Zu spät aufgewacht
von Frank Neubert
Der berühmte Satz mit 'x' - das war wohl nix. Der Chemnitzer FC ist in der ersten DFB-Pokalrunde beim Drittligisten Karlsruher SC glanzlos mit 1:2 ausgeschieden. Eine logische Fortsetzung des verpatzten Saisonauftaktes? Nein - nicht ganz - etwas mehr...
Die Vorzeichen für die Partie im Wildparkstadion waren einfach anders, denn Christoph Franke packte im Laufe der Woche seine Dreier-Abwehr-Kette ein und dafür Laude als Libero wieder aus. Holetschek rückte als Ballverteiler ins Mittelfeld um den Angriff zu unterstützen. Für die Verletzten und viel gescholtenen Tetzner und Oswald kamen Kluge und Kujat zum Zuge. Kurz und gut - die Mannschaft wurde ziemlich umgekrempelt und ließ auf einen anderen, besseren CFC hoffen. Allemal Grund genug, sich auf den Weg nach Baden zu machen, um den himmelblauen Machern live auf die Finger, oder besser gesagt: auf die Füsse zu schauen...
Endlich angekommen und 10 DM gelöhnt, tummelten sich im Chemnitzer Block ca. 60 Unentwegte, welche auch zu Spielbeginn noch sangesfreudig ihre Anwesenheit bekundeten. Doch die allgemeine Vorfreude legte sich schnell und machte inneren Unbehagen Platz. Der KSC hatte keine Lust auf Aufbauhilfe Ost und kämpfte feinsten Regionalligafussball, so wie es unser CFC im Aufstiegsjahr an der Gellertstrasse auch zelebriert hatte. Die umgestellte Abwehr um Laude/Bitti/Biskup kam ein ums andere Mal ins Schwimmen, aber nicht unbedingt durch eigene Fehler, sondern durch das nahezu körperlose und pomadige Mittelfeldspiel unserer Himmelblauen. Die erste Halbzeit war die leidenschaftslose Fortsetzung der bisherigen Ligapartien. Zwar wurde versucht, nach vorne zu spielen, aber ausser einigen Einzelaktionen konnte man kein geordnetes Spiel erkennen. Der Zufall regierte, und der KSC wusste dies zu nutzen (letztes Heimspiel gegen Elversberg übrigens nur 0:0). Es kam, wie es kommen musste - nach 16 Minuten ein schnell ausgeführter Freistoss - die Abwehr pennt - 1:0 für den KSC. Die neuformierte Abwehr nun erst recht verunsichert, 6 Minuten später verliert Kluge im Vorwärtsgang (durch Foul?!) den Ball, der KSC überbrückt spielend das Mittelfeld, Flanke vors CFC-Tor, der Ball segelt genau in die Lücke zwischen Laude und Biskup - 2:0 - das Entsetzen war perfekt. Und irgendwie hatte man schon jetzt das Gefühl, der Kuchen ist gegessen. Der KSC zog sich nun etwas zurück und der CFC durfte bis zur Mittellinie ungestört kombinieren, auch mal einen Steilpass probieren, aber Zählbares oder Aufstöhnenswertes kam nicht zustande. Auffälligster Akteur für mich: Peer Kluge - oft am Ball, auch mit dem Bemühen, sowohl zur Grundlinie durchzuspielen, als auch aus der Mitte in den Strafraum zu passen. Ansonsten keine weiteren Auffälligkeiten - leider...
Traurige Handy-Pausenmeldung in die Heimat: 'Macht euch auf was gefasst - der KSC schiesst uns heute ab'. Danach privates Sammeln von Erfahrungswerten - die Badener unterscheiden zwischen 'weissen' (üähh!) und 'roten' (lecker!) Bratwürsten. In der CFC-Kabine dann wahrscheinlich doch eine Gardinenpredigt von C. Franke, und Dittgen kam für Holetschek (Auswechslung soweit ok). Der Club nun offensiver und auch etwas couragierter, es wurde zumindest energischer in die Zweikämpfe gegangen und auch phasenweise Druck auf den KSC ausgeübt. Kurz nach Wiederanpfiff auch sofort Lohn der Bemühungen - Freistoss für den CFC - zu kurz abgewehrt - nach Gewusel im Strafraum trifft Erwin Skela zum umjubelten und zeitlich noch günstigen Anschlusstreffer. Sollte hier doch noch was gehen ?! Die Antwort auf diese Frage wird den jungen Hardcore - Fan vom ergrauten und leidgeprüften Langzeitfan trennen - Nein! - irgendwie ging trotz eines besseren CFC's nichts mehr. Man hatte einfach das Gefühl, das der Club mit seiner Steigerung auf mittelmässiges BL2-Format den KSC nie ernsthaft gefährden konnte. Der KSC brauchte schließlich als mit 2:1 führender Regionalligist nur auf Konter zu lauern, das Spiel an sich musste schon der CFC machen. Die Jungs taten es auch - aber als 11 Einzelspieler. Es kamen nur sehr wenige durchdachte Szenen oder mit Blick für den Nebenmann durchgeführte Aktionen zustande. Einzig die erhöhte Laufbereitschaft und ein verstärkter Kampfeswille kann den Himmelblauen gutgeschrieben werden. Die Fans ergötzten sich an Liedgut wie 'Und schon wieder keine Stimmung KSC' oder 'Wer nicht hüpft, der ist ein Aue-Fan'. Chancen zum Ausgleich waren trotz allen vorhanden - Krupnikovic oder Dittgen vergaben leider. Später dann die Auswechslung vom kaum in Erscheinung getretenen Awdic gegen einen den blassen Part nahtlos übernehmenden Ivankovic. Das Letzte Aufbäumen mit aufgerücktem Toni Ananiew - es blieb nutzlos - der CFC hatte die Partie vor allem in der ersten Halbzeit verloren. Wobei die theoretische Frage jederzeit erlaubt sei, ob beim Pausenstand von 0:0 der CFC in der zweiten Halbzeit ähnlich offensiv hätte agieren können. Die Spieler bedankten sich nach dem Abpfiff beim mitgereisten Anhang - und irgendwie hatte man auch das Gefühl, die Jungs haben momentan Alles zur Verfügung stehende gegeben - nur, es reicht eben nicht...und DAS stimmt traurig...
Tja, was bleibt?! Der zu anfangs erwähnte verpatzte Saisonauftakt - er hat mit dem Pokalausscheiden seine trübe Fortsetzung gefunden - und leider auch die Frage aufgeworfen, ob wir mit der Rückkehr zum alten Libero-System besser dastehen?! Ich denke 'ja', da die Mannschaft letztes Jahr auch so gespielt hat. Und das zeite Jahr ist immer schwerer - keine Phrase, sondern Realität. Fakt ist nur - welches System auch immer - Christoph Franke sollte sich schnell entscheiden, viel Zeit zum Experimentieren haben wir nicht mehr. Der Mannschaft muss einfach Selbstvertrauen, Kontinuität und unerschütterlicher Kampfgeist vermittelt werden. Es wäre jammerschade, wenn diese Saison dazu führt, das wir auswärtige Autokennzeichen wie ANA, DL oder STL nächtes Jahr beim wiederaufgestiegenen KSC nicht mehr begrüssen könnten...
Wertung: 4
Beste Himmelblaue: Kluge, Skela