Bezirksderby zur Osterzeit gegen den FSV …
von Timo Görner
… Zwickau, der fast immer im Gleichschritt mit dem CFC durch die Spielzeit geht. Beide Vereine können das traditionsreiche Duell am Sonntag in der Gewissheit angehen, eine enorm schwierige Saison nach holprigem Beginn gut gemeistert zu haben. Sportlich und auch wirtschaftlich, auch dank der Leute auf den Rängen.
Die aktuelle Saison:
Begann sehr holprig, wie beim CFC. Auch hier gab es einen personellen Umbruch im Kader unter veränderten Vorzeichen. Sprich, man musste jeden Euro dreimal umdrehen bevor neue Spieler geholt werden konnten. Dazu gab es den Abgang einiger Stammspieler aus dem Vorjahr. Wobei hier noch viel mehr getan werden musste als bei uns. Den FSV verließen nach dem Abstieg 24 Akteure. Nur wenige entschlossen sich zum Bleiben wie Davy Frick, Mike Könnecke (eigentlich auch schon weg) und Yannick Voigt. In Windeseile musste in kurzer Zeit ein fast komplett neues Team auf die Beine gestellt werden.
Der Auftakt ging daneben, als Underdog beim Titelfavoriten BFC (0:3). Schon im 2. Spiel durfte der erste Sieg bejubelt werden, gegen Luckenwalde (2:0). Vor dem Hinspiel in Runde 9 beide Vereine fast exakt im Gleichschritt und Tabellennachbarn. Nah an der Abstiegszone mit 8 Zählern. Der FSV knabberte an seiner Auswärtsschwäche, verlor alle 5 Spiele mit 6:16 Toren. Auch beim bis dahin sieglosen BAK (1:2). Es haperte in der Defensive bei den Niederlagen in Erfurt (1:4), Cottbus (1:3) und Hertha BSC II (3:4). Umso wichtiger das 3:2 gegen Aufsteiger Hansa II. Nach dem durchaus unglücklichen 1:2 im Derby holte sich Altglienicke beim 5:0 die Punkte in Eckersbach.
Die Erfolglosigkeit auf Reisen blieb auch in Meuselwitz (0:1), 6. Niederlage im 6. Versuch. Aber es ging langsam aufwärts. In den folgenden 5 Duellen bis zur Winterpause schaffte der FSV die Trendwende mit ordentlichen 8 Punkten. Im eigenen Stadion hielt man sich mehr als wacker gegen Greifswald (2:2) und dem BFC beim entscheidenden Gegentor erst kurz vor Ende. Stark die Siege gegen Lok, das 0:2 am Ende zum Sieg gedreht wie das 5:2 zum Jahresabschluss auf der Baustelle in Jena. Zur Winterpause stand nun Rang 15, nur 1 Zähler hinter dem eigentlich ambitionierten 1. FC Lok.
2024 wurde der positive Trend fortgesetzt und ausgebaut. Vom befürchteten "Durchmarsch nach unten" ist keine Rede mehr. 6 der 9 Partien wurden gewonnen, 16:9 Tore verbucht. Von Platz 15 ging es hoch auf 9, 16 Punkte und 28 Tore Vorsprung auf den möglichen Abstiegsplatz 17. Den nimmt der BAK ein, im eigenen Stadion (2:0) bezwungen. Auch hier Parallelen zum CFC. Beeindruckend die Heimspiele gegen Erfurt (5:0) und Hertha BSC II (4:1). Cottbus musste sich beim 2:0 in Zwickau redlich mühen, auch Babelsberg hatte beim Heimsieg gegen den FSV kein leichtes Spiel. Bei Viktoria schlug sich der FSV selber, zum einen mit schwächerer Leistung und zwei individuellen Fehlern zu den Gegentoren.
In Zwickau-Eckersbach die Rot-Weißen siebtbeste Gemeinschaft, beim Saldo 6-4-4 und 25:20 Toren. Auswärts wurde sich erheblich gesteigert, nach zunächst 6 Niederlagen wurden danach 4 Siege und nur die 1 Pleite bei 03 verbucht. 41:45 Tore sprechen für eine sehr solide Offensive (5.) und zumindest ligataugliche Defensive (13.). Der Traum, erstmals den Sachsenpokal nach Zwickau zu holen, lebt weiter. Nach dem alles in allem souveränen 4:1 beim VfB Fortuna Chemnitz geht es im Halbfinale gegen Dynamo Dresden. Möglicher Gegner im Endspiel der Erzfeind aus dem Lößnitztal.
Delegierungen seit dem Hinspiel:
Es gab keine Änderungen.
Die sportliche Leitung:
Rico Schmitt (55) hat nach wie vor das Sagen als Cheftrainer, hatte auch in der schwierigen Phase bis Ende der Hinrunde das Vertrauen der Vereinsführung. Ihm gelang es, die fast komplett neu aufgebaute Mannschaft teils mit Neuzugängen erst Tage vor dem Start zum Kollektiv zu formen, welche das Ziel Klassenerhalt deutlich vorzeitig erreichen wird. Daniel Rupf (35) unterstützt weiter als Co-Trainer. Tom Hornuff (27) coacht die Torhüter, zuvor in gleicher Funktion bei unserer U17. Als Spieler beim BSC Rapid Kappel.
Ex-CFC-Profi Robin Lenk (39) ist der Sportdirektor seit dieser Saison, zuvor Co– und Interimstrainer. Mario Kallisch (57) fungiert als Mannschaftsleiter. Die Organisation des Spielbetriebs wiederum obliegt Jörg Schade (51).
Das Spieler-Kollektiv:
Im Tor ist aktuell Benjamin Leneis (25) die Nr. 1. Beim letzten Spiel der Herbstrunde gab es den erneuten Wechsel im Kasten. Lucas Hiemann (24) verlor seinen Stammplatz durch eine "Rot-Sperre" nach dem hektischen Ende der Partie gegen den BFC Dynamo. Durfte zuletzt bei Viktoria ran, bei Fortuna stand dann wieder Leneis in der Startelf. Leon Asseth (18) aus der eigenen U19 noch ohne Einsätze.
Der FSV wechselt in der Abwehr zwischen der Vierer– und Dreierkette. In Berlin war es Ersteres. Bei den Innenverteidigern haben sich Kilian Senkbeil (24/2), Kapitän Davy Frick (33) als feste Größen etabliert. Daneben kämpfen noch Sonny Ziemer (22), Lucas Albert (24), Philipp Heller (19) um den Status. Sandro Sengersdorf (25) ist Linksverteidiger, rückte zuletzt aber auch mehrmals in die Manndecker-Position. Die Seite besetzt dafür Lloyd-Addo Kuffour (21/1), bereits 5 Torvorlagen. Rene Rüther (22/1) ist Rechtsverteidiger, aber auch anderweitig in der Defensive verwendbar und auch so eingesetzt.
Im defensiven Mittelfeld vertrauen die Trainer meist auf Felix Schlüsselburg (22/1) und Maximilian Somnitz (20). "Eigengewächs" Yannick Linnemann (19) verletzungsbedingt ohne Spielpraxis. Für die offensive Ausrichtungen können die Zwickauer auf Routinier Mike Könnecke (35) und Jahn Herrmann (23) bauen. Herrmann mit herausragender Saison: 8 Tore + 5 Vorlagen. An 32% der FSV-Tore beteiligt. Ausbildung beim FC Bayern München. Auf Links ist Yannic Voigt (22/2) die Nr. 1, "Matchwinner" in Leipzig-Leutzsch mit dem Siegtor zum 2:1 kurz vor Ende. Rechts gibt es keine Stammkraft, Louis Schädel (19) wie Linnemann ein U19-Kader Marke "Perspektivspieler".
Im Angriff gibt es mit Marc-Philipp Zimmermann (33) die "Überlebensversicherung", einer der Top-Stürmer in Liga 4. 12 Treffer stehen schon auf der Habenseite, natürlich auch im Hinspiel. Gegen den CFC trifft der Polizist erfahrungsgemäß fast immer. In 6 Spielen der Regionalliga Nordost 5-mal. Der Kosovare Veron Dobruna (23/7) ist Allorunder. An 11 Toren beteiligt. Lucas Will (24/3) "Ergänzungsspieler". Theo Martens (21/2) besetzt den Rechtsaußen, rückt aber auch immer mal ins rechte Mittelfeld, wenn der FSV mit 1 Spitze agiert. Aktuell 5 Torbeteiligungen. Luis Klein (20/1) auf Linksaußen, siehe Will. Mit Zimmermann, Martens, Dobruna hat der FSV ein starkes Trio im Sturm zur Verfügung.
24 Akteure stehen im Kader, 3 weniger als beim CFC. 23,1 Jahre im Schnitt liegen unter dem unsrigen mit 24,1. Es ist gelungen, trotz der bekannten Probleme nach dem Abstieg ein schlagkräftiges Aufgebot zusammenzustellen. Vorteil zudem, nur 7 Verträge laufen Stand jetzt zum Saisonende aus. Darunter Frick und Könnecke. Marc-Philipp Zimmermann z. B. hat seinen Kontrakt vor wenigen Tagen noch mal bis 2025 verlängert, auch ein Eckpfeiler wie Jahn Herrmann ist bis dahin gebunden.
Einkaufsbilanz:
19 Neue wurden bis heute geholt, eine enorme Herausforderung für die Personalplanung.
Von denen konnten sich Benjamin Leneis (FC Augsburg), Kilian Senkbeil (SVG Freiberg), Lloyd-Addo Kuffour, Felix Schlüsselburg (beide RW Ahlen), Rene Rüther (Hannover 96 II), Sandro Sengersdorf (SV Heimstetten), Jahn Herrmann (Blau-Weiß Linz/Österreich), Maximilian Somnitz (Grazer AK/Österreich), Marc-Philipp Zimmermann (VfB Auerbach), Theo Martens (FC Hansa II), Veron Dobruna (SpVgg Hankofen-Hailing) überwiegend oder (fast) immer als Stammspieler etablieren.
Zimmermann, Herrmann, Martens, Dobruna sind für die Offensive fraglos enorme Verstärkungen. Herrmann und Zimmermann wohl sogar echte "Volltreffer".
Sonny Ziemer (Hertha BSC II) hat enormes Verletzungspech, zählte, wenn gesund, mehrmals zum Stammpersonal. Lucas Albert, Lucas Will (VFC Plauen) konnten sich bislang nicht endgültig etablieren wie Philipp Heller (VfL Wolfsburg II) und Luis Klein (Schalke 04 II). Yannick Linnemann, Louis Schädel, Leon Asseth kamen aus der U19, somit eher "Perspektivkader". Linnemann mit Verletzungspech, Schädel konnte zumindest 7 Kurzeinsätze erreichen. Asseth wie Linnemann noch ohne Praxis.
Gesamtfazit: gut. Vor allem angesichts der Umstände und Möglichkeiten und mehrerer Zugänge, die sehr gut eingeschlagen haben. Der massive Umbruch nach dem Abstieg ist gemeistert.
Krankenlager / Strafbank:
Davy Frick fällt vermutlich für den Samstag aus, Beckenverletzung. Sonny Ziemer hat es noch schlimmer erwischt, muss seit Mitte Dezember 2023 wegen eines Kniescheibenbruchs pausieren. Yannick Linnemann fehlt aktuell wegen muskulärer Probleme.
Prognose:
Mit dem Abstieg wird der FSV natürlich nichts mehr zu tun haben. Ein einstelliger Platz ist durchaus machbar.
Bilanz gegen unseren Gegner:
66 Spiele gab es in diesem "Westsachsen-Classico" bereits. Von denen konnten wir 31 für uns entscheiden, 16-mal blieben die "Schwäne" siegreich bei 93:65 Toren.
In unseren Gefilden sieht es deutlich aus, nur 4 Begegnungen bei 20 vollen Erfolgen für uns konnten die Zwickauer gewinnen. Zuletzt am 09.12.1995, im Sportforum und in der 2. Bundesliga mit 1:0. Am Ende stieg der CFC ab. Seitdem gab es inkl. Sachsenpokal in 7 Duellen 6 Siege für Himmelblau. Das einzige Remis in der 3. Liga 2019/2020, mit 2:2. Die Punkte sollten uns am Ende aber zum Klassenerhalt fehlen. In Zwickau ist der Saldo mit 10-11-12 knapp negativ.
Das Umfeld / Wirtschaft/ Stimmung:
Nach der Insolvenzgefahr vor der Saison und der Entscheidung, den steinigen Weg ohne das umstrittene mit unannehmbaren Bedingungen verbundene Angebot des Investors anzunehmen, ist der FSV noch nicht endgültig über den Berg. Die größten Herausforderungen wurden aber bewältigt und wirtschaftlich ist zumindest vom "bösen I-Wort" keine Rede mehr. Am vergangenen Wochenende stand die Mitgliederversammlung an. Der Schuldenberg von 3 Mio. € im Sommer 2023 wurde deutlich reduziert auf 1,9 Mio. €. Enorm hilfreich der Zuspruch auf den Rängen. Dazu kamen Aktionen der Fans, Einsparungen im Personal mit Reduzierung der Kosten, ehrenamtliche Unterstützung in vielen Bereichen, Treue der Sponsoren, Erlöse aus dem Fanshop auf Drittliganiveau. Am Ende der Saison soll ein Plus von 180.000 € beim Gesamtumsatz von 3 Mio. € stehen.
5.400 Fußballfreunde im Schnitt kamen bislang zu den Heimspielen in Zwickau-Eckersbach, der drittbeste Besuch der Liga. Entgegen der Befürchtungen sogar ein kleiner Anstieg zu den 5.166 aus dem Vorjahr eine Etage höher. Den größten Andrang an den Stadiontoren gab es gegen die BSG Chemie Leipzig bei zweitligareifen 9.446. Cottbus sahen nur wenig dahinter deren 8.697, den CFC wollten im Hinspiel 7.804 sehen. Weniger voll waren die Ränge gegen Clubs mit wenig Attraktivität und Gästeanhang und als es sportlich weniger rund lief. So Altglienicke bei 3.740. Wie bei uns wurden Aktionen gestartet, um viele Fans ins Stadion zu locken, was auch hier gut geklappt hatte. Verein und Fanszene rückten sowohl in Zwickau als auch in Chemnitz wieder enger zusammen.