Revanche für die Hinspiel-Pleite...
von Timo Görner
...gegen Hallenser, die ohne den großen Druck antreten. Denn der Traditionsverein aus Sachsen-Anhalts größter Stadt hat schon vor Monaten seine Ambitionen auf den Aufstieg zu den Akten gelegt.
Der Hallesche FC 2006/2007 bislang:
Am 14.10.2006 war die Welt nach dem "Pflichtsieg" gegen Jena II (2:0/H) noch in Ordnung. Der HFC nahm Platz 2 ein und hatte mit 18 Zählern Tuchfühlung zur Spitze (Cottbus II./20). Das brisante Derby beim FC Sachsen war 2 Wochen zuvor verdient gewonnen (1:0) worden. Negativ fiel "lediglich" ins Gewicht, dass den Jena-Sieg keine Fans im "Kurt-Wabbel-Stadion" sehen durften - die Gründe sind bekannt. Die Rot-Weißen konnten ihre Stellung als Mitfavorit bis auf Erfurt II. (2:3/A) und Meuselwitz (0:1/H) bestätigen. Darüber hinaus wurde 6x, u. a. gegen den CFC, gewonnen.
Doch es folgte mal wieder eine Talfahrt. 4 Spiele (0:5 Tore) gingen verloren, besonders enttäuschte Halle gegen die Abstiegskandidaten Dresden-Nord (0:1/H) und Pößneck (0:1/A). Einen Monat nach Jena war aus dem Aufstiegsanwärter eine "graue Maus" geworden, aus 2 Punkten Rückstand 11 bei nunmehr Rang 7. Am 07.11.2006 war dann die Ära René Müller nach der dritten Pleite in Serie (Cottbus II. 0:1/H) beendet. Bis zur Winterpause konnte sich der HFC dann auf "mittelmäßigem Niveau" stabilisieren. Einem Sieg (Plauen 4:1/H) standen 2 Remis gegen 2 "Kellerkinder" (Zwickau 0:0/A, Dessau 3:3/H) gegenüber und Bautzen (0:1) sorgte für Halles 3. Heimniederlage im 4. Spiel.
Die Sachsen-Anhaltiner standen vor den Spielen der Frühjahrsrunde jenseits von Gut und Böse. Der Start 2007 gelang im Derby in Halberstadt (2:1). Doch dann verschenkte der HFC 2 Siege (Erfurt II. 1:1/H, Meuselwitz 1:1/A), um gegen Auerbach wieder zu verlieren (0:2/H). Zu Hause sind die Rot-Weißen schlechterer Durchschnitt bei 4 Siege, 2 Remis sowie 5 Niederlagen und 14:12 Tore. Auswärts war die Ausbeute besser und die Bilanz ist im "grünen Bereich". Mit immerhin 4 Siegen und nur 9 Gegentoren bewegen sich die Saalestädter fast auf einer Ebene mit dem CFC. Die Highlights der Saison waren die Spiele beim FC Sachsen (1:0) und die Heimspiele gegen Plauen (4:1/H) sowie den CFC; Tiefpunkte die Spiele in Erfurt (2:3) und Pößneck (0:1) wie die Heimspiele gegen Dresden-Nord, Bautzen und Auerbach. 23 erzielte Tore sind für einen Spitzenplatz zu wenig, 21 Gegentore in 17 Spielen durchwachsen.
Im Landespokal war Ende im Achtelfinale (3. Runde) ausgerechnet bei der II. Mannschaft des 1. FCM (1:2 n. V.).
Verlierer der Saison:
René Müller (48) wurde neben der sportlichen Talfahrt auch das zunehmend schlechte Verhältnis zur Vereinsführung und Teilen der Fans zum Verhängnis. Er ist noch ohne neue Anstellung als Trainer. Stürmer Manuel Endres (27) kam in dieser Saison über fast die gesamte Dauer nur als "Joker" zum Einsatz. Das „ewige Talent“ Volkan Kiral (23) schaffte bislang u. a. wegen Verletzungen auch noch nicht den dauerhaften Sprung in den Stammkader, wobei der Deutsch-Türke (4 Vorlagen) gute Ansätze zeigte. Pech mit seinem Wechsel vom vermeintlichen Abstiegskandidaten Eilenburg zum vermeintlichen Aufstiegsbewerber Halle hatte auch Thorsten Kühnast (27/Abwehr), der aber irgendwo auch einer der Gewinner dieser Saison ist. Routinier und "Altstar" Christian Fährmann (32) wurde nach der eher durchwachsenen Hinrunde in die II. verbannt und muss sich dort wieder empfehlen.
Gewinner der Saison:
Neuzugang Thorsten Kühnast (27/Abwehr) schaffte den Sprung zum Stammkader. Im Angriff konnte er sich nach einer Steigerung gegen Ende der Herbstrunde bis jetzt neben Maik Kunze (32) etablieren. Unser ehemaliger Spieler René Stark (26) schaffte nach dem Wechsel in der Winterpause zum HFC sofort die Berufung in die Anfangsformationen mit effektivem Einsatz (2 Vorlagen). Mit Marco Hartmann (19/Abwehr), Steve Finke (19/Mittelfeld), David Reich (20/Sturm) erhielten 3 junge Spieler und Neuzugänge in der Winterpause sofort das Vertrauen.
Delegierungen seit dem Hinspiel:
Routinier und Abwehrchef Pawel Wojtala (32) kehrte aus privaten Gründen in der Winterpause nach Polen zurück. Uwe Sokolowski (25/Mittelfeld) zog es nach eher unbefriedigendem Reservistendasein in die Nordstaffel zum FC Schönberg. Marcel Geidel (25/Mittelfeld) spielt jetzt in der Verbandsliga (Halle-Ammendorf). Neu sind, wie schon erwähnt, Rene Stark (26/Mittelfeld), der aus Wimmelburg (Kreisliga) in der Winterpause kam. Dazu der Brasilianer Ari Gontijo dé Sousa Segundo (26/Angriff) aus Portugals 2. Liga. Er ist durch seinen Pass spielberechtigt. Steve Finke (19/Mittelfeld) stieß aus der Landesliga Sachsen (Grimma) wie auch David Reich (20/Angriff/FC Sachsen II.) zur Mannschaft. Neu ist auch der Pole Mariusz Misiura (25/Mittelfeld/Türkiyemspor). Dazu berief man Marco Hartmann (19) aus der eigenen A-Jugend in den Kader.
Der Trainer:
Mit Detlef "Kurt" Schößler (44) wird die 1. HFC-Mannschaft nach Reinhard Häfner und René Müller bereits zum dritten Mal von einem ehemaligen DDR-Nationalspieler und Spieler Dynamo Dresdens trainiert. Der ehemals auch in Magdeburg und Leipzig (VfB) spielende, übernahm am 07.11.2006 und hatte zuvor die Verantwortung für die A-Jugend des VfB und Sachsen Leipzig sowie des HFC inne. Sein größter Erfolg als Trainer war bislang der Aufstieg der A-Junioren des VfB in die Bundesliga, Wochen später folgte jedoch die Entlassung. Schößler gilt als Förderer junger Spieler, was er mit dem ganz erfolgreichen Einbau von Steve Finke und David Reich bewies.
Die Mannschaft:
Nummer 1 im Tor ist Matthias Küfner (25). In der Abwehr konnten sich Robert Pietsch (25), Torsten Kühnast und Christian Kamalla (24) etablieren. Gesetzt war vor der Winterpause auch Pawel Wojtala (32). Mit Marco Hartmann schaffte ein "Eigengewächs" den Sprung in den Stammkader. Im Mittelfeld bilden seit der Winterpause Steve Finke, Rene Stark, Kapitän Philipp Wanski (25), Sebastian Wille (21) das Rückgrat. Um einen festen Platz kämpfen ferner momentan Christian Fährmann, Volkan Kiral und Lars Georg (32). Logisch, dass bei einem Trainer wie Detlef Schößler vorrangig auf die Entwicklung jüngerer Spieler gesetzt wird, gerade wenn sportlich weder etwas zu gewinnen noch zu verlieren ist. Im Angriff ist David Reich zurzeit gesetzt, wenn auch das 1. Tor noch auf sich warten lässt. Neben ihm spielt der "alte Hase" Maik Kunze mit bislang 5 Treffern. Manuel Endres begann ganz ordentlich (3 Tore/8 Spiele), flog dann aber Mitte der Hinrunde aus der Stammelf. Als "Joker" gilt Sven Döring (25/3 Tore). Neuverpflichtung Ari Gontijo dé Sousa Segundo blieb nach starkem Einstand in Halberstadt (1 Tor/1 Vorlage) in den letzten 2 seiner 4 Spiele für den HFC nur die Reservistenrolle vorbehalten. 25 Spieler zählen zum Kader, der im Schnitt 25 Lenze zählt.
Das Umfeld:
Das „Geisterspiel“ gegen Jena als Strafe erneuter rassistischer Entgleisungen einzelner Fans, die Querelen um René Müller, die Rückzugsabsichten von Präsident Dr. Schädlich neben anderen Funktionären, die drohende Sperre des Stadions wegen Baufälligkeit der Flutlichtmasten, ein offensichtlich zerrüttetes Verhältnis vieler Fans zur Vereinsführung beschäftigten das Umfeld. Lichtblick war letztendlich der „Rücktritt vom Rücktritt“ durch den Vereinschef, der sich auch weiterhin engagieren wird, sowie dessen Aussage, dass der Traditionsverein von der Saale „arm wie eine Kirchenmaus, aber schuldenfrei sei“. In Sachen Stadionneubau tritt man, beschönigend ausgedrückt, auf der Stelle und wird wohl noch Jahre im maroden „Kurt-Wabbel-Stadion“ spielen müssen. Argumente für die Öffentlichkeit dieses Projekt zu forcieren konnte man einfach zu wenig liefern. An der Lizenzierung zur Regionalliga hat der HFC nicht teilgenommen, weil man die „15.000 EUR Grundgebühr“ anderweitig investieren möchte. Gegen Auerbach trafen sich zum Minusrekord noch 637 Fußballfreunde im Stadion. Das war deutlich unter dem aktuellen Schnitt von 1.131 Besuchern. Den CFC wollten damals noch 2.841 sehen. Als es noch besser lief hatten die Rot-Weißen zumindest noch etwas mehr als 1.000 im Rund. Gegen den FC Sachsen dürfte es auch angesichts der vermutlich zahlreichen Gäste wieder mehr werden. Darüber hinaus aber wird sich das Stammpublikum wohl im dreistelligen Bereich einpendeln. Mal wieder Agonie in Halle rund um den HFC. Am Sonntag kann man in Chemnitz wohl mit maximal 300 Gästen in Rot-Weiß rechnen.
