Richtungsweisende Partie gegen den FC Sachsen...
von Timo Görner
...dessen Existenz in der Regionalliga Nord 2008/2009 ein Überlebenskampf ist. Eine weitere Niederlage am Dienstag und die Situation würde sich weiter verschärfen.
Rückblick auf die letzte Saison:
Der Aufstieg kam einem mittleren Fußball-Wunder gleich. 4 Spiele vor dem Finale trennten noch 6 Zähler und 6 Plätze den FC Sachsen vom Relegationsplatz 4. Das die Grün-Weißen diesen doch noch erreichte war einer eigenen Serie von 4 Siegen und einigen Patzern der Konkurrenz zu verdanken. Dramatisch verliefen die letzten beiden Spiele gegen Jena II und in Eilenburg, wo das 1:0 erst kurz vor dem Ende fiel. Erst vor diesem "Auswärtsspiel" wurde erstmals Rang 4 erobert.
Nach Spieltag 25 versuchte Leipzig noch einmal alles. Hans-Jörg Leitzke wurde für viele überraschend als Trainer entlassen. Nachfolger Michael Breitkopf startete beim CFC (1:3), führte das Team aber dann doch in die erfolgreiche Ausscheidungsrunde gegen Greifswald. Es war das glückliche Ende einer schwierigen Saison, sportlich wie wirtschaftlich. Zur Winterpause befand sich der FCS als 9. in "Lauerstellung". Eine bessere Platzierung verhinderten die Heimpunkte, die man in 5 Remis u. a. gegen den CFC und Zwickau (0:0) hatte liegen gelassen. Dazu gab es 3 Pleiten in den ersten 3 Gastspielen mit dem Tiefpunkt in Auerbach (1:5). Der Start aus der Winterpause war symptomatisch: Stark in Meuselwitz (2:0), dann wieder enttäuschend gegen Auerbach (0:2), gegen Pößneck (1:1) und in Halberstadt (0:2). Richtige Konstanz brachte Leipzig erst in den letzten 4 Spielen zustande.
Der FCS war zu Hause gut, das Zentralstadion aber bei 6 Siegen keine "Festung". Auswärts zeigte man sich sehr solide, besser waren nur der HFC und Plauen. 47:36 Tore waren auf beiden Seiten ordentlich. Im Sachsenpokal scheiterte man knapp im Finale mit 0:1 beim "Angstgegner CFC".
Delegierungen für diese Saison bislang:
Unter den 9 Abgängen befanden sich immerhin 6 Stammkräfte der letzten Saison, darunter mit Matthias Kühne (20/Elversberg), Jens Möckel (20/Erfurt) und Marcel Rozgonyi (32/Saarbrücken) 3 Abwehrspieler. Aus dem Mittelfeld gingen Routinier Karsten Oswald (33/Meuselwitz) und Spielmacher Catalin Racanel (32/1. FC Magdeburg). Mit Tino Semmer (23/Erfurt) verlor Leipzig den Torjäger (10 Tore). Während man über die Wechsel von Oswald, Rozgonyi und Racanel durchaus nicht unglücklich war, schmerzt insbesondere der Weggang von Semmer. Er galt neben Möckel und Kühne als Hoffnungsträger. Ferner beendete Rene Twardzik (38) seine Laufbahn. Verletzungsbedingt bestritt er nur die ersten beiden Spiele.
Kostspielige Neuverpflichtungen verbaten sich diesmal, 4 Spieler kamen aus Eilenburg. Im Tor rückte Boris Jovanovic (36) aus der II. nach. Seine Stationen waren u. a. der VfB Leipzig als Konkurrent von Antonio Ananiew, später folgten Dresden und Jena. Für die Abwehr sind Ante Balic (25/Bayreuth), Martin Werner (21/Bielefeld II) und Daniel Baude (25/Eilenburg) geholt worden. Im Mittelfeld wurden Danny Moses (26/Zwickau), Patrick Petzold (28/ Markranstädt), Daniel Rupf (22/Aue II) und aus Eilenburg Mathias Polten (29) sowie Sven Moritz (29) verpflichtet. Ebenfalls aus Markranstädt kam Stürmer Thomas Hönemann (27), dazu der Italiener Salvatore Rogoli (27/Neustrelitz) und der 4. Eilenburger Christian Haufe (25).
Der Trainer:
Für die neue Saison in der zunächst vermuteten Oberliga war Mitte Mai Martin Polten (55) verpflichtet worden. 1 Tag nach der Vorstellung trat dieser aber zurück, da man ihm keinen Job-Ersatz im öffentlichen Dienst anbieten konnte. Anfang Juli wurde Dirk Heyne (51) engagiert. Bis 09.12.2007 betreute der Ex-Nationaltorwart der DDR den 1. FC Magdeburg, mit dem er erst knapp den Durchmarsch in die 2. Liga verpasste, um dann in der folgenden Saison unterhalb der Aufstiegszone zur 3. Liga zu verweilen. Er erhielt einen Vertrag bis Juli 2010. Co-Trainer ist "Aufstiegsheld" Michael Breitkopf (47).
Die Mannschaft:
Die Nummer 1 im Tor ist Daniel Lippmann (26). In der Abwehr haben sich Enrico Köckeritz (23), Martin Werner (21) und Neuzugang Ante Balic (25), der Spieltag 9 verletzt ausfiel, durchgesetzt. Robert Gerber (25) spielt zur Zeit keine Rolle, Daniel Baude (25) ebenfalls (Verletzung). Kai Hempel (21), Ronny Garbuschewski (22), Kapitän Richard Baum (24), Sven Moritz (29) und Daniel Rupf (22) bilden den Mittelfeldstamm. Bemerkenswert ist, dass mit Daniel Heinze (21) und Danny Moses (26) ein Aktivposten 2007/2008 meist nur Reservist ist - 2 die, eigentlich als Leistungsträger gelten. Im Angriff stellt Thomas Hönemann (27) momentan die Spitze mit 2 Toren in 6 Spielen. Dahinter sieht es eher trüb aus. Keiner der anderen nominellen Angreifer war erfolgreich. Weder Tino Breitkopf (19), noch Salvatore Rogoli (27) oder Nico Breitkopf (24). Norman Lee Ganda (22) konnte sich bislang nicht durchsetzen, erfolglos auch Christian Haufe (25). Alles andere als der Klassenerhalt steht mit diesem Kader nicht zur Debatte. Die Abgänge wiegen schwer und konnten bislang nur teilweise aufgefangen werden. Schwer ist diese Hypothek für eine Mannschaft, die eher durch die Schwächen der Konkurrenz noch in die Regionalliga rutschte.
Die aktuelle Saison:
Die Tendenz der letzten Spiele weist klar nach unten. 4 von 5 Spielen wurden verloren, lediglich in Cottbus gewann Leipzig (2:1) und holte den zweiten Saisonsieg. Dabei begann man durchaus ordentlich. Beim Derby in Halle wurde ein 0:0 erreicht. Spieltag 4 sah dann den bis heute einzigen Heimsieg (Wolfsburg II 1:0). Was sich anschloss, war meistens eher trostlos. Im Zentralstadion sieht es dabei noch schlechter aus, als auf Reisen. 4 Niederlagen und 1 Remis wurden kassiert. Deprimierend waren die Vorstellungen gegen Hansa II (0:4), Altona (1:3) und zuletzt Oberneuland (0:3), in dem man die Regionalligatauglichkeit bei durchaus guten Ansätzen vermissen ließ. Magdeburg (0:1) hatte auch relativ wenig Mühe, wenn das Resultat auch knapp ausfiel. Nur gegen Mitkonkurrent VfB Lübeck (0:0) wurde nicht verloren. Dass der FC Sachsen derzeit nicht ganz abgeschlagen ist verdankt man ein paar Auswärtszählern. In Wilhelmshaven war es ein Remis (0:0), dazu der Sieg in Cottbus. Teil der zuletzt dürftigen Bilanz war allerdings das leblose Gastspiel beim BFC Türkiyemspor (0:2). 6 erzielte Treffer ergeben die "Rote Laterne" der Liga, in 8 Spielen blieb Leipzig ohne Torerfolg. 18 Gegentore sind etwas besser. Im Sachsenpokal standen die Grün-Weißen zum Buß- und Bettag (welch treffende Metapher) im Achtelfinale und schlug dort den FC Erzgebirge Aue in der Verlängerung mit 1:0.
Das Umfeld:
Die Stimmung dürfte vor allem nach dem wichtigen Spiel gegen Oberneuland einen Tiefpunkt erreicht haben. Teile der Anhängerschaft zeigen eher Resignation als Hoffnung und Aufbruchstimmung. Ohne neue Spieler gibt es vermutlich kaum Chancen auf die sportliche Wende. Eben für diese ist aber im knapp gestemmten Etat von offiziell rund 1,7 Mio. EUR keine Luft.
Mit derzeit rund 3.500 Zuschauern im Schnitt als zweitbester Verein der Staffel hinter dem klar führenden 1. FC Magdeburg liegt man etwas unter dem angeblich kalkulierten Schnitt von 4.000. Der FCM war schon im Zentralstadion am Ball und sorgte wie erwartet bei 6.950 Anwesenden für einen ordentlichen Rahmen. Von über 3.500 zu den ersten beiden Spielen ging das Interesse zuletzt auf nur noch knapp über 2.200 gegen die Bremer Kicker zurück. Von der Euphorie nach dem fast schon sensationellen Aufstieg vor über 10.000 Fans ist nichts mehr zu spüren. Eher tauchen schon Fragen auf, ob eben dieser Aufstieg "nicht ein Fehler war". Der Zustand des FC Sachsen erscheint erschreckend. Die Mannschaft ist sportlich mit der "Vierten Liga Premium" offensichtlich überfordert. Die Vereinsführung agiert weiter glücklos auf der Suche nach deutlichen Verbesserungen der wirtschaftlichen Situation, ohne die eine Trendwende kaum möglich erscheint.
