Serie erhalten bei einem Gegner mit "breiter Brust"...
von Timo Görner
...denn der SV Stuttgarter Kickers kann sein Saisonziel "Klassenerhalt" fast schon als sicher abhaken. Die Schwaben gehen ohne großen Druck ins Spiel und mit einer Serie von zuletzt 9 Spielen ohne Niederlage in Folge.
Die aktuelle Saison unseres Gegners
Nach 7 Spielen zu Saisonbeginn war die Euphorie nach dem "Wunder Klassenerhalt" 2012/2013 verflogen. Mit 6:14 Toren, 3 Punkten und Rang 19 steckten die Stuttgarter erneut tief im Abstiegssumpf. Das war der Auslöser für die erneute Trainerentlassung. Morales ging und wurde durch Jürgen Hartmann als Interim ersetzt. Unter ihm ging es aufwärts, zwei Heimsiege gegen Regensburg, Dortmund II (je 3:0) standen zu Buche, unterbrochen durch die Niederlage beim CFC. Am 30.09. übernahm Horst Steffen und er begann mit einem 0:1 in Darmstadt. Trotzdem brachte er die Mannschaft wieder auf Kurs. Im zweiten Spiel unter ihm gelang der erste Sieg unter seiner Leitung gegen Rostock (2:0). Zur Winterpause war aus Rang 19 Platz 15 geworden, mit kleinem Vorsprung auf Rang 18 von einem Zähler. Zum ersten Mal seit Runde 3 stand man nicht auf einem Abstiegsplatz. Die Kickers hatten 5 weitere Spiele gewonnen, waren heimstark geworden und hatten von Spieltag 13 bis 20 4 Dreier gezeitigt. Rostock war dabei der stärkste Gegner, Halle (1:0) und Burghausen (3:1) Konkurrenten im Abstiegskampf. Auch Wehen Wiesbaden (2:0) im letzten Heimspiel 2013 wurde besiegt, der Sieg gegen Erfurt (2:1) zum Finale der Herbstrunde sorgte für den Sprung aus der Abstiegszone. Auswärts konnte man den Positivtrend nicht bestätigen, holte in den ersten 5 Gastspielen unter Steffen nur einen Punkt. Viermal wurde aber nur knapp verloren, unter anderem beim 1:2 in Leipzig mit zwischenzeitlichem 1:1. Erfurt sollte den Marsch zum einstelligen Bereich einläuten.
Etwas holprig aber wenigstens mit einem Zähler ging es in Kiel (0:0) ins Jahr 2014. Enorm wichtig war der sechste Heimsieg in Serie gegen Elversberg (2:1). Aus einem Punkt Abstand zu Rang 18 waren 4 geworden. Der Abstand wurde im Ortsderby "beim VfB II" (1:0) ausgebaut, so gesehen Heimsieg Nr. 7 am Stück. Den tatsächlichen fuhr man gegen Osnabrück (1:0) ein. Die Serie schien in Unterhaching zu reißen, doch 10 Minuten vor Ultimo gelang das 2:2. Dramatik pur gegen Primus Heidenheim: Nach 53 Minuten 3:0 - einen Vorsprung, den man innerhalb von 10 Minuten verspielte (3:3). Glück hatten die Kickers in Regensburg (1:0), in der Schlussminute brachte eine Einzelaktion 3 Punkte gegen einen Gastgeber, der reihenweise Chancen versiebte.
Stuttgart hat einen Lauf und ist seit 9 Spielen ohne Niederlage. Zu Hause selber ist man seit ebenfalls 9 Begegnungen unbesiegt. Unterhaching gelang zuletzt ein Sieg auf der Waldau am 23.09.2013 (2:3). Eben die Heimstärke lässt die kommenden Aufgaben selbstbewusst angehen, stellt man doch auch die fünftbeste Heimmannschaft. Aus den letzten 13 Spielen holte man 26 Punkte (23:12 Tore). 8 Duelle wurden dabei siegreich gestaltet, 12 Gegentore können nur Heidenheim und Darmstadt unterbieten. Auswärts reicht es nicht, um sogar um Platz 3 mitzuspielen, 15x trat man beim Gegner an, nur dreimal gelang ein voller Erfolg (14.), zuletzt eben in Regensburg. 36:33 Tore sind offensiv "gut" (8.), defensiv ein Stück weit besser (5.). Platz 3 scheint bei 10 Punkten Rückstand nicht mehr machbar, Platz 4 mit Qualifikation für den DFB-Pokal bei 3 Differenzzählern aber in Reichweite - zumal Darmstadt als 3. aktuell mit Lizenzproblemen für Liga 2 aufgrund des Stadions kämpft.
Den DFB-Pokal kann man über den Landespokal erreichen, am 09.04.2014 geht es zu Regionalliga-Spitzenreiter Großaspach. Im Endspiel könnte man dann auf den 1. FC Heidenheim oder Regionalligist SSV Ulm 1846 treffen. Im Fall des FCH könnte man sich sogar eine Niederlage leisten.
Delegierungen seit dem Hinspiel
Es gab 4 Ab- und 5 Neuzugänge
Keiner der 4 Abwanderer spielte eine Rolle in der Herbstrunde. Erwähnenswert ist vielleicht, dass mit Patrick Milchraum (29/Mittelfeld) ein bekannterer Akteur (1860 München, Aue, Aachen, Karlsruhe, Dynamo Tiflis) bis Saisonende nach Jena ausgeliehen wurde. Erst vor der Saison aus Tiflis gekommen, stand er ab Mitte Oktober nach 9 Einsätzen (siebenmal eingewechselt) nicht mehr im Kader.
Für die Abwehr holte man Maximilian Hoffmann (21). Er stammt aus der Nachwuchsabteilung des 1. FC Union Berlin und war bis Juli 2012 in der Oberliga Nordost-Nord bei Germania Schöneiche am Ball. Für das Mittelfeld zog man Andreas Ivan (19) aus der eigenen A-Jugend hoch. Der Italiener Marco Calamita (30) kickte bis Ende der Vorsaison bei Zweitligist VfR Aalen. Seine Stationen davor waren unter anderem Kaiserslautern, Braunschweig und Wehen Wiesbaden. In Liga 2 reichte es nur zu 6 Spielen, im Drittligabereich waren es dann 115. In Aalen wurde er Ende November 2013 ausgemustert. Gerrit Müller (29) kennen die Meisten aus seiner Zeit bei Dynamo Dresden, von 2008 bis 2012 mit insgesamt 85 Einsätzen in der 3. Liga. Auch er hatte beim Ex-Verein (Heidenheim) keine echte Perspektive mehr und ging dann ebenfalls November 2013 zu den Kickers. Im Angriff war der Ghanae Randy Edwini-Bonsu (23) ebenfalls zuvor ohne Verein. Bis Juli 2013 agierte er bei Erstligaaufsteiger Braunschweig, kam dort zu 8 Spielen in Liga 2 und war erwartungsgemäß damit für die 1. Bundesliga nicht zu verwerten. Der Franko-Senegalse Lhadji Badiane (28) wurde aus der II. Mannschaft befördert.
Der Trainer
Horst Steffen (45) übernahm die Mannschaft am 30.09.2013, als dritter Trainer der Kickers in dieser Saison nach Massimo Morales und Jürgen Hartmann. Morales wurde nach 7 sieglosen Spielen zum Auftakt mit Platz 19 entlassen, Jürgen Hartmann als Interimslösung trotz 6 Punkte aus 3 Spielen wurde dann durch den Ex-Profi mit den Bundesliga-Stationen Uerdingen, Mönchengladbach und Duisburg in Liga 2 bis 2003 abgelöst. Er bestritt insgesamt 207 Erstliga-Spiele mit 16 Toren. 2003 erfolgte der Start ins Trainerleben beim heutigen Oberligisten SC Kapellen-Erft (Niederrhein). Über die U19 und U23 in Duisburg und Mönchengladbach ging es dann nach Stuttgart. Für den Verein ist er ein Glücksfall: Seine Bilanz lautet: 17 Spiele mit 9 Siegen, 4 Remis und nur 4 Niederlagen. Mit ihm gelang der Sprung ins gesicherte Mittelfeld nach zuletzt 9 Spielen in Folge ohne Niederlage.
Die Mannschaft
In den letzten 3 Spielen erhielt Daniel Wagner (27) das Vertrauen Steffens, er ersetzt damit wohl auch am Samstag den etatmäßigen Stammkeeper Markus Krauss (26). Der fällt wegen einer Ellenbogenverletzung aus. Aktuelle Nummer 2 ist damit Mark-Patrick Redl (21).
In der Abwehr gelten Fabian Baumgärtel (24), Fabian Gerster (27), der Ex-Rostocker Marc Stein (28) und der gebürtige Stuttgarter Julian Leist (25) als feste Größen. Dahinter kommt der US-Amerikaner Royal-Dominique Fennell (24). Mit dem Griechen Athanasios Raptis (18) kam ein noch junger Spieler zu ein paar Kurzeinsätzen und versucht sich am Sprung in den Stammkader.
Herausragend auch im Liga-Maßstab ist der Italiener Vincenzo Marchese (30). Der Kapitän erzielte bereits 9 Tore und bereitete viermal für den Mitspieler vor. Zuletzt traf er beim 3:3 gegen Heidenheim, seinem einzige Torerfolg im jahr 2014. Gesetzt im Mittelfeld sind zudem Fabio Leutenecker (23) sowie Sandrino Braun (25), der am Samstag nach der fünften Gelben Karte gesperrt ist. Mit dem Spanier Marcos Álvarez (25) fällt ein Stammspieler der ersten 16 Begegnungen seit November (Knie) aus. Gerrit Müller (29) zählte nach dem Wechsel Anfang November zum Stammkader, dann warf ihn eine Verletzung Ende Januar ein wenig zurück. Er sollte am Samstag aber wieder auflaufen.
Im Angriff musste man den Abgang von Marco Grüttner zum VfB Stuttgart II ersetzen. Erfolgreichster Stürmer ist derzeit der Italiener Elia Soriano (24) mit 7 Toren, 2014 steht er bei einem Treffer. Marco Calamita (30) schaffte wie Müller nach dem Wechsel den Sprung in den Stammkader und kommt auf 2 Treffer in 12 Spielen. Randy Edwini-Bonsu (23) ist bislang nur "Joker", das aber sehr erfolgreich beim 1:0 in Regensburg. Mit Daniel Engelbrecht (23) fällt ein Hoffnungsträger im Sturm seit mittlerweile über 7 Monaten (Herzprobleme) aus. Insgesamt ist man im Angriff wohl nicht so richtig fit für höhere Aufgaben. Alles in allem aber ein solider, gut verstärkter Kader und besser als in der Vorsaison.
Die Einkaufsbilanz
Wie beim letzten Gegner muss man quasi zwei Zeiträume sehen, den vor der Saison und den während der Spielzeit.
Der erste Teil sieht Fabian Baumgärtel, Marc Stein und Elia Soriano als Stammspieler. Der zweitligaerfahrene Patrick Milchraum erwies sich eher als "Flop", siehe oben wie auch den vom bosnischen Erstligisten NK Celik Zenica gekommenen Serben Stefan Maletic (26). Er hat den Verein in der Winterpause wieder verlassen. Der für 50.000 EUR aus Bochum geholte Daniel Engelbrecht (23/Angriff) konnte aufgrund von Herzproblemen nur zwei Spiele zum Auftakt absolvieren, fällt seitdem aus. Teilbilanz hier: durchwachsen.
Vom zweiten Teil schafften Gerrit Müller, Marco Calamita und Lhadji Badiane aus der II. Mannschaft den Sprung in den Stamm. Maximilian Hoffmann spielt keine Rolle, Randy Edwini-Bonsu kam bislang über die "Joker"-Rolle nicht hinaus, deutete aber in Regensburg sein Potential an. Müller und Calamita kann man als "Guten Griff" einordnen. Teilbilanz hier: ordentlich.
Gewinner der Saison bislang
In erster Linie die Spieler, die monatelang zuvor ohne Verein waren. Gerrit Müller, Marco Calamita sind da zu nennen. Bei den Kickers sind sie aktuell feste Größen.
Prognose
Nach aktueller Tendenz fehlen noch 3, vielleicht 5 Punkte zum Klassenverbleib. Die wird man sich sicher holen, wenn man an die Leistungen der letzten Wochen anknüpft und keine Leistungsträger ausfallen. Da sollte auch der einstellige Tabellenplatz nicht unrealistisch sein.
Das Umfeld
Trotz des sportlichen Aufwärtstrends der letzten Monate steht man weiter im Schatten des großen VfB. 3.798 Zuschauer im Schnitt sind sogar ein kleiner Rückgang gegenüber 3.894 der Vorsaison. Zum letzten Heimspiel gegen Spitzenreiter Heidenheim registrierte man 6.400 Besucher, davon rund 1.500 aus der 80 km entfernten Stadt des Gegners. Gegen Rostock kamen 4.600. Ansonsten bewegt man sich bei rund 3.000 bis 3.700 in den Heimspielen im kleinen "GAZI-Stadion auf der Waldau", welches aktuell 11.436 Zuschauer aufnehmen kann. Für die 3. Liga ist die Arena fit, im Fall des Aufstiegs in die 2. Bundesliga machen zumindest die Zuschauerkapazität und die fehlende Rasenheizung Probleme. Im Juli 2014 läuft dann auch der Kauf der Namensrechte durch den bekannten Sponsor aus.
Sportlich läuft es, finanziell eher weniger. Zum 30.06.2013 wurde ein Verlust von 316.774,31 EUR bilanziert, statt des erwarteten positiven Ergebnisses von rund 230.000 EUR. Macht eine Fehleinschätzung von rund 500.000 EUR. Man gab durch Nachverpflichtungen und die Trainerwechsel (Schuster – Dais – Morales) mehr aus als geplant, nämlich in Summe 5,16 Mio. EUR. Dagegen wurden nur rund 4,843 Mio. EUR eingenommen. Zu wenig Zuschauereinnahmen wurden beklagt, unter 4.000 im Schnitt sind nicht machbar. Dazu hinkt man bei den Werbeeinnahmen weiter zurück, hinter den eigenen Erwartungen und vor allem dem VfB. Auch der mittlerweile auf 31 Spieler angewachsene Kader bedarf einer deutlichen Verkleinerung. Für das aktuelle Geschäftsjahr wird wieder ein Minus erwartet. Die Teilnahme am DFB-Pokal ist somit unbedingt notwendig, um den Verein auf Kurs zu halten.
