Spielbericht

5. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2002/2003
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
1:4
Hamburger SV II
Hamburger SV II

Schlimmer geht's nimmer. Oder doch?!

von Erik Büttner

Da freut man sich nun die ganze lange Woche auf das Heimspiel der Himmelblauen, bei dem man endlich mal von all den großen und kleinen Problemen für 2 Stunden abschalten kann. Was aber dann den 3316 Chemnitzern und handgezählten 18 Hamburgern geboten wurde, war einfach nur eine Frechheit. Mit 1:4 ließ sich der Chemnitzer FC zu Hause vom Tabellenletzten, den Amateuren des Hamburger SV, abschlachten.

Alles war eigentlich fast optimal. Die Sonne schien, die Südkurve war trotz ihrer kleinen Geplenkel mit der Staatsmacht recht gut drauf, präsentierte ein wohlig anzuschauendes Meer aus Doppelhaltern und Fahnen. Gesänge und Anfeuerung trieben die Jungs von Matthias Schulz (zunächst) nach vorn.
Allerdings war es wieder einmal eine Notelf, die das Grün der Fischerwiese beackern sollte. Mit Jan Schmidt und Christian Fröhlich fielen zwei aus der Stammelf verletzt bzw. gesperrt aus. Dafür konnte Ulf Mehlhorn dem Einsatzbefehl für die linke Abwehrseite wieder folge leisten. Außerdem lief Ronny König als dritter Stürmer auf. Auf der Bank saß mit Alexandas Vesovic die neuste Errungenschaft des CFC.
Der Auftakt recht flott aus himmelblauer Sicht. Chancen waren keine Mangelware, aber Demir, König und Meissner vergaben. Dann aber waren 12 Minuten gespielt und Demir angelte sich zentral einen schönen Pass, der quer über das ganze Spielfeld kam, umkurvte eine Hand voll Gegenspiel, sah in den Augenwinkeln Rainer Krieg von rechts heranstürmen und legte ihm mit einem herrlichen Lupfer auf. Und Krieg, was macht der alte Fuchs? Er legt den Ball mit der Brust am herauseilenden HSV-Torer Hillenbrand vorbei und schiebt locker ins leere Tor ein. Party auf den Rängen...
Folgend: Das alte Spiel, der CFC ließ sich zurück drängen. Die Hamburger wurden aktiver und brachten die Chemnitzer immer Mal wieder ins Schwimmen. Doch noch zeigten die Nachwuchsfußballer der Rothosen Nerven im Abschluss. Dass dies nicht gut gehen kann, ist nichts Neues. Und so kam was kommen musste. Freistoß HSV, und das auch berechtigt, wobei das Live noch ganz anders aussah. Schindler tritt an und drischt das Leder an den rechten Innenpfosten - 1:1 und Totenstille in der Arena.
Die restlich 10 Minuten wurden locker lässig runter geschaukelt. Vereinzelte Pfiffe begleiteten die Akteure in die Kabinen. Was dort geschehen mag, entzieht sich der Kenntnisse des gemeinen Fans, aber es muss wohl etwas in Richtung Hypnose oder Schlaflied gewesen sein. Jedenfalls tauchten quasi mit dem Wiederanpfiff zwei Hanseanten, von der CFC-Abwehr weitestgehend unbehelligt, vor dem Gehäuse auf, nur Hiemann konnte mit einer riesigen Parade schlimmeres verhindern.
Nun ja, nun kann man ja als himmelblauer Anhänger denken, "Gut, das war die Chance der Amateure in dieser Halbzeit." und "Immerhin bleiben noch 45 Minuten, um 3 Punkte einzufahren.". Was sich aber nun auf dem Rasen abspielte, war einfach nur Fußball der übelsten Sorte. Stockfehler, Unvermögen, Eigensinn und sonstiges hüben wie drüben. Der Mann in Grün tat sein übriges dazu und hatte es gemeinsam mit seinem Assistenten auf der Tribünenseite nun endgültig geschafft, die ganze Himmelblaue Schar gegen sich aufzubringen.
So plätscherte das Spiel vor sich hin, die Flüche auf den Rängen waren nicht zu überhören und irgendwie konnte man schon ahnen, dass das heute nix Großes mehr wird. Aber es kam noch schlimmer. Die Hamburger hatten wieder einmal eine Lücke in der CFC-Deckung gefunden, Pass von links in den Strafraum, Jubel auf dem Feld unter den Rotbehosten, lange Gesichter unter dem Rest im Stadion. Timo Görner hatte es in seinem Vorbericht angekündigt: Marinus Bester macht in jedem Spiel ein Tor, er hatte also (leider) recht behalten.
Der Sack war nun zu, das Spiel entschieden. Die in blütenweißen Trikots angetretenen Gastgeber vermittelten nicht mehr den Eindruck, als könnten sie das Ergebnis noch einmal korrigieren. Und so taten halt die Gäste von der Küste noch etwas für ihr Torverhältnis. Shapourzadeh tanzt im Strafraum rum, prüfte ab und an den Hieme im Tor, dann kommt der Zedi, Shapourzadeh fällt und der Schiri pfeift. Rudi Zedi nach dem Spiel dazu: " Ich hab ihn hundertprozentig nicht berührt und das weiß der Schiri auch selber." Schindler jedenfalls war's egal, er verwandelte den Elfer sicher.
Doch noch blieben 5 Minuten, da geht doch noch was: Jakobsen an der Grundlinie flankt auf dem im 5-Meter-Raum alleine stehenden Shapourzadeh, der muss nur noch nicken - 1:4, 87. Minute - einfach nur unfassbar.
Zum Glück beendete Schiri Henschel kurz darauf das Spiel unter einem großen Pfeifkonzert, sonst wäre das Resultat möglicherweise 2-stellig ausgefallen. Rainer Krieg, neben Hiemann noch der beste Chemnitzer, saß noch lange allein auf dem Rasen und schien auch nicht richtig begreifen zu können, was da gerade abgelaufen war. Während dessen drehten noch einige Spieler ihre Runde am Zaun und rangen um eine Erklärung für eben Geschehenes. Andreas Biermann: "Dann fällt das 1:1 und plötzlich war es aus.". Und schließlich fügte Ingo Walther noch ein "Tschuldigung" an, das mindestem was man nach einer solchen Leistung erwarten darf.
Fazit: Badesee, Garten, Arbeitsplatz, Wüste, all das waren an diesem Nachmittag sicherlich bessere Lokalitäten als die Fischerwiese. Der CFC knüpft an erschreckende 5 Schlussminuten in Verl an. Über mehr als die Hälfte des Spieles ging bei den Himmelblauen rein gar nichts. Allein am Fehlen von Christian Fröhlich kann es nicht gelegen haben. Lediglich der Dummheit der HSV-Stürmer ist es zu verdanken, dass dir Tore erst so spät fielen. Es ist unerklärlich, warum diese Chemnitzer Mannschaft wiederholt nicht in der Lage ist, Gegnern wie dem HSV oder Verl 3 Punkte abzunehmen. Ist die Mannschaft wirklich nicht zu mehr fähig oder wird am Ende, wie Gerüchte besagen, sogar wieder gegen den Trainer gespielt...?

Wertung: 5 (Note 6 verhindert lediglich die relativ gute 1. Halbzeit)

Beste Himmelblaue: Krieg, Hiemann

Pressestimmen

Freie Presse
Ein Ende mit Schrecken"
"[..]Sie sahen zwar einen furiosen Start der Gastgeber, die nach dem 2:3 in Verl mit der angekündigten Wut im Bauch agierten, doch nach dem schönen von Ersin Demir herausgespielten und von Rainer Krieg überlegt abgeschlossenen Angriffszug zur 1:0-Führung, war es mit der himmelblauen Herrlichkeit vorbei. CFC-Trainer Matthias Schulz sprach hinterher davon, dass man in dieser Phase aus einer geschlossenen Abwehr heraus die Hamburger unter Druck setzen wollte. Diese taktische Variante ging aber nach hinten los, weil die HSV-Amateure immer mehr die Initiative ergriffen und den CFC nur noch zum Reagieren kam. [..] So war es eigentlich nur eine Frage der Zeit, wann der HSV das Spiel für sich entscheiden würde. [..] Die Mannschaft hatte körperlich nichts mehr entgegenzusetzen und musste mit ansehen, wie die Hamburger mit den Bundesligaprofis Bester und Mahdavikia einen erfolgreichen Angriff nach dem anderen starteten. Für den CFC war es eine Ende mit Schrecken. Bleibt zu hoffen, dass es nicht ein Schrecken ohne Ende wird.

Hamburger Abendblatt
HSV-Endspurt bringt 4:1 in Chemnitz"
"[..]Im zweiten Spielabschnitt verflachte die Partie zunächst. Dennoch wirkte der HSV, bei dem neben Torwart Hillenbrand die Profis Christensen, Jacobsen, Benjamin und Mahdavikia mitspielten, nun weitaus zielstrebiger und abgeklärter.[..]

Dresdner Neuste Nachrichten
Dynamo Dresden sorgt für Furore und Chemnitzer FC für Entsetzen"
"[..]Der Chemnitzer FC leistete sich gar eine 1:4-Heimpleite gegen die Amateure des Hamburger SV. [..] Das 1:4 war letztlich für Chemnitz noch geschmeichelt, so viele Chancen vergaben die Gäste vor ihren späten Treffern.[..]

DPA
Chemnitz blamiert sich zuhause: 1:4 gegen HSV-Amateure"
"[..] Doch danach ließ sich der CFC von den technisch starken Gästen zu sehr zurück drängen und tappte bei Gegenangriffen oft in die Abseitsfalle der Hanseaten. Auch nach dem Seitenwechsel fanden die Sachsen nicht mehr zu ihrem Spiel, sie fügten sich in der Schlussphase kampflos in ihr Schicksal. Der klare Auswärtssieg für die HSV-Amateure war hochverdient.

Kicker
Dem CFC scheint nach gutem Saisonauftakt schon die Luft auszugehen. Der HSV hätte noch höher gewinnen können, wenn nicht Hiemann glänzend pariert hätte. Die Chemnitzer, bei denen der gesperrte Regisseur Fröhlich schmerzlich vermisst wurde, hatten den besseren Start und gingen durch Krieg in Führung, doch ab dann spielten nur noch die Hamburger.

Trainerstimmen

Dirk Barsikow (CFC-Co-Trainer) in der Freien Presse
Das war kein Fußball.

5. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2002/2003
Samstag, 24. August 2002, 14:00 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 3.334
Schiedsrichter: Henschel (Braunschweig)
Chemnitzer FC
T Hiemann
A Göhlert
A ZediGelbe Karte
A Mehlhorn
M Meissner
M WaltherGelbe Karte
M Tchipev
M Biermann (70. Vesovic)
S DemirGelbe Karte
S König (46. Rolleder)
S Krieg

Trainer: Schulz
Hamburger SV II
T Hillenbrand
A Grote
A Benjamin
A Dogan
M Mahdavikia
M Schindler
M Leschinski
M Jacobsen
S Christensen (ab 79. Shaopurzahed)
S Bester
S MoheitGelbe Karte (ab 85.Streit)

Trainer: Böger
Tore
1:0 Krieg (12.)
1:1 Schindler (37.)
1:2 Bester (81.)
1:3 Schindler (84.)
1:4 Shaopurzahed (85.)