CFC gegen den Aufstiegsfavorit Nr. 1...
von Timo Görner
...denn der oftmals als „FC Bayern der Oberliga Nordost Süd“ titulierte FC Sachsen aus Leipzig gilt nach 2 glücklosen Jahren in der Viertklassigkeit diesmal erstmals als Topfavorit auf den Staffelsieg.
Der FC Sachsen in der letzten Saison:
2 Plätze, 11 Punkte, 19 Tore trennten die Leutzscher 2005/2006 vom Staffelsieg. Die Grün-Weißen spielten über weite Strecken oben mit, zeitigte in der Rückrunde bei massiven Spielausfällen und Nachholspielen sogar Rang 1, aber nur weil der spätere Staffelsieger aus Magdeburg schon mal mit 3 Spielen im Rückstand war. „Saisonbereinigt“ ergibt sich ein reelleres Bild, denn da erreichten die „Chemiker“ als beste Platzierung 7x Rang 2.
Optimal verlief der Start mit jeweils 1:0-Siegen gegen Auerbach (H), Dresden-Nord (A) und Erfurt II.(H). Danach setzte es in den folgenden 4 Spielen 3 Dämpfer (Meuselwitz 1:1/A, Bautzen 0:1/A, Grimma 1:2/A). Die Folge war der Absturz auf Rang 7 mit 8 Punkten Abstand nach ganz oben. Bis zur Winterpause konnten die Aufstiegshoffnungen wieder genährt und der Rückstand verkleinert (5/2.) werden. Der FC Sachsen zeigte sich heimstark (6 Siege/1 Niederlage), dafür setzte es 3 Niederlagen in 8 Gastspielen. Das Spitzenspiel gegen Magdeburg ging zu Hause verloren (0:1). In der Rückrunde waren 25 Zähler zu wenig, 4 Spiele gingen verloren, darunter 2 im heimischen Zentralstadion (Bautzen 0:2/Plauen 2:3) und das vorentscheidende Match in Magdeburg (0:2), dazu leistete sich „Chemie“ in Pößneck (0:1) einen Ausrutscher.
Zu Hause (4.) wie auswärts (3.) war Leipzig gut dabei, aber nicht absolute Spitze. Man traf 47x und stellte damit den viertbesten Angriff, auch die Defensive war sehr ordentlich (21), nur der FCM besser (17). Im DFB-Pokal scheiterte der FC Sachsen zu Hause nach großem Kampf im Elfmeterschießen an Dynamo Dresden (3:5), im Sachsen-Pokal kam das Aus im Halbfinale gegen den letztjährigen Finalisten aus Chemnitz, ebenfalls im Elfmeterschießen und bekanntlich mit unrühmlichen Begleiterscheinungen. Alles in allem war es für die Leutzscher eine nicht unbedingt befriedigende Saison.
Der FC Sachsen 2006/2007 bislang:
In Leipzig kann man kaum zufrieden sein mit Platz 9 und 5 Zählern Abstand auf die Spitze. Alle 3 Siege waren schwer erkämpft und gelangen gegen Teams aus dem unteren Drittel der Staffel (Halberstadt 2:1/A, Erfurt II., Jena II./H 2:1). Einer verdienten Niederlage in Meuselwitz (1:3) folgte das magere Heimremis gegen Auerbach (0:0). Unglücklich war die Pleite im letzten Spiel gegen den Halleschen FC (0:1), bei dem Aufwand und Nutzen mal wieder weit auseinander klafften und das Gegentor durch einen krassen individuellen Fehler entstand. Nur 7 Treffer in 6 Spielen sind wenig aufstiegsreif. Die Mannschaft bleibt z. Z. unter ihren Möglichkeiten. Im Sachsenpokal steht der FC Sachsen in Runde 2 bei Landesligist Dynamo Dresden II. nach dem mühelosen 7:0 in Krumhermersdorf.
Das Personalkarussell vor und während dieser Saison:
5 Abgängen stehen mittlerweile 10 Neuzugängen gegenüber. Von den Erstgenannten war der Schwede Mats Anders Wejsfelt (25) der Wichtigste (Magdeburg). Neu im Tor sind aus Grimma Daniel Lippmann (24) und unser ehemaliger Keeper Steffen Süßner (29). Für die Abwehr holte man von Zweitligaabsteiger Saarbrücken den Deutsch-Ungarn Marcel Rozgonyi (30), aus Meuselwitz (5.000 EUR Ablöse) den Tschechen Miroslav Rada (30). Ebenfalls von Zweitligaabsteigern kamen der der Rumäne Catalin Racanel (30/ Ahlen) und der Ex-Chemnitzer Karsten Oswald (31/ Dresden). Für den Angriff wurde diesmal von einem Zweitligaaufsteiger (Koblenz) der Deutsch-Kroate Josef Ivanovic (32) verpflichtet. 2 der Neuen kommen mit Norman Lee Gandaa (20/off. Mittelfeld, Angriff) sowie dem Serben Velimir Jovanovic (19/Angriff) aus dem eigenen Nachwuchs, wobei Gandaa bereits über Praxis in der 1. Mannschaft des FCS verfügt. Letzter Neuzugang war dann schließlich der Deutsch-Kongolese und Offensiv-Allrounder Rolf-Christel Guié-Mien (28/27 Länderspiele für Kongo). Es wurde also viel Prominenz und Erfahrung nach Leipzig geholt. Rozgonyi verdiente sein Geld schon auf Schalke, in Cottbus, zuletzt Saarbrücken. Karsten Oswald schnupperte reichlich Zweitligaluft (Chemnitz, Dresden), Ivanovic war in Bielefeld, Aachen und Duisburg aktiv. Racanel kennt Liga 2 aus St. Pauli, Trier und Ahlen. Nicht zu vergessen ist Guié-Mien mit seinen Erstligastationen Frankfurt und Freiburg. Keiner der anderen Oberligisten, geschweige denn der CFC, konnte derartige Verpflichtungen überhaupt in Erwägung ziehen.
Der Trainer / Mannschaft:
Verantwortlich als Coach ist seit Juli 2005 mit Hans-Jörg Leitzke (45) ein lebendes Leipziger Fußball-Denkmal. Sein Vertrag gilt noch bis 2008. Unterstützt wird er von Steffen Hammermüller (40/Co-Trainer), einem weiteren ehemaligen Leipziger Fußballer. Leitzkes Vorgesetzter ist seit 01.06.2006 Eduard Geyer (61), der den FCS 1993 zum Staffelsieg der damaligen drittklassigen Oberliga Nordost-Süd führte, in der die Leipziger aber nicht an der Relegation zur 2. Liga teilnehmen konnten (keine Lizenz). Geyer war zwischenzeitlich auch als neuer Trainer in Dresden im Gespräch.
Nummer 1 im Tor ist wieder der Tscheche René Twardzik (36). In der Abwehr sind Landsmann Miroslav Rada (30), Richard Baum (22) und Marcel Rozgonyi (30), der jedoch gegen Halle aus der Stammelf flog. Ferner spielt eine spielt auch Kevin Kittler (24) in der Verteidigung gute Rolle. Im Mittelfeld ist auch diese Saison der Nigerianer Adebowale Ogungbure (25) gesetzt, auch wenn dieser schon in der Kritik stand. Karsten Oswald (31) dürfte dies auch sein, konnte aufgrund von Verletzungen aber erst an Spieltag 6 ran und fehlte verletzungsbedingt auch gegen den HFC. Der Rumäne Catalin Racanel (30) und Rolf-Christel Guié-Mien (28) komplettieren den Sektor. Mit Daniel Ferl (26), Maximilian Watzka (20) flogen 2 Spieler der letzten Saison erstmal aus dem Stamm, liefen aber letzten Sonntag wieder in der Startelf auf. Im Mittelfeld ist man sehr gut aufgestellt und den anderen Teams überlegen. Im Angriff ist Josef Ivanovic (32/1 Tor) gesetzt, mit Tino Semmer (21) konnte ein junger Akteur überzeugen (2 Tore/3 Vorlagen). Norman Lee Gandaa (20) und Benjamin Boltze (20) schafften noch nicht den Durchbruch. Mit Nico Breitkopf (22) fehlt der Torjäger der letzten Saison (13) noch bis zum Jahresende (Kreuzbandriß). Keine Mannschaft dieser Liga hat mit insgesamt 27 Aktiven mehr Spieler im Kader.
Das Umfeld:
Mit einem Etat von 2,5 Mio. EUR (2005/2006: 2,1 Mio. EUR) sind die Leipziger Spitze. Als Sponsoren engagieren sich u. a. die bundesweit bekannte Brauerei mit dem Auerhahn, ein Konzern der seine Handy-Sparte verschenkte und die Stadtwerke Leipzig.
Der Zuschauerzuspruch war zuletzt rückläufig. Kamen 2004/2005 noch 3.893 im Schnitt, waren es vergangene nur noch Saison 2.922. Die beiden Kassenschlager gab es bereits in der Hinrunde gegen den HFC (6.673) und den FCM (10.459). In der Rückrunde herrschte dann teilweise nur noch Tristesse auf den Rängen mit den Tiefpunkten Neugersdorf (975) und Cottbus II (1.032). Dies sind vor allem deutliche Anzeigen der Unzufriedenheit mit der sportlichen Entwicklung, nicht allein die fehlende Attraktivität des Gegner. In dieser Saison liegt man zur Zeit bei 4.048 Besuchern. Erfurt II. sahen zum Heimauftakt 3.212, Auerbach 2.750, Jenas II. 2.655 Fußballfreunde. Mehr waren es natürlich gegen den HFC mit fast 9.000, darunter ca. 2.000 Hallensern. So viele dürften es nach der Stagnation und der Heimpleite gegen Eilenburg und Pößneck nicht mal annähernd zusammen werden.
Am Mittwoch darf man gespannt sein wie viele den Weg an die Gellertstraße antreten werden. Beim letzten Gastspiel in der Regionalliga Nord im Dezember 2003 waren es 1.200. Die Stimmung ist vor allem nach der Pleite gegen Halle nicht die Beste. Eine Rückkehr an die alte Heimstätte ist trotz der geringen Auslastung des Zentralstadions zumindest in dieser Saison kein Thema und würde laut Verein ein Loch von mindestens 200.000 EUR im Etat verursachen. Noch im Oktober will Stadioneigentümer Dr. Michael Kölmel einen Hauptsponsor für die Arena präsentieren, Abgabe der Namensrechte inklusive. Ziel des FCS bleibt die 2. Liga bis 2011. Die 3. Liga wäre für viele Leipziger wohl kaum ein Anreiz. Insgesamt wurde in den letzten Jahren viel vom Mythos „Chemie“ verspielt. Läuft es ganz dumm, fällt man wieder hinter den fast schon untergegangenen Rivalen aus dem Leipziger Südosten zurück. In der Zuschauergunst war dies zuletzt teilweise schon so. Dann könnte irgendwann der andere Traditionsverein der Stadt in der Schüssel spielen...
