Richtungsweisendes Gastspiel mit Kampf gegen den Burghausener Auswärtsfluch...
von Timo Görner
...denn während wir den SV Wacker auf eigenem Rasen zweimal knapp mit 2:1 bezwingen konnten, gab es im tiefsten Süden Bayerns bisher nichts zu holen. 0:3 und 1:2 hießen die Resultate.
Die letzte Saison unseres Gegners
Nach dem überraschenden sechsten Platz in der Saison 2011/2012 konnten sich die Oberbayern auch letzte Saison wieder sorgenfrei platzieren. Platz 8 war das zweitbeste Abschneiden in 5 Jahren Drittklassigkeit seit 2008.
Dabei sah es nach Spieltag 4 wenig gut aus; mit bei 3 Zählern (die gegen den CFC/2:1) aus 4 Spielen fand sich der SVW erst mal im Tabellenkeller wieder. Bis zur Winterpause straffte man sich und kletterte bis auf Rang 8 nach 20 Spieltagen. Die Klettertour basierte auf der Heimstärke, die Schwarz-Weißen entwickelten sich zu einer der heimstärksten Mannschaften der Liga; nur Stuttgart II konnte mit 3:1 neben Münster an Spieltag 1 noch mal alle 3 Punkte entführen. Außerdem konnten 5 weitere Spiele neben dem CFC gewonnen werden: neben den "erwarteten Heimsiegen" gegen Halle (2:0), Babelsberg (3:1) und Darmstadt (1:0) wurde Heidenheim (4:1) deklassiert und für einen Paukenschlag gesorgt. Heimpleite Nummer 3 wurde im DFB-Pokal kassiert, Erstliga-Aufsteiger Düsseldorf mühte sich zum 1:0. Auswärts klemmte hingegen weitestgehend die Säge. Zwar wurden 3 Gastspiele siegreich gestaltet, aber auch siebenmal verloren. 2012 beschloss man mit dem erneuten 1:2 an der Gellertstraße. Auf Reisen präsentierte man sich überraschend stark in Karlsruhe (2:1), Erfurt (3:0) oder blieb blass in Saarbrücken, Bielefeld, Unterhaching (0:3). Aufgrund fehlender Konstanz war der Kampf um die Spitze 2013 weniger das Thema. Personelles Nachrüsten für Liga 2 war sowieso nicht drin.
In den 16 Spielen der "Restrückrunde" präsentierte man sich durchwachsen, kam nie in eine Krise, machte aber auch keine Anstalten nach oben. Einmal ließ man aufhorchen, als man Babelsberg (4:0) in deren Stadion in die Regionalliga ballerte. Dagegen baute Burghausen die Stuttgarts Kickers (1:4) auf eigenem Rasen auf. Man pendelte zwischen Platz 8 und 11 und war nie in Gefahr abzustürtzen. Am 35. Spieltag wurden alle Zweifel beseitigt und mit dem 3:1 in Unterhaching (3:1) die 45 Punkte eingefahren. Gegen Aufsteiger Bielefeld (1:0) setzte man noch mal ein Achtungszeichen, das die siebtbeste Heimbilanz bestätigte: 10 Heimspiele wurden gewonnen. Nur 4 Teams konnten in Burghausen gewinnen, 28:19 Tore sprachen für solide Defensive und durchschnittliche Offensive. Auf Reisen war man knapp über dem Strich (17.), verlor elf Mal. 51 Punkte insgesamt waren 6 weniger als im Vorjahr. Aus 4 Zählern auf Rang 3 waren 22 geworden, weil aber auch die Teams oben stärker und deutlich erfolgreicher waren.
Im Landespokal unterlag man im Finale Regionalligist TSV 1860 Rosenheim mit 5:6 nach Elfmeterschießen und verpasste damit den Einzug in den DFB-Pokal. Die fehlenden 150.000 EUR drohten schwerwiegende Folgen zu haben, es stand der Rückzug aus Liga 3 im Raum. Die finanziellen Rahmenbedingungen hatten sich schon seit Monaten verschlechtert. Eben der DFB-Pokal hätte große Hilfe gebracht.
Delegierungen für diese Saison bislang
Die finanziellen Probleme mit dem Sparzwang nach der abgelaufenen Spielzeit hatten auch Folgen im personellen Sektor.
Stammkeeper René Vollath (23) zog es nach Karlsruhe. Aus der Abwehr schloss sich Kapitän Josef Cinar (29) bekanntermaßen dem CFC an. Fabian Aupperle (27) ging zur Zweiten der TSG Hoffenheim in der Regionalliga. Im Mittelfeld beendete der Ex-Dresdner Ronald Schmidt (36) – seit 2001 in Burghausen – seine Profikarriere und ging in die Landesliga zum SV Erlbach. Aus dem Angriff wechselte Sahr Senesie (28/Sonnenhof Großaspach) wie Aupperle in die 4. Liga. Felix Luz (31) spielt mittlerweile bei Staffelkonkurrent und Aufsteiger SV Elversberg. Mit Maximilian Thiel (20) musste man wohl primär aus finanziellen Gründen ein Talent aus dem eigenen Nachwuchs zum 1. FC Köln abgeben, für 50.000 EUR. Seine Empfehlung: 10 Tore und 4 Vorlagen in 37 Spielen. Luz, Senesie und Thiel erzielten immerhin 17 der 45 Tore. Randbemerkung: Matthias Heidrich (35) ging ohne neuen Verein, er spielte in der letzten Saison mit lediglich 9 Einsätzen keine Rolle mehr.
Unter den Neuen finden sich nur relativ wenig uns bekannte Namen, mehrere Spieler der eigenen Nachwuchsabteilung wurden befördert.
Für Rene Vollath holte man mit Stephan Loboué (32/Eintracht Trier) einen erfahrenen Keeper aus der Liga 4. Seine Stationen davor waren unter anderem Fürth, Paderborn und Oberhausen. Für die Abwehr wurden Maximilian Drum (21/Unterhaching), der Kroate Jure Colak (24/Waldhof Mannheim) und Florian Pflügler (21) von Pokalfinalgegner Rosenheim von extern verpflichtet. Aus dem "eigenen Stall" kamen der Österreicher Moritz Moser (20), Ulrich Taffertshofer (21) und Andreas Giglberger (20). Im Mittelfeld findet sich mit Stephan Thee (25) der zweite Ex-Unterhachinger, als "Ausleihe" bis Saisonende Olcay Turhan (25/Bielefeld) sowie die eigenen U23-Kicker Benjamin Kindsvater (20) und Philipp Knochner (20). Im Sturm hat man sich im Ausland umgeschaut. So kamen der Slowake Henrich Bencik (35) und der Grieche Ioannis Simosis (22). Benciks letzter Verein war der slowakische Erstligist FC Nitra bis Januar 2013. Daneben finden sich viele Stationen davor mit 154 Zweitligaspielen und 37 Toren in Deutschland für Ahlen, Saarbrücken, Freiburg und Osnabrück. Angelo Hauk (29) kennen wir noch vom HFC, dort 2012/2013 weitestgehend Einwechselspieler ohne Tor. Der Bosnier Anel Hodzic (21) war ebenfalls U23-Kader des SVW. Der Angriff war die größte Baustelle nach der letzten Saison mit den genannten Abgängen. Am 11.10.2013 unterschrieb schließlich noch Abwehrspieler Stefano Cincotta (22). Der Deutsch-Italiener stammt aus der A-Jugend von Eintracht Frankfurt/Main und spielte bis Juli 2012 in der Schweiz beim FC Lugano.
Der Trainer
Uwe Wolf (46) ist neben zwei Interimslösungen nach Georgi Donkov der zweite Trainer der Saison. Er übernahm das Amt am 13.09.2013. Donkov musste nach nur einem Punkt aus den ersten 7 Spielen gehen. Wolfs letzter Verein war der KSV Hessen Kassel, den er als Staffelsieger der Regionalliga Südwest in die Relegation zur 3. Liga führte, wo man jedoch gegen Kiel mit 0:2 und 1:2 scheiterte. Danach konnte man sich nicht auf einen neuen Vertrag einigen. Als Spieler stehen 81 Bundesligaspiele für Nürnberg von 1989 bis 1994 zu Buche, letzte Station als Spieler war 1860 München 1994/1995 mit noch mal 9 Spielen auch in Liga 1. Wolf startete als Trainer 2003 mit der A-Jugend der TSG Hoffenheim. Erster Verein als Chef der 1. Mannschaft waren wieder die "Löwen". Allerdings nur für knapp zweieinhalb Monate im Jahr 2009.
Die Mannschaft
Gesetzt im Tor und Kapitän ist Stephan Loboué (32). Die Abwehr sieht bislang Alexander Eberlein (25), Maximilian Drum (22), Christoph Burkhard (28) und Ulrich Taffertshofer (21) als Gerüst. Die beiden Neuzugänge Moritz Moser (20) und Jure Colak (24) spielen noch keine wichtige Rolle, "Oldie" Darlington Omodiagbe (35) wurde von Donkov zunächst nicht mehr berücksichtigt, kehrte unter Wolf aber wieder zurück und kam seitdem zu zwei Einsätzen. Mit Florian Pflügler (21) machte hier ein weiterer junger Spieler auf sich aufmerksam, erzielte 2 Treffer und zählte dreimal zum Stamm. Im Mittelfeld haben sich Thorsten Burkhardt (32), Marco Holz (23), Ahmet Kulabas (26), Tobias Schröck (20) und Stephan Thee (25) etabliert. Thee tat sich in diesem Sektor mit 3 Toren und 2 Vorlagen hervor. Wieder im Boot sitzt auch der Deutsch-Marokkaner Youssef Mokhtari (34). Der "Kopf der Mannschaft" war April 2012 aus Kostengründen gekündigt worden, einer der Sparmaßnahmen um die 3. Liga zu sichern. Anfang August einigte man sich nach einer erfolgreichen Klage des Spielers vor dem Arbeitsgericht, mittlerweile zählt er wieder zum Kader. Am 3. Spieltag die Rückkehr mit einem Kurzeinsatz gegen RB Leipzig nach wochenlangem nur teilweisem Training. Es folgten 4 Spiele mit 2 Toren beim 3:1 in Unterhaching als "Matchwinner". In Regensburg fehlte er zuletzt. Ansonsten auch hier "Jugend forsch": Maurice Müller (21) und Benjamin Kindsvater (20) sammelten bereits fleißig Spielpraxis. Mit Olcay Turhan (25) steht ein Hoffnungsträger seit Anfang Oktober verletzt nicht zur Verfügung. Primäre Baustelle bleibt der Angriff, der komplett aus Neuzugängen besteht. Führend hier ist Henrich Bencik (35) mit erst einem Torerfolg, Angelo Hauk (29) pendelt weiter torlos zwischen Anfangself und Ersatzbank, Ioannis Simosis (22) spielt vorwiegend in der II. der Bayern-Oberliga und Anel Hodzic (21) ist "Dauerjoker", kommt aber zumindest auf ein Treffer. Nur 2 Tore der nominellen Stürmer verdeutlichen das Dilemma stellvertretend für die gesamte Mannschaft. Die Abgänge der genannten Stammspieler haben Lücken hinterlassen, vor allem eben im Angriff. Thiel und Luz konnten nicht ersetzt werden. Wie man allerdings nachrüsten will, bei einem "auf Kante genähten Etat", ist fraglich. Ohne Abgänge zuvor wird es nicht gehen.
Die aktuelle Saison
Das aktuelle Spieljahr wurde von Anfang an als schwierig eingeschätzt. Es galt den Klassenverbleib so früh wie möglich sicher zu machen. Mit 17 Neu- und 13 teils wichtigen Abgängen stand man vor einem Neuaufbau. Dass man nach 7 Spielen dennoch den schlechtesten Saisonstart aller Zeiten registrierte, war überraschend. Nur ein Punkt (1:1 in Erfurt) war geholt worden. Chancenlos blieb Burghausen zum Auftakt in Münster (0:3), viel Aufwand und 0 Ertrag stand gegen Zwangsabsteiger Duisburg (0:2). Gegen Staffelmitfavorit RBL war, bis Sekunden vor dem Abpfiff (1:2) der erste Zähler drin. In Erfurt geriet man zum vierten Mal in Rückstand. Das vermied man gegen Wehen Wiesbaden und kassierte dennoch das 1:3. Deprimierend die Heimbilanz: 2:7 Tore, 0 Punkte. Zwei weitere Niederlagen gegen Aufsteiger (Kiel 1:2/Elversberg 0:1) sorgten für Donkovs Ende.
Der Effekt blieb aus, in Stuttgart beim VfB II (0:4) ging man in Halbzeit 2 unter und das Debüt von Uwe Wolf gegen Osnabrück (1:4) ging daneben. Zuletzt zeigte sich der SVW im Aufwärtstrend. Wacker ist seit dem ersten Dreier in Unterhaching (3:1) dreimal unbesiegt. Topfavorit Heidenheim stolperte in Minute 90 in Burghausen (2:2), in Regensburg kam man zum 1:1. Die "Rote Laterne" hat man aber seit Spieltag 5 nicht abgeben können und das rettende Ufer ist mit 6 Zählern und 15 Toren weit weg. Burghausen ist als einzige Mannschaft noch sieglos im eigenen Stadion, verbuchte 1 Zähler nach 5 Niederlagen. 14 Gegentore sind hier eindeutig zu viel. Auf Reisen hat man 3 Teams hinter sich. 11:26 Tore sind bislang abstiegsreif, die zweitschlechteste Offensive und schlechteste Defensive. Noch wurde kein Spiel "zu 0" bestritten.
Im Landespokal überstand man die 3. Hauptrunde wie der CFC, aber mit 3:2 bei Regionalligist SV Heimstetten deutlich knapper.
Prognose
Der Abstiegskampf wird den SV Wacker wohl bis zum Saisonende begleiten, ohne Steigerung im Angriff – sprich auch ein, zwei Verstärkungen – wird es enorm schwer, den Abstieg zu vermeiden. Eben hier sind die Möglichkeiten aber limitiert.
Das Umfeld
Die Niederlage im Mai 2013 im bayrischen Landespokalfinale war ein herber finanzieller Schlag. Die 150.000 EUR waren fest eingeplant für den Etat 2013/2014. Mitte Mai kamen dann auch Meldungen, wonach man sich aus der 3. Liga zurückziehen will. Schuldenfrei, aber wirtschaftlich sah man keine Perspektive in dieser Klasse. Einer der Schritte war die Kündigung von Spielmacher Youssef Mokhtari bei Vertrag bis 2014, der zu schlechteren Konditionen wieder eingestellt werden sollte. Es endete mit einem Sieg des Kickers vor dem Arbeitsgericht und seiner Rückkehr. Der Haushalt für 2013/2014 wurde zurückgefahren, Abgänge weiterer Spieler wie Vollath, Cinar, Luz, Aupperle waren die Folge. Mit Christian Thiel musste zudem ein Stück Zukunft für 50.000 EUR Ablöse veräußert werden. Nur weil Spieler, Trainer und Angestellte Einbußen akzeptierten, blieb man drittklassig – mit schwerer Hypothek für die neue Spielzeit.
Die Gründe liegen auf der Hand: Sowohl bei den Sponsoren als auch bei den Zuschauern hinkt man hinterher und das mit jedem Jahr ein kleines Stück mehr. 2012/2013 lag der Besuch bei 2.462 im Schnitt, weniger hatten nur Unterhaching und die beiden U23. Das war ein Rückgang gegenüber 2.822 im Jahr 2011/2012 und der schwächste Zuspruch in 5 Jahren 3. Liga. Das Stammpublikum bewegte sich bei etwas unter 2.000. Besucherzahlen wie gegen Bielefeld zum Finale mit 3.138 und Karlsruhe mit 3.000 waren schon eine Ausnahme nach oben, trotz des ordentlichen Abschneidens gerade in den Heimspielen. Die "Wacker Chemie" als Trägerbetrieb machte in den letzten Monaten durch Stellenstreichungen im Bereich der Solarenergie auf sich aufmerksam. Somit sind die finanziellen Zuwendungen nicht gestiegen. Die Rahmenbedingungen haben sich verschlechtert, für Wacker wird diese Saison extrem wichtig werden. In der einnahmeschwachen Regionalliga Bayern – auch als "erweiterte Reserverunde" tituliert – dürfte für den SVW ein Neubeginn enorm schwierig werden.