Freitagabend – Derbyzeit an der Gellertstraße …
von Timo Görner
… im Duell zweiter Mannschaften, die sich zuletzt klar im Aufwind befanden. Der CFC ist seit 15 Pflichtspielen ohne Niederlage, Chemie konnte jahresübergreifend 5 der 7 Spiele siegreich gestalten. Empfahl sich 2022 zudem mit 2 Auswärtssiegen in Folge. Ein Gegner der insgesamt auswärts und defensiv seine Vorzüge hat.
Das aktuelle Spieljahr unseres Gegners:
Im Vergleich zur letzten Saison ging es abwärts, wobei eben diese eher außergewöhnlich gut verlief als die aktuelle außergewöhnlich schlecht. Größere Unzufriedenheit und Diskussionen löste das im Leipziger Westen jedenfalls zumindest nach außen nicht aus. Zumal zur Abstiegszone selbst bei 6 Absteigern mehr als genug Polster ist.
Dass es diesmal bislang nicht zu mehr reicht, ist einer nur durchschnittlichen Heimbilanz geschuldet, hier war die BSG im Vorjahr deutlich besser. In den 7 Begegnungen verloren die Grün-Weißen nur 1-mal, aktuell stehen bereits 5 Pleiten auf eigenem Platz zu Buche. Dafür ist die Auswärtsbilanz im knapp positiven Bereich.
Die Anfangsphase durchwachsen. Zum Auftakt wurde beim Aufsteiger in Eilenburg ein 1:1 erreicht, dann überraschend gegen Abstiegskandidat Halberstadt (0:2) nichts verbucht. Gut weggesteckt, denn die Leutzscher zeitigten erstmal 3 Siege. In Meuselwitz (2:1) und Babelsberg (2:0) wurde gewonnen und auch der erste Heimsieg gefeiert – 2:0 gegen Tasmania. Nach 5 Spielen konnte man mit Rang 5 knapp hinter dem CFC und 10 Punkten recht zufrieden sein.
Bis zur Winterpause rumpelte es, holte Chemie aus 15 Begegnungen 15 Punkte. Der CFC 24. Es fehlte die Heimstärke, 4x wurde verloren gegen Lichtenberg, Altglienicke (0:1), Luckenwalde, Cottbus (1:2). Gegen Auerbach, Rathenow (1:1) war mehr geplant. Die Führung gegen uns wurde verspielt. Knapp die Erfolge gegen Eilenburg, Fürstenwalde (2:1). Bei den schweren Dienstreisen zum BFC (0:2), nach Jena (2:3) mit "Last-Minute-Niederlage" und im brisanten Derby bei Lok (0:1) fehlte auch das Spielglück.
Zum Glück gelangen auswärts Siege bei TeBe, Hertha II (1:0). Zur Winterpause war die Lage in Sachen Abstiegskampf entspannt. 12 Punkte trennten vom 18. 6 von Rang 15. Dennoch musste für die Frühjahrsrunde eine Steigerung her, um keine Probleme mehr zu bekommen. Personell wurde noch mal nachgerüstet, 3 Neuzugänge für die Defensive geholt, zuvor ein bekannter Ex-Drittligakicker.
2022 geht es aufwärts. Wurden 4 Siege und nur 1 Niederlage in 6 Duellen vermeldet. In Halberstadt (2:0) gelang die Revanche, Erfolg auch bei Tasmania (1:0). Gegen Babelsberg (3:1) wurde auch offensiv effektiv agiert. Heimsieg 2 am Wochenende gegen Hertha BSC II. Das 1:2 nach Führung in Lichtenberg unglücklich, durch individuellen Fehler kurz vor Abpfiff stark ersatzgeschwächt – nur 13 Feldspieler standen zur Verfügung, mehrere Schlüsselspieler wie Bellot, Bury fielen aus.
Chemie ist auf Reisen die elftbeste Mannschaft, konnte 6 Siege gegen 5 Pleiten einfahren und ist defensiv bei 13:13 Toren recht ordentlich unterwegs. Nur 3 Gegentore in den letzten 4 Partien sind recht achtbar. Ausgeglichen das Abschneiden zu Hause mit 5-1-5. 29:28 Tore fielen, das "Tore verhindern" (8.) fällt deutlich leichter als das "Tore machen" (14.).
Im Sachsenpokal ist unser Gegner im Viertelfinale am Start. Über Siege gegen FC Blau-Weiß Leipzig (4:0), beim VfB Fortuna Chemnitz (5:0) und den Dresdner SC (6:0) jeweils aus der Landesklasse. Ein 3. Aufeinandertreffen in dieser Saison ist also durchaus möglich.
Delegierungen seit dem Hinspiel:
Mittelstürmer Benjamin Luis (22) kehrte nach 1 ½ Jahren in Leutzsch zum FC Eilenburg zurück, war im Punktspielbetrieb meist Ergänzungsspieler.
Dafür gab es 4 Neuzugänge, mit denen auch auf die Engpässe im Kader reagiert wurde.
Für die linke Abwehrseite stieß Isidor Akpeko (21/Bonner SC) zur BSG, in der West-Staffel aufgrund wochenlangem Ausfall (Prellung am Knie) kaum eingesetzt. Simran Dhaliwal (21/Nordhausen) ist Innenverteidiger. Beim Ex-Regionalligisten feste Größe. Der Mazedonier Anes Osmanoski (21) ist ein "6er", kam von Erstligist Rabotnicki Skopje. Dort mit mehreren Einsätzen. Ausgebildet in der Jugend der Spvgg. Unterhaching. Mitte Oktober 2021 der Wechsel von Dennis Mast (30), nach Ende der Vorsaison ohne Arbeitgeber bzw. vom Halleschen FC ausgemustert. Bei den Rot-Weißen nicht der Leistungsträger, 14 Einsätze – nur 6-mal in der Startelf und ohne Tor. Ab Mitte April 2021 nicht mehr im Kader.
Die sportliche Leitung:
Miroslav Jagatic (45) ist nach wie vor der Chef der 1. Mannschaft, genießt das Vertrauen der Clubleitung. Sein Vertrag läuft bis Ende der kommenden Saison. Als Co-Trainer steht ihm Christian Sobottka (40) zur Seite, aktiv als Spieler bei unterklassigen Vereinen im Umland wie dem SV Grimma.
Harald Bellot (61) coacht die Torhüter neben Marcus Dölz (32), parallel dazu Keeper des VfB Auerbach II und beim Spiel in Chemnitz wie bekannt als Ersatzmann aufgrund der Personalprobleme damals. Ex-Kicker Daniel Heinze (34) ist der Teamleiter.
Das Kollektiv:
Im Tor ist weiterhin der erfahrene Benjamin Bellot (31) gesetzt, fiel Anfang Februar 3-mal wegen Corona aus und wurde von Jonas Janke (19) vertreten.
Feste Größe in der Innenverteidigung ist Kapitän Stefan Karau (36/1), im 8. Jahr bei der BSG. Dazu Ben Keßler (19), bis auf 2 Begegnungen immer in der Startelf. Winter-Neuzugang Simran Dhaliwal und Tom Müller (20/3) müssen sich noch durchsetzen. Links gilt der verletzte Philipp Wendt (24) als wichtig. Alternativ der vor wenigen Wochen geholte Isidor Akpeko. Routinier Benjamin Boltze (35/1) soll Rechts wirken, an 3 Treffern beteiligt. Als sein Backup kann Manuel Wajer (27) angesehen werden.
Defensiv im Mittelfeld ist Tarik Reinhard (24/1) die konstanteste Größe. Dahinter kommen der zuletzt nur selten berücksichtigte Paul Horschig (21) und Benjamin Schmidt (32/2). Hier könnte der 3. Neue in der Pause Anes Osmanoski seinen Platz finden. Gegen Hertha BSC II in der Startformation. Offensiv sind Florian Brügmann (31/3), Anton Kanther (21/1), Alexander Bury (30/1) unterwegs. Brügmann und Kanther legten für jeweils 5 Tore auf. Die linke Außenbahn verstärkt Dennis Mast (30). Ein Akteur, der jahrelang höherklassig gespielt hat, bislang 4 Treffer vorbereitet. Gleiche Position hat Lucas Surek (24) inne.
Im Angriff gibt es auf dem rechten Flügel einen interessanten Zweikampf zwischen Timo Mauer (24/3) und Denis Jäpel (23/4). Beides Neuzugänge vor dieser Saison. Jäpel traf zuletzt in Lichtenberg, Mauer am 30.01. gegen Tasmania. Ohne Rolle verletzungsbedingt Max Keßler (23). Hinter den Spitzen agiert der Kongolese Stephané Mvibudulu (28), 4-mal Torschütze. Derzeit schmerzlich vermisst. Nr. 1 im Sturm derzeit Florian Kirstein (26/5), an 7 der 29 der BSG-Tore beteiligt.
Einkaufsbilanz:
12 Spieler sind bis heute neu dazugekommen, 8 vor der Saison.
Von den 8 konnten sich Florian Brügmann (Cottbus), Denis Jäpel (Lok Leipzig), Ben Keßler (Aue U19), Timo Mauer (Meuselwitz), Anton Kanther (Fürstenwalde) überwiegend als Stammspieler empfehlen. Paul Horschig (Auerbach) war zunächst auch feste Größe, fiel zuletzt aber wieder etwas ab. Keßler überraschte positiv als A-Jugendlicher.
Von den 4 "Nachzüglern" war Dennis Mast kein "schlechter Griff", aber noch nicht die erhoffte große Verstärkung. Anes Osmanoski könnte sich durchsetzen. Simran Dhaliwal und Isidor Akpeko spielen noch keine große Rolle. Wobei Dhaliwal aus dem "Kellerbereich der Oberliga" kam.
Gesamtfazit: gute Bilanz.
Krankenlager / Strafbank / Parteistrafen:
Stammkeeper Benjamin Bellot (31) fiel in Lichtenberg wegen Corona aus. Linksverteidiger Philipp Wendt (24/Schulterverletzung) fehlt seit Mitte Januar wie auch Rechtsverteidiger Manuel Wajer (27/krank). Im linken Mittelfeld laboriert Lucas Surek (24) am gleichen Problem wie Wendt. Offensiv-Allrounder Florian Brügmann (31) zog sich zum gleichen Zeitpunkt einen Innenbandanriss Knie zu. Rechtsaußen Max Keßler (23) plagt sich seit Saisonbeginn mit muskulären Problemen. Stephané Mvibudulu (28/Rippenbruch) konnte in den letzten 2 Spielen auch nicht auflaufen.
Die Bilanz gegen die BSG Chemie Leipzig:
48 Spiele gab es bis heute, 40-mal um Punkte.
Die Zahlen sprechen relativ deutlich für uns, auch weil die BSG Chemie bis auf die früheren Jahre in der Ex-DDR sportlich meist hinter dem damaligen FCK lag. 21 Siege, 18 Remis und 9 Niederlagen sind aus unserer Sicht zu vermelden bei 77:52 Toren. Allerdings gab es in den letzten 2 Partien keinen Sieg für Himmelblau mit einem 0:2 und 1:1 in Leutzsch.
Auf eigenem Platz konnten wir immerhin 13 der 22 Duelle siegreich beenden, verloren nur 2 Begegnungen. Schmerzlich die Pleite im Sachsenpokal 2009 mit dem Aus im Viertelfinale n. E. Damals noch gegen den FC Sachsen Leipzig. Das packende Duell am 07.04.2009 war das bislang letzte Gastspiel der Grün-Weißen in Chemnitz.
Das Umfeld / Stimmung / Wirtschaft:
Die 3. Liga ist auch beim Gegner vom Freitag das Ziel, aber eher mittelfristig. Die Strukturen sollen schrittweise wachsen, ein Generalangriff auf die Tabellenspitze ist so nicht geplant. In der Hinsicht geht es weiter voran, Ziel bleibt die komplette Sanierung und Modernisierung der Arena bis 2040. Darunter fallen u. a. die Sanierung der Nord- und der Holztribüne. Das Signal ist klar, die BSG will in Leutzsch bleiben und in keinem Fall egal in welcher Liga ins ungeliebte WM-Stadion von 2006 gehen müssen.
Aktuell verzeichnet der Traditionsverein einen Besucherschnitt von 2.739, zweitbester Wert der Liga hinter Cottbus mit deren rund 4.000. Relativierend bekanntermaßen durch die Pandemie-Auflagen wie auch die teils unterschiedlichen Regularien in den Bundesländern. Bedeutet momentan einen wenn auch knappen Vorteil gegenüber dem Erzfeind aus dem Südosten mit 2.543. Die Auftritte der Eilenburger und Cottbuser fanden ohne Zuschauer statt. Den Rekordbesuch gab es im Hinspiel mit 4.099. In immerhin 7 Begegnungen waren es jeweils mehr als 3.000. In der Frühjahrsrunde gibt es noch mal zugkräftige Gäste mit dem BFC, Jena und Lok.
Fortschritte auch auf der Sponsorenebene. Die "großen Kracher" landen zwar momentan nicht im Leutzscher Holz. Dafür aber immer wieder kleinere Unternehmen und Geldgeber der Stadt und aus dem Umland. Die Struktur ähnelt der unsrigen, die Pyramide umfasst auch hier die bekannten Kategorien. Finanziell muss auch hier angesichts der bekannten Situation geackert werden. Allerdings stimmt hier zumindest der Besucherschnitt und macht es den Verantwortlichen leichter. Wie auch der mögliche Einzug in den DFB-Pokal 2022/2023.