Vorbericht

8. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2003/2004
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
1:2
FC St. Pauli
FC St. Pauli

Unverhofftes Wiedersehen mit dem Kultclub vom Hamburger Kiez...

von Timo Görner

...nach dem letzten Aufeinandertreffen in der Zweitligasaison 2000/2001, nachdem sich der CFC in Liga 3 und der FC St. Pauli fast schon sensationell in Liga 1 davon machte. Knapp 2 Jahre später trifft man sich wieder und die Hamburger treten nach dem ihrem "3. Betriebsunfall in Folge" wieder an der Gellertstraße an.

Was war/die letzte Saison:
Das letzte Spieljahr war gekennzeichnet von vielen Tiefschlägen: Die sportliche Talfahrt mit der Folge zweier Trainerentlassungen (die erste bereits nach 2 Spieltagen), Wechselspiele im Kader, wirtschaftliche Hasardritte der alten Vereinsführung unter Renald Koch mit dem Bemühen wieder aufzusteigen - später nur nicht schon wieder abzusteigen und Querelen noch zu Beginn der "Ära Littmann". Am Ende stand fast sogar der Gang in die Oberliga Hamburg/Schleswig-Holstein oder tiefer. Der Kampf um die RL-Lizenz wurde zur Nervenschlacht für die Fangemeinde.
Schon der Saisonauftakt verlief katastrophal mit Klatschen in Frankfurt (0:4), Lübeck (0:6), Ahlen und (1:4). Pauli mutierte zur "Schießbude der Liga" mit 14 Gegentoren in 3 Spielen. Auf- (und Abstiegs-) trainer Dietmar Demuth musste schon nach dem 2. Spieltag Platz für seinen Co (J. Philipkowski) machen. Mit Fröhlich (CFC) und Ofodile (vereinslos) wurde personell nachgerüstet, trotzdem belegte man nach dem letzten Hinrundenspiel gegen Aachen (1:4/H) Platz 17 bei nur 9 Punkten aus 17 Spielen mit einem beträchtlichen Abstand zum rettenden Ufer. So wurde erneut der Trainer entlassen und der wegen seiner Einkaufspolitik ebenfalls in der Kritik stehende Manager und "starke Mann am Millerntor" Franz Gerber (49) übernahm dieses Amt.
In der Rückrunde holte man dann noch 22 Zähler, nötig wären 29 gewesen. Schwach präsentierte man sich das ganz Jahr über vor allem zu Hause (18 Zähler bei 4 Siegen). Gegen direkte Konkurrenten im Abstiegskampf (KSC 1:2, Ahlen 1:4, Reutlingen 1:2, Union 2:2, Oberhausen 0:0) hagelte es schmerzliche Pleiten und Punktverluste. Die 48 erzielten Tore lesen gar nicht mal schlecht, aber mehr Gegentore (67) bekam nur Mannheim. Damit war es ein verdienter Abstieg, der auch mit riskanten Neuzugängen in der Winterpause (N'Diaye, Nascimento, Chris) nicht mehr zu verhindern war und den Verein eher noch tiefer eine bedrohliche Finanzkrise beförderte.

Wer kam/wer ging:
Nach dem Abstieg gab es jede Menge Bewegung im Personalkarussell. Aus dem offiziellen Kader der Saison 2002/2003 mit den zur Winterpause und noch davor geholten Spielern gingen erst einmal insgesamt 23 (!) Aktive, dafür nahm man bis heute wiederum 17 Ballartisten auf. Mit Fröhlich (Dynamo), Blank (Aachen), Fabian Gerber (Mainz), Müller (Regensburg), N'Diaye (Hannover), Yang (China), Patschinski (Trier), Alex Meier (HSV) Incemann (Fürth), Lotter (Köpenicker SC) und Chris (Frankfurt) verließ eine Reihe von Stammspielern den Verein. Leute wie Amadou oder Held gingen unbekannten Weges wie insgesamt 12 weitere Spieler auch, nur Gruszka blieb am Ende doch am Millerntor. Bedauert wurden dabei die Abgänge Fröhlich, Müller, Meier, N'Diaye und Gerber, die aus meiner Sicht die wenigen Lichtblicke dieser Saison waren. Neben den definitiven Abgängen drohten vor der Rettungsaktion des Vereins übrigens auch die Verkäufe von Nascimento (23) und Cory Gibbs (23), die aber noch verhindert werden konnten.

Der wohl bekannteste Neuzugang des FC St. Pauli ist wohl Torwart Achim Hollerieth (29) vom Zweitligaabsteiger SSV Reutlingen. Ansonsten sind unter den Neuen fast nur Spieler aus den dem RL /OL-Bereich zu finden oder man hat Spieler der eigenen 2. Mannschaft (letzte Saison klarer Staffelsieger OL HH/Schl.-Holst.) eingebaut. Im Sturm gab mit Rico Hanke (28) einen ehemaligen Dynamo-Spieler seinen Einstand. Zuletzt war er bei den Amateuren des TSV 1860 München aktiv und wechselte innerhalb von 3 Jahren zum 3. Mal (Dynamo - Jena - 1860 - St. Pauli ;)) den Verein. Ebenfalls neu im Angriff mit Festus Agu (28, Burghausen - letzte Saison 3 Tore in 7 Spielen) ein erfahrener Mann. Wie Hanke ist er mit 4 Vereinen seit 1998 ein "Wandervogel". Dazu kommt der Marokkaner Mourad Bounoua (31), zuletzt tätig bei Hannover 96, spielte aber dort kaum eine ernsthafte Rolle (7 Spiele). Ferner neu im Sturm sind der Rumäne Cosmin Uilacan (22, TSV Aindling OL Bayern) und der Italiener Audenzio Musci (23, SV Erzhausen/OL Hessen). Im Mittelfeld sind Patrik Mölzl (22, Greuther Fürth), Andreas Mayer (31, Hessen Kassel), Fabio Morena (23, VfB Stuttgart Am.) und der Kroate Marinko Miletic (22, Gladbach Am.) neu. Im nominellen Abwehrbereich wurden Ralph Gunesch (20, Aachen Am.), und der Pole Wojciech Bobrowski (23, Rotenburger SV OL Hamburg) geholt. Ansonsten holte man eine Reihe von Spielern aus der eigenen A-Jugend und der Oberligamannschaft wie Philipp Albrecht (23) und Deniz Kacan (19) im Angriff. Im Mittelfeld sind es Heiko Ansorge (19) und Mathias Hinzmann (19), sowie Frank Dröge (24) im Tor.

Der Kader 2003/2004:
Bei den massiven Ab-und Neuzugängen ist der Kader kaum noch mit dem des Vorjahres zu vergleichen. Im Grunde musste Trainer Franz Gerber (49) eine neue Mannschaft aufbauen. Erfahren sind im Tor Hollerieth (29), Holger Stanislawski (33) in der Abwehr als einer der wenigen Überbleibsel der letzten Spielzeit neben Nascimento und Gibbs oder Daniel Sager (24) und Andreas Mayer (29) im Mittelfeld. Im Sturm zählen Bounoua (31) und Agu (29) zu den Routiniers. Ansonsten überwiegen die eher noch unerfahrenen Spieler aus dem eigenen Nachwuchs und die Neuzugänge aus der Ober- und Regionalliga. Spieler der II. Mannschaft und der A-Jugend wie Albrecht, Ansorge und Hinzmann konnten sich dabei immerhin bereits für Einsätze empfehlen.

Die Saison bislang:
Die aktuelle Saison ist wieder gekennzeichnet von Hochs und Tiefs. Den 3 Remis in den ersten 3 Spielen (nur 2:2 gegen Dynamo/H trotz 2:0-Führung bei Überzahl) folgte ein 0:3 beim Aufsteiger in Wuppertal. Damit rutschte man erstmal in die untere Tabellenhälfte. Es folgte ein Zwischenhoch mit dem viel bejubelten Sieg im Stadtderby gegen die HSV-Amateure (3:0) und dem 5:0 in Kiel, wo die Gastgeber allerdings auch eine "dezente" Vorstellung boten. Die "kleine Euphorie" mit dem Wiederaufstieg als "Endstation Sehnsucht" wurde mit dem verdienten 1:2 zu Hause gegen Essen am vergangenen Samstag wieder gebremst. Pauli ist damit bei 7 Punkten Abstand zum Wuppertaler SV erstmal weg vom Aufstiegskampf, hat aber auch Luft nach unten (5 auf Kiel). Für den Sturm auf die Regionalliga-Spitze scheint die Mannschaft (noch) nicht reif genug, aber wenigstens ist die Angst vor dem nächsten Durchmarsch zur Zeit erstmal ein wenig gewichen.
Bislang zeigte sich im Angriff Agu mit 3 Toren (davon 2 beim 2:2 gegen Dynamo) stark. Ebenso positiv konnte sich mit 3 Toren in 2 Spielen Musci (23) in Szene setzen. Rico Hanke spielte bislang auch recht ordentlich (1 Tor). Im Mittelfeld gilt erwartungsgemäß Daniel Sager (24) als Stammspieler wie auch Andreas Mayer (31), in der Abwehr konnten sich Gibbs und Nascimento neben Jens Matthies (27) ins Team spielen. Im Tor gilt Hollerieth als gesetzt, ist aber nach seiner Roten Karte vom Samstag gegen Essen gesperrt und wird vermutlich durch Dröge vertreten.

Das Umfeld/die Fans/Kohle:
Zumindest die Fans waren in den vergangenen Jahren zweitligareif. Das Umfeld speziell in der letzten Saison war es nur teilweise. Mittlerweile scheint ein wenig Ruhe eingekehrt zu sein, nachdem sich der am 25.02.2003 gewählte, wohl erste bekennend schwule Chef eines Fußballclubs Corny Littmann (50) mit der alten Vereinsführung um Renald Koch und ihren "Restbeständen" wie Geschäftsführerin Tatjana Groeteke teilweise erhitzte Wortgefechte darum lieferte, wer daran schuld sei das er FC St. Pauli Anfang Mai 2003 finanziell derart angeschlagen war und 2 Millionen Euro bis Saisonende fehlten. Speziell ging es dabei übrigens um die Finanzierung der im ersten Abschnitt erwähnten Einkäufe in der Winterpause, über deren (wohl doch so nicht vorhandenen) Spielräume sich Littmann von Koch bei Übergabe der Finanz-Vereinsunterlagen getäuscht fühlte. Für die Erteilung der RL-Lizenz musste der Verein innerhalb weniger Wochen bis zum 11.07. rund 1,9 Million Euro auftreiben. Ein Betrag der durch Verkauf von "Retter"-T-Shirts und anderen Sachen, sowie durch Spenden von Privatpersonen und Firmen, einer Bürgschaft der Stadt wie auch dem Benefizspiel des FC Bayern am Millerntor in einer bislang wohl bundesweit einzigartigen Aktion eingenommen werden konnte und womit der Absturz des Kultclubs vom Hamburger Kiez in die Oberliga gerade noch verhindert werden konnte. Der Etat für diese Saison sank auf rund 3,5 Millionen Euro von 4,5 Mio (2002/2003 2. Liga), der Verein darf nicht mehr als 24 Spieler im Kader für diese Saison haben. Großartige Nachrüstungen im weiteren Saisonverlauf scheinen damit erstmal ausgeschlossen, da dieser Etat laut Littmann "momentan nahezu ausgereizt ist".

Die Fans des FC St. Pauli von 1910 erweisen sich auch weiterhin als das wohl "größte Potential" des Vereins. Der Zuschauerschnitt diese Saison liegt bei bislang superben 17.750, wobei die 18.200 gegen Rot-Weiß Essen der Spitzenwert waren. Gegen Dynamo und die HSV-Am. war dabei die Zuschauerzahl von vornherein wegen möglicher Krawalle limitiert worden. Damit ist der Verein vom Millerntor trotz des bislang durchwachsenen Abschneidens Spitzenreiter und dürfte diese Position wohl bis Saisonende verteidigen. Beim Auswärtsspiel in Kiel wurden die Gerber-Jungs dabei von fast 6.000 Fans begleitet.

So viele dürften es am Samstag wohl nicht an der Gellertstraße werden, aber eine solide dreistellige Besucherzahl sollte doch drin sein, wenn der CFC Revanche für die beiden 1:3-Niederlagen zu seligen Zweitligazeiten nehmen will bzw. hoffentlich wird.

In diesem Sinne, den anreisenden Hamburger Fußballfreunden einen gediegenen Aufenthalt in C-Town und uns ein weiter erfolgreiches Steinesammeln...

8. Spieltag - Regionalliga Nord - Saison 2003/2004
Samstag, 20. September 2003, 14:00 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 5.010
Schiedsrichter: Henschel (Braunschweig)


Tore

Die Tabellenverläufe

Tabellenhistorie

Der Vergleich


Chemnitzer FC FC St. Pauli
58,38 % Chancen gegeneinander 41,62 %
4 Tabellenposition 11
14
7
2,00
Pkt.
Spiele
Pkt. pro Spiel
9
7
1,29
4 (57,14 %)
1 (14,29 %)
Siege
Niederlagen
2 (28,57 %)
2 (28,57 %)
9:5
1,29:0,71
Tore
Tore pro Spiel
13:9
1,86:1,29
3:1 gegen VfR Neumünster (N) (H) Höchster Sieg 5:0 gegen KSV Holstein Kiel 1910 (A)
0:2 gegen Eintr. Braunschweig (A) (H) Höchste Niederlage 0:3 gegen Wuppertaler SV (N) (A)
1 Sieg,
seit 1 Spiel nicht verloren
Aktuelle Serie 1 Niederlage,
seit 1 Spiel nicht gewonnen

Die Bilanz

 ZahlSUNTore
Alle Spiele103349:15
Heimspiele52128:9
Auswärtsspiele51221:6
Ligaspiele103349:15
Pokal-/Relegationsspiele00000:0

Der Ergebnisrückblick

1992/19932. Bundesliga15. SpieltagChemnitzer FC - FC St. Pauli3:1 (1:1)
1992/19932. Bundesliga38. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC0:1 (0:0)
1993/19942. Bundesliga2. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC3:0 (2:0)
1993/19942. Bundesliga21. SpieltagChemnitzer FC - FC St. Pauli0:0 (0:0)
1994/19952. Bundesliga7. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC0:0 (0:0)
1994/19952. Bundesliga24. SpieltagChemnitzer FC - FC St. Pauli3:2 (0:0)
1999/20002. Bundesliga11. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC0:0 (0:0)
1999/20002. Bundesliga28. SpieltagChemnitzer FC - FC St. Pauli1:3 (1:1)
2000/20012. Bundesliga9. SpieltagChemnitzer FC - FC St. Pauli1:3 (1:0)
2000/20012. Bundesliga26. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC3:0 (1:0)