Spielbericht

23. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2003/2004
Eintracht Braunschweig
Eintracht Braunschweig
1:0
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC

Glänzend aufgelegter CFC kehrt leider ohne Punkte nach Sachsen zurück

von Frank Neubert

Mit einer unglücklichen 0:1-Niederlage kehrten die himmelblauen Kicker vom Duell der beiden deutschen Meister des Jahres 1967 zurück. Die ca. 250 mitgereisten Fans sahen dabei die bis dato beste Auswärtsleistung des CFC in diesem Jahr und schüttelten ob der ausgelassenen Chancen am Ende nur noch traurig mit dem Kopf. Allein Rolleder hätte den Club zum durchaus möglichen Sieg schießen können. Im Gegensatz zu den bisherigen 5 Auswärtssiegen der Saison 03/04 ging der Chemnitzer Sturm diesmal erstaunlich fahrlässig mit besten Chancen um und verhalf den seit 15. November 2003 sieglosen Braunschweigern zum ersten Erfolg unter Neutrainer Kügler.

Vor dem Betreten des Braunschweiger Fußballtempels galt es, den grünen Sperriegel zu überwinden. Dieser betraf vor allem die himmelblauen Bleifüsse, welche (zu) zeitig vor Ort waren und somit für die tatendurstige Polizei ein gefundenes Fressen darstellten. Eine peinlichst genaue Ausweißkontrolle, in die mehrere mit Sprechfunkgeräten ausgestattete Beamte erfolgreich verwickelt werden konnten, förderte dann zutage, daß der Webmaster der CFC-Fanpage und zwei Mitglieder des CFC-Fanrates doch kein Stadionverbot hatten und der Gang zum Block nun frei war. Interessierte Fragen, wie man dies beim Eintreffen größerer Fanpulks zu handhaben gedenkt, wurden unwirsch abgetan. Interessant in diesem Zusammenhang die spätere Ankunft der Zugfahrer, welche in 3 Bussen vom Bahnhof kommend, den Polizeigürtel unkontrolliert passieren durften und direkt in die Arme der Ordner geschleust worden.

Am Zaun gab es dann noch diverse Streitigkeiten mit dem solariumbraunen Mutantenstadel aus Ordnershausen, der je nach Lust und Laune entschied, welche Chemnitzer Zaunfahne zu hoch, zu breit oder vielleicht auch nur zu bunt war und somit maximal oben im Block aufgehängt werden durfte. Dann rollte endlich der Ball und beide Teams legten los wie die Feuerwehr. Schon nach 2 Minuten mußte Süßner nach der ersten BTSV-Ecke reaktionsschnell gegen Mazingu klären. Unmittelbar im Gegenzug präsentierte der CFC mit einer Flanke von Fillinger und dem Kopfball von Wächtler die passende Antwort, welche fast zum 0:1 geführt hätte. In der Folgezeit bestimmte zumeist der CFC das taktische Geplänkel an der Hamburger Straße, und erspielte sich durch Meißner und Oieras kleinere Chancen. Nach exakt 30 Minuten fingen die Niedersachsen einen CFC-Angriff ab und konterten über den schnellen Mazingu. Die indisponierte CFC-Abwehr kann die Flanke nicht verhindern, am langen Pfosten setzt sich zudem Sümnich gegen Fillinger durch und dieser kracht das Leder unhaltbar zum 1:0 und zur Freude der bis dato ruhigen Eintracht-Fans in die Maschen des CFC-Tores. Schade, daß der erste Fehler gleich so hart bestraft wurde. Nach der glücklichen Führung der Hausherren wackelte der CFC etwas und hätte sich nur 2 Minuten später beinahe das 0:2 eingefangen. Erneut war Mazingu auf und davon gestürmt, allerdings hob er den Ball sowohl über Süßner als auch am langen Pfosten vorbei. Spätestens nach diesem "Riesen" war die blaugelbe Führung auch verdient. Der CFC brachte kurz vor der Halbzeit noch einmal Ordnung in sein Spiel und hatte nach einem schicken Solo des stark aufspielenden Fillingers und dessen gefährlichen Distanzschuß erneut den Ausgleich vor den Augen.

Zur Halbzeit konnte dann die höchstwahrscheinlich längste BoWu der Liga angetestet werden, welche ihren Namen "Riesen-Bockwurst" sehr zu Recht trägt. Preis/Leistung schienen mit 2,50 Törö angemessen zu sein. Lediglich die halbierte Toastschnitte kam sich auf der Pappe ziemlich einsam vor und fürchtete sich doch recht arg vor der überlangen, neben ihr liegenden Wuuuurst.

Zweite Halbzeit - gleiches Bild. Der Club im Vorwärtsgang gegen überwiegend harmlos agierende Hausherren. Immer wieder kamen aus dem Mittelfeld über die fleissigen Zivic, Meißner und Taljevic gute Ideen und Zuspiele in die Spitze. Besonders Rolleder hatte beste Möglichkeiten (52.,68.,71.,79.), den mehr als verdienten Ausgleich sowohl per Fuß als auch per Kopf zu markieren. Vielleicht lag es auch an seinem Kopfverband, den er nach einem Zweikampf aus der ersten Halbzeit angelegt bekommen hatte, und der den "Hooligan" in seiner Zielgenauigkeit irritierte. Der berühmt-berüchtigte Schiedsrichter Gagelmann trug dann seinen Anteil zur Spielbelebung bei, als er auf beiden Seiten für unverständliche Entscheidungen sorgte und als Krönung des Ganzen von der 58. bis zur 78. Minute vier gelbe Karten ausnahmslos an CFC-Spieler verteilte. Bei einer dieser merkwürdigen Entscheidungen flog dann ein Bierbecher über den Gästezaun, der einen ordnenden Fleischberg nur knapp verfehlte. Schlecht für den Werfer, denn Braunschweig ist dafür bekannt, daß Ordner und Polizei sehr einsatzfreudig sind. So kam es dann auch zum erwarteten Gerangel hinter dem Gästeblock, bei dem auch der Knüppel aus dem Sack geholt wurde und kein Unterschied zwischen weiblichen und männlichen CFC-Anhängern gemacht wurde, bis der himmelblaue Pulk wieder im Gästekäfig eingepfercht war. Andererseits, und dies gilt für die eigene Nase, hätte man ja auch dem Spiel der Himmelblauen fröhnen und die Förster im 'Wald' stehen lassen können. Zurück zum Spiel: Die Hausherren tauchten während der 2. Halbzeit genau zweimal gefährlich vor dem Chemnitzer Tor auf - einmal durch Lok-Oldie Rische und ein zweites Mal durch Mazingu, der in der 79.min knapp an Süßner scheitert. Die Schlußminuten gehörten allein dem CFC, der jetzt sogar Eisen-Karl nach vorn warf, und Süßner bis zur Mittellinie aufrücken ließ. 5 Minuten vor Ultimo zappelt das Netz bei einem Schuß von Simic - allerdings nur von außen. 3 Minuten vor Ultimo wühlt sich Karl durch die Abwehr und wird böse von hinten umgetreten - bleibt liegen - Gagelmann pfeift und gibt Gelb, allerdings für Ahlf, der den folgenden TSV-Konter mit einem leichten Rempler unterbunden hatte. "Wuschi" Rohde tobte bei dieser Szene wie wild an der Seitenlinie herum. 1 Minute vor Schluß trifft Taljevic nach einer herrlichen Einzelaktion aus ca. 20m nur den Pfosten - aber es sollte einfach nicht sein! Nach 92 gespielten Minuten beendet Gagelmann die Braunschweiger Leiden und pfeift die Partie ab.

Schade, schade, schade - ein bärenstarker Auftritt des CFC und trotzdem keine Punkte für's himmelblaue Sammelalbum. In den Gesichtern der CFC-Spieler war die Enttäuschung über die vergebenen Chancen mehr als deutlich abzulesen. Selbst aufmunternde Worte konnten am Zaun nicht so richtig trösten. Der CFC-Coach brachte es in seiner unverwüstlichen Berliner Art korrekt auf den Punkt, als er trocken meinte "Scheiße war's...". Jawohl, Herr Rohde - da gibts nix hinzuzufügen. Nach dem Abflaggen durfte sich der CFC-Anhang noch einer 20minütigen Ausgangssperre erfreuen, welche mit aufgeregten Polizeihunden ohne Beißkorb und einem Polizei-Obristen, der dies auf Nachfrage hin "...auch ganz gut fand", braunschweig-typisch umrahmt wurde.

Fazit: Bei diesem Auftritt war eindeutig mehr drin. Die in dieser Saison vor allem bei Auswärtsspielen schwer beeindruckende Kaltschnäuzigkeit vor dem gegnerischen Tor fiel heute komplett aus. Mit der Effizienz aus Uerdingen oder Neumünster hätte der CFC in Braunschweig als 3:1 oder 4:1-Sieger vom Platz gehen können. Andersherum mag es vielleicht ausgleichende Gerechtigkeit gewesen sein, denn der CFC hat bei seinen diesjährigen Reisen sein Glückskonto schon arg strapaziert. Durch den gegenwärtigen Platz im tabellarischen Niemandsland fällt die Niederlage auch nicht sonderlich ins Gewicht - im Gegenteil, vielleicht war es für einige unverbesserliche Chemnitzer Phantasten der rechte Warnschuß, zu allererst an das Einsammeln der nötigen 42 Punkte zu denken. Sehr gefallen konnte heute der vorgetragene himmelblaue Spielfluß, mit dem der Club durchaus in der Lage sein sollte, seinen gegenwärtigen Tabellenplatz zu untermauern.


Wertung: 2

Beste Himmelblaue: Fillinger, Taljevic, Zivic

Pressestimmen

Braunschweiger Zeitung
Geglücktes Krüger-Debüt baut die Psyche auf [..] Letztlich geht der Eintracht-Sieg vor 8300 Zuschauern aber in Ordnung, da sich die verunsicherte Mannschaft mit allen Mitteln den Erfolg erarbeitete und sich zu keiner Zeit von den robusten Chemnitzern, allen voran der Ex-Braunschweiger Stefan Meißner, beeindrucken ließ. Ein Aufwärtstrend ist deutlich erkennbar.

23. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2003/2004
Samstag, 20. März 2004, 14:00 Uhr
Stadion an der Hamburger Straße, Braunschweig
Zuschauer: 8.300
Schiedsrichter: Gagelmann (Bremen)
Eintracht Braunschweig
T Stuckmann
A Wegner
A Küpper
A Grimm
A Jansen (67. Thomas)
M Mazingu (90. Fuchs)
M Lieberknecht
M BickGelbe Karte
M Rodrigues
S Sümnich
S Rische (87. Karp)

Trainer: Krüger
Chemnitzer FC
T Süssner
A KarlGelbe Karte
A AhlfGelbe Karte
A Gillert
M FillingerGelbe Karte
M Zivic
M TaljevicGelbe Karte
M Wächtler
M MeissnerGelbe Karte (80. Simic)
S RollederGelbe Karte
S Oeiras (63. Schindler)

Trainer: Rohde
Tore
1:0 Sümnich (30.min.)