Punkten beim Verfolger Nr. 1 und Ende der "schwarzen Serie"...
von Timo Görner
...in Lübeck. Der CFC könnte mit einem Sieg derzeit Zweitplatzierten distanzieren. Doch Der VfB siegte zuletzt 5x in Folge an der "Lohmühle" gegen die Himmelblauen. Das letzte Erfolgserlebnis für Chemnitz (2:0) datiert auf November 1995, damals in Liga 2.
Die aktuelle Saison unseres Gegners
Hier und da galt der VfB als eine Art "Geheimfavorit", so richtig ernst nahm man die Mannschaft als Aufstiegsaspirant aber nicht. Aktuell gilt Lübeck als die positive Überraschung dieser Saison. Der Auftakt ging erstmal schief, Magdeburg (0:2) holte 3 Punkte an der "Lohmühle". Nach dem Hinspiel und dem 0:6 an der Gellertstraße standen erst 7 Punkte aus 6 Begegnungen zu Buche. Rang 12 und nur 2 Zähler auf die Abstiegsregion waren nicht angetan, um Hoffnungen auf die Tabellenspitze zu machen. Die derbe Schlappe in Chemnitz war allerdings der Wendepunkt. Ab da wurde nicht mehr verloren und die Norddeutschen marschierten von Spieltag zu Spieltag weiter Richtung oberste Etage. Die Bilanz seitdem ist bemerkenswert: 11 Siege und 3 Remis. Von Spieltag 10 bis 14 gelangen sogar 5 Siege in Folge. Auf eigenem Rasen düpierten die Grün-Weißen die starken Gemeinschaften aus Wolfsburg (3:1) und Halle (3:2), ärgerte zudem Staffel Topfavorit RB Leipzig (0:0) und zog das brisante Derby gegen Kiel (2:0). Auf Reisen wurden "Pflichtaufgaben" wie bei Türkiyemspor (3:0), in Cottbus (3:1), Braunschweig (1:0) und Wilhelmshaven (2:0) gelöst. Die Grün-Weißen stellen das aktuell drittbeste Kollektiv der Platz bauenden Gemeinschaften, zeitigten hier 20 Punkte aus 10 Begegnungen. Lediglich der 1. FC Magdeburg und Wilhelmshaven (1:2) waren in Lübeck erfolgreich. Die letzte Heimpleite datiert mittlerweile vom 11.09.2010. Auswärts ist man derzeit nur ein wenig schlechter als der CFC, beeindruckt hier durch 7 Siege bei nur 1 Niederlage. In beiden Fällen ist man also durchaus Spitze. 36:23 Tore sprechen für die zweitbeste Offensive und die fünftbeste Defensive. Rang 2 insgesamt ist also absolut berechtigt. Mit 7 Punkten und 2 Rängen Vorsprung auf den reichen Staffelgenossen aus Leipzig konnte vor Saisonbeginn wohl keiner rechnen. Der VfB überzeugt bislang mit einer geschlossenen Mannschaftsleistung und dürfte von den 4 Teams ganz oben den wenigsten Druck verspüren. Schafft man den Aufstieg nicht, wird man im Umfeld dennoch zufrieden sein.
Im DFB-Pokal schaffte Lübeck diesmal keine Sensation in Runde 1, scheiterte an Zweitligist MSV Duisburg (0:2). Im Landespokal steht der VfB am 16.03. im Halbfinale beim Oberligisten SV Eichede. Im Viertelfinale brauchte man ein Elfmeterschießen beim VfR Neumünster (5:4), ebenfalls aus der Oberliga und dort aktuell Tabellenführer.
Delegierungen seit dem Hinspiel
Es gab ein paar Veränderungen, genau 2 Ab- und 2 Neuzugänge. Torwart Benjamin Gommert (25), erst zu Saisonbeginn aus Zwickau gekommen, verließ den VfB nach 2007 zum 2. Mal. Er heuerte bei Bayernligist Seligenporten an. Gommert erwies sich als guter Vertreter für den verletzten Stammkeeper Nourreddine Semghoun und sollte eigentlich weiter in Lübeck bleiben. Ole Hengelbrock (23/Abwehr) spielte auch nur ein halbes Jahr hier. Er kam über 3 Kurzeinsätze nicht hinaus und ging zum VfB Oldenburg in die Oberliga.
Für das Mittelfeld kamen Marcus Steinwarth (24/Türkiyemspor) und Kevin Kluk (20/Braunschweig II). Beide zählten bei den Staffelkonkurrenten jeweils zum Stammkader.
Der Trainer
Peter Schubert (44) betreut die 1. Mannschaft der Lübecker seit mittlerweile über 2,5 Jahren. Er übernahm das Amt nach dem Abstieg des Ex-Zweitligisten in die Viertklassigkeit und den massiven finanziellen Problemen. Nach 2 ordentlichen Jahren im Mittelfeld der Liga ohne Ambitionen nach ganz oben trägt die unaufgeregte Aufbauarbeit erste Früchte. Er dürfte momentan als sicher gelten, hat noch einen Vertrag bis Juli 2013.
Die Mannschaft
Nourreddine Semghoun (29) kehrte nach Verletzung mit Beginn der Frühjahrsrunde wieder ins Tor zurück. Seine Vertreter waren Benjamin Gommert (25) und zuvor Rene Melzer (21). In der Abwehr sind Marcel Gebers (24), Michael Hohnstedt (22), Kapitän Moritz Marheineke (25) und Dennis Wehrendt (24) feste Größen. Im Mittelfeld gilt dies für Danny Cornelius (25), den Österreicher Rolf Landerl (35), Nils Lange (24), Tim Siedschlag (23), Philipp Röhr (24) und den torgefährlichen (6) Kroaten Domagoj Duspara (23). Mit Steinwarth und Kluk stehen zusätzliche Alternativen bereit. Im Angriff verfügt der VfB über einen der Topstürmer dieser Regionalliga: Bastian Henning (27) kommt auf derzeit 12 Tore, glänzte zudem bereits 6x als Vorlagengeber. Damit ist er an der Hälfte aller Lübecker Tore direkt oder indirekt beteiligt. Hennig war am vergangenen Wochenende in Wilhelmshaven der "Matchwinner", erzielte beide Tore und bereits seinen "Doppelpack Nr. 3". Die Bilanz seiner letzten 3 Jahre lautet 82 Einsätze mit 31 Toren - keine schlechte Quote. Ähnlich stark präsentierte sich in der Vorsaison Stefan Richter (26), für ihn läuft es aber diesmal weniger gut. Er hinkt mit erst 2 Torerfolgen seinem Kollegen deutlich hinterher. Emir Zekiri (22) aus Mazedonien schlägt sich als Neuzugang von Vorjahresabsteiger FC St. Pauli II auch ganz wacker (3).
23,8 Jahre im Schnitt sprechen für einen der jüngeren Aufgebote dieser Staffel, der CFC liegt bei 26,1. Lübeck hat ein Kollektiv ohne Starts, dafür aber mit Spielern, die sich in den letzten 2,5 Jahren deutlich vorwärts entwickelt haben.
Die Einkaufsbilanz
13 Spieler hatte man neu verpflichtet. Als Stammspieler entpuppten sich Siedschlag, Duspara und Cornelius. Gommert und Melzer durften jeweils als Vertreter im Kasten ran, kamen und kommen aber an Semghoun nicht vorbei. Steinwarth ist bislang Reservist, Kluk war einmal in der Anfangsformation, dann nur für wenige Minuten als Einwechselspieler aktiv. Zekiri kämpft um den Sprung in die Stammelf. Gesamtfazit: Die Einkaufsbilanz könnte etwas besser ausfallen, ist aber auch nicht besonders kritikwürdig. Immerhin 5 Kicker kamen aus Nachwuchsmannschaften.
Gewinner bislang
Der VfB als Verein schon mal. Seit 2006 ging es sportlich und auch wirtschaftlich stark bergab, es folgten zuletzt 2 Jahre der knallharten und teils schmerzlichen Konsolidierung als mittelprächtiger Viertligist. Jetzt geht es erstmals wieder erkennbar aufwärts.
Prognose
Der VfB kann durchaus weiter oben dran bleiben, mitentscheidend werden die Gastspiele in Wolfsburg und Leipzig sein. Bleibt man von Ausfällen der Leistungsträger wie Henning verschont und im Kopf frei wie bislang, dann kann man bis zum Ende ein ernsthafter Konkurrent bleiben. Für den Aufstieg – die Leser in Lübeck mögen es mir verzeihen – wird es aber nicht reichen.
Das Umfeld
Euphorie sieht anders aus, das letzte Heimspiel gegen Halle sahen trotz der herausragenden sportlichen Situation mit 2.100 zahlenden Besuchern wieder nur der "harte Kern" + wenig Laufkundschaft. Im Schnitt begrüßte Lübeck bislang derer 2.650 an der altehrwürdigen "Lohmühle", wo im Zuge der wirtschaftlichen Sparmaßnahmen nach wie vor bestimmte Blöcke nicht bewirtschaftet werden und somit zu den Heimspielen gänzlich frei bleiben. Immerhin ein kleiner Anstieg gegenüber rund 2.440 der Vorsaison. Der "große Kassenmagnet" ist allerdings bereits Geschichte, zumindest für diese Spielzeit. Holstein Kiel als "das Aue des VfB" zog 5.100 an. Über dem Schnitt war zudem der Auftakt gegen Magdeburg mit 3.500 Fußballfreunden. Den Minusrekord verzeichnete man gegen Oberneuland mit 1.800. Faustregel: "2.000 sind irgendwie fast immer da". Die dürften auch am Samstag am Start sein, eventuell kommt man auf etwas über 3.500. Es wird jedenfalls fleißig geworben für das Spiel am Wochenende, Ziel sind "5.000 plus x".
Der VfB gilt – ohne das despektierlich zu meinen - als "arme Kirchenmaus der Nord-Staffel", zumindest der Vereine in der oberen Tabellenregion. Das ist die Folge des Fast-Bankrotts des Vereins nach jahrelangem Missmanagement auf der Suche nach dem kurzfristigen sportlichen Erfolg. Der Etat ist mit mageren 1,1 Mio. EUR mehr als "überschaubar", vor allem verglichen mit RB Leipzig oder auch dem unsrigen Haushalt. Der Sparkurs wird sich fortsetzen, sollte nicht der Sprung in die 3. Liga gelingen. Es ist jedenfalls nichts bekannt, dass sich der VfB Lübeck die Chance auf die höhere Liga aufgrund finanzieller Bedenken entgehen lassen wird.
