Vorbericht

Achtelfinale - Sachsenpokal - Saison 2013/2014
BSG Chemie Leipzig
BSG Chemie Leipzig
0:4
Chemnitzer FC
Chemnitzer FC

Pokal-Ausflug in die Messestadt, diesmal nach Leutzsch…

von Timo Görner

Nach den beiden ruhmlosen Auftritten im Zentralstadion und den beiden Gastspielen beim 1. FC Lok geht es diesmal in die traditionsreiche Stätte des DDR-Meisters von 1964. Das Spiel ist auch ein Ergebnis der bewegten Leipziger Fußballwelt seit 1990.

Unser Gegner in den letzten Jahren

1997 fand die Wiedergeburt der BSG Chemie statt, damals um Namen und Logo des 1990 in den FC Grün-Weiß und später FC Sachsen Leipzig aufgegangenen Vereins aus dem Nordwesten der Stadt zu schützen und die Nachwuchsabteilung des FCS zu fördern. Zum damaligen Zeitpunkt mühte sich der VfB Leipzig – wiederum aus dem verhassten 1. FC Lok hervorgegangen – um die Rückkehr in die 1. Bundesliga. Der FC Sachsen kämpfte vergeblich um den Aufstieg in die 2. Bundesliga, war aber nur Durchschnitt der damaligen Regionalliga Nordost. Ende der Saison 2007/2008 – ein Getränkekombinat aus Österreich hatte erfolglos versucht den FC Sachsen zu übernehmen - brachen die Grabenkämpfe innerhalb der grün-weißen Fanszene heftiger auf. Die „Diablos“ auf der einen Seite, Gruppierungen wie die „Metastasen“ auf der anderen. Die allgemeine Unzufriedenheit mit der sportlichen und finanziellen Entwicklung der damaligen Leipziger Nr. 1 (auf geringem Niveau) tat sein Übriges. Die Bezugnahme der Vereinsführung auf die Tradition als „Chemiker“ blieb fragwürdig. 2008/2009 war es dann soweit: Mit den Rechten an Namen und Logo startete man den Neubeginn, damals noch als „Ballsportgemeinschaft Chemie“ in der 3. Kreisklasse. Drei Jahre später war man bereits in der 1. angekommen und ballerte sich im ersten Jahr zu 158:18 Toren. Durch Übernahme des Spielrechts des damaligen Landesligisten VfK Blau-Weiß Leipzig wurden 6 Ligen übersprungen und der 1. FC Lok Leipzig quasi überboten. Die Blau-Weißen begnügten sich mit der Stadtklasse.

Zu diesem Zeitpunkt war der FC Sachsen Leipzig 1990 bereits Geschichte. Von vielen als „Totgeburt“ empfunden, stellte man ohne wirtschaftliche Perspektive Juli 2011 den Spielbetrieb ein. Um die Konkursmasse stritten sich die anderen größeren lokalen Vereine. Das bildete auch die Geburtsstunde eines anderen grün-weißen Vereins an gleicher Stätte - ein kleiner „Treppenwitz“ der Leipziger Fußball-Geschichte“ und passend zur Welt der Animositäten, verletzten Eitelkeiten und Machtkämpfe, welche den Fußball seit 1945 in der Messestadt bestimmen. Im ersten Jahr der Sachsenliga kam es somit zum „sinnlosesten Derby der Welt“ – so ein Kommentar.

Die erste Saison als Landesligist wurde mit Bravour absolviert und Rang 7 wurde erreicht. Die Stadtmeisterschaft ging tabellarisch jedoch knapp verloren, die SG Leipzig-Leutzsch war einen Rang und zwei Punkte besser. Die beiden Duelle aber wurden im Endergebnis gewonnen (0:0, 1:0). Die U23 des neuen Krösus der Stadt passte da nicht so richtig dazu. Das nächste Jahr wurde zur „verflixten zweiten Saison“, Rang 14 bedeutete den Abstieg. In dieser hatte man sich nun nach drei sportlichen und „einen geschenkten Aufstieg“ einzurichten. Zumindest firmiert man seit 2011 wieder als „Betriebssportgemeinschaft Chemie“.

Die letzte Saison unseres Gegners

Bereits vor dem letzten Spieltag beim BSC Freiberg, welches mit 2:1 gewonnen wurde, stand der Abstieg fest. Maßgebend dafür war die Heimbilanz, auf eigenem Rasen wurden nur 12 der 29 Punkte geholt und lediglich 2 der 15 Spiele siegreich gestaltet. Der Auftakt war bezeichnend, mit einer Heimpleite gegen unseren letzten Pokalgegner aus Döbeln (1:3). Eilenburg (2:0) wurde danach besiegt, dafür das Derby bei der SG Leipzig-Leutzsch vergeigt (0:2). Bis zur Winterpause wurde zu wenig Zählbares eingefahren, um den Sprung aus der Abstiegszone zu schaffen. Der letzte Heim-Dreier wurde am 17.11.2012 gegen Schlusslicht SC Borea Dresden (7:1) als Kantersieg eingefahren. Dafür blieb man gegen Staffelsieger Neugersdorf (1:4) klarer Verlierer. Das Finale der Herbstrunde mit einem Sieg in Hohenstein-Ernsthal (2:1) als zweiter Sieg in Folge ließ dann wieder hoffen, wie auch ein ordentliches 2:2 im Wintertestspiel gegen Viertligist Meuselwitz. Der Optimismus ging dann aber bei 10 erfolglosen Anläufen recht schnell dahin. 4 Spiele in Folge wurden dabei verloren, unter anderem das „echte Derby“ gegen die SG LL (2:3) und das „vermeintliche“ gegen die U23 vom Cottaweg (0:2). Erst in Döbeln (2:1) durfte wieder gejubelt werden. Der dringend notwendige Positivlauf wurde nicht erreicht. Nach nur einem weiteren Punkt aus den nächsten drei Begegnungen war der Gang in die Bezirksliga nicht mehr zu verhindern. Der „Pflichtsieg“ im Dresdner Norden (2:0) blieb ohne Effekt nach oben, der Sieg in Freiberg ebenfalls. Präsentierte man sich auf Reisen mit immerhin 5 Siegen durchaus Landesliga-tauglich, so verspielte man durch die zweitschlechteste Heimbilanz den Klassenerhalt. 36:46 Tore bedeuteten eine Offensive, die knapp über dem Strich (12.) war und eine durchaus solide Defensive (8.). Im Sachsenpokal erhielt man in der Ausscheidungsrunde und 1. Hauptrunde ein Freilos, scheiterte dann an Staffelkamerad Freiberg (2:3).

Delegierungen für diese Saison

4 Spieler haben den Verein verlassen, 2 davon verdienen ein paar Worte. Stürmer Christian Haufe (29/2) ist uns noch aus den Oberligaspielen gegen den FC Eilenburg bekannt. Er kam im Januar 2013 vom SSV Markranstädt, sagte aus beruflichen Gründen der BSG Chemie nach einem halben Jahr wieder Adieu und spielt in der Landesliga Sachsen-Anhalt beim SV Blau-Weiß Farnstädt. Mit Matthias von der Weth (26) ging der Topstürmer der Saison 2010/2011 mit damals 15 Toren zu Oberligist VfL Halle 1896. Zu den 15 Treffern kamen in der Vorsaison noch mal 4 hinzu. 2006 aus der A-Jugend des 1. FC Magdeburg aufgestiegen, kam er beim Europapokalsieger von 1974 nicht wie erhofft zum Zug.

5 Spieler zog es wiederum zur BSG Chemie. Im Tor ist es Robert Sträter (25), von 2010 bis Juli 2012 in der U23 Oberliga Mannschaft des 1. FC Magdeburg im Tor. Sein letzter Verein war bis November 2012 Landesligist Haldenslebener SC, das Studium in Leipzig machte den Wechsel möglich. In der Abwehr wurde Frederik Jahnke (20) aus der II. der Stadtklasse berufen, im Mittelfeld stieß Tom Graunitz (23) vom Hartmannsdorfer SV 05 aus der Kreisoberliga Mittelsachsen hinzu. 3 Akteure wurden für den Angriff geholt: Marco Blanc (22) stammt aus der „Gründerzeit der neuen BSG Chemie“ in der Kreisklasse, empfahl sich mit 25 Toren in der II. Mannschaft. Stefan Peter (23) kam vom SV Naunhof, Kreisoberliga. Oliver Knaut (25) wiederum kickte zuvor für die SG Burg aus dem Spreewald, ansässig in der Landesliga Brandenburg.

Der Trainer

Seit Saisonbeginn wird die 1. Mannschaft von Andre Schönitz (40) betreut. 1996/1997 stürmte er für den FC Sachsen in der drittklassigen Regionalliga Nordost, unter anderem in beiden Spielen gegen Zweitligaabsteiger CFC, und kam auf 6 Tore. Der VfL Halle 1896 und bis 2009 die ASG Vorwärts Dessau waren weitere Stationen. In einer Pause als Aktiver begann er seine Trainerlaufbahn 2003 im Nachwuchs des FC Sachsen. 2009 der Wechsel zu RBL, 2010/2011 ging es wieder zur A-Jugend des FC Sachsen. Nach dessen Ende die dritte Station im Leipziger Fußball beim 1. FC Lok. Hier kann er zwei Vizemeistertitel in der Landesliga aufbieten. Co-Trainer ist Hans-Jürgen Weiß (35), unter anderem als Stürmer für den FSV Zwickau am Ball.

Die Mannschaft

Nummer 1 im Tor ist Neuzugang Robert Sträter (24). Er wurde in dieser Saison, wenn nötig, von Andreas Rudolf (26) vertreten. In der Abwehr gelten Lukas Rieger (29), Alexander Portleroy (26) und Maximilian Heyse (23) als das Gerüst. Im Mittelfeld sind dies David Reich (26), Kapitän Markus Wolf (30) und mit Hannes Rook (20) ein noch junger Akteur. Im Angriff vertraut man in der Regel auf Oliver Knaut (25), Stefan Peter (23) und auf den einzigen uns bekannten Spieler in den grün-weißen Reihen, Norman Lee Gandaa (27). 2004 aus der A-Jugend des VfB Leipzig gekommen und über den FC Hansa Rostock ein Jahr später auf „Umweg“ nach Leutzsch gekommen, kickte er von 2006 bis 2009 für die Grün-Weißen, unter anderem in der Relegationssaison zur neuen Regionalliga Nord gegen den CFC. Nach nur 6 Monaten in Eilenburg 2010 gab es nun die vermutlich letzte Rückkehr. Er ging aus der Konkursmasse des FCS zur BSG Chemie. Lee Gandaa erzielte in dieser Saison bislang 5 Treffer, wird aber von Stefan Peter mit deren 7 überboten. Oliver Knaut schaffte es auf 3 Torerfolge. Mit insgesamt 15 Toren hat man damit ein durchaus schlagkräftiges Sturmpersonal an Bord. Marco Blanc (22) kämpft hingegen um einen Stammplatz, steuerte einen Treffer bei.

Die aktuelle Saison bislang

Der Wiederaufstieg ist das erklärte Saisonziel und die BSG Chemie ist auf einem guten Weg dahin. Aktuell rangiert man auf Rang 2, 3 Zähler hinter Tabellenführer VfB Zwenkau; allerdings haben die Leipziger auch 2 Spiele weniger absolviert. Im Gegensatz zum VfB ist man auch noch ungeschlagen, konnte 7 der 9 Begegnungen gewinnen. Die ersten beiden Spiele gingen zu Hause über die Bühne, im Lokalderby gegen die TuS Leutzsch 1990 blieb man ebenso deutlich siegreich (5:1) wie gegen die SG Taucha 99 (5:0). Die Hindernisse liegen eher außerhalb des Rasens: Das folgende brisante Derby gegen die II. des 1. FC Lok wurde wegen Bedenken der inneren Organe erst mal abgesagt. Die Siegesserie ging vorerst weiter, wenn auch mit zwei knappen 1:0-Erfolgen. Erst im Spitzenspiel beim VfB Zwenkau 02 (0:0) musste man Punkte lassen. Auch der FC Bad Lausick (2:2) klaute der BSG den Sieg. Das zweite fehlende Spiel basiert auf einen Eklat. Nach 62 Minuten verließen Spieler und Trainer des ATSV „Frisch Auf“ Wurzen den Platz, beim Stand von 2:0 und dem dritten Elfmeter gegen die Gäste. Man fühlte sich (politisch) durch das Heimpublikum beleidigt, das Spiel war zuvor übrigens wegen Sicherheitsbedenken der Wurzener gedreht worden. So oder so, man setzte seinen Lauf weiter fort, konnte die folgenden 3 Begegnungen mit insgesamt 11:3 Toren siegreich gestalten, zuletzt gegen den SV Liebertwolkwitz mit 2:0. 24 Tore in 9 Spielen kann keiner überbieten, defensiv ist nur Tabellenführer Zwenkau mit 5 statt 6 Gegentoren etwas besser. Ins Achtelfinale kam man über den Bezirksligisten Germania Chemnitz (6:4 nach Elfmeterschießen), dem Gastspiel beim FC Bad Lausick (2:0) sowie dem 3:1 gegen Staffelkonkurrent Bornaer SV 91.

Das Umfeld

Die „neue alte BSG Chemie Leipzig“ ist ein Produkt der Leipziger Fußball-Geschichte, geprägt von tiefen Gräben und zuweilen politischen Gegensätzen, hier auch innerhalb des ehemaligen FC Sachsen Leipzig. Darin ist auch die Existenz zweier „Erben des untergegangenen FC Sachsen Leipzig“ mit der gleichen Vereinsfarbe und dem gleichen Stadion begründet. Sportlich und wirtschaftlich sind auch die Leutzscher wie der 1. FC Lok chancenlos gegen die Installation aus der Alpenrepublik. So bleibt der Amateurfußball als langfristige Perspektive. So oder so, das Engagement der Verantwortlichen ist aller Ehren wert und verdient größten Respekt. Auch weil der Verein zumindest teilweise polarisiert und Spiele eine Brisanz gewinnen, die sich eher außerhalb des Rasens gründet wie gegen den ATSV „Frisch Auf“ Wurzen und die Staatsmacht sich zuweilen eine Art „Freibrief“ für Repression gegen die Anhängerschaft ausstellen lässt. Die Szenen beim Spitzenspiel in Zwenkau fanden sogar bundesweit Beachtung und Kritik an der „Freisetzung rechtsstaatlicher Elemente“.

Aktuell begeistern sich 603 Zuschauer im Schnitt für die Heimspiele im traditionsreichen „Alfred-Kunze-Sportpark“. Für einen Bezirksligaverein ist das sehr ordentlich und Spitzenwert in dieser Liga. Der FC Bad Lausick konnte mit 727 die meisten Fans mobilisieren, die TuS Leutzsch 1990 sahen als Minusbesuch 463. Die Arena, in der einst heiße Duelle in der DDR-Oberliga ausgefochten wurden, darf mittlerweile nur noch 4.999 Zuschauer einlassen, statt der ehemals möglichen 18.000. Als Trägerbetriebe fungieren kleinere Unternehmen primär aus der Stadt. Auf dem Trikot prangt das Logo einer Maschinenbau-Firma aus dem Burgenland in Sachsen-Anhalt. 403 Mitglieder sind im Verein zu Hause.
Achtelfinale - Sachsenpokal - Saison 2013/2014
Sonntag, 17. November 2013, 14:00 Uhr
Alfred-Kunze-Sportpark, Leipzig
Zuschauer: 2.931
Schiedsrichter: Markowitz (Zwickau)


Tore

Die Bilanz

 ZahlSUNTore
Alle Spiele452017872:49
Heimspiele22137240:21
Auswärtsspiele23710632:28
Ligaspiele381717453:27
Pokal-/Relegationsspiele730419:22

Rückblick auf die letzten 15 Spiele

1998/1999Regionalliga Nordost10. SpieltagChemnitzer FC - FC Sachsen Leipzig2:0 (2:0)
1998/1999Regionalliga Nordost27. SpieltagFC Sachsen Leipzig - Chemnitzer FC0:2 (0:0)
2003/2004Regionalliga Nord1. SpieltagFC Sachsen Leipzig - Chemnitzer FC0:2 (0:2)
2003/2004SachsenpokalAchtelfinaleFC Sachsen Leipzig - Chemnitzer FC2:1 (0:1)
2003/2004Regionalliga Nord18. SpieltagChemnitzer FC - FC Sachsen Leipzig1:1 (0:1)
2004/2005SachsenpokalFinaleFC Sachsen Leipzig - Chemnitzer FC2:1 n.V.
2005/2006SachsenpokalHalbfinaleFC Sachsen Leipzig - Chemnitzer FC3:5 n.E.
2006/2007Oberliga Nordost-Süd5. SpieltagChemnitzer FC - FC Sachsen Leipzig0:0 (0:0)
2006/2007Oberliga Nordost-Süd20. SpieltagFC Sachsen Leipzig - Chemnitzer FC1:1 (1:1)
2007/2008Oberliga Nordost-Süd11. SpieltagFC Sachsen Leipzig - Chemnitzer FC2:2 (2:0)
2007/2008SachsenpokalFinaleChemnitzer FC - FC Sachsen Leipzig1:0 (1:0)
2007/2008Oberliga Nordost-Süd26. SpieltagChemnitzer FC - FC Sachsen Leipzig3:1 (2:1)
2008/2009Regionalliga Nord14. SpieltagChemnitzer FC - FC Sachsen Leipzig2:1 (1:0)
2008/2009SachsenpokalViertelfinaleChemnitzer FC - FC Sachsen Leipzig8:9 n.E.
2008/2009Regionalliga Nord31. SpieltagFC Sachsen Leipzig - Chemnitzer FC0:2 (0:0)