Elfmeterpunkt. Schuß in die Mitte – Baumann hält. Dann Belfoldil – sicher zum 4:2. Dann schritt Routinier Müller zum Punkt doch auch den konnte Baumann mit artistischer Parade entschärfen.
War’s das schon? Nein! Denn jetzt versagten auf den Hoffenheimern die Nerven. Den Elfer von Gacinovic krallte sich Kuba und Bicakcic setzte seinen Elfer an die Querlatte. Dafür trafen Freiberger und Campulka (geht’s lässiger?). Baumgartner brachte die TSG wieder in Front. Jetzt war Bickel dran, der Schütze zum zwischenzeitlichen 2:1. Eigentlich ein sicherer Schütze. Eigentlich. Dem Routinier versagten die Nerven, der Ball ging über das Tor. Schluss! Aus! Der CFC war draußen, die TSG Hoffenheim hatte sich mit zwei blauen Augen in die nächste Runde gerettet.
Für die Himmelblauen gab es viel Applaus von den Rängen für einen fantastischen Pokalfight.
Fazit: Man könnte jetzt darüber schreiben, wie toll sich die Mannschaft verkauft hat. Und das hat sie zweifellos. Aber von einer knappen Niederlage kann sich am Ende keiner was kaufen – weder sinnbildlich noch wörtlich, wenn man an die entgangene Prämie für den Einzug in die Runde 2 denkt. Man hatte die TSG Hoffenheim am Rande des K.O.s – noch ein kleiner Nasenstuber hätte genügt und die Hoeneß-Elf wäre krachend auf die Bretter gegangen. Diese 5 Prozent haben dann letzten Endes gefehlt, auch bei den Wechseln fehlte diesmal das glückliche Händchen (Ogbidi und Kurt hätten gern weiterspielen können, Schimmel mit dem entscheidenden Foul in der Verlängerung, Dartsch ein Totalausfall, Roscher hingegen sehr engagiert und beinahe mit dem 2:1 in der regulären Spielzeit) und das ist bei aller Freude über die bockstarke Leistung doch irgendwo extrem ärgerlich.
Davon abgesehen war es ein geiler Pokalnachmittag. Den Spirit muss die Truppe in den Liga-Alltag mitnehmen. Dann kann man den favorisierten Berliner Truppenteilen der Viktoria und Altglienicke vielleicht doch noch eine lange Nase drehen.
Wertung: 2,0. Klasse Pokalfight mit unglücklichem Ausgang.
Beste Himmelblaue: Jakubov, Freiberger, Campulka
Pressestimmen
mdr.deMit dem letzten Elfmeter: Chemnitz verliert gegen Europa-League-Teilnehmer HoffenheimWas für ein Pech: Der Chemnitzer FC hat im DFB-Pokal gegen die TSG Hoffenheim kurz vor der Sensation gestanden. Erst im Elfmeterschießen musste sich der Fußball-Regionalligist am Ende geschlagen geben. [..] Im Elfmeterschießen wurde es vogelwild: Erst verschossen die Chemnitzer Grym und Tob. Müller, dann die Hoffenheimer Gacinovic und Bicakcic. Campulka schaffte das 2:2, Baumgartner das 2:3. Nun musste Bickel treffen, aber der Ex-Zwickauer setzte die Kugel über den Kasten von Baumann, der zuvor zweimal artistisch gehalten hatte.
freiepresse.deChemnitzer FC schafft fast die Sensation im DFB-Pokal[..] In der ersten Halbzeit war nur selten ein Vier-Klassen-Unterschied zu sehen. Zwar hatten die Gäste, immerhin Sechste der abgelaufenen Bundesliga-Saison, mehr vom Spiel, der CFC arbeitete aber gut dagegen und ließ nur wenig zu. Die größte Chance hatten die Hoffenheimer kurz vor der Pause, doch CFC-Keeper Jakubov parierte glänzend. So ging es mit einem von den Fans bejubelten 0:0 in die zweite Halbzeit. [..] Auch in der Verlängerung versteckte sich der Regionalligist keinesfalls und hatte nach zwei Minuten eine Riesenchance zur Führung. Auf der anderen Seite dann eine brenzlige Situation. Köhler und Gacinovic waren im Strafraum aneinander geraten, woraufhin der Schiedsrichter schon auf Elfmeter für Hoffenheim entschieden hatte. Sein Assistent an der Linie korrigierte das aber. Nach 100 Minuten platzte dann das Stadion deutlich hörbar aus allen Nähten, als der CFC zum 2:1 traf. [..]
tag24.deSchade! CFC scheitert im DFB-Pokal gegen TSG Hoffenheim im Elfmeter-KrimiGroßer Kampf ohne Happyend! Der CFC musste im DFB-Pokal gegen die TSG 1899 Hoffenheim die Segel streichen. 1:1 hieß es nach 90 Minuten, 2:2 nach Verlängerung. Im Elfmeterschießen behauptete sich der Bundesligist mit 3:2. [..] Die Hoffnungen des Außenseiters auf eine Pokal-Sensation bekamen zweieinhalb Minuten nach Wiederbeginn einen Dämpfer: feiner Pass in die Tiefe von Joshua Brenet auf Bebou. Der ließ Jakubov aussteigen, legte quer auf Kramaric. Der schob ins das verwaiste Tor ein: 1:0. [..] Doch die Himmelblauen kamen ganz stark zurück, suchten plötzlich spielerische Lösungen und schlossen ihren besten Angriff über Tobias Müller und Paul Milde erfolgreich ab. Kevin Freiberger nahm im Zentrum Mildes Flanke fein mit und netzte aus der Drehung ein (59.). Jetzt war Dampf auf dem Kessel, herrschte echte Pokalstimmung im Stadion an der Gellertstraße. [..]
kicker.deBaumann artistisch: Hoffenheim zittert sich in Chemnitz weiterHoffenheim übersprang die erste Pokalhürde in Chemnitz in einem hochintensiven Duell mit einem 3:2 im Elfmeterschießen. Der CFC egalisierte die Führung der TSG in der regulären Spielzeit und schnupperte in der Verlängerung an der Sensation, die Hoeneß-Elf konterte und so musste die Entscheidung vom Punkt fallen. Dabei hatte 1899 beim Pflichtspieldebüt von Coach Sebastian Hoeneß das bessere Ende für sich. [..]
Die Entscheidung musste letztlich vom Punkt fallen - und da war am Ende nach zwei artistischen Baumann-Paraden ausgerechnet Torschütze Bickel der Unglücksrabe, der verschoss, nachdem Baumgartner verwandelt hatte. Mit 3:2 im Elfmeterschießen kam Hoffenheim eine Runde weiter.
Trainerstimmen
Sebastian Hoeneß (TSG) bei mdr.de:"Nach dem Rückstand war es extrem schwierig. Aber wir sind durch eine gute Mentalität und Teamspririt zurückgekommen. Unterm Strich haben wir uns das natürlich anders vorgestellt. Unser klares Ziel war es, dass wir die Partie nach 90 Minuten entschieden haben. Dennoch bin ich stolz auf die Mannschaft."
Daniel Berlinski (Trainer CFC) bei mdr.de:"Ich bin megastolz auf meine Mannschaft. Wir haben uns nicht versteckt, immer wieder versucht, spielerische Lösungen zu suchen, und haben gegen den Ball super gearbeitet. Natürlich ist es bitter, im Elfmeterschießen zu unterliegen. Doch jetzt wollen wir den Schwung in die kommenden Wochen mitnehmen."