Wiedergutmachung zum Jahresausklang...
von Timo Görner
... nach dem Desaster in Erfurt beim vorweihnachtlichen Rückrundenauftakt in Jena, wo die Trauben inzwischen auch wieder bekannt hoch hängen.
Die aktuelle Saison:
Die Jenaer galten vor dem Start als einer der aussichtsreichsten Mitbewerber um Platz 1 und die Rückkehr in die 3. Liga nach dem Abstieg 2020. Diesen Anspruch konnte man in den ersten Wochen nicht belegen und schleppt den Rucksack der ersten 8 Begegnungen bis heute mit sich herum. Seitdem befindet man sich im Modus "Aufholjagd", ist derzeit die "Mannschaft der Stunde".
Nach besagten 8 Spieltagen war die Bilanz ernüchternd, Platz 15 mit erst 1 Sieg – 6 Punkten und stattlichen 14 Punkten auf Rang 1. Die ersten 5 Partien sieglos mit 2 Remis bei uns und gegen den Greifswalder FC (1:1), dazu die knappen Niederlagen in Babelsberg und beim BFC (jeweils 1:2) und ein dramatisches 2:3 gegen den 1. FC Lok. Der erste Sieg beim 3:0 gegen Luckenwalde war nicht die Trendwende, im folgenden Heimspiel holte sich der FC Viktoria die 3 Punkte (1:2).
Ausgerechnet das Derby in Erfurt war der Beginn des Laufs bis heute. Und beim Erzrivalen der Beginn der Talfahrt. Lange hatte man den Sieg in den Taschen, kassierte erst 9 Minuten vor Ende den Ausgleich. Das erste von mittlerweile 7 Spielen ohne Niederlage mit einer enorm starken Defensive bei 11:2 Toren. Den letzten Gegentreffer kassierte Jena am 07.10.2023 gegen Rostock II in Minute 11, es war das 0:1 – am Ende 5:1. Stark der Sieg in Cottbus (2:0), dreimal reichte ein Tor zum Sieg gegen Chemie, beim BAK und gegen Meuselwitz.
Im eigenen Stadion ist der FCC achtbestes Team mit 4 Siegen und 2 Niederlagen, 14:7 Toren. Auf Reisen ist der Saldo ausgeglichen: 2-4-2. Die Offensive muss bei 21:13 Toren zulegen – Platz 9. Dafür ist die Abwehr wie im Vorjahr im obersten Bereich der Liga, besser nur Tabellenführer Greifswald.
Im Landespokal, dessen erneuter Gewinn natürlich eines der Ziele ist, steht man im Halbfinale nach lockerem 6:0 beim SV Germania Wüstheuterode aus der Landesklasse. Mögliche Gegner dort Erfurt-Bezwinger ZFC Meuselwitz sowie der FC Thüringen Weida und SV SCHOTT Jena – beide Landesliga Thüringen.
Die sportliche Leitung:
René Klingbeil (42) hat weiter das Sagen für die Erste, die Vereinsführung hielt entgegen früherer Jahre trotz der Entwicklung zu Beginn am Cheftrainer fest und behält damit zumindest momentan Recht. Auch in den sozialen Netzwerken sprach sich die Fangemeinde eher für ein Festhalten am Coach aus. Sein Vertrag läuft noch bis Ende der kommenden Spielzeit wie auch der von Co-Trainer René Lange (34) und Torwart-Trainer Nico Hinz (37).
Anfang November übernahm Ex-Profi Stefan Böger (57) das Amt des Sportdirektors. Zuletzt bis Ende der Vorsaison als Scout bei Bundesligist FC Augsburg, zuvor in gleicher Funktion beim Halleschen FC sowie Trainer dort und beim VfB Lübeck, Holstein Kiel, Dynamo Dresden. Stationen als Spieler u. a. Jena, Rostock, Duisburg, HSV. Marco Ziermann (53) fungiert als Mannschaftsleiter.
Das Spieler-Kollektiv:
Im Tor ist unser Ex-Keeper Kevin Kunz (31) auch in dieser Saison die Nr. 1 – mit 7 Spielen "Zu Null", vor Maximus Babke (19) und dem Griechen Alexios Dedidis (22).
In der Abwehr ist als Innenverteidiger Kapitän Bastian Strietzel (25) die größte Konstante. Dazu kommt Burim Halili (25), zweitweise wegen Verletzung ausgefallen. Eine weitere Option ist noch der Ex-Zwickauer Maurice Hehne (26), der auch als Rechtsverteidiger aufgeboten wurde. Fynn Kleeschätzky (22) ist nur Ergänzungsspieler. Rechts agiert meist Nils Butzen (30), erst Mitte September verpflichtet und wie Hehne zuvor beim FSV. Ken Gipson (27) hat die gleiche Ausbildung, rückte dann ins rechte Mittelfeld oder auf die linke Seite. Dort gibt es normal Marcel Hoppe (23), seit Mitte August aber verletzt.
Im zentralen defensiven Mittelfeld gelten Justin Schau (25) und Lukas Lämmel (26/3) als die etablierten Akteure, Lämmel mit soliden 7 Torbeteiligungen. Für die offensive Ausrichtung hat unser Gegner mit Pasqual Verkamp (26) eigentlich einen der herausragenden Spieler der Liga zur Verfügung. Letzte Saison mit je 10 Toren und Vorlagen, aktuell war er erst 1-mal Vorbereiter und erst 6-mal in der Anfangself. Viel besser läuft es hier für Elias Löder (23/8), zuletzt mit dem "goldenen Tor" gegen Meuselwitz. Damit auch aktuell klar die Nr. 1 der internen Torschützenliste. Justin Petermann (25) ist verletzungsbedingt seit Wochen keine Alternative.
Im Angriff fehlt ein "Knipser". Linksaußen Maximilian Krauß (27/3) hat mit 4 mehr Vorlagen als Treffer zu bieten. Beim 3:0 gegen Luckenwalde überragend, an allen Toren beteiligt. Hoffnungsträger Joshua Endres (26) ist hingegen noch kein Eckpfeiler. Rechtsaußen Joel Richter (25/2) kommt dahinter. Mit Verletzungspech und zwischenzeitlichem Ausfall für 5 Begegnungen. Konkurrent auf der Position der Mosambikaner Jonathan Muiomo (24/1). In der Sturmmitte sieht es eher mau aus. Jan Dahlke (26), Max Grimm (20), Josien Nathaniel (19) sind noch ohne Torerfolg. Nur Benjamin Zank (19/1) gelang dies. Das könnte am Ende negativ mitentscheidend sein.
25 Spieler umfasst das Aufgebot, 3 weniger als bei uns. 24,0 Jahre im Schnitt sind fast exakt der Liga-Gesamtwert von 24,2.
Einkaufsbilanz:
8 Neuzugänge gab es bis heute.
Von denen haben sich Elias Löder (Halle), Nils Butzen (Zwickau) als feste Größen etabliert. Löder darf als "absolute Verstärkung" angesehen werden, ist an 11 der 21 Treffer der Thüringer beteiligt.
Joel Richter (BAK) ist auch ein durchaus "guter Griff", dessen Bilanz wird durch die angesprochenen Verletzungsprobleme negativ gedrückt. Joshua Endres (TSV Aubstadt) kam mit der Empfehlung von 17 Toren in der Bayern-Staffel, konnte die Erwartungen bislang nicht erfüllen und blieb bislang "Mitläufer". Fynn Kleeschätzky (Halberstadt) spielt aktuell kaum eine Rolle.
3 der Neuen kamen intern aus der U19. Am Besten läuft es für Benjamin Zank, konnte schon 5 Einsätze in der Startelf verbuchen.
Fazit: nicht so schlecht, aber vermutlich für den Aufstiegskampf etwas zu wenig. Denkbar, dass man Endres vorzeitig ziehen lässt, um im Angriff noch mal zu reagieren. Denn letztendlich schießt der FCC bislang zu wenig Tore.
Krankenlager / Strafbank:
Marcel Hoppe fehlt bereits seit Mitte August wegen Leistenproblemen. Justin Petermann muss noch mindestens bis Jahresende wegen Innenbandriss Knie pausieren. Joel Richter fällt vermutlich wegen muskulärer Probleme aus, Benjamin Zank definitiv. Grund: Patellasehnenanriss.
Prognose:
Der Kampf um Platz 1 ist nicht mehr so aussichtslos wie nach den ersten 8 Spieltagen mit noch 8 statt 14 Punkten Rückstand. Für den großen Wurf braucht es aber eine enorm starke Frühjahrsrunde mit mehr eigenen Toren. Dafür scheint die Offensive aber in der Breite schlechter aufgestellt als bei den anderen Kandidaten, hängt zu viel an Löder durch einen bislang schwächeren Verkamp. Ggf. helfen noch 1,2 Neuverpflichtungen in der Winterpause, die aber sofort einschlagen müssten.
Tipp: Platz 4 bis 6.
Bilanz gegen unseren Gegner:
81 Duelle gab es bereits, ein echter Klassiker im Nordosten.
Für Himmelblau stehen 25, für Jena 29 Siege zu Buche bei 90:118 Toren. An den Kernbergen der Saalestadt ist unsere Ausbeute eher mager mit 6 Siegen, 9 Remis und 26 Niederlagen, 32:83 Toren. Der letzte volle Erfolg in Jena ist bereits über 10 Jahre her, am 11.09.2011 in der 3. Liga beim 2:1. Das 1:0 am 31.05.2020 fand wegen der Corona-Bedingungen in Würzburg statt. Zuletzt hieß es aus unserer Sicht 0:1 – 1:1 – 1:2.
Das Umfeld / Wirtschaft/ Stimmung:
In den Monaten seit dem Hinspiel ging es weiter voran an der neuen Spielstätte, die aktuellen Witterungsbedingungen waren zuletzt natürlich nicht hilfreich. Zuletzt wurde an der Stadionachse gewerkelt, wie auch Osttribünenvorplatz. Mitte Dezember sollen dort die finalen Asphaltierungsarbeiten am VIP-Parkplatz P1 beendet werden. Größte Baustelle ist auch die Osttribüne mit dem Innenausbau.
Beim Zuspruch liegt der Traditionsverein und Ex-Zweitligist derzeit bei einem Schnitt von 4.483 und damit auf Rang 5 der Tabelle. Auch hier ein ordentlicher Anstieg zum Vorjahr bei damals am Ende 3.873. Allerdings auch deutlich hinter Erzrivale Erfurt mit deren 6.725. Den größten Andrang an den Stadiontoren gab es gegen Chemie Leipzig mit 7.052 vor den Leipzigern vom 1. FC Lok - 5.026. Die wenigsten kamen zum Zeitpunkt der sportlichen Krise gegen Luckenwalde und den FC Viktoria mit etwas über 3.600. Gegen den CFC könnten es durchaus noch mal an die 6.000 werden.
Bei der Mitgliederversammlung im November wurden wie immer mit Spannung die Zahlen der wirtschaftlichen Lage erwartet. Wichtige Aussage gleich zu Beginn, um das aktuelle Niveau zu halten – sprich um die Spitze mitzuspielen – seien lt. Geschäftsführer Patrick Widera 1 Mio. € mehr nötig als aktuell zur Verfügung stehen. Auch durch die zusätzliche Kostenbelastungen durch das neue Stadion - kennen wir ja leider. Man müsse mehr durch Ticketeinnahmen, Sponsoring, Fanartikelverkauf und Transfererlöse erwirtschaften. Bis 2026 kann man durch zusätzliche Einlagen der Jenarena um Lars Eberlein in die Spielbetriebsgesellschaft des FC Carl Zeiss Jena von 2 Mio. € überleben. In der vergangenen Saison stand ein dickes Minus von 760.000 €. Bei einem Umsatz von 3 Mio. €. Der soll diese Spielzeit um einen mittleren sechsstelligen Bereich steigen.
Um die angesprochenen zusätzlichen rund 1 Mio. € einzufahren, visiert man u. a. beim Ticketverkauf einen Anstieg von 300.000 € an. Mehr Sitzplatz-Tickets im neuen Stadion wird es geben, dazu wurde bemängelt, dass der VIP-Bereich erst zu 40% verkauft ist. Luft nach oben. Im Sponsoring-Bereich will Jena 500.000 € mehr erlösen. Mehr Verkauf im Fanartikel-Sektor ist auch avisiert. O-Ton Widera: „Es wird ein ambitionierter, steiniger Weg, eine Million Euro mehr zu erwirtschaften, und gleichsam sparsam zu bleiben.“