CFC zum "Oberliga-Klassiker" nach Magdeburg …
von Timo Görner
… in einem Duell zweier "Fast-Tabellennachbarn". Die letzten 5 Begegnungen an der Elbe endeten 3:3, 0:1, 4:1, 1:6 und 2:0. Denkwürdig dabei vor allem die Spiele 1999 beim 1:0 und 2011 beim 6:1. In beiden Spielzeiten stieg der CFC danach jeweils auf.
Die letzte Saison unseres Gegners:
Für den Aufsteiger nach teils trostlosen Jahren in der Viertklassigkeit galt primär wie für die meisten Neulinge das Ziel Klassenverbleib. Dabei galten die Elbestädter aufgrund der starken Saison in der Regionalliga, dem klaren Sieg in der Relegation, der Qualität von Mannschaft und Trainer sowie des Umfeldes nicht unbedingt als Abstiegskandidat. Die guten Prognosen konnten übererfüllt werden. Rang 4 in der 3. Liga war das beste Abschneiden seit 9 Jahren nach 2007 und dem 3. Platz in der drittklassigen Regionalliga Nord. Der stetige Aufwärtstrend nach der "Katastrophensaison" 2011/2012 als Schlusslicht der 4. Liga ohne Abstieg wurde eindrucksvoll fortgesetzt. Die ersten 5 Spiele endeten ungeschlagen, alle 3 Heimspiele in den Nordost-Duellen gegen Erfurt und Halle (2:1), den CFC (2:0) mit Siegen. Erst in Köln (1:2) riss die Serie. Zur Winterpause war der FCM im Rennen um den erstmaligen Aufstieg in die 2. Bundesliga. Basis die Heimstärke, die Domstädter zweitbestes Team auf eigenem Platz mit nur 1 Niederlage in 10 Begegnungen gegen Aalen (1:2). Dagegen standen 7 Siege bei insgesamt 21:9 Toren. Auswärts lief es weniger gut, nur 1 Sieg im letzten Gastspiel der Herbstrunde in Erfurt beim 2:0. Dafür wurde 4x verloren, u. a. das brisante Duell in Dresden (2:3). Zur Winterpause agierten die Blau-Weißen im mittleren Rahmen mit 2 Ab– und 2 Neuzugängen, darunter Rückkehrer Nico Hamann aus Sandhausen. Der Start optimal, Erzrivale Halle wurde auch an der Saale bezwungen (2:1), die Aufstiegsträume reiften. Dass am Ende doch nichts draus wurde, ist einem "kleinen Einbruch" von Runde 30 bis 34 zu schulden. 3 Niederlagen in Folge beginnend bei Absteiger Cottbus (0:2) sowie gegen Aufsteiger Aue (0:3) und Kiel (0:1) ließen Punkte liegen. 4 Spiele vor dem Ende waren es 7 Punkte auf Relegationsplatz 3, Ziel blieb fortan Platz 4 für die Qualifikation zum DFB-Pokal. Allerdings auch schon deren 6 Zähler weg. Ein starker Zwischenspurt mit dann noch mal 3 Siegen in Folge, Highlight Großaspach (4:0), reichte letztendlich, auch durch Patzer der direkten Konkurrenz aus Osnabrück und Großaspach. Der FCM bis zum Schluss heimstark, absolvierte 15 der 19 Spiele unbesiegt. Stellte mit 34:19 Toren die zweitbeste Heimoffensive. Auch auswärts wurde sich in der Frühjahrsrunde 2016 leicht gesteigert, noch 3 weitere Begegnungen wie in Halle gewonnen. Hier war man offensiv eher schwach (15), dafür defensiv (18) durchaus solide. Im Landespokal scheiterte man im Finale im "Klassiker" beim HFC mit 1:2, unwichtig angesichts der Liga-Platzierung. Somit schickte Sachsen-Anhalt 2016/2017 gleich 2 Mannschaften in den DFB-Pokal.
Delegierungen für diese Saison bislang:
Es gab 9 Ab – und 8 Neuzugänge, das Gesicht der Mannschaft hat sich allerdings kaum verändert.
Bei den Akteuren, die nicht mehr an Bord sind, ist im Grunde kein Leistungsträger darunter, der eine wichtige Rolle in 2015/2016 gespielt hat. Eine Erwähnung verdienen dennoch der langjährige Stammkeeper und "Magdeburger Junge" Matthias Tischer (30), unser Ex-Kapitän Silvio Bankert (31) und Stürmer Lars Fuchs (34). Alle beendeten ihre aktive Laufbahn. Letzterer aufgrund einer schwereren Verletzung. Silvio Bankert fungiert seitdem als Co-Trainer der A-Jugend, Matthias Tischer als deren Torwart-Trainer. Lars Fuchs ist dem Verein ebenfalls erhalten geblieben, arbeitet in gleicher Funktion wie Silvio Bankert in der B-Jugend.
Bei den Neuzugängen wurden vorwiegend jüngere, talentierte Spieler verpflichtet. Dazu 2 "alte Hasen" mit viel Erfahrung.
Für das Tor kam der gebürtige Münchner Leopold Zingerle (20) aus Fürth, beim Zweitligisten ohne echte Perspektive und aus der Nachwuchsabteilung des FC Bayern stammend. Bis dato war die Regionalliga Bayern seine höchste Liga.
In der Abwehr wurde das Talent Moritz Sprenger (21) aus Wolfsburg für 50.000 € ausgeliehen, dort in der II. Mannschaft eingesetzt.
Im Mittelfeld zog es Tobias Schwede (22/Werder Bremen II), Gerrit Müller (32/Stuttgarter Kickers II),
Florian Kath (21/SC Freiburg) zum FCM. Torge Bremer (21) kehrte nach Ausleihe zu Regionalliga-Absteiger Germania Halberstadt zurück. Müller war in Stuttgart vom glücklosen und umstrittenen Tomislav Stipic suspendiert worden, versetzt in die II. Mannschaft. Zuvor dort eine feste Größe bis zur Winterpause. Bringt die Erfahrung von 169 Spielen in der 3. Liga für Dresden, Heidenheim und die Kickers mit.
Junges Personal auch im Angriff, Julius Düker (20) kam aus Braunschweig, beim Tabellenführer der 2. Bundesliga mit insgesamt 17 Einsätzen in den letzten 2 Jahren. Maurice Exslager (25) wechselte vom 1. FC Köln II an die Elbe. Empfahl sich beim Viertligisten mit sehr ordentlichen 10 Toren in 20 Spielen, absolvierte 95 Spiele in der 2. Bundesliga für Duisburg, den FC vom Rhein und Darmstadt 98 bei 11 Toren.
Der Trainer:
Jens Härtel (47) geht in seine 3. Saison bei den Elbestädtern. Der bekannt akribisch arbeitende Fußball-Lehrer genießt das uneingeschränkte Vertrauen des gesamten Umfeldes nach den Erfolgen der letzten 2 Jahre und der aktuell ebenfalls sehr positiven Entwicklung. Sein Vertrag läuft noch bis Ende der Saison, denkbar, dass man bei weiterem guten Verlauf in dieser Spielzeit vorzeitig verlängert.
Die aktuelle Saison bislang:
Die berühmte "schwierige 2. Saison für einen Aufsteiger" erwies sich bislang auch zum Teil als solche. Nach 6 Spielen hatte man sich im ungewohnten Terrain namens "Tabellenkeller" etabliert. Der Heimauftakt gegen die Köln geriet zum Debakel (0:3), verdient. Nach der Verlegung des Zwickauer Gastspiels konnte man sich gleich im folgenden Spiel zu Hause rehabilitieren, überzeugend gegen allerdings schwache Paderborner (3:0). Dennoch erst mal weiter Sand im Getriebe, in Osnabrück beim starken VfL konnte man das 0:2 ausgleichen, verspielte noch den Punkt. Abgezockte Duisburger sorgten für Heimpleite 2 im 3. Spiel an der Elbe (1:2). Ohne Tore die Auftritte in Zwickau (0:0) und ohne Punkt in Mainz (0:1) beim Schlusslicht. Abstiegsplatz 18 nach 6 Duellen mit 4 Punkten waren die Realität, der Fehlstart perfekt. Es folgte ein Höhenflug mit gutem Spiel in Münster (3:2), wo man auch trotz 2:2 nach 2:0 die Ruhe bewahrte. Mit 3 weiteren Siegen ohne Gegentreffer gegen Bremen II (2:0), in Wiesbaden (3:0), gegen Kiel (1:0) gelang der Befreiungsschlag, kämpfte und spielte sich das Team hoch auf 9 mit Tuchfühlung auf Platz 2. Die Erfurt-Dienstreise dann ernüchternd, ein durchwachsener Auftritt ohne Zählbares (0:1). Wie der CFC ist man tabellarisch weit weg von den Spitzenplätzen, punkte mäßig aber dran. Hier nur 2 Zähler. Bei den Heimteams ist man durch die beiden Pleiten im Mittelfeld zu finden, auswärts ebenfalls mit knapp negativem Saldo von 2 Siegen gegen 3 Niederlagen. 15:12 Tore sprechen für eine ganz gute Offensive (8.) und ebensolche Defensive (6.). Fast die Hälfte der Tore erzielt durch 1 Spieler, analog zum CFC. Im Landespokal geht es im Viertelfinale am 12.11.2016 zum 4. der Oberliga Nordost Süd SV Merseburg 99. Im DFB-Pokal scheiterte man im denkwürdigen Spiel auf und neben dem Rasen an Eintracht Frankfurt erst im 11-m-Schießen.
Die Mannschaft:
Im Tor ist Jan Glinker (32) weiter die Nr. 1, hat mit Leopold Zingerle (20) aber einen starken Konkurrenten im Nacken, der in 1 Punktspiel und beim DFB-Pokal-Spiel gegen Frankfurt im Kasten stand und jeweils überzeugte. In der Abwehr sind bislang Christopher Handke (27/1) und Nils Butzen (23) die absolut festen Größen. "Leihgabe" Moritz Sprenger (20) erhielt in bereits 8 von 9 Begegnungen das Vertrauen für die Anfangsformation. Nico Hammann (28) ist auch diese Saison einer der Eckpfeiler, Felix Schiller (26/1) hatte in der Vorbereitung mit Verletzung (Außenbandriss) und später Rückenproblemen zu kämpfen, stand zuletzt 6x in der Startelf. Jens Härtel lässt abwechselnd mit einer Dreier – oder Viererkette spielen, in Erfurt durften Handke – Hammann – Schiller beginnen. Dafür rückte Butzen ins Mittelfeld. In diesem Sektor haben der Spanier Manuel Farrona Pulido (23), Neuzugang Tobias Schwede (22), Niklas Brandt (24) die besten Karten. Dahinter sind Jan Löhmannsröben (25), Tarek Chahed (20), Kapitän Marius Sowislo (33), Ahmed Razeek (22), Gerrit Müller (32), Sebastian Ernst (21) zu sehen. Offensiv-Allrounder Pulido ist mit 2 Toren und 3 Vorlagen der torgefährlichste Akteur in diesem Bereich, kann auch wie zuletzt in Erfurt im Sturm agieren. Am vergangenen Wochenende begannen Sowislo, Brandt auf der "6er Position". Davor liefen zunächst Ernst – Butzen – Schwede auf. Im Angriff ist mit Christian Beck (28) einer der absoluten Topstürmer der 3. Liga wieder klare Nr. 1, verbucht aktuell 7 Toren in 11 Begegnungen - Top-Quote. Überragend die Vorstellung beim 3:0 gegen Paderborn mit 3 Treffern, in den letzten 5 Spielen war er in 3 Begegnungen erfolgreich. 2 Vorlagen kommen noch dazu, damit ist er an 60% der FCM-Tore beteiligt. Kleiner Vorteil hier aber für Anton Fink bei 66%. Dahinter sieht es bei den nominellen Angreifern eher schlechter aus als beim CFC. Maurice Exslager (25) ist bis dato Ergänzungsspieler. Stand lediglich 1x in der Startelf und mehrmals auch nicht im Aufgebot. Beim letzten Spiel in Erfurt kam er für die letzten 5 min. Julius Düker (20) spielt noch keine Rolle. 25 Spieler stehen im Kader, 25,4 Jahre im Schnitt und damit etwas über dem aus dem Vorjahr mit 24,6.
Das Krankenlager/Strafbank:
Linksverteidiger Michel Niemeyer (20) laboriert seit der Vorbereitung an einem Meniskuseinriss, kam diese Saison noch gar nicht zum Einsatz.
Prognose:
Der FCM erreicht mindestens wieder einen einstelligen Tabellenplatz, Knackpunkt bleibt der Angriff, der im Grunde Christian Beck als "Alleinunterhalter" sieht, ein längerer Ausfall von ihm wäre eine deutliche Schwächung. Zu Platz 1 bis 3 wird es am Ende nicht reichen, Tipp: Platz 5 bis 8.
Das Umfeld:
Die Stimmung wurde zuletzt getrübt, zum einen durch den tragischen Tod eines Fans und zum anderen durch die drastische Strafe für die Vorfälle im DFB-Pokal-Spiel gegen Eintracht Frankfurt mit Ausschluss mehrerer Blöcke für 2 Heimspiele in der 3. Liga sowie 20.000 € Geldstrafe. Für den Verein nicht nachvollziehbar, Einspruch wurde fristgemäß eingelegt. Geahndet wurde der Platzsturm aus dem Magdeburger Fanblock sowie diskriminierende Sprechchöre Richtung Gästefans. Der Zuspruch zu den Heimspielen in der MDDC Arena ist auch in dieser Spielzeit zweitligareif, der FCM ist der Zuschauerkrösus mit 15.359 Zuschauern im Schnitt vor Rostock und Duisburg, die etwas über 12.000 aufbieten. Dabei liegt man noch relativ deutlich unter der Vorsaison mit 18.393. Damals wurde in 8 Heimspielen die 20.000 er Grenze überboten, mit Mainz 05 II und 23.043 zahlenden Besuchern als Rekord. Diese Saison lockte Köln zum Saisonauftakt (17.796) die meisten Fußballfreunde in die Arena. Die ganz großen "Kracher" waren noch nicht zu Gast, neben Köln zeigten sich Kiel, Paderborn, Bremen II, Duisburg. Mit dem CFC, Rostock und vor allem Halle am 26.11.2016 sind nun 3 Mannschaften am Start, welche die Ränge noch mehr füllen dürften. Allerdings schwebt hier immer noch das Damoklesschwert von Teilausschlüssen und damit veritabel weniger Zuschauer gegen Rostock und Halle über dem Verein. Die Arbeit in den Leitungsebenen seit 2012 ist für das bekannt große, begeisterungsfähige wie kritische Umfeld positiv zu bewerten. Im Sommer 2012 begann die Aufbauarbeit des "sportlichen Trümmerhaufens" durch Andreas Petersen als Trainer und Mario Kallnik ein paar Wochen zuvor. Ergebnis ist die Etablierung in der 3. Liga mit zeitweiligem Blick eine Etage höher. Der Haushalt für diese Spielzeit wurde mit 5,6 Mio. € beziffert, deutlich mehr als letzte Saison mit 4,5 Mio. €. Beim Zuspruch geht man von 13.000 statt zuvor 10.000 aus, damit liegt man hier bislang klar drüber. Die Lizenz für die 2. Bundesliga 2016/2017 bei 7 Mio. € Budget war ebenfalls beantragt worden und wäre ohne Auflagen möglich gewesen.
