Serie erhalten mit Dreier gegen das "Schwaben-Wunder" …
von Timo Görner
… denn für den Ex-Erstligisten von 1992 bedeutete der Klassenverbleib letzte Saison ein zumindest "kleines Wunder". Ein sportlicher Kraftakt mit einer Aufholjagd in den letzten 6 Spielen.
Die letzte Saison unseres Gegners:
Besagte 6 Spiele retteten aus dem Abstiegssumpf. Dachte man, denn ein paar Tage später wurde klar das auch eine Niederlage am letzten Spieltag bedeutungslos gewesen wäre. Dafür sprachen 3 Punkte und 13 Tore Vorsprung auf Babelsberg als 19.. Ein gutes Ende einer turbulenten Saison mit 4 Trainern, angefangen von Dirk Schuster, Interimslösung Guido Buchwald, Gerd Dais und "Retter" Massimo Morales. Nach Spieltag 8 war dies nicht zu erahnen, Platz 8 mit 11 Punkten war die Bilanz. Grundstein waren die beiden Heimsiege gegen Osnabrück (3:0), gegen Aachen (3:1). Hinzu kam das 4:1 im "Heimauswärtsspiel" gegen den VfB Stuttgart II. 10 Spieltage später war Ernüchterung eingekehrt, aus Rang 8 Abstiegsplatz 18 geworden. Der sportliche Negativtrend dokumentiert mit nur 5 Zählern, 6 Toren und 1 Sieg in Erfurt (3:0). Ironie der Geschichte, Dirk Schuster musste ausgerechnet nach dem Gastspiel in der Geburtsstadt seinen Hut nehmen.
Guido Buchwald als "starker Mann" auf der Kommandobrücke übernahm das Amt, unter ihm zeitigte die Mannschaft zumindest einen am Ende wichtigen Dreier gegen Rostock (2:0). Die Trainersuche ging weiter, mit dem Sandhausener Aufstiegstrainer Gerd Dais schien eine Lösung gefunden. Der Optimismus schien berechtigt, Dais der erhoffte "Volltreffer" nach 7 Punkten aus 3 Duellen 2013. Der VfB II wurde wieder "abgewatscht" (3:0), Wehen Wiesbaden (2:0) in deren Stadion düpiert. Es blieb das berühmte "Strohfeuer", 4 Niederlagen schlossen sich an bei 1:11 Toren. Bei den durchaus "lösbaren Aufgaben" in Saarbrücken, Aachen (jeweils 0:3) blieb man blass, ebenso gegen Offenbach (0:2). Das 1:3 in Osnabrück schien "realistisch". Im Schneegestöber gegen Bielefeld (1:1) wurde die Krise "unterbrochen", das Fass zum Überlaufen bis zur erneuten Trainerentlassung brachte dann die schmerzlichen Heimpleiten im "6-Punkte-Spiel" gegen Erfurt (0:1).
Massimo Morales wurde "aus dem Ärmel gezaubert", ohne Effekt im nächsten "Endspiel" gegen Dortmund II wieder ohne Tor (0:1). Unter dem streitbaren Italiener kam man dann aber überraschend noch in die Position, den Klassenerhalt zum Finale in Darmstadt aus eigener Kraft zu schaffen. Sieg in Burghausen (4:1), gegen Absteiger Babelsberg (2:1). Vor allem aber das 1:0 in Münster, mit dem man dem SCP den Aufstieg am Ende verdarb, ließ aufhorchen. So reichte in Darmstadt ein Punkt, den man nach dem 1:1 6 min. vor Ende mit Glück verteidigte.
Zu Hause war man nicht klassentauglich, waren 5 Siege zu wenig. Nur Stuttgart II und Aachen waren schlechter. Auswärts reichten die 5 weiteren Dreier für den sportlichen Erfolg und die zehntbeste Ausbeute. 39:48 Tore sprechen für eine ausbaufähige Offensive, die knapp "über dem Strich war" und eine ordentliche Defensive. Im Landespokal kam das Aus im Viertelfinale bei Regionalligist SG Sonnenhof Großaspach (0:2), noch unter Dirk Schuster im Oktober 2012.
Delegierungen für diese Saison bislang:
10 Spieler kamen hinzu, 8 Akteure gingen ihres Weges.
Torwart Günay Güvenc (21/Besiktas Istanbul) ging in die Türkei, in der Frühjahrsrunde 2013 in 11 Spielen die Nr. 1. In der Abwehr war Thorben Stadler (23/Regensburg) bis zur Winterpause in der Regel gesetzt, fiel dann verletzungsbedingt aus und zog zum 01.09.2013 seines Weges. Im Mittelfeld wechselte Jérôme Gondorf (25) nach Darmstadt. Mit Marco Grüttner (27) musste man einen der 3 Topstürmer der letzten Drittligasaison an den Lokalrivalen VfB Stuttgart II abgeben, Bilanz: 18 Tore. Grüttners Abgang kann man als schwerwiegend ansehen, seine Tore trugen maßgeblich mit zum Klassenerhalt bei. Mit ihm ging zudem ein Führungsspieler.
Neu im Tor ist Mark-Patrick Redl (20) von der 2. Mannschaft der TSG Hoffenheim. In der Abwehr wurde Fabian Baumgärtel (24/Fürth) fest gebunden, zuvor im Januar 2013 ausgeliehen. Marc Stein (28) aus Offenbach schaffte doch den Klassenverbleib. Der letzte Verein des Serben Stefan Maletic (26), war der bosnische Erstligist NK Celik Zenica. Stuttgart ist seine 1. Station in Deutschland. Der Grieche Athanasios Raptis (18/A-Jugend) ist interner Neuer. Im Mittelfeld kehrte Patrick Milchraum (31) aus Georgien von Dynamo Tiflis nach Deutschland zurück. Der gebürtige Stuttgarter begann seine Profilaufbahn 2002 bei den Kickers, Stationen danach waren 1860 München, Aue, Karlsruhe, Aachen, zuletzt Tiflis. Pascal Schmidt (20) wurde aus der U23 hochgeholt.
Im Angriff wurde viel unternommen. Daniel Engelbrecht (22/Bochum) wurde nach Ausleihe vom VfL verpflichtet, der Deutsch-Italiener Elia Soriano (24) vom Karlsruher SC. Der Deutsch-Pole Paul Grischok (27/Etar Veliko Tarnovo) spielte zuletzt in Bulgarien. Der Franko-Marokkaner Karim Rouani (31) kickte bis Juli 2012 in Thailand bei BEC Tero Sasana. Die Abgänge von Güvencs (200.000 €) und Grüttner (15.000 €) brachten zumindest etwas Geld in die nicht gerade pralle Vereinskasse, für Engelbrecht wurden im Gegenzug 50.000 € bezahlt.
Der Trainer:
Aktuell wird die Mannschaft von Jürgen Hartmann (50) betreut, der mittlerweile 5. Trainer nach Schuster, Buchwald, Dais, Morales innerhalb von 15 Monaten. Er übernahm das Amt am 09.09.2013. Bislang einzigste Station als Chef einer 1. Mannschaft war bis Mitte April 2010 der aktuelle Regionalligist SC Sonnenhof Großaspach. Interessanter ist die Spieler-Vita. 1985 bis 1991 für den VfB Stuttgart aktiv, ging es bis 1997 zum Hamburger SV. 363 Spiele in der 1. Bundesliga stehen zu Buche, 17 Tore wurden erzielt.
Die Mannschaft:
Im Tor gibt es einen Zweikampf zwischen Daniel Wagner (26) und Markus Krauss (26). Zuletzt durfte Wagner 2x in Folge ran. In der Abwehr gelten Fabian Baumgärtel (24), Marc Stein (28), Julian Leist (25), Kai Bastian Evers (23), Fabian Gerster (26) als feste Größen. Das Mittelfeld sieht Sandrino Braun (25), der italienische Kapitän Vincenzo Marchese (30), Kevin Dicklhuber (24) als das Gerüst. Herausragend hier Dicklhuber mit 2 Toren und 2 Vorlagen. Hoffnungsträger Patrick Milchraum (31) ist noch nicht die erhoffte große Verstärkung, musste 3x auf der Ersatzbank Platz nehmen und stand auch 3x nicht im Kader. Zumindest konnte er ein Tor vorbereiten. Mit Mahir Savranlioglu (27) fällt ein Stammspieler der letzten Saison noch bis März 2014 aus (Kreuzbandriss). Im Angriff ist mit dem Deutsch-Spanier Marcos Álvarez (21) ein jüngerer Spieler die positive Überraschung, nach lediglich 2 Vorlagen der letzten Spielzeit kommt er auf bereits 3 Tore, darunter beide Treffer beim 2:2 in Osnabrück. Nr. 2 ist Elia Soriano (24), der einmal ins "Schwarze" traf. Danach sieht es aber eher durchwachsen aus. Der Serbe Nermin Ibrahimovic (23) ist nur Ergänzungsspieler, ebenso Omar Jatta (24) aus Gambia. Daniel Engelbrecht (22) fällt wie Jerome Hazaimeh aufgrund von Herzproblem aus, hier bis Mitte November 2013. Karim Rouani (31) spielt derzeit gar keine Rolle. Im Angriff muss man sich steigern, Grüttners Abgang hat eine deutliche Lücke hinterlassen. 28 Spieler, im Schnitt 25 Jahre alt, bilden das relativ große Aufgebot.
Die aktuelle Saison bislang:
Viele sahen die "blauen Stuttgarter" wieder im Abstiegskampf, zu begrenzt die finanziellen Möglichkeiten, dazu der Abgang von Spielern wie Grüttner. Der Start ging daneben, wieder siegte Erfurt in Degerloch mit 1:0. Saisonübergreifend das dritte sieglose Spiel in Folge. Ernüchternd die Abfuhr in Wiesbaden, 0:4 sprach eine deutliche Sprache. Die Sieglosserie ging weiter, bitter dass man gegen Kiel das 1:0 nach 90 min. nicht zum Sieg brachte. In Elversberg wurde auch das 1:0 verspielt, 9 min. vor dem Ende. Parallelen zum CFC bieten sich an. Krisenstimmung machte sich spätestens nach der 0:2-Heimpleite gegen Lokalrivale VfB II breit. Morales war längst umstritten, der Stuhl wackelte. Wieder wurden 2 Punkte verschenkt, in Osnabrück in der Schlussminute das 2:2 kassiert. Die Schwäche in der Schlussphase kostete auch wieder Punkte gegen Unterhaching (2:3). Bis 7 min. vor Ende war zumindest ein Punkt drin. Einmal durfte Morales noch mal ran, ohne Erfolg in Heidenheim (0:2). Das mittlerweile 10. Spiel in Folge ohne Sieg war zu viel. Neben den sportlichen Misserfolgen spielten aber wie schon mal vor einigen Jahren in Düsseldorf umstrittene Aktionen des Trainers eine Rolle. Interims-Lösung Hartmann kam, sah und siegte mit seiner Mannschaft, Regensburg (3:0) wurde mit Doppelschlag in min. 63 und 69 vorentscheidend getroffen. Ob Strohfeuer oder Anfang des Aufwärtstrends, wird sich am Samstag zeigen. Auswärts ist man eines von 4 noch sieglosen Teams, der letzte Dreier auf Reisen datiert vom 04.05.2013 in Münster. Im Landespokal steht man Mitte Oktober im Viertelfinale bei Landesligist TSV Heimerdingen.
Prognose:
Es bleibt beim Abstiegskampf, vermutlich bis Ende der Saison. Ohne 2,3 einschlagende Neuverpflichtungen, speziell im Angriff, wird es sehr schwer werden.
Das Umfeld:
Für den Erstligisten von 1992 zählt nach wie vor nur der Erhalt der 3. Liga. Mehr verbietet sich angesichts der aktuellen sportlichen Situation und der weiterhin begrenzten finanziellen Möglichkeiten. Die Kickers stehen im Schatten des großen Lokalrivalen in der 1. Bundesliga, dessen Zuschauerschnitt von 50.054 stehen 2012/2013 eher magere 3.894 gegenüber. Aktuell begeistern sich 3.678 im Schnitt für die Heimspiele im kleinen Stadion auf der Waldau. Platz 15 in der Zuschauertabelle, Schlusslicht ist übrigens Stadion-Mitnutzer VfB II. Den CFC sahen im letzten wichtigen Heimspiel der letzten Spielzeit übrigens solide 5.400 zahlende Besucher. Den Heimauftakt gegen "Heimangstgegner" Erfurt sahen 3.900. Den größten Run sah man im Lokalderby gegen den VfB II mit 4.500, zuletzt gab es den Minusbesuch gegen Regensburg mit 3.200. Der Etat für die laufende Serie beläuft sich auf insgesamt 5 Millionen €, davon sind rund die Hälfte dem Lizenzspielerbereich angedacht. Damit wurde der Haushalt durchaus beachtlich von 3,5 Millionen € nach oben gebracht. Bemerkenswert, da sich zuletzt zwei der Trägerbetriebe – einer davon "Xerox" – aus dem Sponsoring zurückgezogen hatten. Bemängelt wurden dabei auch Mängel im Marketing des Vereins. Abhilfe soll mit Hans-Georg Felder der ehemalige Pressechef von Hertha BSC schaffen. Der Verein wird seit Dezember 2010 von Rechtsanwalt Dr. Rainer Lorz geführt, Weltmeister Guido "Diego" Buchwald fungiert nach wie vor als sportlicher Direktor.
