Spielbericht

14. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2005/2006
FC Rot-Weiß Erfurt
FC Rot-Weiß Erfurt
1:0
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC

Erfolglose Punktejagd im Steigerwald

von Frank Neubert

Lange 6 Jahre war es her, daß man sich zum letzten Mal in einem Punktspiel gegenüber gestanden hatte - dank der Eingliederung der thüringischen Mannschaften in die RL Nord kam es nun endlich wieder zum alten Ostduell zwischen Zweitligaabsteiger Rot-Weiß Erfurt und dem Chemnitzer FC. Nachdem der Club in der Vorwoche nach dem mühevollen 1:0-Heimsieg über Werder II einen Silberstreif am Horizont zu erblicken glaubte, fuhren die Himmelblauen aus der thüringischen Hauptstadt mit hängenden Köpfen nach Hause. Trotz löblichen himmelblauen Aufwandes unterlag man den Blumenstädtern mit 0:1 und steht vor dem nächsten Heimspiel gegen Kickers Emden erneut mächtig unter Siegesdruck.

Dabei hatte der Club gut begonnen. Vom Anpfiff weg rieben sich die ca. 700 mitgereisten himmelblauen Fans verdutzt die Augen, da nicht der Gastgeber, sondern die Jungs aus Chemnitz das Geschehen auf dem Rasen bestimmten. Mit nur einer aufgebotenen Spitze - Mayer - und einem massiven Mittelfeld, wurde immer wieder versucht, den Ball in Richtung des RWE-Tores zu bewegen. Allein die letzte Konsequenz fehlte, so dass die einzigen torgefährlichen Aktionen aus zwei Freistößen von Görke resultierten. In der 23. Minute rafften sich die Hausherren zum ersten Mal auf, CFC-Keeper Süssner einen Besuch abzustatten. Schnetzler fummelte sich auf der rechten Seite gegen Kunert durch, flankte nach innen - und prompt lauerte in der Mitte das Erfurter Urgestein Hebestreit, um per Fuß zur 1:0-Führung zu vollenden. Der bisherige Spielverlauf war auf den Kopf gestellt. Mit der glücklichen Führung im Rücken kamen die Rot-Weißen besser ins Spiel und erarbeiteten sich weitere Chancen. Zwei gefährlichen Hebern (28. Brunnemann, 40. Schnetzler) konnte der Club nur einen Nachschuss von Adamu entgegensetzen, der im Gewühl der Erfurter Abwehr hängen blieb.

Schicke Choreo im Gaesteblock zu SpielbeginnMit dem 1:0 gingen die Teams in die Pause und die Fans über zur Bratwurstschlacht. Hatte man nach der hochtechnisierten, lasergestützen Ticketkontrolle am Eingang noch gedacht, bei einem Ex-Zweitligisten zu Gast zu sein, fühlte man sich aufgrund der mittelalterlichen Marktverhältnisse am Trennzaun zum Verkaufsstand im Nachbarblock eher an das Niveau eines Landesligisten erinnert. Berichte von Anmarsch- und Kampfzeiten von über 30 Minuten waren keine Seltenheit. Zweitligareif war da eher der Auftritt der CFC-Fans zu Beginn des Spieles, welche eine feine, durch die Ultragruppierungen vorbereitete Choreo aus blauen und weißen Fähnchen in beiden Gästeblöcken zustande brachten. Warum deren Überreste dann allerdings während einer ganz manierlichen weißen Nebelwand in der Blockmitte angezündelt werden mußten, wird wohl kein vernünftiger Mensch wirklich erklären können.

Demuth wechselte zur Halbzeit den schwachen Homola aus und schickte Rolleder auf den Rasen. Das chancenarme Spiel beider Teams setzte sich auch in Halbzeit 2 fort. Schuld daran war auch der kleinlich pfeifende Bundesliga-Schiedsrichter Weiner, der (zu) viele Zweikämpfe unterband. Nachdem dann auch noch Salonen für Ensrud kam, erhöhte sich zusehend der himmelblaue Druck auf das Tor von Orlishausen. Ergebnis dessen waren zwei gute Chancen für jeweils Salonen (62.) und Rolleder (69.), aber der Ball wollte nicht zum verdienten Ausgleich über die Linie rollen. Eine Viertelstunde vor Schluß folgte der nächste Aufreger: Auf der linken Seite war Kunert bei einem Vorstoß rüde von den Beinen geholt worden und Schieri Weiner zeigte dem Erfurter Mensah dafür nur die gelbe Karte. Der aufgebrachte CFC-Coach wurde daraufhin vom Unparteiischen auf die Tribüne geschickt. Vielleicht war es eine Konzessionsentscheidung von Weiner, dass er kurz darauf Süssner ebenfalls nur den gelben Karton zeigte, als er bei einer Kopf- und Kragenaktion außerhalb des Strafraums die Hand zu Hilfe nehmen musste. Den fälligen Freistoß von Schnetzler meisterte der CFC-Keeper in großer Form. Zehn Minuten vor Schluß kam dann auch noch Schmidt für den angeschlagenen Kunert, womit der CFC mit nunmehr vier nominellen Stürmern agierte. Trotz dieser geballten Offensive sollte sich keine Torchance mehr ergeben - ein Zeichen des himmelblauen Dilemmas an diesem Tage. Viel zu oft wurde trotz löblichen Aufwandes im Mittelfeld der entscheidende Pass nicht gespielt oder versucht, die kompakte Erfurter Abwehr mit hohen Bällen aus den Angeln zu heben. Kurz vor Ultimo gab es in Form einer roten Karte für Görke (87.) noch einen deftigen Nackenschlag für den Club, als der Ex-Jenaer versuchte, einen von ihm in die Freistoß-Mauer geschlagenen Ball zurückzuerobern. Zu dem Frust über die rote Karte gesellte sich kurze Zeit später auch der Ärger über den Schlußpfiff und den verpassten Punktgewinn bei einem schwachen Gastgeber.

Fazit: Der Club steckt erneut tief im Tabellenkeller der Regionalliga Nord. Die Rückkehr einiger Spieler aus dem Krankenlager hat sich bisher nicht in Punkten niedergeschlagen. Es nützt auch nichts, sich mit der durchaus ansehnlichen Spielweise bis kurz vor den Strafraum zu vertrösten. Das alte Problem der letzten Saison, die mangelhaften Tormöglichkeiten und deren Ausnutzung, ist wieder da. Wenn der CFC dieses Problem nicht schnellstens in den Griff bekommt, steht den leidgeprüften Fans die vierte Zittersaison in Folge ins Haus. Abhilfe und Luft könnte da zum Beispiel ein Heimsieg gegen den Aufsteiger aus Emden verschaffen.


Wertung: 3

Beste Himmelblaue: Kunert, Adamu

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Pressestimmen

Freie Presse
Brotlose Kunst gegen harmlose Erfurter [..] Chemnitzer FC verliert 0:1 (0:1) das Ostderby beim FC Rot-Weiß - Homola eine Zumutung [..] Der Sieg für die Gastgeber durch Hebestreit (23.), der nach einer Schnetzler-Flanke völlig unbedrängt einschießen konnte, war am Ende glücklich, jedoch nicht unverdient, weil der CFC zwar gefällig agierte, aber aus seinen Chancen nichts machte. [..] Thorsten Görke gehörte bis zur 87. Minute noch zu den wenigen Akteuren beim CFC, die die Bedeutung dieses Ostderbys im Abstiegskampf der Regionalliga begriffen hatten. [..] Dieses Engagement hätte man auch Jiri Homola gewünscht. Der Tscheche, der das Vertrauen von Trainer Dietmar Demuth erhielt, wieder von Anfang an aufzulaufen, trug - aus welchen Gründen auch immer - das Trikot lediglich 45 Minuten spazieren. Sein Auftritt war eine Zumutung, seine Auswechslung folgerichtig.

14. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2005/2006
Samstag, 22. Oktober 2005, 14:00 Uhr
Steigerwaldstadion, Erfurt
Zuschauer: 4.927
Schiedsrichter: Weiner (Giesen)
FC Rot-Weiß Erfurt
T Orlishausen
A Schnetzler
A Holst
A Bertram
A Nowak
M BrunnemannGelbe Karte (70. Robert Stark)
M Pätz (84. Scherer
M Six
M Weis (78. Kacani)
S MensahGelbe Karte
S Hebestreit

Trainer: Dotchev
Chemnitzer FC
T SüssnerGelbe Karte
A Kunert (78. Schmidt)
A Baumann
A EnsrudGelbe Karte (56. Salonen)
A Göhlert
M Stark
M GörkeRote Karte
M AdamuGelbe Karte
M Becker
S Homola (46. Rolleder)
S Mayer

Trainer: Demuth
Tore
1:0 Hebestreit (23.)