Die Lilien erblühen lansgam aber stetig
von Erik Büttner
Sich im gesicherten Mittelfeld der Dritten Liga festigen, das ist das Ziel des SV Darmstadt von 1898 für die aktuelle Spielzeit. Einen Grundstein haben die Lilien bisher schon gelegt und das trotz vieler Ab- und Neuzugänge.
Die letzte Saison
Mit Rang 14 und sicheren 10 Punkten Abstand zu einem Abstiegsplatz schloss der SV Darmstadt 98 die vergangene Saison ab. Damit waren die Lilien zwar knapp der schlecht platzierteste Aufsteiger, dennoch dürfte man in Hessen zufrieden mit dem Erreichten gewesen sein, schließlich war das Ziel auch der Klassenerhalt. Die Darmstädter sammelten zwar nicht im Überfluss Punkte, sie holten aber ihre Zähler immer, wenn es drohte eng zu werden. Und so hielten sich die Lilien zwar immer in der Nähe der Abstiegsplätze auf, aber gerieten nicht wirklich in Abstiegsgefahr, auch weil am Ende noch mal eine kleine Schippe drauf gelegt werden konnte.
Der Start verlief zunächst holprig. Aus den ersten 3 Spielen wurde nur ein Punkt geholt, allerdings waren die Kontrahenten mit Sandhausen, Aalen und Osnabrück auch echte Ligaschwergewichte. Es folgten 7 Punkte aus den nächsten 3 Spielen und der zwischenzeitliche Sprung auf Rang 9, der besten Saisonplatzierung. Es schlossen sich 3 Niederlagen an und dann zwischen Spieltag 14 und 19 auch mal 6 ungeschlagene Spiele. Dann aber kam auch wieder ein Einbruch: nur 3 Punkte durch einen Sieg in den nächsten 6 Begegnungen. Mittlerweile war März und Darmstadt legte seinen Grundstein für den sicheren Klassenerhalt. In den letzten 10 Partien gab es nur 1 Niederlage, die jedoch beim Abstiegskonkurrenten Jena.
Fundament für die zufriedenstellende Leistung waren die Heimauftritte. Immerhin fast die Hälfte der Heimspiele wurde gewonnen (9), nur 4 verloren. Auf fremden Plätzen können die Südhessen jedoch noch zulegen. Nur 3 Siege wurden den jeweiligen Hausherren abgetrotzt, dafür war aber 9x die Reise umsonst. Beide Werte liegen leicht unter dem Ligamittel. 51 geschossene Treffer sind recht beachtlich, 47 kassierte Tore sind Mittelfeld. Hin- (24 Punkte) und Rückrunde (25 Punkte) verliefen fast gleich.
Im DFB-Pokal war Darmstadt nicht dabei. Im Landespokal Hessen scheiterten die Lilien in Offenbach mit 7:8 nach Elfmeterschießen am späteren Pokalsieger und müssen in diesem Jahr wieder zuschauen.
Delegierungen für diese Saison bislang
Darmstadt vollzog im Sommer einen kleinen Umbruch. 12 Spieler verließen den Verein, dafür kamen 11 neue.
Unter den Abgängen finden sich zu dreiviertel Spieler, die in der vergangenen Saison eher der 2. Garde oder ganz der Kategorie „Bankdrücker“ angehörten. Mittelfeldmann Jonas Grüter (26/nach Eschborn) und Torwart Thomas Bromma (19/zu Wehen Wiesbaden II) kamen nur auf 2 bzw. gar keinen Einsatz. Die Verteidiger Marko Kopilas (28/ unbekanntes Ziel), Markus Brüdigam (26/nach Aschaffenburg), die Mittefeldspieler Henry Onwuzurike (32/unbekanntes Ziel), Sascha Amstädter (34/zurück zu Wehen Wiesbaden), Matthias Heckenberger (29/unbekanntes Ziel) sowie die Stürmer Dimitry Imbongo Boele (22/in die USA zu New England Revolution) und Oliver Heil (24) wurden von Lilien-Trainer Costa Runjaic aussortiert. Heil war aber mit 25 Einsätzen (4 Tore) vor allem in der Rückrunde Stammspieler, nun schloss er sich dem SV Babelsberg an. Mittelfeldspieler Christopher Hübner (25) kam zu 19 Einsätzen, ging nach einem Jahr in Südhessen zu seinem Heimatverein Wehen Wiesbaden zurück. Der auch in Chemnitz diskutierte Kevin Wölk (27/Mittelfeld) fand in Darmstadt ebenfalls nicht sein Glück und zog nach knapp einem Jahr mit unbekanntem Ziel von dannen. Auch er zählte zu den Stammspielern, erzielte in 27 Spielen 5 Tore. Mit Fouad Brighache (30) verlieren die Darmstädter ihren Dauerbrenner an Eintracht Trier. Der Verteidiger war in allen 38 Partien am Ball. Ein Angebot zur Vertragsverlängerung schlug Brighache aus, Trainer Runjaic war darüber aber noch nicht mal richtig traurig, vermutlich weil Brighache ein nicht unerheblicher Kostenfaktor war.
Die 11 Neuzugänge sind eine Mischung aus jungen Talenten und erfahrenen Hasen. Prominentester Zugang ist sicherlich der Brasilianer Elton da Costa (32), der aus Offenbach nach Darmstadt kommt. Für den OFC erzielte er im vergangenen Jahr in 24 Spielen 7 Tore, die Kickers ließen aber den endenden Vertrag weitgehend kampflos auslaufen. Nun soll da Costa also das Lilienspiel lenken und leiten. Michael Stegmayer (27), in den letzten 2 Jahren zur Stammformation Unterhachings gehörend, kam für die Verteidigung. Mittelfeldspieler Sebastian Zielinsky (24) hatten wir in der Liste der Abgänge unseres letzten Gegners Burghausen. Ugur Albayrak (24) kommt von Eintracht Frankfurt II, war dort als Joker im Angriff gesetzt. Ende letzter Woche verpflichteten die 98er Kascper Tatara (24) und Benjamin Gorka (28). Der Pole Tatara kommt aus der 3. Liga Polens von Chojniczanka Chojnice und soll den Sturm verstärken. Gorka, im letzen Jahr für Aalen nur sehr selten am Ball, soll die Verteidigung stärken. Beide gaben gegen Münster ein starkes Debüt. Benjamin Maas (23) kommt von der Fürther Reserve. Dort spielte er sich im letzten Jahr in die Stammverteidigung. Marc Schnier (21) wurde von Borussia Dortmund II für die Verteidigung engagiert. Beim BVB hatte er sich zum Saisonende in den Stamm gespielt und gilt als Perspektivspieler. Musa Karli (22) spielte in den letzten 3 Jahren in der Stammformation des SV Wilhelmshaven und hatte seine Position im offensiven Mittelfeld. Der defensive Mittelfeldakteur Hanno Behrens (22) kommt aus der II. Mannschaft des Hamburger SV, gehörte dort eher zur Ersatzgarde. Mit dieser Rolle wird er wohl auch in Südhessen zunächst leben müssen. Felix Martin (19) stammt aus der eigenen Reserve und wird wohl zunächst gleiches bleiben.
Der Trainer
Nach wie vor hat Kosta Runjaic (41) das sportliche Sagen in Darmstadt. Er trat sein Amt am 23.03.2012 an, führte die Lilien in die 3. Liga und hielt sie dort. Runjaic füllt neben der Cheftrainerfunktion auch das Amt des Sportmanagers aus. Sein Assistent ist Tuncay Nadaroglu (38), der auch Teammanager ist und als Spieler schon für Darmstadt aktiv war.
Die Mannschaft
Die Position im Tor spielt weiterhin der 27-jährige Jan Zimmermann, der auch Mannschaftskapitän ist. In der Abwehr bildeten in den ersten drei Spielen Christian Beisel (29), Andreas Gaebler (28) und Neuzugang Michael Stegmayer (27) das Gerüst. Cem Islamoglu (31) verlor seinen Stammplatz zunächst an Neuzugang Gorka. Im Mittelfeld spielten sich die Neuzugänge da Costa und Zielinsky sofort in die Startelf. Dazu kommen Uwe Hesse (24), Benjamin Baier (24) und Danny Latza (22), die auch schon im letzten Jahr feste Größen in Darmstadt waren. In der Abteilung Attacke hat Trainer Runjaic noch nicht seine Formation gefunden. Hier kämpfen der Amerikaner Preston Zimmerman (23), Neuzugang Ugur Albayrak, Rudi Hübner (26) und jetzt auch Neuzugang Kacper Tatara um einen Platz in der Stammelf. Alle 4 konnten sich mit Toren noch nicht empfehlen, Tatara aber nach seiner Einwechslung gegen Münster mit der Vorlage zum zwischenzeitlichen 2:0 für Darmstadt gegen Münster (2:1). Die bisherigen Tore erzielten übrigens Hesse (Mittelfeld) und Gaebler (Abwehr).
25 Spieler inklusive dreier Torhüter hat der SV Darmstadt im Kader die im Schnitt 25,1 Jahre alt ist. Die Lilien sind also eine eher erfahrenere Mannschaft. In der Stammformation setzt Runjaic vor allem in der Defensive auf Erfahrung, während die Mannschaft nach vor hin eher jünger wird.
Die aktuelle Saison
Der Saisonauftakt verlief für den SV Darmstadt 98 nicht so schlecht, wenn vielleicht auch nicht wie erwartet. Gegen Unterhaching hatten sich die Lilien sicher etwas mehr als ein 0:0 ausgerechnet, konnten aber am Ende mit dem Punkt noch zufrieden sein. Enttäuschend sicher auch die 0:2-Pleite in Babelsberg, wo Darmstadt vor allem in der Offensive zu wenig gelang. Doch das egalisierte der nicht unbedingt erwartete und vielleicht auch ein wenig glückliche 2:1 Sieg gegen den bis dato amtierenden Spitzenreiter aus Münster. Darmstadt kommt damit als 11. zum 13. nach Chemnitz.
Das Umfeld
Die Fußballbegeisterung ist in den zurückliegenden Jahren deutlich gestiegen. Der Schnitt von 2.411 in der Regionalliga 2009/2012 legte in der Aufstiegssaison um 2.000 auf 4.333 und in der letzten Drittligasaison noch mal um knapp 2.000 auf 6.100 zu. Das brachte in der Zuschauertabelle immerhin den 6. Rang. Jedoch muss man feststellen, dass die Zuschauerzahlen im Laufe der Saison eher rückläufig waren. Während in der Aufstiegseuphorie in den ersten drei Partien noch je über 8.000 ans Böllenfalltor kamen, pendelten sich die Zahlen dann eher unter 6.000 ein, auch sehr abhängig von der Attraktivität des Gegners. Herausragend waren natürlich die 15.000 im Hessenduell gegen Offenbach. Der Trend setzt sich in diesem Jahr fort: Gegen Unterhaching war das Interesse mit 5.300 noch etwas verhalten, gegen Münster waren dann schon 6.200 da.
Wie in Chemnitz gibt es auch in Darmstadt eine Diskussion um das Stadion. Das 1920 errichtete Stadion muss dringend saniert oder ersetzt werden. Bereits seit 6 Jahren diskutiert man in Südhessen um die Zukunft. Viel mehr, als ein paar Anpassungen an die Anforderungen der Dritten Liga wie die Aufrüstung der Flutlichtanlage, ist aber noch nicht passiert. Aktuell wird eine Machbarkeitsstudie zu einem Um- oder Neubau erstellt, deren Ergebnisse Ende des Jahres vorliegen sollen.
Geführt wird der SV Darmstadt von 1898, der neben Fußball auch Basketball, Judo, Leichtathletik, Tischtennis und Wandern anbietet, von einem 5-köpfigen Präsidium, deren Chef seit 2007 Hans Kessler (63) ist. Der Unternehmensentwickler hatte den SV Darmstadt zusammen mit vielen guten Geistern 2008 vor der Insolvenz bewahrt und zurück in erfolgreiche Zeiten geführt. Nun will er sich zurückziehen und daher auf der im September geplanten Präsidiumswahl seinen Vize Rüdiger Fritsch als Nachfolger vorschlagen. Kessler wird in den Verwaltungsrat wechseln, sollte ihn die Vereinsführung dahin berufen.
Der Etat für den Lizenzspielerbereich liegt in Darmstadt laut liga3-online.de bei 2,2 Mio. EUR und damit im hinteren Mittelfeld der Liga. Als Hauptsponsor agiert die international tätige Software AG, dahinter stehen 2 Energiekonzerne und die lokale Sparkasse sowie natürlich eine lange Reihe heimischer Unternehmen als Geldgeber.