Ein Punkt gegen den Spitzenreiter - aber es war mehr drin
von Thoralf Wätzold
Am 34. Spieltag der Regionalliga Nord trennte sich der Chemnitzer FC vom Spitzenreiter SC Paderborn vor 2.610 Zuschauern mit 0:0. Gute Chancen auf beiden Seiten und ein verschossener Elfmeter sorgten für einen kurzweiligen Fußball-Nachmittag.
Nach der Pokal-Pleite vom Mittwoch galt es am heutigen Tag, die nötigen Punkte im Kampf um den Klassenerhalt einzufahren. Denn der Blick auf die Tabelle zeigt, dass es zwar nur ein Punkt auf Köln ist, die bereits ein Spiel mehr auf dem Konto haben, von hinten aber Werder Bremen immer näher rückt und die Gegner nicht leichter werden. Denn mit dem SC Paderborn gab der derzeitige Erstplatzierte seine Visitenkarte auf der Gellertstraße ab. Da galt es, die letzten Kräfte zu mobilisieren, um der zu erwartenden Angriffswelle stand zu halten.
Das Spiel begann munter, beide Mannschaften wollten einen Kontrast zum dunkelgrauen Wetter bilden. Und, im Gegensatz zum Pokalfinale am Mittwoch, erarbeitete sich der CFC gute Tormöglichkeiten. Zum Beispiel Pinto nach Flanke von Schmidt (11.), Schmidt mit einem Lupfer neben das Tor, nachdem er von Schindler schön freigespielt wurde (16.), Schmidt verpasst eine Flanke von Stark nur knapp (20.) und auch Kanitz versucht es aus der Distanz (31.). Im Mittelfeld zeigen Göhlert und Kanitz eine gute kämpferische Leistung, während Okeke wieder mal ein Totalausfall ist. Aber auch die Paderborner beteiligen sich am Spiel. Sie kombinierten munter bis an den Chemnitzer Strafraum, direkt zwingend waren ihre Chancen aber auch nicht immer. Nach 10 Minuten parierte Süßner einen Schuß aus 10 Metern, den Nachschuß klärte Mehlhorn auf der Linie. In der 35. Minute stand Löbe auf der linken Seite frei und schiebt den Ball aus spitzem Winkel freistehend am Tor vorbei. Spielerisch konnte man aber den Unterschied zwischen Aufstiegs- und Abstiegskampf erkennen. Während Paderborn spielerisch den Weg zum Tor suchte, ging bei Chemnitz vieles nur über den Kampf. Aber es war nicht vergebens, denn kurz vor der Halbzeit kommen noch einmal Schindler, der freistehend aus halblinker Position verzieht, und Pinto, der noch freistehender den Ball verstolpert, zu eigentlich guten Torchancen.
In der zweiten Halbzeit war dann etwas das Tempo raus. Paderborn versuchte weiter spielerisch zum Erfolg zu kommen, aber zwingende Torchancen gab es immer noch nicht. In der 63. Minute wurde es nach einem Freistoß kurz gefährlich, mehr sprang aber nicht heraus. Der CFC versuchte es nun mehr und mehr mit weiten Bällen in die Spitze, und in der 75. Minute nahm Schindler einen langen Ball auf und zog in Richtung Strafraum. In aussichtsreicher Position konnte er nur noch durch ein Foul gestoppt werden: Rote Karte wegen der Verhinderung einer klaren Torchance war die logische Konsequenz. Die Frage nur, ob das Foul innerhalb oder ausserhalb des Strafraums war. Nach Absprache mit seinem Assistenten entschied der (bis auf diese Situation) sicher und souverän agierende Schiedsrichter Seemann auf Elfmeter. Schindler fiel zwar, da er in vollem Lauf war, in den Strafraum, das Foul geschah aber eindeutig vor der Linie. Nach kurzen Protesten von Seiten der Gäste ging dann Schindler an den Punkt ... und verschießt. Schlecht geschossen, halbhoch und unplatziert, dankbar für jeden Torhüter. Paderborn konnte den Ball aber nicht aus der Gefahrenzone klären, und so kam eine Minute später nach einem Einwurf Okeke im Fünfmeterraum zum Schuß, trifft den Ball aber nicht. Die Frage, die sich in dieser Situation stellte war aber die, warum Okeke zu diesem Zeitpunkt überhaupt noch auf dem Platz stand. Denn seine Leistung war schon in den letzten Spielen äußerst schwach, heute war sie indiskutabel. Erst in der 81. Minute kamen Calicchio für den verletzten Schmidt und Meyer für Okeke. Zu spät. Vor allem Calicchio zeigte in den letzten 10 Minuten eine engagierte Leistung, kämpfte und brachte zwei Flanken gefährlich vor das Tor. Doch in der 85. Minute stand mit dem kleinen Meyer der falsche Spieler am langen Pfosten, der nicht an den etwas zu hohen Ball heran kam. Auch Paderborn meldete sich noch einmal zu Wort, diesmal wieder in Form eines Freistoßes, der lang in den Strafraum kommt und den Löbe am langen Pfosten per Kopf in die Mitte ablegt, wo sich aber glücklicherweise kein Abnehmer fand. So blieb es am Ende beim 0:0, was für beide Mannschaften zu wenig war.
In Anbetracht der letzten Spiele kann man mit dem heutigen einigermaßen zufrieden sein. So viele Torchancen und Spielanteile hatte der CFC schon lange nicht mehr in einem Spiel. Aber auch wenn man mit einem Punkt gegen den Spitzenreiter prinzipiell zufrieden sein kann, heute war eindeutig mehr drin. Aber um eben auch solch ein Spiel zu gewinnen müssen alle Spieler ihre volle Leistung abrufen. Und das hat heute (wieder mal) gefehlt. Okeke war gedanklich irgendwo anders, nur nicht auf dem Platz, auch Pinto zwar engagiert, aber harmlos. Auch Kenny Schmidt kämpfte und rannte und zeigte gute Ansätze, nur fehlt ihm einfach noch die Erfahrung. Ganz stark wieder Mehlhorn, der die Abwehr zusammen gehalten hat, Göhlert und Kanitz rackerten im Mittelfeld und auch Becker machte hinten ein gutes Spiel. Aber um den Klassenerhalt zu schaffen, müssen alle ranklotzen und auch das Nutzen der einen oder anderen Torchance wäre nicht von Nachteil. In Bielefeld heißt es jetzt, 3 Punkte zu holen, denn sonst ist der Zug in Richtung Oberliga schon leicht im Anrollen.
Wertung: 3 (munteres Spielchen, aber keine Tore)
Beste Himmelblaue: Mehlhorn, Kanitz, Göhlert
Pressestimmen
Neue WestfälischeLöbe: "Die lachen über uns" [..] SCP-Kapitän beklagt nach 0:0 schlechte Stimmung im Umfeld [..] Bei den akut abstiegsbedrohten Sachsen hatte Paderborn den möglichen Dreier bereits im ersten Durchgang verpasst. [..] "Vor der Pause hatten wir einige gute Szenen. Nachher kam nicht mehr viel", wollte Pavel Dotchev den zweiten Abschnitt nicht schönreden. "Der Unterschied zwischen dem Spitzenreiter und einem Abstiegskandidaten war nicht zu erkennen", beschrieb Chemnitz-Trainer Dietmar Demuth das ereignisarme Geschehen...
Freie PresseMoral beim CFC intakt - nur Punkte fehlen [..] Die Mannschaft zeigte eine deutliche Leistungssteigerung, bewies Moral und Kampfeswillen, wenngleich die zwei verlorenen Punkte gegen Paderborn und auch die im Spiel beim bereits als Absteiger feststehenden 1. FC Union (1:1) in der Endabrechnung vielleicht fehlen könnten. [..] Dass es am Ende nicht zum Sieg gereicht hatte, lag an jener Szene in der 76. Minute. Miodrag Latinovic zerrte als letzter Mann bei einem CFC-Konterangriff Falk Schindler am Strafraum zu Boden. Schiedsrichter Seemann zeigte auf den Elfmeterpunkt und dem Paderborner die Rote Karte. Der gefoulte Spieler schnappte sich das Leder, lief an, doch Stephan Loboué parierte den Strafstoß.
Morgenpost am SonntagToll gespielt, aber kein Tor! Schindler versiebt Elfmeter [..] So steigt der CFC nie und nimmer ab: Die Nullnummer gegen den Aufstiegsfavoriten SC Paderborn zählte zu den besten Saisonpartien der Himmelblauen!
BLICK am SonntagSchade: Schindler scheitert [..] Der CFC war die klar bessere Mannschaft und dennoch gelang kein Sieg.