Verlorene Punkte wieder holen, Serie erhalten, ans Vorjahr anknüpfen …
von Timo Görner
… beim FC Rot-Weiß Erfurt, Thüringens aktueller Nr. 1. Gegen Kiel gingen 2 Zähler verloren, seit 5 Spielen ist der CFC ungeschlagen und das 2:0 im Frühjahr war zweifellos die Initialzündung zum Absprung aus dem Tabellenkeller.
Die letzte Saison unseres Gegners:
Vor Jahren wurde die Parole "Aufstieg 2016" ausgegeben, davon hatte man sich schon vor Beginn der Vorsaison verabschiedet. Am Ende stand ein respektabler 8. Platz nach einer zuweilen schwierigen und turbulenten Saison auf und neben dem Platz mit Trainerwechsel gegen Ende der Herbstrunde sowie den Querelen um den Stadionumbau. Der Start gekennzeichnet von 5 sieglosen Spielen und zwei Niederlagen in den Nordost-Duellen in Magdeburg (1:2) und Dresden (1:3). Tiefpunkt die "Rote Laterne" nach 4 Begegnungen. Bis Spieltag 17 konnte man sich der Abstiegszone einigermaßen entziehen, holte immer dann, wenn es notwendig war, Punkte. Grundlage die ganz gute Heimbilanz, mit 5 Siegen gegen 2 Niederlagen nicht überragend aber ausreichend, um die Sieglosigkeit auf fremdem Platz mit 4 Punkten aus 8 Spielen zu kompensieren. Bitter die Heimpleite in letzter min. gegen Aufsteiger Aue (0:1) und Köln (0:2). Torreich die 3 Punkte-Spiele gegen Stuttgart II, Mainz 05 II (3:0), Rostock (3:2). Eben nach Hansa ging es bergab, 3 Niederlagen in Folge – 2 im eigenen Stadion gegen Magdeburg (0:2), Kiel (1:3) – waren das Aus für Christian Preußer. Erfurt bedrohlich nahe an der Abstiegsregion, unter Interimslösung Norman Loose wurde Niederlage 4 in Folge in Wiesbaden (0:3) kassiert. Ganze 3 Tore der Vorsprung noch auf Rang 18. In der Winterpause wurde personell reagiert mit neuem Trainer, 4 Abgängen, 2 Neuzugängen. Routinier Daniel Brückner dabei als Rückkehrer. Die 17 Spiele 2016 verliefen wechselvoll, aber mit positivem Trend. Beginnend mit einem 3:2 gegen Tabellenführer Dresden. Bereits 3 Spiele vor dem Ende wurde der Klassenverbleib gesichert, 47 Punkte und ein starker 7. Platz erreicht. Unter Stephan Krämer steigerte man sich auswärts, konnte von 9 Begegnungen 4 gewinnen. Und die waren enorm wichtig bei Stuttgart II (2:1), in Bremen, bei den Stuttgarter Kickers (je 1:0), Köln (3:1). Auch in Aue wurde gepunktet (2:2), waren sogar 3 Zähler drin. Zum Abschluss wurde in Kiel (3:0) noch mal gejubelt. Zu Hause wie auswärts waren die Erfurter Mittelfeld der Tabelle, 47:50 Tore offensiv solide, defensiv nur knapp über dem Strich. Der Landespokal ging erneut nicht nach Erfurt, im 7. Jahr in Folge. Im Endspiel gab es ein 0:2 beim Erzrivalen in Jena. Damit erneut keine Teilnahme am DFB-Pokal der folgenden Spielzeit.
Delegierungen für diese Saison bislang:
8 Akteure sind gegangen, 7 kamen dafür.
Im Mittelfeld hatte sich Routinier und Ex-Bundesligaprofi Juri Judt (30) dem SV Seligenporten in der Regionalliga Bayern angeschlossen, Anfang August beendete er dann seine Laufbahn wie eigentlich zuvor geplant. Grund die berufliche Ausbildung. Das der einzige Abgang eines Spielers, der überwiegend zum Stammkader zählte.
Für die Abwehr wechselten der Finne Mikko Sumusalo (26) von Regionalligist RB Leipzig II und
Jonas Struss (19) aus der eigenen A-Jugend in den Drittligakader der Erfurter.
Im Mittelfeld wurden der Deutsch-Albaner Liridon Vocaj (22) von Zweitligaaufsteiger Würzburg und
Maik Baumgarten (23) vermeldet. Baumgarten stammt aus der Jugend der Rot-Weißen, wechselte zur Saison 2015/2016 nach Rostock. Dort nur sporadisch in den Anfangsformationen, in der Frühjahrsrunde 2016 nicht mehr im Einsatz. Ende August der Ausstieg im Einvernehmen mit den Hanseaten, Anfang Oktober dann die Rückkehr nach Erfurt. Maximilian Pommer (19) stieg wie Struss aus der U19 auf.
Der Angriff wurde sich durch Christopher Bieber (26) personell verändert, wie Vocaj zuletzt bei den fränkischen Kickers am Ball. In der Regionalliga Bayern von 2012 bis 2015 einer der Topstürmer der 4. Liga mit bemerkenswerten 50 Toren in 104 Spielen für die Kickers. In der letzten Drittligasaison nach dem ersten Aufstieg dann nicht mehr die feste Größe. Der Deutsch-Nigerianer Aloy Ihenacho (20) kickte zuletzt beim FC Ingolstadt 04 II, empfahl sich dort mit 10 Toren in den letzten beiden Jahren.
Der Trainer:
Stefan Krämer (49) ist nach wie vor der Chef der 1. Mannschaft, das seit mittlerweile knapp fast 11 Monaten. Alles in allem stimmt die Bilanz, angesichts der schwierigen Bedingungen beim FC Rot-Weiß. Der gebürtige Mainzer genießt weiter das Vertrauen der Vereinsführung, hat noch einen Vertrag bis Ende der kommenden Saison.
Die aktuelle Saison bislang:
Derzeit ist man als 14. im "Niemandsland", zu Relegationsplatz 3 sind es 6 Punkte und 12 Tore. Auf Abstiegsplatz 18 ist der Abstand mit 4 Punkten geringer. Ein ganz schlechter Start, ein kurzes Zwischenhoch, dann Tief und zuletzt schwankende Leistungen sind Spiegelbild der Saison. Katastrophal der Auftakt mit Heimdebakel gegen Halle (0:3), nach den folgenden 5 Begegnungen war die Welt um das "Steigerwaldstadion" wieder in Ordnung. In Frankfurt beim Zweitligaabsteiger wurden spät 3 Punkte eingefahren, auch gegen Köln (3:0) und in Zwickau (2:1) gab es Siege. In Lotte wurde innerhalb von 4 min. wenn auch in Überzahl ein 0:2 ausgeglichen. Lohn Platz 6, so gut standen die Rot-Weißen letztmalig Ende Februar 2015. Nähe zur Tabellenspitze bedeutete in den letzten 3 Jahren aber nichts Gutes. Auch diesmal folgte ein Einbruch. Wie der CFC ging auch Erfurt gegen Zweitligaabsteiger Paderborn baden (1:3), lag mit 0:3 hinten. Auch gegen die Spitzenteams Osnabrück (0:3/A), Duisburg (0:1/H) keine Punkte. Statt Anschluss an die Aufstiegsplätze Tuchfühlung zu den Abstiegsrängen, von 6 runter auf 15. Die letzten 6 Spiele waren weder "Fisch noch Fleisch". Das Krämer-Team fernab der Spitze. Richtet den Blick vorerst auf Abstand nach unten. In Mainz wurde die "schwarze Serie" (1:1) durchbrochen, kriselnde Magdeburger (1:0) bezwungen. Was seit dem blieb, ist mangelnde Durchschlagskraft. In Bremen (0:1) und Kiel (0:0) ebenso 0 Treffer wie am vergangenen Freitag in Münster (0:4). Größere Probleme verhinderte der Heimsieg gegen Wiesbaden mit dem einzigen Treffer der letzten 6 Stunden. Durchwachsen die Heimbilanz, 3 Siege gegen 3 Niederlagen. Immerhin mit zuletzt 2 Siegen in Folge ohne Gegentor. RWE stellt die schwächste Heimoffensive, dafür viertbeste Defensive bei 6:7 Toren. Schwachpunkt die Torausbeute (12), weniger hat kein anderes Team. Durchschnittlich die Defensive (19). Ziel auch der Landespokal, wobei hier der ärgste Konkurrent Jena bereits draußen ist nach der Blamage in Sondershausen im Achtelfinale. Das Halbfinale ist erreicht nach lockerem 7:1 beim FSV 06 Eintracht Hildburghausen aus der Landesklasse (7.), mögliche Gegner im Semifinale sind die Regionalligisten Nordhausen und Meuselwitz sowie der SC Weimar 1903 aus der Landesliga Thüringen (6.).
Die Mannschaft:
Im Tor ist Philipp Klewin (23) seit Beginn der Frühjahrsrunde 2016 die Nr. 1, der abgelöste Erik Domaschke (31) darf dafür im Landespokal ran. Der Ex-U20-Nationalspieler konnte dort zuletzt in Hildburghausen keine Werbung betreiben. Hielt einen Elfmeter, sah aber beim Gegentor sehr schlecht aus. In der Abwehr sind Kapitän Mario Erb (26), Christoph Menz (27), der Grieche Jannis Nikolaou (22) und der Kroate Luka Odak (26) die Kicker mit den meisten Einsatzzeiten. In den letzten 4 Begegnungen komplettierte Pablo Pigl (24) die Abwehrreihe. Dazu spielte sich Neuzugang Mikko Sumusalo (26) in die Formation. In Münster begann Stephan Krämer mit der Viererkette Pablo Pigl – Mario Erb – Daniel Brückner – Mikko Sumusalo. Die wie die restliche Mannschaft einen rabenschwarzen Tag erwischte. Menz war aufgrund Gelb-Rot gesperrt. Odak kam nicht zum Einsatz. Im Mittelfeld gelten "Oldie" Daniel Brückner (35), Sebastian Tyrala (28), Okan Aydin (22), Liridon Vocaj (23), Theodor Bergmann (20) als die etablierten Kräfte. Herausragend Tyrala mit 4 Vorlagen, Aydin auch noch mit deren 3. Samir Benamar (24), die "Leihgabe" aus Bielefeld der bleiben konnte, hat mit Verletzungspech zu kämpfen. Die Nr. 1 im Angriff ist weiterhin Carsten Kammlott (28), der 5 Treffer verbuchen kann. Den letzten allerdings am 11.09.2016 beim Sieg in Zwickau. Er wartet damit seit 2 ½ Monaten auf das nächste Erfolgserlebnis in den Punktspielen. Dahinter sieht es eher überschaubar aus mit Christopher Bieber (27/1) und dem Türken Tugay Uzan (22/1). Neuzugang Aloy Ihenacho (20) konnte sich nicht empfehlen. 25 Spieler umfasst das Aufgebot, 1 mehr als der CFC. 25,4 Jahre im Schnitt, fast gleich auf mit uns. Kein schlechter Kader, der aber kaum echte Chancen hat, ganz oben anzugreifen. Der aktuelle Tabellenstand sollte annähernd dem Potential entsprechen. Der Klassenerhalt ist aber sehr realistisch.
Das Krankenlager/Strafbank:
In der Abwehr fallen seit Spieltag 1 André Laurito (32/Rückenprobleme) und "Pechvogel" Jens Möckel (28/Schulterverletzung) seit Anfang August aus. Dazu befindet sich Fabian Hergesell (30) im Aufbautraining nach Hüftverletzung. Damit sind gleich 3 Abwehrspieler außer Gefecht. Im Mittelfeld sah Liridon Vocaj (23) in Münster die 5. Gelbe Karte, ist somit am Samstag gesperrt.
Prognose:
Der Klassenerhalt ist auch diesmal vorzeitig machbar. Das Optimale wäre erneut ein einstelliger Tabellenplatz. Der Kader blieb diesmal ohne wichtige Abgänge, die Neuzugänge haben das Team aber auch nicht so richtig nach vorne gebracht. Schwierig wird es, wenn Spieler wie Kammlott, Brückner, Tyrala ausfallen sollten. Tipp: Platz 12 bis 14.
Das Umfeld:
Die Lage beim Gründungsmitglied der 3. Liga bleibt schwierig, Ambitionen auf die 2. Bundesliga gibt es auch hier. Sie haben sich aber eher nach "mittelfristig" verschoben. In der vergangenen Saison bestimmte neben den sportlichen Leistungen auch der Stadion-Neu-Umbau die Szenerie. Der mit einigen Problemen gespickt war. Die neue Arena sollte eigentlich bereits im August 2016 eröffnet werden, dann am 12.11.2016 mit einem Freundschaftsspiel gegen den Bundesligisten FSV Mainz 05 feierlich der Bestimmung übergeben werden. Jetzt muss man den Termin ins neue Jahr nehmen, Grund die notwendige Sanierung der 1994 errichteten West-Tribüne, die ins neue Stadion übernommen wurde. Die notwendigen Arbeiten an Fluchtwegen, Brandmeldeanlagen, Wärmedämmungen und Lüftungen sowie dem Einbau eines Treppenhauses mit Notausgängen gehen in einen Kostenbereich von rund 4 Millionen €. Bereits zuvor aufgetretene Verzögerungen hatten zu ernster Verstimmung zwischen Rot-Weiß und der Arena GmbH geführt. Der Verein wollte die Miete verständlicherweise mindern, angesichts der unerwarteten Mehrkosten beim Spielbetrieb auf der Baustelle. Dazu kam eine Forderung von 120.000 € Schadenersatz an die GmbH. Ein Mietvertrag konnte nicht geschlossen werden, es drohte das Verbot, den Rasen zu betreten. Im Gespräch war zeitweise das Ausweichen nach Gera, allerdings dort ohne Flutlicht. Gebaut wird die Arena übrigens vom in Chemnitz unterlegenen – billigeren – Bewerber. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Probleme, die den Verein immer wieder belasteten. Dennoch bietet der fertige Teil der Anlage wie in Chemnitz deutlich mehr Komfort für den Besucher. Der große Effekt ist es bislang noch nicht, aktuell liegt der Schnitt bei rund 6.000 Zuschauern gegenüber den 5.343 der Vorsaison. Den Rekordbesuch gab es gegen Magdeburg mit 8.985, Halle sahen zum Auftakt auch solide 8.168. Daneben bewegte sich der Zuspruch von nur 4.100 gegen Köln bis 5.500 gegen Paderborn. Für den Samstag wurden die Ticketpreise gesenkt, den Stehplatz gibt es für 10 €, den Sitzplatz für 19.