CFC mit breiter Brust zum Klassiker nach Erfurt gegen einen …
von Timo Görner
… der Mitkonkurrenten um die Plätze oben, der ebenfalls auch neben dem Platz um seine Zukunft ringt.
Werdegang des FC Rot-Weiß Erfurt:
Muss eigentlich nicht noch mal beschrieben werden. Seit Jahren von finanziellen Engpässen geplagt, musste am 14.03.2018 das Insolvenzverfahren beantragt werden, der Schuldenstand neben der sportlich aussichtslosen Lage machte das Ziehen der "Notbremse" notwendig für den lt. Ex-Präsident Rombach seit "20 Jahren überschuldeten Verein". Auch das neue Stadion war nicht die erhoffte Verbesserung, im Gegenteil. Es zog die Schlinge noch enger, vor allem, da der größere Zuspruch letztendlich aufgrund der schlechten Ergebnisse ausblieb. Der Knackpunkt der Entwicklung dürfte die entscheidende Phase 2014/2015 gewesen sein, als die Thüringer um den Aufstieg in die 2. Bundesliga mitspielten. Nach einer Serie von 4 Niederlagen musste Trainer Walter Kogler gehen. Danach begann der Existenzkampf um den Klassenerhalt. Unter Stefan Krämer konnte der Abstieg 2x vermieden werden. Der Stadion-Neubau geriet zur Wackelpartie mit Problemen, die zunehmend schlechteren Finanzen ließen den Club 2017/2018 dann mit einer nur bedingt ligatauglichen Mannschaft ins Rennen gehen, wobei mit Krämer, David Bergner und Stefan Emmerling 3 Trainer am Werk waren. Querelen in der Vereinsführung mit der Entmachtung des langjährigen Vereinschefs Rolf Rombach, Punktabzug aufgrund nicht erfüllter Auflagen in der Nachlizenzierung 2018 und der wohl alternativlose Insolvenzantrag waren die Punkte einer "schwarzen Saison".
Die letzte Saison unseres Gegners:
Verlief sowohl sportlich wie auch wirtschaftlich bekanntermaßen deprimierend, Tiefpunkt der Vereinsgeschichte mit der erstmaligen Insolvenz und Absturz in die Viertklassigkeit. Die Lizenz geriet wie beim CFC zum enormen Kraftakt auf Kosten der Mannschaft. So verlief auch die Startphase mit 6 sieglosen Begegnungen bei 3 Niederlagen und 2 Heimpleiten gegen Zwickau, Paderborn (0:1). Nur 3 Treffer legten den Finger auf die Wunde. 2 Spiele später gab es Hoffnung, der Derby-Sieg gegen Jena wurde mit Auswärtssieg in Osnabrück veredelt. Lohn Platz 11, beste Phase, die aber nur Strohfeuer blieb. Zur Winterpause zwar noch nicht alles verloren, aber 6 Punkte zum rettenden Ufer als Schlusslicht ein "mittleres Brett", zumal Verstärkungen nicht möglich waren. Ganze 10 Tore waren erzielt, die größte Baustelle. Mit "Rückkehrer" Stefan Emmerling war Trainer 3 nach Krämer und Bergner am Start, die Fluktuation ein Baustein zur Insolvenz. Für Krämer war nach Wehen Wiesbaden (1:3) am 30.09.2017 Schluss, Pleite 3 in Folge. Bergner musste nach 6 sieglosen Partien mit 4 (3 knappen) Pflichtspiel-Niederlagen gehen, u. a. beim CFC, als man dran war an 1 Zähler. Der Abschluss 2017 desillusionierend in Würzburg (1:4) mit total verunsicherter Mannschaft. Der DFB machte bei der Nachlizenzierung Druck, forderte 1,6 Mio. € an, die letztendlich nicht ganz beschafft werden konnten. Umso erfreulicher der Auftakt 2018 gegen den späteren Aufsteiger Magdeburg (3:1). Nach Rostock (1:3) und Münster (0:5) verflog die gute Stimmung wieder. Der "Genickbruch" folgte im "6-Punkte-Spiel" gegen Zwickau (0:3), Mannschaft wie Verein als Trümmerhaufen, der sich seit November 2017 mit dem Machtkampf zwischen Präsident Rombach - Vize Nowag - Aufsichtsrat auch in der Chefetage so präsentierte. In Paderborn mit am Ende 11 gegen 9 gelang noch ein Achtungszeichen (1:0), nach Karlsruhe (1:3) überraschte der Insolvenzantrag nicht mehr. 7 Niederlagen zum Schluss waren Begleitmusik der desaströsen Saison, mit Klatschen gegen den CFC, Großaspach (0:6). Überschaubar der Erfolg im Pokal, gegen Hoffenheim (0:1) bundesweit und in Jena im Achtelfinale (1:2) im Land. Defensive wie Offensive blieb die "Rote Laterne", auf Reisen konnte man zumindest uns auf Platz 20 mit 10 gegen 9 Punkte verweisen.
Delegierungen für diese Saison bislang:
Wie beim CFC geht eine fast komplett neue Mannschaft ins Rennen. Nur 3 Akteure aus dem Vorjahr blieben, 2 die keine Rolle spielten und unser Ex-Kicker Marcel Kaffenberger. 25 Spieler sind weg, 19 kamen und der Kader wurde damit verkleinert.
Stammkeeper und "Eigengewächs" Philipp Klewin (24/Bielefeld) wechselte in die 2. Bundesliga. In der Abwehr ist Berkay Dabanli (28) nicht mehr dabei, allerdings schon seit der Winterpause nach Suspendierung. Spielt beim türkischen Zweitligisten Boluspor. Den Kroate Luka Odak (28/SV Türkgücü-Ataspor München) zog es in die fünftklassige Bayernliga. André Laurito (34) beendete die Laufbahn. Kapitän Jens Möckel (30) ging ohne Ziel. Kusi Kwame (28/HSV II), Januar 2018 gekommen und Stammspieler, heuerte in der Regionalliga Nord an. Im Mittelfeld nahm Routinier Daniel Brückner (37/ Niendorfer TSV) Abschied und begab sich in die Oberliga Hamburg. Ahmed Waseem Razeek (23), Bastian Kurz (21) sind wie Möckel ohne Arbeitgeber. Theodor Bergmann (21) empfahl sich für Zweitligaabsteiger Kaiserslautern. Blieb drittklassig wie Lion Lauberbach (20/Zwickau). Wichtigster Abgang der Kongolese Merveille Biankadi (23/Rostock). Im Angriff verließ "Ikone" Carsten Kammlott (28) den Verein, ging ausgerechnet nach Nordhausen. Ende Februar fiel er nach blasser Saison mit 1 Tor in 21 Spielen aus (Innenbandriss). Besser lief es für Elias Huth (21/7), wie Bergmann jetzt am "Betzenberg". Der Bosnier Nermin Crnkic (25) flog gegen den CFC nach ordentlichem Beginn mit 2 Toren in 11 Spielen vom Platz. Er landete in seiner Heimat bei Erstligist FK Tuzla City. Das die wichtigsten Personalien.
Beim CFC gab es 18 Neue, in Erfurt ebenfalls. Lukas Cichos (22/Magdeburg) im Tor war 2017/2018 nach Zwickau verliehen, aber nur in 1 Punktspiel und im Sachsenpokal aktiv. In der Abwehr wurden aus der Regionalliga Nordost der Ex-Jenaer Pierre Becken (30/Berliner AK), der Ghanae Francis Adomah (26/BFC Dynamo), der Kroate Petar Lela (21/Nordhausen) und Angolaner Glody Zingu (24/Neustrelitz) geholt. Ex-CFCer Nicolai Lorenzoni (26) spielte wie Dejan Bozic bei Südwest-Absteiger TuS Koblenz. Daniel Rechberger (22) aus Österreich kam vom Zweitligist Floridsdorfer AC. Patrick Hädrich (18), Til Schwarz (18/A-Jugend) waren interne Wechsel. Im Mittelfeld zog es den Tschechen Lukas Novy (27/Auerbach) nach Erfurt wie Topvorbereiter Rico Gladrow (27/Fürstenwalde). Referenz: 24 Vorlagen. George Kelbel aus Ghana (25) wechselte mit Zingu. Fouley (24) kickte bei Eintracht Braunschweig II – Zwangsabsteiger Staffel Nord. Aus der Bayern-Staffel heuerte Danilo Dittrich (23/SV Seligenporten) an. Im Sturm findet sich der "Königstransfer" Andis Shala (29/Babelsberg). Der Sohn unseres Ex-Kickers begann 2008 seine Profi-Laufbahn beim VfR Mannheim, weiter ging es zu Dundee United (Schottland), Halle, Jena, BFC Dynamo, 03. Für 03 kam er in 3 Jahren auf 64 Tore in 106 Spielen. Tobias Hasse (22) verließ nach TeBe, Hertha BSC, BAK 07, Viktoria erstmals Berlin. Darryl Geurts (24) war in Paderborn ohne Perspektive. Der Senegalese Mame Diouf (27/VfV Hildesheim) kennt Brdaric aus Neustrelitz, den Serben Velimir Jovanovic (30/Greifswalder FC) kennt man aus den Stationen Magdeburg, Jena, Cottbus, Neustrelitz. Bilanz 2017/2018: 27 Spiele – 25 Tore in der Verbandsliga Mecklenburg-Vorpommern.
Der Trainer:
Die Verpflichtung von Ex-Profi Thomas Brdaric (43) ließ aufhorchen und verdeutlicht zugleich die Ambitionen auf den Wiederaufstieg. Stationen als Spieler waren u. a. Düsseldorf, Leverkusen, Wolfsburg und Hannover 96 bis Ende der Laufbahn Sommer 2008. 204 Spiele in der 1. Bundesliga für Stuttgart, Leverkusen, Wolfsburg, Hannover bei 54 Toren stehen zu Buche. Ende März 2009 der Start der 2. Karriere als Sportlicher Direktor und kurz darauf Trainer bei Union Solingen. Weiter ging es nach Weißrussland mit dem FC Bunyodkor, Dynamo Minsk. Wieder als Sportchef bis zum Engagement in Neustrelitz. Wo er die TSG sensationell zum Staffelsieg Nordost führte. Nach dem verpassten Aufstieg verließ er die Mecklenburger. Heuerte für jeweils kurze Zeit beim VfL Wolfsburg II, Regionalligist TSV Steinbach, Shkendija Tetovo (Mazedonien) und zuletzt Oberligist Tennis Borussia Berlin an.
Die Mannschaft:
Im Tor ist Lukas Cichos (22) wie erwartet die Nr. 1 vor "Eigengewächs" Julian Knoll (19), der in der Vorsaison in 1 Spiel beim 3:1 gegen Magdeburg im Kasten stand. Fallen beide aus, müsste Luca Petzold (16) ran, der primär für die A-Jugend im Einsatz ist. In der Abwehr bildeten "Defensiv-Allrounder" Lukas Novy auf Rechts, Pierre Becken und Petar Lela als Manndecker in den ersten 3 Begegnungen den Stamm. Auf der linken Seite durften Morten Rüdiger, Nicolai Lorenzoni, Glody Zingu ran. Rüdiger (23) einer von den 3, die übrig blieben. Im defensiven Mittelfeld gilt Kapitän Marcel Kaffenberger als feste Größe, er soll die fast komplett neue Mannschaft mit teils noch jungen Spielern führen. Daneben steht der Franzose Quentin Fouley. Danilo Dittrich muss hier um seinen Platz kämpfen. Torgefährlichkeit erhofft man sich in der offensiven Zentrale von Rico Gladrow, bislang konnte er sich noch nicht einbringen. George Kelbel im gleichen Sektor hingegen kam in Berlin bei der VSG zum Traumeinstand mit 2 Treffern als Einwechselspieler. In Halberstadt stand er dann in der Anfangself. Im Angriff ist Andis Shala wie erhofft der Fixpunkt. Er konnte die Erwartungen mit 2 wichtigen Toren jeweils zur Führung erfüllen. Velimir Jovanovic begann in Berlin und gegen Auerbach jeweils im Rechten Mittelfeld und als Rechtsaußen, war in Halberstadt Bankdrücker bis Minute 73. Aktuell ohne Tor. Tobias Hasse dürfte vorerst keinen Stammplatz erreichen, ebenso nur Ergänzungsspieler ist Mame Diouf. Darryl Geurts wurde gar nicht berücksichtigt. 24 Akteure sind 2 weniger als beim CFC. 24,3 Jahre im Schnitt eher einer der etwas jüngeren Kader.
Die Bilanz gegen den FC Rot-Weiß Erfurt:
Sieht aktuell 81 Begegnungen mit einem ganz knappen Vorteil für die Gastgeber, die 29 Spiele gewannen während der CFC 28x siegreich blieb bei 106:108 Toren. Im "Steigerwald-Stadion" liegt Rot-Weiß klar vorne, konnte 23 Duelle für sich entscheiden, während wir nur 8 gewannen. Allerdings blieben wir zuletzt 7x in Folge unbesiegt bei 5 Siegen und 3 Erfolgen in Erfurt mit 2:0, 2:1 und 5:0. Die Serie gilt es fortzusetzen.
Die aktuelle Saison bislang:
Im traditionsreichen "Jahn-Sportpark" begann für die Thüringer nach 10 Jahren 3. Liga eine neue Ära, Gegner war mit der VSG Altglienicke der Neuling des Vorjahres. Bis zur 60. Minute musste man sich gedulden, bis Andis Shala den "Dosenöffner" zum 3:0-Endstand fand. George Kelbel machte die weiteren Treffer. Der 1. Sieg in einem Pflichtspiel seit 24.03.2018. Als klarer Favorit reichte es zum Heimspielauftakt gegen den VfB Auerbach im Duell Profis – Amateure nur zum 0:0. Ein Sieg war möglich, wäre insgesamt auch nicht unverdient gewesen. Auf der anderen Seite hatte der Gast auch Chancen zum Treffer. Die zweite Dienstreise führte nach Halberstadt, der Gastgeber ließ mit einem 5:0 beim BFC Dynamo zuvor aufhorchen. Wieder sorgte Shala für die Führung und damit den Sieg, wieder ohne Gegentor. Die 1. Halbzeit wurde noch Spiel und Gegner kontrolliert, die zweiten 45 Minuten sah eine in die Defensive gedrängte Erfurter Mannschaft, die den Vorsprung ins Ziel rettete. Erklärtes Ziel für diese Saison ist natürlich auch der Landespokal, hier geht es zum Auftakt in die Landesklasse zum FSV Grün-Weiß Stadtroda und damit quasi nach Jena.
Das Krankenlager/Strafbank/Parteistrafen:
Francis Adomah (26/Abwehr) fällt noch bis Ende September aus, Grund: Meniskusverletzung. Danilo Dittrich (23/Mittelfeld) zog sich in Halberstadt einen Meniskusriss zu, wurde auch bereits operiert und fällt damit für einige Wochen aus.
Prognose:
Die Erfurter sind einer der Kandidaten im Aufstiegsrennen und in der Lage, oben mitzuspielen. Wenn man von Ausfällen der Eckpfeiler verschont bleibt, die Hoffnungsträger wie Becken und Shala einschlagen. Brdaric hat in Neustrelitz bewiesen, ein Team ohne große Stars an die Spitze zu führen. Wichtig wird es sein, das es im Umfeld ruhig bleibt und das Insolvenzverfahren problemlos abgeschlossen wird. Tipp: Platz 1 bis 3.
Das Umfeld:
Der Heimauftakt gegen Auerbach begann mit 15 Minuten Verspätung, Grund waren 4.616 Zuschauer, welche den Neustart live erleben wollten. Mit diesem Besuch hatte man nicht gerechnet und die Stadionkassen entsprechend geringer besetzt. Der CFC-Fan wird sich an 2006/2007 gegen Meuselwitz erinnern, als eine veritable Zahl Fans das 1:0 durch Marcel Schlosser vor dem Stadion erlebten. Beleg für eine Aufbruchstimmung zumindest in weiten Teilen des Umfelds. Vergangene Saison lag man am Ende im Schnitt bei 5.106, zu wenig, um den Spielbetrieb in der 3. Liga mit Altlasten auf dem Buckel aufrechtzuerhalten oder profitabel zu gestalten. Wie in Chemnitz war man bemüht, dass der Hauptnutzer auch weiterhin in der Arena spielt und kam dem Club entgegen. Der Zuschuss seitens der Stadt an die Arena GmbH wurde von 400.000 € auf 1,5 Mio. € erhöht, der Mietvertrag für Rot-Weiß betreffs Miete neu justiert. 90.000 € sind jetzt fällig – pro Saison mit Aufschlag falls mehr als 3.000 kommen. Die Vermarktungserträge der Arena blieben hinter den Erwartungen zurück. Ein Grund lt. GmbH die mangelnde Sogwirkung durch Rot-Weiß mit der negativen Entwicklung. Die Sanierung der Westtribüne bleibt unklar, wurde aufgrund der aktuellen Situation vorerst nach hinten geschoben. Mögliche Kosten bewegen sich im mittleren einstelligen Millionenbereich. Das Insolvenzverfahren wurde am 01.06.2018 eröffnet, als Chef wurde Rechtsanwalt Volker Reinhardt bestimmt, der als renommierter Vertreter seiner Zunft gilt. Da der Vorstand im Mai 2018 komplett den Hut nahm, ist Reinhardt "starker vorläufiger Insolvenzverwalter". Eine seiner wichtigsten Aufgaben sieht er darin, die DFB-Zertifizierung der Nachwuchsabteilung zu erhalten. Der Hauptsponsor der vergangenen Saison als bundesweit agierendes Autohaus mit Filialen in Berlin, Brandenburg, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt blieb an Bord. Parallelen zum CFC bieten sich beim Ausrüster und den Geldgebern.