Vorbericht

1. Runde - DFB-Pokal - Saison 2010/2011
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC
1:0
FC St. Pauli
FC St. Pauli

Pokalhit an der Gellertstraße…

von Timo Görner

…gegen die Hamburger Jungs vom Millerntor. Mit dem FC St. Pauli stellt sich bereits der 4. Erstligaaufsteiger im DFB-Pokal auf der Fischerwiese vor. Noch vor 5 Jahren spielten Chemnitz und Pauli in der gleichen Liga, heute liegen 3 dazwischen.

Der FC St. Pauli 2009/2010

Nach Rang 9 und 8 gelang mit Platz 2 die ersehnte Rückkehr in Liga 1. Die Hamburger galten durchaus als ein Favorit, wenn auch selbst ungern bestätigt. Mit dem klaren Auswärtssieg in Fürth (4:1) am vorletzten Spieltag war der Aufsteig perfekt. Bis dahin spielten die Millerntorjungs stets in der Tabellenspitze mit, belegte 21x einen direkten Aufstiegsplatz. Die Braun-Weißen stellten nach der 1. Halbserie mit 41 Toren das offensiv stärkste Kollektiv. Dagegen waren 20 Gegentore "nur gut". 6 der 9 Gastspiele gewann man, eine der Stärken. Ende September 2009 gab es einen "Hänger" mit 2 Pleiten in Folge gegen allerdings starke Gegner (Kaiserslautern 1:2/H, Bielefeld 0:1/A). Dafür ragten die Auftritte in Karlsruhe (4:0) und Koblenz (5:1) heraus. Spätestens jetzt galt man als vermutlicher Aufsteiger.
Der Start 2010 gelang mit 4 Siegen in 4 Partien optimal und festigte Rang 2. Doch nach erneuten Patzern gegen Kaiserslautern und Bielefeld sowie bei 1860 München, ging es ab auf den Relegationsplatz. Dazu hatte Pauli jetzt die Rivalen aus Düsseldorf und Bielefeld im Nacken. In den restlichen 9 Punktekämpfen legte man aber den Schalter wieder um, gewann davon 6 Partien. So fielen auch die Pleiten in Berlin (1:2) und Düsseldorf (0:1) sowie zum Finale gegen Paderborn (1:2/H) nicht mehr ins Gewicht.
Auswärts waren die Hamburger mit 10 Siegen bärenstark, holten aber aufgrund 7 Niederlagen weniger Punkte als Primus Kaiserlautern. Auf heimischen Platz reichte es nur zu Rang 3 dieser Wertung. Mehr als Planerfüllung bot die Offensive mit 72 Treffern (Spitzenwert der Liga). Mit nur 37 Gegentreffern stellte der FC die zweitbeste Defensive. Fakten, die belegen das die Hamburgs Nr. 2 ein verdienter und würdiger Rückkehrer in die 1. Bundesliga ist.
Im DFB-Pokal scheiterte man in Hauptrunde 2 nur knapp beim SV Werder Bremen (1:2).

Delegierungen für diese Saison bislang

Auf einen Umbruch verzichtet man in Hamburg, baut dagegen im Wesentlichen auf den Aufstiegskader. Unter den 6 Abgängen findet sich kein Leistungsträger. Keeper Patrik Borger (31) kam 2007/2008 zum letzten Mal zum Einsatz. Andreas Biermann (29) und der Kameruner Marc Gouiffe à Goufan (26) stellten 2 freie Stellen in der Abwehr zur Verfügung. Biermann schaffte nach Problemen außerhalb des Rasens nicht mehr den Sprung in die Mannschaft, kam lediglich 17x in der II. zum Einsatz. Sein Kollege hatte ebenfalls mehr mit Verletzungen und Krankheiten als mit Gegenspielern zu kämpfen. Neue Arbeitgeber sind nicht bekannt. Im Mittelfeld verließ der Kanadier Jonathan Beaulieu-Bourgault (21/Münster) nach 2 Jahren ohne Durchbruch den Verein. Thomas Meggle (35) hängte nach Verletzung 2008 (Kreuzbandriss) die Töppen an den Nagel. Stürmer Morike Sako (28/1 Tor) aus Mali blieb nur die "Joker-Rolle" und ging ebenfalls ohne neuen Club.

Interessant sind die 5 Neuzugänge. Für das Tor kam als "Ausleihe" für 2 Jahre Thomas Kessler (24) aus Köln, dort in 2 Jahren 5x am Ball in Liga 1. Für die Abwehr holte man den zuletzt vereinslosen Moritz Volz (27). 1999 aus der Schalker A-Jugend zum FC Arsenal U18 gewechselt, ging es mehrere Jahre als "Leihgabe" zum FC Fulham. Für den Londoner Traditionsverein absolvierte er von 2003 bis 2008 insgesamt 125 Spiele im englischen Oberhaus und 22 Spiele in der zweiten Spielklasse für Ipswich Town. Ab Juli 2009 vereinslos ging es zurück nach Deutschland. Ebenfalls für "hinten" wurde der Peruaner Carlos Zambrano (21/Schalke) ausgeliehen. Durchaus bemerkenswert seine dortige Bilanz: 20 Einsätze 2009/2010, davon 18x Stammelf. Für den Angriff sind 2 Personalien zu vermelden: Von Zweitligaabsteiger Rostock heuerte Finn Bartels (23) an, dort eines der Lichtblicke (4 Tore, 4 Vorlagen) und nach Bekanntgabe des Wechsels teils angefeindet. Routine bringt Gerald Asamoah (31) mit, der als "Edelreservist" ohne Perspektive nach 10 Jahren Schalke 04 "Adieu" sagte. Seine Referenzen: 279 Bundesligaspiele, 44 Tore - 43 Spiele für die DFB-Auswahl von 2001 bis 2006, 6 Tore.

Der Trainer

Holger Stanislawski (40) betreut das Team seit 20.11.2006, agierte zuvor als sportlicher Direktor. Das Ziel "Rückkehr in Liga 2" war unter Vorgänger Andreas Bergmann mit Platz 13 erheblich gefährdet. Mit Stanislawski beendete das Team die Regionalliga Nord 2006/2007 als Staffelsieger. Bevor Stanislawski die Fußballlehrerlizenz erlangte hatte, musste er sich zunächst "Teamchef" nennen - offizieller Coach war Andreas Trulsen. Seit Juli 2008 darf ist Stanislawski auch offiziell wieder "Trainer". Nach den Plätzen 9 und 8 gelang ihm dann mit dem Aufstieg in die Beletage des deutschen Fußballs der größte Erfolg als Coach. Als Aktiver ging es 1993 vom Hamburger Oberligisten Concordia ans "Millerntor". 178 Spiele in Liga 2 (14 Tore) und 79 in der 1. Liga (4 Tore) stehen zu Buche. Der Club untermauerte das Vertrauen in ihn mit einem Vertrag bis Juli 2012 ebenso wie bei Co-Trainer André Trulsen (45). Stanislawski gilt in seiner Branche als eher Unkonventionell mit anerkannter Fähigkeit zur Menschenführung, für den der Verein mehr ist als nur Arbeitgeber. Unterstützt wird der u. a. vom früheren Pauli-Trainer Helmut Schulte (52) als sportlicher Leiter.

Die Mannschaft

…ist zwar "nicht der FC Bayern", aber dennoch eine solide Truppe, welche in der angehenden schweren Saison die Chance haben sollte das Ziel "Klassenerhalt" zu realisieren. Für das Tor erwartet man einen Zweikampf zwischen Routinier Mathias Hain (37) und Neuzugang Thomas Kessler (24). Hain kam vor knapp 2 Jahren aus Bielefeld, setzte sich bei Pauli durch und ist (vorerst) weiter Nr.1. Er gilt wie Frank Rost vom Lokalrivalen als unbequemer und absolut professioneller Kicker. Feste Größe in der vergangenen Saison war im Abwehrbereich Kapitän Fabio Morena (30), dazu Carsten Rothenbach (29) und Leihgabe (Leverkusen) Bastian Oczipka (21). Im Mittelfeld sind Florian Bruns (30), Fabian Boll (31), Matthias Lehmann (27), Charles Takyi (25) zu nennen. Erfolgreichster Angreifer der letzten Spielzeit war Marius Ebbers (32) – 34 Spiele, 20 Tore. Rouwen Hennings (22/9) konnte ebenfalls überzeugen, Deniz Naki (21/7) glänzte 11x als Vorlagengeber. Hinzu kommen die 5 Neuen, speziell für die Offensive Asamoah und Bartels. Erschwert wird die Vorbereitung auf die neue Saison durch Verletzungsprobleme. Für den finalen Test bei Arminia Hannover (6:0) am vergangenen Wochenende fehlten Stanislawski mit Gerald Asamoah, Florian Bruns, Davidson Drobo-Ampem, Marcel Eger, Jan-Philipp Kalla, Thomas Kessler, Matthias Lehmann, Torwart Arvid Schenk, Richard Sukuta-Pasu und Moritz Volz 10 angeschlagene oder generell momentan nicht einsatzfähige Spieler. Gerald Asamoah als Hoffnungsträger zog sich in einem Testspiel Ende Juli einen Sehnenteilabriss im Oberschenkel zu und wird vermutlich auch für das Pokalspiel und eventuell zum Auftakt gegen Freiburg ausfallen. Mit insgesamt 30 Spielern inklusive 4 Torhütern stellt St. Pauli einen der größeren Kader der 1. Liga. Mit 26 Jahre im Schnitt rangieren die Hamburger im eher älteren Bereich.

Prognose

Es zählt nur der Klassenverbleib. Knackpunkt kann der Angriff werden, auch wenn dies bei 72 Toren in der Vorsaison kurios klingt. Marius Ebbers überzeugte zwar in Liga 2, konnte sich bei seinen bisherigen Erstligastationen (Köln, Duisburg, Aachen) nicht durchsetzen. Die "Jungspunde" Naki und Hennings verfügen noch nicht über Erfahrung im Oberhaus. Nur wenn die Neuzugänge - speziell Asamoah - einschlagen, kann der Kampf erfolgreich bestritten werden. Vorteil kann sein, dass die Mannschaft nicht umgekrempelt wurde und eine intakte Struktur auf der sportlichen Ebene vorhanden ist. Ich wage mal den Tipp: vermutlich muss bis zum letzten Spieltag gezittert werden, man schafft wenigstens die Relegation und sollte dort gute Chancen haben.

Das Umfeld

Mit fast 21.000 Besuchern im Schnitt war der FC St. Pauli einer der attraktivsten Vereine der abgelaufenen 2. Liga. Nur 4 konnten sich hier besser verkaufen. Das (ehemals) alte "Millerntor-Stadion" befindet sich weiterhin mitten im Umbau. Der begann 2006 mit dem Ziel am Ende der Maßnahmen ein modernes Fußballstadion für 27.500 Zuschauer zu realisieren. Anfang Juli 2010 erfolgte das Richtfest für die neue Hauptribüne, letzter Schritt wird die Fertigstellung der Gegengerade in der Sommerpause 2012 sein.
In Bewegung ist auch die Fanszene. Gräben taten sich zwischen Vereinsführung und der bekannt aktiven Anhängerschaft auf. (Endgültiger) Auslöser der Grabenkämpfe waren Aktionen der St. Pauli Ultras am 28.03.2010: Gedacht als Solidaritätsbekundung mit den ausgesperrten Hansa-Fans wurden Zuschauer am Betreten der Südtribüne gehindert. Boss Corny Littmann war erbost und drohte den Entzug von Privilegien an, u. a. verbunden mit dem Verwalten von rund 2.000 Stehplatzkarten. Mittlerweile hat man sich ausgesprochen, alles blieb wie gehabt.
Jener Corny Littmann steht dem Verein nicht mehr vor. Mitte Mai 2010 erklärte er seinen Rücktritt für die Sommerpause. Offizielle Begründung "Amtsmüdigkeit". Die Erfolge Littmanns sind nicht zu bestreiten. Rettung des insolvenzgefährdeten Vereins 2003 vor dem Zwangsabstieg in die Oberliga, der sportliche Aufschwung und der "Neu-Umbau" der alten Arena am Millerntor, nachdem sich vor allem Ex-Präsident "Papa Heinz" Weisener jahrelang erfolglos bemühte. Kritik erntete Littmann aber auch, durch Querelen mit den Kollegen in der Vereinsführung. Sein Nachfolger heißt Stefan Orth (43), Chef einer Hamburger Firma für Bekleidung in der Speicherstadt. Er war 3,5 Jahre Vize von Littmann.
1. Runde - DFB-Pokal - Saison 2010/2011
Samstag, 14. August 2010, 15:30 Uhr
Fischerwiese, Chemnitz
Zuschauer: 10.431
Schiedsrichter: Felix Zwayer


Tore

Die Bilanz

 ZahlSUNTore
Alle Spiele1645714:21
Heimspiele832311:11
Auswärtsspiele81343:10
Ligaspiele1645714:21
Pokal-/Relegationsspiele00000:0

Rückblick auf die letzten 15 Spiele

1992/19932. Bundesliga38. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC0:1 (0:0)
1993/19942. Bundesliga2. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC3:0 (2:0)
1993/19942. Bundesliga21. SpieltagChemnitzer FC - FC St. Pauli0:0 (0:0)
1994/19952. Bundesliga7. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC0:0 (0:0)
1994/19952. Bundesliga24. SpieltagChemnitzer FC - FC St. Pauli3:2 (0:0)
1999/20002. Bundesliga11. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC0:0 (0:0)
1999/20002. Bundesliga28. SpieltagChemnitzer FC - FC St. Pauli1:3 (1:1)
2000/20012. Bundesliga9. SpieltagChemnitzer FC - FC St. Pauli1:3 (1:0)
2000/20012. Bundesliga26. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC3:0 (1:0)
2003/2004Regionalliga Nord8. SpieltagChemnitzer FC - FC St. Pauli1:2 (0:1)
2003/2004Regionalliga Nord25. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC1:0 (0:0)
2004/2005Regionalliga Nord13. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC0:0 (0:0)
2004/2005Regionalliga Nord32. SpieltagChemnitzer FC - FC St. Pauli2:0 (1:0)
2005/2006Regionalliga Nord11. SpieltagChemnitzer FC - FC St. Pauli0:0 (0:0)
2005/2006Regionalliga Nord30. SpieltagFC St. Pauli - Chemnitzer FC3:2 (0:1)