Pokal-Dienstreise in den Zwickauer Nordosten …
von Timo Görner
… gegen den ESV Lok Zwickau, der sein Domizil im Stadtteil Marienthal für 1 Spiel gegen das neue Zwickauer Stadion tauscht. Aktuell in der 7. Liga des DFB beheimatet, ist man krasser Außenseiter gegen den 4 Ligen höher agierenden CFC. Da der Pokal aber zuweilen seine eigenen Gesetze hat, ist höchste Konzentration angebracht.
Kleiner Rückblick in die Geschichte unseres Gegners:
Der Gesamtverein wurde im März 1947 damals als "BSG Lok Zwickau" aus der Taufe gehoben, unschwer zu erkennen, dass die damalige Reichsbahn in Zwickau der Trägerbetrieb war. Begonnen wurde mit den Sportarten Fußball, Turnen und Kegeln. Heute sind beachtliche 15 Sparten im Verein beheimatet. Damit kann man sich bis heute als der wohl vielfältigste Sportverein der Muldestadt bezeichnen. Vorgänger der damaligen Betriebssportgemeinschaft Lok war der "VfL Reichsbahn Zwickau", dessen Geschichte mit dem Untergang selbiger 1945 auch zu Ende war.
Zu DDR-Zeiten bewegte sich die BSG Lokomotive zwischen Bezirksliga und Bezirksklasse, zur damaligen Zeit die 3. und 4. Liga des DDR-Vereinsfußballs. Highlight dieser Jahre war der Gewinn des Bezirkspokals 1987, der zur Teilnahme am FDGB-Pokal berechtigte. So durfte man sich im gleichen Jahr dort mit der SG Dynamo Dresden vor der bis heute bestehenden Rekordkulisse von 3.000 Zuschauern messen und unterlag achtbar nur mit 2:4 nach gutem Kampf und Spiel. Nach dem Ende des real existierenden Sozialismus und der Wiedervereinigung formierte man sich neu, nunmehr als "Eisenbahnersportverein Lok Zwickau". Konnte dabei auf stabile Strukturen zurückgreifen und sich in der Abteilung Fußball bis 2000 in der Bezirksliga behaupten. 2012 gelang aus der Kreisoberliga der Aufstieg in die Landesklasse West, der ehemaligen Bezirksliga und damit die Rückkehr in die heutige 7. Liga. Hier konnte man sich etablieren und zeitigte mit den Rängen 5,6 und zuletzt 3 sehr achtbare Platzierungen.
Die vergangene Saison unseres Gegners:
Mit Rang 3 konnten sich die Zwickauer in der abgelaufenen Landesklassen Saison der West-Staffel aus den Vereinen des Vogtlandes, Zwickau, Raum Aue, Chemnitz und Teilen des Mittleren Erzgebirgskreises erneut behaupten und sogar in das Spitzenfeld spielen. Nur dem Staffelsieger FC Lößnitz 1910 und der SG Handwerk Rabenstein musste man den Vortritt lassen. Die Lok-Kicker erwiesen sich daheim und auswärts als ausgeglichen, sprich jeweils sehr gut. Dabei begann der Start holprig mit einem 0:0 gegen Rabenstein und einer 1:2- Niederlage in Schneeberg gegen Concordia. Dazu musste man im Sachsenpokal bereits in Runde 1 beim damaligen höherklassigen Sachsenligisten Chemie Leipzig (0:2) die Segen streichen. Spieltag 3 sah den ersten Sieg gegen den BSV Gelenau, folgend mit der 2. Pleite beim vogtländischen SV 1903 Kottengrün (1:3). Machte 4 Punkte aus den ersten 4 Spielen, nicht gerade verheißungsvoll. Bis zur Winterpause wurde sich aber gesteigert, es gab nur noch 2 Schlappen. Beide in Chemnitz beim mittlerweile in der 7. Liga gelandeten VfB Fortuna (1:4) und in Rabenstein (0:2). Dagegen standen 9 Siege, deutlich zu Hause gegen den TSV Crossen (5:0), Eiche Reichenbrand (4:0) oder Burkhardtsdorf (3:0). Einen möglichen Sturm auf Rang 1 mit Chancen für die Landesliga verdarb letztendlich ein erneut stotternder Start, diesmal mit nur 1 Punkt aus den ersten 3 Begegnungen. Kottengrün (1:2) holte sich den Dreier in Zwickau, in Gelenau (3:4) gab es auch keine Punkte. Der "Rest der Saison" war "Sekt oder Selters", bis auf das 2:2 gegen die Mannschaft von der Chemnitztalstrasse wurde entweder gewonnen oder verloren. Herausragend die Spiele beim VFC Plauen II (5:2), in Reichenbrand (4:0), gegen den SV Meerane (3:0) und zum Abschluss gegen Absteiger Germania Chemnitz (6:0). Ärgerlich die Heimpleite gegen Motor Marienberg (0:1). Am Ende standen 58 Punkte aus den 30 Spielen, 16 mehr als im Vorjahr. Mit 73 Toren die zweitbeste Offensive der Staffel, ein Plus von 29 Treffern zu 2014/2015.
Der Trainer:
Trainer der 1. Mannschaft ist Bernd Eichenmüller (60), ein verdienstvoller ehemaliger Lok-Kicker. 1987 Mitglied der Mannschaft im FDGB-Pokal gegen die SG Dynamo Dresden mit ihren Nationalspielern, zweimal aufgestiegen in die Bezirksliga 1978 und 1985. Nach einem kurzen Ausflug als Coach des SV Affalter die Rückkehr an die alte Wirkungsstätte mit einer sehr erfolgreichen ersten Saison 2015/2016 und Platz 3.
Die aktuelle Saison:
Verläuft bislang eher durchwachsen, nach 6 Spielen befindet man sich im "Niemandsland" der Tabelle bei bislang 8 Punkten und Rang 9 in der 16er Staffel. 2 Siege, 2 Remis und 2 Niederlagen bei 11:10 Toren sind die Bilanz. Gelungen der Start gegen Crossen beim 2:1, folgend ein herber Dämpfer beim "Angstgegner" VfB Fortuna Chemnitz (0:3). Gut die Reaktion gegen Oelsnitz beim 4:0, der letzte Sieg bislang auf Punktspielebene. Beim Ausflug nach Olbernhau (2:2) wurde erneut gepunktet, ebenso wie am vergangenen Wochenende gegen den SV Tanne Thalheim (1:1). Nicht gegen Gelenau (1:2). Erfolgreicher läuft es im Sachsenpokal nach den beiden Siegen gegen den Bornaer SV mit 2:1 n.V. aus der Nord-Staffel und 4:1 gegen Staffelrivale SV Kottengrün. Lohn ein attraktives Los im Achtelfinale mit dem Chemnitzer FC. Zu toppen wohl nur mit dem Ortsderby gegen den FSV Zwickau.
Die Mannschaft:
Im Tor ist Richard Weber (32) die klare Nr. 1 und wurde in allen bisherigen Punktspielen aufgeboten. Beim 4:1 im Landespokal gegen den SV Kottengrün wurde er von Jörg Oettler vertreten. In der Abwehr haben sich in den bisherigen Landesklassen-Spielen Florian Bräu (29), Kapitän Michael Blechschmidt (29), Ralf Köppel (29) als Gerüst erwiesen. Weitere nominelle Abwehrspieler sind zudem mit Felix Matthaeus (20) und Tobias Flämig (19) zwei junge Kicker. Bräu konnte sich einmal als Torschütze feiern lassen. Im Mittelfeld haben Steven Kretschmar (29), Christian Rödel (29), Sven Schönherr (22), Maximilian Jentzsch (21), Marius Catterfeld (23) die Nase vorn. Herausragender Akteur im Angriff ist Ferenc Asseth (25) mit bereits 4 Treffern in dieser Saison. 3 steuerte Aslan Azimi (24) bei. Marcus Balg (29) konnte hingegen noch keinen Treffer verbuchen. Dahinter kommen mit Philipp Mitzscherling (24) und Othman Khibry (19) zwei "Pokal-Helden", die es auf je 2 Tore in den Erstrundenspielen gegen Borna und Kottengrün bringen. Alles unbekannte Namen für den Fanpage-Leser. Allerdings auch kein Grund zur Geringschätzung.
Das Umfeld:
Heimstätte der Fußball-Abteilung ist das Sportzentrum Marienthal im gleichnamigen Stadtteil im Nordosten Zwickaus. Bis 2010 war es neben dem Rasenplatz die sog. "Scheibe" als Hartplatz, welche den Kickern zur Verfügung stand. In diesem Jahr wurde dann auf dem Gelände des Ersteren ein Kunstrasen aufgezogen. Eigentümer der Anlage ist wie beim Stadion des FSV Zwickau in Eckersbach die Stadt Zwickau. Der ESV Lok ist Pächter. Auf den Trikots ist das Logo der Zwickauer Grundstücks – und Gebäudegesellschaft GGZ aufgetragen. Als Hauptsponsoren fungieren neben der VW Sachsen GmbH eine bekannte Zwickauer Privatbrauerei mit Sitz an der Talstraße sowie wie beim CFC die örtliche Sparkasse. Als darunter gebuchter "Premiumsponsor" fungiert u. a. ein Online Versand für Trabant-Ersatzteile. Zu den ersten 3 Punktspielen kamen insgesamt 270 zahlende Besucher, mit dem größten Andrang von 130 im Zwickauer Ortsderby gegen den TSV Crossen. Oelsnitz und Gelenau wollten 70 sehen. Da die Verantwortlichen die Anlage in Marienthal für ungenügend zum Sachsenpokal-Spiel gegen den CFC befanden, muss man ins neue Zwickauer Stadion des Lokalrivalen FSV. Das konnte aber erst nach ausgehandelten günstigeren Konditionen mit Aufsichtsrat und Stadion-Betreibergesellschaft sicher gemacht werden. Lok erwartet zum Pokalspiel rund 1.000 Zuschauer, einschließlich der himmelblauen Gäste. Neben der 1. und 2. Männermannschaft nehmen beachtliche 11 Teams aus dem Nachwuchsbereich am Spielbetrieb teil, in der D – und F-Jugend kann man eine II. Mannschaft aufbieten, in der E-Jugend sogar eine III. Dazu kommen 2 Damenmannschaften, 1 davon im Punktspielbetrieb. Aktuell sind 15 Sportarten unter dem Dach des ESV Lok ansässig, mit 2.252 Mitgliedern – damit ist man die Nr. 1 in Zwickau noch vor dem FSV – und 146 Übungsleitern. Geschäftsführer ist mit Daniel Fugmann ein Ex-Spieler, Präsident Roland Stangenberg.
Abschließend ein großer Dank an Stephan Hempel, den Abteilungsleiter Fußball beim ESV Lok, ohne den nur ein Bruchteil der Infos über unseren nächsten Gegner für uns greifbar gewesen wäre.