Ende der zweiten englischen Woche mit einem Gastspiel eines Aufstiegsaspiranten...
von Timo Görner
...an der Gellertstraße, der nach den letzten Tagen zwar noch eine Chance auf die sofortige Rückkehr in Liga 2 hat, aber am Samstag schon gehörig unter Druck steht. Abgesehen davon treten die Niedersachsen zwar als eindeutiger Favorit in Chemnitz an, dennoch sollte man nicht vor Ehrfurcht erstarren.
Der VfL in dieser Saison bislang:
So richtig zufrieden dürfte man in Osnabrück nicht sein. Die Lila-Weißen spielen zwar ganz ordentlich oben mit, aber der ernsthafte Angriff auf die Tabellenspitze ist im bisherigen Saisonverlauf nur zeitweilig gelungen.
Die Essenz dieser Spielzeit bis dato: Zu viele Punktverluste gegen vermeintlich schwächere Mannschaften in der "Festung" Bremer Brücke in Osnabrück, in der man bislang nur 4 der 13 Spiele gewinnen konnte. Ergebnis ist eine eher mittelprächtige Heimbilanz mit den erwähnten 4 Dreiern, 7 Remis und 2 Niederlagen (=19 Zähler). Das verhindert eine bessere Platzierung, denn hier sind die direkten Konkurrenten aus Paderborn und Lübeck (32) sowie Braunschweig (27) deutlich besser. Selbst Mannschaften wie die Kölner U23 und Preussen Münster präsentierte sich bislang heimstärker. Ärgerlich waren die Resultate gegen den CFC (2:3) Bielefeld (2:2), Dortmund (1:1), Münster (0:0), Wolfsburg (2:2) und Hertha/A. (1:1). So richtig überzeugen konnte man zu Hause vom Ergebnis und Auftreten her nur gegen die beiden rheinischen Kollektive aus Düsseldorf und Köln (beide 4:0).
Der eigentlich heimstarke VfL tat und tut sich gegen viele Clubs dieser Staffel erstaunlich schwer.
Mit dem 0:2 gegen Nord-Rivale Lübeck am vergangenen Freitag haben die Osnabrücker viel Boden im Aufstiegsrennen verloren. Zuvor war man 14x in Folge ungeschlagen geblieben. Der direkte Kontakt nach ganz oben ging nun erst einmal verloren. Um noch mal im Aufstiegsrennen angreifen zu können waren 6 Punkte aus den Spielen bei den Kellerkindern in Berlin-Köpenick und Chemnitz zu holen. Derer sind nach dem enttäuschenden 1:1 am Dienstag beim designierten Absteiger Union nur noch 4 machbar.
Das Remis überrascht angesichts der enormen Auswärtsstärke in dieser Saison. 7x wurde auf fremden Rasen gewonnen und lediglich 2x reiste man geschlagen wieder ab (Paderborn und Dortmund jeweils 1:2). Die letzte Pleite außerhalb von Osnabrück kassierte man exakt am 14.09.2004 im Stadion "Rote Erde". Seit dem ist man auf fremden Platz ungeschlagen. Bemerkenswert waren vor allem die Auftritte in Lübeck (1:0), Braunschweig (1:1), beim HSV (1:0), in Uerdingen (4:1) oder beim "Hoyzer-Spiel" auf St. Pauli (3:2) welches ja noch angefochten, aber vom DFB wiederholt bestätigt wurde. Zuletzt (2:2 Düsseldorf/A) wurde - wenn auch erst Sekunden vor dem Abpfiff durch einen Elfmeter - ein 0:2 egalisiert.
Mit derzeit 46 Toren stellen die Niedersachsen die beste Offensive der Staffel. 30 Gegentreffer sind ebenfalls noch oberstes Drittel der Regionalliga Nord. Nur 3x gelang kein Torerfolg, auswärts traf man bislang immer mindestens einmal ins Schwarze.
Im DFB-Pokal präsentierte man sich ordentlich und scheiterte in Runde 2 am FC Bayern (2:3), wobei man bereits 2:1 in Front lag und erst in der 90. Minuten noch das dritte Gegentor kassierte. Zuvor wurde Zweitligist Aue mit 3:2 ausgeschaltet (3:0-Führung). Im NFV-Pokal steht man wie der CFC im Halbfinale welches man unter anderem über die Stationen Nordhorn (2:1) und Meppen (2:0) erreichte. Gegner ist nun auswärts Oberliga-Nord-Tabellenführer und Ex-Regionalligist Wilhelmshaven.
Verlierer der Saison 2004-2005:
Der Kongolese Addy Waku Menga (21/Angriff) schaffte auch im 4. Jahr beim VfL nicht den Sprung in die Stammformation. Diesmal kommt er nicht an Feldhoff und Reichenberger vorbei. Menga blieb nur die Rolle des "Jokers" (5 Tore).
Wolfgang Schütte (30/Mittelfeld) welcher in der Saison 1998/1999 den VfL am letzten Spieltag der damaligen Regionalliga Nord in die Relegation gegen den CFC schoss, kommt seit 2001/2002 auch nicht mehr so richtig zum Zuge. Die Tendenz zeigt wohl auf einen Wechsel nach dieser Saison. Ronny Jank (29) dürfte sich von seinem Wechsel "mit Hickhack" von Aue zum VfL auch mehr als nur die Reservistenrolle versprochen haben.
Gewinner der Saison 2004-2005:
Tino Berbig (24) als Neuzugang aus der Oberliga (Jena) schaffte den Sprung zum Stammkeeper der Osnabrücker und bestritt alle Punktspiele im Tor des VfL. Björn Joppe (26) in der Abwehr und im defensivem Mittelfeld konnte sich als feste Größe etablieren, nachdem die vergangene Spielzeit bei Union Berlin (letzter Einsatz am 17. Spieltag) unbefriedigend war. Fabian Ewertz (23, Mittelfeld) kann auf die gleiche Situation verweisen (Neuzugang aus Aachen). Trainer Claus-Dieter Wollitz (39) konnte trotz der sportlich nicht 100% zufrieden stellenden Lage seinen Juli 2006 auslaufenden Vertrag vorzeitig bis 2008 verlängern. Gewinner sind allgemein wohl 9 der Neuzugänge, die permanent oder über große Teile der Saison Stammspieler wurden.
Der Trainer:
Siehe die Rubrik "Gewinner". Als Grund für die nicht unbedingt von allen erwartete vorzeitige Verlängerung des Vertrages wurde die Kontinuität der Aufbauarbeit angegeben. So gesehen scheint der sofortige Wiederaufstieg für die Niedersachsen nicht das unbedingte Muss zu sein, welchem man mit entsprechenden Personalentscheidungen hinter her hechelt. Eben seine Personalentscheidungen dürften mit den Ausschlag gegeben haben. Berbig, Joppe, Nouri, Feldhoff, Reichenberger, Ewertz, de Jong, Koch und Schanda kamen fast ausschließlich auf Wunsch von Wollitz, der damit quasi eine fast komplett neue Stammelf aufgebaut hat. Der VfL hat gut eingekauft auch wenn der große sportliche Wurf bislang ausgeblieben ist. Einzige "Fehlinvestition" ist bislang Ronny Jank.
Straße der Besten:
Gesetzt im Tor ist Tino Berbig (24), in der nominellen Abwehr sind dies Dave de Jong (29), Matthias Koch (23) und Björn Joppe (26). Joppe kam aus Berlin (Union), Koch aus Kaiserslautern (Am.) und de Jong aus Belgien (KV Mechelen). Ebenso neu war vor der Saison war Jan Schanda (27/Lübeck). Im Mittelfeld ist der Amerikaner Joseph Enochs (33) auch nach dem fünften Jahr in Osnabrück eine feste Größe. Erfolgreich ist mit Alexander Nouri (25/Uerdingen) eine weitere Neuverpflichtung. Führungsspieler im Sturm sind erwartungsgemäß die beiden Ex-Uerdinger Thomas Reichenberger (29) und Markus Feldhoff (30). Reichenberger traf 14x (6x auswärts), Feldhoff 8x. Rang 3 in der internen Torschützenliste belegt Joppe (6) vor Menga (5) und Nouri (4).
Das Umfeld/Stimmung/Fans:
Der VfL konnte bislang im Schnitt 8.730 Besucher zu Hause begrüßen und stellt damit hinter St. Pauli und Braunschweig den drittbesten Besuch dieser Staffel. Das sind etwas weniger als in der letzten Regionalliga-Saison 2002/2003 (9.200). In der vergangene Spielzeit war man in der 2. Bundesliga deutlich attraktiver (11.420). Allerdings hat Braunschweig noch nicht in der "OsnaTel-Arena" gespielt und die "Löwen" nebst ihrem zahlreichen Anhang dürften noch mal für einen klar fünfstelligen Besuch sorgen. Für den größten Andrang sorgte vor knapp 5 Wochen St. Pauli (2:2/13.500) neben - und das ist durchaus bemerkenswert - dem CFC (2:3/13.400) in der Hinrunde. Beide Male konnte man diese aber nicht mit einem Sieg für den Gang ins Stadion belohnen. Den Gegensatz bildeten die teils ein wenig überraschenden mageren Besuche gegen Düsseldorf (5.400), Kölns U23 (5.800) oder den Minusrekord gegen Wolfsburgs Amateure (5.200). Die letzten beiden Heimspiele sahen dann wieder ordentliche Umrahmungen (9.500 Dortmund/A., 12.000 gegen Lübeck). Auch gegen dieses beiden Mannschaften gelangen wiederum keine Siege (1:1 und 0:2).
Für die Saison 2005/2006 wird zweigleisig geplant. Für die Regionalliga kalkuliert man mit 3,5 Mio. EUR, für die 2. Liga sind 6,5 Mio. EUR veranschlagt. Für die Regionalliga sind 8.000 Besucher im Schnitt notwendig, für die 2. Liga 10.000. Mit Problemen bei der Lizenzierung wird in beiden Fällen nicht gerechnet. Allerdings erwartet Geschäftsführer Heskamp erneut die Hinterlegung einer Liquiditätsreserve, welche aber unter dem Betrag dieser Saison liegen wird. Der Aufstieg wird auf alle Fälle in der nächsten Saison angestrebt. Das Marketing der Sponsoren läuft ähnlich wie dem CFC. Es existiert ein "Club Lila-Weiß" in dem sich vor allem regionale mittelständische und kleinere Firmen engagieren. Die Stimmung in der Anhängerschaft ist trotz des verlorenen Bodens im Aufstiegsrennen überwiegend gelassen. Laut einer Umfrage waren zuletzt ca. 80% der Meinung, dass es nicht für den Aufstieg reichen wird. Für den Samstag sollte man deshalb wohl mit maximal 300 Gästefans rechnen.
