Die Preussen schossen schnell
von Peter Rohleder
Mit strahlendem Sonnenschein empfing Münster die angereisten CFC-Fans, die auszogen, um die mittelalterliche Stadt zumindest sportlich zu erobern. Die 1803 an Preußen gefallene Metropole des Münsterlandes wurde vom Haupttross der anrollenden PKWs aus Richtung Süden genommen, während der kleinere Teil vom Norden her zuschlug. Eine halbe Stunde vor Spielbeginn erfolgte die Vereinigung aller Kräfte, die nun lautstark, mit freiem Oberkörper oder als "in den Ecken stehende Block 3-Konsorten" (O-Ton) ihre um den Aufstieg ringenden Himmelblauen unterstützen wollten.
"Münster nagelt euch alle an die Wand" hieß es von einem langen Banner an der Nordost-Kurve der Preussen-Arena. Eine nette Begrüßung und ein originelles Wortspiel, wenn man bedenkt, daß die Arena an der Hammer Straße liegt. Zu zeigen wo der Hammer hängt, hatte der CFC offenbar aber nicht vor, denn die ersten 20 Minuten wurden von den Grünen deutlich dominiert. Da Linksverteidiger Franke ständig überlaufen wurde, und Walther auch keine große Hilfe war, drohte ständig Gefahr von dieser Position. Nach einem verunglückten Chemnitzer Freistoß erfolgte dann ein Konter, der von den Himmelblauen angeblich unfair gestoppt wurde, und dessen Ausführung in der Katastrophe endete. Flanke von rechts, erster Versuch von Peter Schyrba, Hektik, zweiter Versuch, und irgendwie wird das Leder aus wenigen Metern an Hiemann vorbeigezirkelt. Der Rest der Szene geht im Torjubel unter.
Das Erwachen schien rechtzeitig zu kommen, die Himmelblauen zeigten nun mehr Druck und Einsatz. Freistoß (21.), Mehlhorn schießt links über das Tor. 31. Minute: Schneller Angriff über links, Eingabe zum völlig frei stehenden Rainer Krieg, der aus etwa 10 Metern statt ins Tor den SCP-Keeper Jürgen berühmt schießt. Herzinfarkte en masse sowohl hüben als auch drüben. Davor in der 24. Minute die erste Eckenserie, 27. Kopfball Tchipev, 29. Schuß Meissner, alles vorbei. Und nur 4 Minuten später, halblinks 15-Meter Schuß von Ratkowski, der am rechten Pfosten landet. Kollektives Stöhnen auf den himmelblauen Rängen. In der 45. Minute dagegen hält Hiemann spektakulär gegen einen durchgelaufenen Preussen (Wilken Harf?). Das wäre das sichere 0:2 gewesen.
Die 2. Halbzeit bringt leider auch keinen Erfolg. Im Gegenteil. Als in der 46. Minute Walther einen Freistoß nahe des SCP-Strafraumes vertändelt, kann wiederum allein Hiemann den Konterangriff abwehren. Auch Tschipev und Ratkowski blieben bei ihren Dribblings glücklos. In der 55. Minute schickt Trainer Neale Marmon seine Bankdrücker zum Warmlaufen. Von diesem Zeitpunkt an bis zum Schlußpfiff drückten die Münsteraner den CFC in die eigene Hälfte, der kaum noch zu eigenen Aktionen kam. Bittermann unterliefen Anfängerfehler, Olaf Renn zog bei Zweikämpfen zurück, Fröhlich und Schmidt fehlten an allen Ecken und Enden. In der 82. Minute die erste richtige himmelblaue Chance. Mehlhorn schießt statt einer Eingabe aus spitzem Winkel (ca. 5m) den Tormann an. Mensch, Ulf!!! Vier Minuten später macht auch Göhlert alles falsch, was man nur falsch machen kann. Aus guter zentraler Position, Entfernung zum Tor etwa 15 Meter, kein Gegenspieler in der Nähe, entschließt er sich nicht zum Schuß, sondern zu einer Rennfahrervorlage für den mitgelaufenen Sportkameraden Rolleder. Das wäre es vielleicht gewesen, das 1:1.
Daß Holger Hiemann in der 91. und 92. Minute noch einmal großartige Paraden zeigte, nahmen viele der Schlachtenbummler gar nicht mehr wahr. Zu groß war die Enttäuschung ob der knappen Niederlage bei einen Gegner aus dem Tabellenkeller. Für den ging es ums Überleben, und das zeigte er auf dem Rasen. Die Sensation ist perfekt, rief euphorisch der Stadionsprecher nach dem Abpfiff und sprach noch von einem Wahnsinns-Spiel. Für Preussen Münster sicherlich. Der CFC muß sich fragen, ob nicht mal wieder Torschüsse trainiert werden müssen. Und ob eine derartig ambitionslose Vorstellung für den geplanten Aufstieg ausreicht.
Die Himmelblauen spielten, als ginge es um nichts. Kein Feuer, kein Zerreißen, keine Willenskraft. Zum Glück ist ein Abstieg in die Oberliga (fast) nicht mehr möglich.
Beste Himmelblaue: Hiemann, Ratkowski, Göhlert
Pressestimmen
Freie PresseKreativ-Abteilung einfach zu schwach - Wenn der Chemnitzer FC wirklich in die 2. Fußball-Bundesliga aufsteigen will, muss er schnellstens seine Auswärtsschwäche ablegen. [..] Das alles war zu harmlos, um den Anspruch einer Spitzenmannschaft zu untermauern. [..]
WestlineChemnitz scheitert an Preußens Power - [..] Es lag vor allem an Torhüter Michael Jürgen, dass der SCP erstmals ohne Gegentor blieb. [..] Die Orientierung verlor der schwache Schiedsrichter mit vielen merkwürdigen Entscheidungen. Am Ende zeigte er Ratkowski zum zweiten Mal die Gelbe Karte, nur er selbst bemerkte es nicht.
BILD ChemnitzCFC-Chef tobte nach 0:1: "Halbzeit zum Verbrennen" - [..] Gegen einen nervösen und spielerisch schwachen Gegner verloren die Himmelblauen 0:1. [..]
Morgenpost ChemnitzVersteckspiel über 45 Minuten böse bestraft - "Ohne Fröhlich nix los" [..] Wer aufsteigen will, der darf sich 45 Minuten lang nicht verstecken. [..] Als dort der unter der Woche fiebernde Christian Fröhlich auch noch ausfiel, da fehlte es den Chemnitz-Kickern einfach an Spielwitz. [..]
DPAPreußen Münster hat [..] den Höhenflug des Aufstiegsaspiranten Chemnitzer FC mit einem 1:0 (1:0)-Erfolg gestoppt. [..]
Kicker-OnlineSchyrba einfach überragend - [..] Nach dem Führungstor durch Abwehrchef Peter Schyrba verloren die Preußen ihre Ordnung und bekamen gegen die cleveren Gäste das Spiel im Mittelfeld nicht in den Griff. Torhüter Michael Jürgen verhinderte mit glänzenden Paraden den Ausgleich. In der zweiten Halbzeit steigerten sich die Gastgeber dann deutlich, hatten vor allem kämpferisch mehr zu bieten, doch sie vergaben eine Fülle erstklassiger Torchancen.