Rückkehr an Stätte mit viel Vergangenheit …
von Timo Görner
… mit dem schweren Gastspiel im "Bruno-Plache-Stadion", wo dereinst einige "Schlachten" in DDR-Meisterschaft, FDGB-Pokal und auch international geschlagen wurden. Vor 20 Jahren waren die Himmelblauen letztmalig hier. Lok ist seit dem Trainerwechsel Ende September 2018 klar im Aufwärtstrend, wird ein enorm schwerer und ehrgeiziger Gegner sein.
Die aktuelle Saison unseres Gegners:
Als man am 22.09.2018 die "Reißleine" zog und den langjährigen Coach Heiko Scholz beurlaubte, war die sportliche Situation kritisch. Der ambitioniert gestartete 1. FC Lok mit der Einführung von Profibedingungen enttäuschte mit Platz 15 und erst 9 mageren Punkten aus den 9 Begegnungen. Anlass für die Entscheidung war das 0:1 gegen Halberstadt als 5. siegloses Spiel in Folge bei 2:5 Toren. Dabei war der Saisonauftakt vielversprechend mit dem 3:0 gegen Meuselwitz. Ernüchternd allerdings bereits das folgende 1:4 beim FC Viktoria Berlin und vor allem 1:2 gegen Aufsteiger Bischofswerda. Die interne Interimslösung Björn Joppe begann mit Fehlstart beim 1:3 an der Gellertstraße. Der Trend ging aber schnell nach oben. Schon gegen den Berliner AK aus dem obersten Bereich der Tabelle gelang ein solides 1:1 nach Führung, in Bautzen wurde die Negativserie beim 2:0 beendet. Bis zum Jahreswechsel holten die Blau-Gelben 12 Zähler und blieben dazu ungeschlagen. Unter den Möglichkeiten lediglich noch das 2:4 im "Jahn-Sportpark" bei der VSG Altglienicke nach einer 2:0-Halbzeitführung. Ansonsten stand die Defensive sehr ordentlich, dafür sprachen nur 2 Gegentreffer im Punktekampf in 6 Duellen nach der Pleite in Berlin. Auch im Sachsenpokal machte Lok den Fans und Führung Freude, erwies sich in Auerbach im Achtelfinale effektiv beim 4:1 und konnte das ewig brisante Derby in Leutzsch (1:0) ziehen. Damit das Halbfinale klar machen. Erfreulicher Abschluss einer zunächst schwachen Herbstrunde. Blieb die Baustelle Trainerposten, nicht wegen Unzufriedenheit mit der erfolgreichen "befristeten Notlösung Joppe". Letztendlich gelöst mit einem Rückkehrer. Auch 2019 präsentiert sich der Europapokal-Finalist 1987 stark, fulminant mit 5:0 gegen Fürstenwalde. Der Dämpfer in Babelsberg beim 0:3 wurde mit 2 Siegen gegen den BFC Dynamo und Auerbach sowie dem 2:1 in Erfurt beantwortet, auch in Halberstadt nicht verloren. Von Rang 15 ging es auf 7. Lok stellt die achtbeste Platz bauende Gemeinschaft, ist im "alten Bruno" seit dem 22.09.2018 ungeschlagen und hat hier seitdem 5 der folgenden 7 Duelle gewinnen können. Nur der BAK und FC Viktoria konnten Zählbares aus Probstheida mitnehmen. 2019 reisten bislang alle Gästeteams geschlagen wieder ab. Auswärts reicht es nach dem torlosen Remis in Halberstadt am vergangenen Wochenende zum 6. Platz, ist der Saldo mit 4 – 3 – 6 negativ. 36:28 Tore insgesamt sind offensiv "Durchschnitt" (9.) – defensiv etwas besser (6.). Wie man dastehen würde mit Joppe als Coach von Anfang an, bleibt Spekulation.
Delegierungen seit dem Hinspiel:
Es hat sich wenig getan, 1 (interner Neuzugang) und 2 Abgänge wurden verbucht. Dazu quasi eine Rückkehr im Trainerstab.
Im Mittelfeld wechselte Maximilian Sommer (19/FC Grimma) in die Landesliga, aus der A-Jugend des FCL hochgezogen, spielte er keine Rolle in der Herbstrunde. Im Angriff zog es den Türken Kemal Atici (25) zu Ligarivale BFC Dynamo. Er war allerdings bereits seit Ende Oktober 2018 suspendiert, stand nicht mehr im Kader. Er brachte es in 12 Spielen für Lok auf 1 Torvorlage.
Der Zugang war intern, siehe oben. Marcel Wagner (18/Mittelfeld) kam wie Sommer aus der U19, ist aktuell noch ohne Einsatz. Alle 3 Personalien wurden in der Winterpause abgewickelt.
In der sportlichen Leitung kehrte Rainer Lisiewicz (68) zum 1. FC Lok zurück und fungiert seit Mitte Dezember 2018 offiziell als Trainer. Björn Joppe (40), dem die erforderliche Lizenz für die Regionalliga-Mannschaft fehlt, wurde zum Teamchef. Mit Lisiewicz als Coach von 2004 bis 2009 verbindet sich die Zeit des Aufstiegs der Blau-Gelben von der Kreisklasse bis in die Regionalliga. Stationen nach der Trennung damals waren der SV Naunhof 1920 und die SG Union Sandersdorf. Älteren Semester unter den Fanpage-Lesern sollte er als jahrelanger Oberliga-Spieler der Südost-Leipziger und der BSG Chemie ein Begriff sein. Dazu kommen die Einsätze im Europapokal.
Der Trainer:
Siehe die Rubrik darüber. Erwähnenswert bleibt natürlich noch, dass es mit Björn Joppe nach seinem Amtsantritt am 24.09.2018 bis zur Winterpause als Interimstrainer deutlich bergauf ging. Die Bilanz in den 13 Spielen: 7 – Siege – 4 Remis und nur 2 Niederlagen, 1 davon im Hinspiel bei starken 25:12 Toren. Der Trainerwechsel war hier sehr effektiv.
Das Kollektiv:
Im Tor kamen bereits 3 Akteure mit Benjamin Kirsten (31/12), Christopher Hanf (23/8), Lukas Wenzel (20/4) zum Einsatz. Aktuell ist Erstgenannter Nr. 1, er fiel bis Anfang Oktober verletzungsbedingt (Meniskusreizung) aus. Hanf begann damals als Stammkeeper, wurde dann nach 8 Spielen 4x durch Wenzel ersetzt. In der Abwehr haben sich als Manndecker David Urban (26) und Kapitän Robert Zickert (29) etabliert. Patrick Wolf (30) flog nach dem Trainerwechsel aus dem Stammkader, seitdem wenig berücksichtigt. Peter Misch (22) ging es ähnlich. Auf den beiden Außen fehlt bislang der Fixpunkt. Auf Rechts wäre Robert Berger (22) zu nennen, zu Beginn der Saison außer Gefecht (Bänderriss). Er ist wohl aktuell dort gesetzt. Dazu Markus Krug (30). Auf Links setzten die Verantwortlichen zuletzt auf "Allrounder" Pascal Pannier (20). So hieß die Viererkette in Halberstadt R. Berger - Urban – Zickert – Pannier. Im defensiven Mittelfeld wurde der US-Amerikaner Ryan Malone (26) Eckpfeiler mit starken 8 Treffern. Wird gelegentlich auch in der Innenverteidigung aufgeboten, erzielte beim 3:1 gegen den BFC 2 Tore. Dazu kommt Paul Schinke (27). Für den offensiveren Part gelten Sascha Pfeffer (32), Maximilian Pommer (21) und Nils Gottschick (25) als etabliert. Letzterer mit 3 Treffern und 4 Vorlagen. Pfeffer kommt meist über Rechts oder Zentral wie Pommer. Gottschick von Links. Daneben kämpfen mehrere Akteure um den Status "Eckpfeiler" wie der Kroate Lovro Sindik (27), jener Pannier, der auch vielseitig eingesetzte Kevin Schulze (27). Für den Angriff sind die Leipziger in einer Person sehr gut aufgestellt. Mit Matthias Steinborn (30) verfügt Lok über einen Topstürmer dieser Staffel, der 10x traf und 6x als Vorbereiter glänzte. Die 10 "Buden" verteilen sich auf 6 Spiele. 4x lieferte der Neuzugang vom BFC den "Doppelpack", letztens beim 3:1 gegen Auerbach. Trifft er, verliert Blau-Gelb nicht. Zumindest blieb er im Hinspiel ohne Erfolg. Routinier Nicky Adler (33) war 2x erfolgreich, spielt keine große Rolle. War beim 1:3 wegen einer Roten Karte zuvor gesperrt. Maik Salewski (29/1) ist Ergänzungsspieler. Enttäuschend verläuft die Saison für den Deutsch-Algerier Djamal Ziane (26). Der gebürtige Leipziger, seit 2014 bei Lok, laborierte von Ende August bis Anfang Dezember 2018 an einer Fußverletzung, schaffte nicht die Rückkehr in die Stammelf. In den letzten 2 Jahren mit je 10 Toren Leistungsträger. 23 Spieler inkl. 3 Torhüter sind ein eher kleineres Aufgebot, der CFC stellt 27 Spieler. Mit 26,3 Jahre im Schnitt einer der ältesten Kader.
Das Krankenlager / Strafbank / Parteistrafen:
Aktuell ist nichts bekannt.
Die Einkaufsbilanz:
11 Neue wurden bis heute verpflichtet, 10 vor der Winterpause.
Von diesen konnten sich David Urban (Meuselwitz) und Matthias Steinborn (BFC Dynamo) am Besten entwickeln. Steinborn kann dabei als "absolute Verstärkung" im Sturm gesehen werden. Mehrere der Neuzugänge sind dran an einem dauerhaften Stammplatz mit Kevin Schulze (Nordhausen), Lovro Sindik (Berliner AK), Pascal Pannier (Halle). Nicky Adler (Aue) konnte die Erwartungen eher nicht erfüllen wie auch Kemal Atici (Fürstenwalde), welcher sich wohl als eine Art "Missverständnis" erwies und nach Suspendierung in Leipzig nach seinem Weggang mittlerweile beim BFC Dynamo spielt. Lukas Wenzel (1. FC Nürnberg U19) stand zumindest kurzzeitig als Kirsten-Ersatz im Tor. Patrick Wolf (Schweinfurth 05) flog nach dem Trainerwechsel und der erfolglosen Phase unter Scholz aus dem Stammkader.
Fazit: durchschnittlich.
Gewinner der Saison bislang:
Maximilian Pommer (21) kam im Vorjahr nur auf 2 Einsätze, diese Saison stehen bereits deren 16 zu Buche. Davon erhielt er in 14 Partien das Vertrauen für die Anfangsformation. Matthias Steinborn (30) spielt nach seinem Wechsel vom BFC in der Tabelle deutlich weiter oben mit.
Prognose:
Mit dem Abstiegskampf wird man nichts mehr zu tun bekommen. Bleibt man speziell im Angriff von Ausfällen der Leistungsträger verschont, sollte ein Platz zwischen 4 und 6 durchaus machbar sein.
Bilanz gegen den 1. FC Lok Leipzig:
72 Spiele stehen in meiner vorliegenden Statistik. So oder so, Himmelblau gegen Blau-Gelb aus Probstheida ist fraglos einer der "Klassiker" im Fußball-Osten. Die Bilanz spricht leicht für den Ex-Bundesligisten und mehrfachen FDGB-Pokalsieger der ehemaligen DDR. 29-mal gewann die Lok, 25-mal der FCK bzw. CFC. 110:103 Treffer für den FCL und "zwischendurch VfB" stehen zu Buche. Das letzte Duell im "alten Bruno" endete im Frühjahr 1999 mit einem 2:0 für den damaligen VfB im Zweikampf um Platz 1 der damaligen drittklassigen Regionalliga Nord/Ost. Am Saisonende stieg der CFC auf, der VfB blieb in der Liga und endete bekanntermaßen auch durch den verpassten Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga zweimal in der Insolvenz mit dem Aus 2003.
Das Umfeld:
Die Ambitionen des 2004 aus den Trümmern des VfB wiederbelebten Traditionsvereins bleiben, die 3. Liga soll 2020 erreicht werden. Offen bleibt, in welchem Stadion. Das "Bruno" genügt den Ansprüchen des DFB für die dritte Etage nicht, der Gang in die Arena des installierten Bundesligisten wäre zum einen für die Anhänger wenig beliebt und zudem wirtschaftlich ein Risiko. Dazu vermutlich um einiges zu groß, auch wenn der Zuspruch auf den Rängen sich mit der weitaus größeren Attraktivität signifikant erhöhen würde. Aktuell begeistern sich im Schnitt 3.011 für die Heimspiele, drittbester Besuch hinter dem CFC und Erfurt. Ein geringfügiger Rückgang zu den 3.123 aus der Vorsaison als es mit der BSG Chemie DEN "Kassenschlager" gab. Das größte Interesse brachte das Gastspiel von Drittligaabsteiger Erfurt mit 4.600, ebenfalls über dem Schnitt der BFC (3.683), Babelsberg (3.417), Fürstenwalde (3.341), Hertha BSC II (3.056). Den Minusbesuch verzeichneten die Kassierer gegen Rathenow mit 2.275. Am Sonntag dürfte mit 4.000 Lok-Freunden zu rechnen sein. Momentan ist die Anlage an der Connewitzer Straße für 10.900 zugelassen mit 9.750 unüberdachten Stehplätzen und 1.150 Sitzplätzen unter dem Tribünendach. Seit 1999 gehört das Stadion, in dem einst Vereine wie Werder Bremen, Girondins Bordeaux oder Spartak Moskau gastierten, der Stadt, Folge der ersten Insolvenz des VfB. Seit Juli 2015 liegt das Erbbaurecht bei Lok. Pläne für den Umbau zum reinen Fußballstadion existieren zumindest in den Köpfen, sind aber derzeit nicht realistisch. Wie es finanziell aussieht, ist für Außenstehende nicht eindeutig nachzuvollziehen. Anfang November 2018 vermeldete der MDR den Club im "Schuldensumpf", aufgrund von Informationen des zuvor geschassten Wolf-Rüdiger Ziegenbalg, was umgehend energisch dementiert wurde. Ende November 2018 wurden auf der Mitgliederversammlung für die GmbH dann auch ein positives Ergebnis von 406.000 € für 2017/2018 vermeldet. Einnahmen von 3,6 Mio € standen Ausgaben von 3,1 Mio. € gegenüber. Hauptsponsor ist nach wie "ETL" mit seinen bundesweit vertretenen Anwaltskanzleien für verschiedene Rechtsbereiche, u. a. auch in Chemnitz mit Franz-Josef Wernze an der Spitze. Aktiv auch beim FC Viktoria Köln, dem möglichen Drittligisten der kommenden Saison aktiv.